1 / 59

Einführung in das Altitalienische

Einführung in das Altitalienische. 1. Sitzung - 11. Oktober 2010. Programmübersicht. Semesterplan. WAS IST „ALTITALIENISCH“?. Allgemeine Einführung. „Scudiero, percorri lo bosco e guarda se havvi torti da raddrizzare, castella da difendere, offese da cancellare, abusi da correggere

aelan
Télécharger la présentation

Einführung in das Altitalienische

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Einführung in das Altitalienische 1. Sitzung - 11. Oktober 2010

  2. Programmübersicht

  3. Semesterplan

  4. WAS IST „ALTITALIENISCH“? Allgemeine Einführung

  5. „Scudiero, percorri lo bosco e guarda se havvi torti da raddrizzare, castella da difendere, offese da cancellare, abusi da correggere e damigelle da salvare!”. Was ist Altitalienisch? (Comic von 1960)

  6. Merkmale des Sprechblasentextes • Der männliche Artikel lo(vgl. lobosco) war im Mittelalter die Normalform. Die heute übliche Distribution von il(vor Konsonant) und lo (vor s + Konsonant, z, ps, x, jetc.) exisierte noch nicht: • Belege in mittelalterlichen Texten • Nel cominciamento di ciascuno bene ordinato convivio sogliono li sergenti prendere lo paneapposito... • E ancora la propria loda e lo proprio biasimo è da fuggire per una ragione igualmente... • (Dante Alighieri, Convivio I, 2)

  7. Merkmale des Sprechblasentextes • Die Konstruktion havvi (aus: ha ‘es hat’,‘es gibt’, dritte Person Singular von avere ‘haben’ + vi ‘hier’) ist zwar typisch für Texte des Mittelalters, doch im vorliegenden Fall spielt die Enklise an unpassender Stelle auf das Tobler-Mussafia-Gesetz(it. legge Tobler-Mussafua) an, da sie im Alttoskanischen nicht im mit se eingeleiteten Nebensatz eintritt, sondern nur am Satz- bzw. Versanfang, nach e und ma sowie im Hauptsatz, wenn diesem ein Nebensatz vorausgeht.

  8. Merkmale des Sprechblasentextes • Belege in mittelalterlichen Texten • Nel primo cerchio avea trecento novanta sette torri, cioè quello dentro; nel secondo n’avea cinquecento due; nel terzo n’avea mille cento diece e avievisette porte. • (Anonymus, zit. nach GDLI I, 875-876)

  9. Merkmale des Sprechblasentextes • Die Pluralform castella ‘Schlösser’ gegenüber dem heute üblichen castelli basiert noch auf dem alten Plural der lateinischen Neutra: castellum ‘das Schloss’, castella ‘die Schlösser’: quando con trombe, e quando con campane, con tamburi e con cenni di castella, e con cose nostrali e con istrane; né già con sí diversa cennamella… Ché se ‘l conte Ugolino aveva voce d’aver tradita te de le castella, non dovei tu i figliuoli porre a tal croce. (Dante Alighieri, Divina Commedia, InfernoXXII, 9 und XXXIII, 86)

  10. „La maggior purezza della tempera del linguaggio si combina poi con una persistenza che rasenta l’invariabilità. Non c’è così un antico italiano da contrapporre al moderno, come al moderno francese si contrappone un antico.“ (Graziadio Isaia Ascoli) ZItate zum Altitalienischen

  11. „Man behauptet, das Italienische habe sich seit Dante nur unwesentlich verändert. Ich glaube [...], daß sich das Italienische im Gegenteil gewaltig verändert hat und daß diese Veränderungen einer völligen Auflösung seines ursprünglichen Bestandes ähnlich sehen. Und es sind nicht irgendwelche obskure Skribenten, die diese neue Sprache verwenden. Noch Machiavelli kennt keine andere. Trotzdem ist die Behauptung wahr, so paradox das klingen mag: das heutige Italienisch unterscheidet sich nur unwesentlich von der Sprache Dantes.“ (Huber 1951/52) ZItate zum Altitalienischen

  12. „Si parla sì di italiano antico e moderno, ma queste etichette hanno un valore cronologico imprecisato e, quel che più importa, non individuano insiemi di fenomeni caratteristici dell’età antica e di quella moderna. Più in generale domina la convinzione che l’italiano si sia evoluto assai poco dal Trecento in poi, cosicché la periodizzazione della storia dell’italiano andrebbe affidata non all’articolazione delle vicende, bensì a un criterio meramente cronologico. Orbene questo punto di vista è inaccettabile perché assurdo. È mai possibile che dal Trecento al Novecento, entro un’epoca di rivolgimenti profondi della condizione umana, la lingua, strumento di pensiero e di cultura, sia rimasta pressoché immutata? Evidentemente questa situazione paradossale si deve a difetto di ricerche.“ (M. Durante, 1981) ZItate zum Altitalienischen

  13. Italien um das Jahr 1000 Allgemeine Einführung – Die Periodisierung des Italienischen

  14. Die Periodisierung ist ein wichtiger Bestandteil geschichtswissenschaftlicher Betätigung. • Der kontinuierliche Prozess der sprachlichen Entwicklung wird dabei in einzelne, zeitlich fassbare und begründbare Sprachstufen unterteilt, wobei jede Periodisierung ein künstliches Gebilde der Wissenschaft in Auseinandersetzung mit ihrem Untersuchungsgegenstand darstellt Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  15. Periodisierungen können aufgrund unterschiedlicher Kriterien vorgenommen werden. Diese können sprachexterner oder -interner Natur sein. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  16. Zur ersten Kategorie gehören gesamtgeschichtliche Epochen (Antike, Mittelalter, Neuzeit), kirchengeschichtliche Entwicklungen (Christianisierung, Scholastik, Reformation etc.), sozialgeschichtliche (höfische Kultur, Entfaltung des Bürgertums etc.) und kulturgeschichtliche (Beginn der schriftlichen Überlieferung, Auswirkungen des Buchdrucks, der elektronischen Massenmedien etc.) und bildungsgeschichtliche (schriftlicher Ausbau der Volkssprachen, Ausbreitung der Lese- und Schreibfähigkeit) Faktoren sowie literaturgeschichtliche Epochen. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  17. Zur zweiten Kategorie zählen Entwicklungen im Bereich der Lautung, Grammatik und Lexik. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  18. Die zeitliche Einteilung von Sprachgeschichte lässt sich weiter hierarchisch gliedern. • Eine Epoche kann in Perioden unterteilt werden, diese wiederum in Etappen und Phasen Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  19. Als weiteres wichtiges Kriterium sprachlicher Periodisierung kann z.B. die Verstehbarkeit älterer Texte herangezogen werden, wobei im Falle des Italienischen aufgrund seines konservativen Charakters eine besondere Situation besteht, die sich von der anderer europäischer Sprachen grundsätzlich unterscheidet. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  20. Auch heute kann man toskanische Texte früherer Epochen ohne Mediävistikstudium verstehen. • Die Grundlage zahlreicher germanistischer, anglistischer und romanistischer Periodisierungsmodelle ist der Lautwandel. • Doch auch dieses Kriterium greift beim Italienischen nicht, da im Gegensatz zum Deutschen, Englischen oder Französischen seit dem Mittelalter keine nennenswerten Lautveränderungen mehr stattgefunden haben. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  21. Eine andere Möglichkeit der sprachlichen Periodisierung besteht darin, eine Kombination allgemein historischer, sprachsoziologischer oder auch literaturhistorischer Kriterien heranzuziehen. • Dieser Ansatz scheint im Falle des Italienischen am fruchtbarsten zu sein. Die theoretischen Grundlagen der Periodisierung

  22. Giuseppe Baretti History of the Italian Tongue (1757) Erste knappe Sprach-geschichte des Italienischen auf literarischer Basis Periodisierungsmodelle

  23. Giuseppe Baretti, HistoryoftheItalianTongue (1757) • Die erste Phase ist durch mündliche Kommunikation und das völlige Fehlen schriftlicher Überlieferung in der Volkssprache geprägt. • In der zweiten Phase werden in Italien neben dem Lateinischen das Provenzalische und Sizilianische verwendet. • In der dritten Phase fehlt zwar noch eine gesamtitalienische Standardsprache, jedoch ist bereits eine zunehmende Erstarkung des Florentinischen zu beobachten. • Die vierte Phase (buonsecolo) fällt mit dem Wirken von großen Dichtern wie Petrarca zusammen. • Die fünfte Phase (cattivosecolo) ist geprägt durch den Barockdichter Giambattista Marino. • Als sechste Phase können wir Barettis eigene Zeit interpretieren, die literaturästhetisch weder als gut noch als schlecht eingestuft wird. • Die siebte Phase befasst sich mit der Zukunft des Italienischen, dem nach Meinung des Verfassers Gefahr durch den zunehmenden Einfluss des Französischen und Deutschen drohte. The Italian library containing an account of the lives and works of the most valuable authors of Italy, with a preface, exhibiting the changes of the tuscan language, from the barbarous ages to the present time Periodisierungsmodelle

  24. Ugo Foscolo Epoche della lingua italiana (1825) Periodisierungsmodelle

  25. Die erste Epoche reicht von 1180 bis 1230. Sie ist geprägt durch das Fehlen einer eigenständigen italienischen Literatur. Gedichtet wird auf Latein und Provenzalisch (z.B. durch Sordello da Goito). • In der zweiten Epoche (1230-1280) tritt mit der Scuolasiciliana zum ersten Mal eine italienische Literatur in Erscheinung. • In der dritten Epoche (1280-1330) wirken die Dichter des dolce stilnuovo (Guido Cavalcanti, Cino da Pistoia etc.) sowie Dante mit seiner DivinaCommedia. • Die vierte Epoche (1350 bis 1400) wird bestimmt durch das literarische Wirken Giovanni Boccaccios und Francesco Petrarcas. Als positiv hervorgehoben wird der Ausbau des Florentiner Dialektes zur angesehenen Literatursprache (insbesondere durch BoccacciosDecameron), als negativ hingegen das Engagement des späten Petrarca für das Lateinische. • Das Hauptmerkmal der fünften Epoche (1400-1500) ist der rasche Verfall der Literatursprache nach dem Tode Boccaccios, der erst zur Zeit von Lorenzo de’ Medici zum Stillstand kommt. • Die sechste Epoche (1500-1600) wird bestimmt vom wiedererwachten Interesse an der Literatur der großen Trecentisten und den Protagonisten der Questione della lingua (insbesondere Pietro Bembo ). Sprach-geschichte auf literatur-wissen-schaftlicher Basis Periodisierungsmodelle

  26. Blasco Ferrer (1994, 1999) stützt sich auf das Periodisierungsmodell der Accademia della Crusca, das eine Einteilung in insgesamt fünf Etappen vorsieht. Die Etappen der italienischen Sprachgeschichte

  27. Die Etappen der italienischen Sprachgeschichte • Altitaloromanisch (9. – 10. Jh.): Vorhandensein von italoromanischen Texten aus verschiedenen Regionen • Altitalienisch (1275-1375): Vermehrung der alttoskanischen Dokumentation und die Entstehung bedeutender literarischer Werke (bis zum Tode Boccaccios). • Altitalienisch / Neuitalienisch (1375-1525): Aufnahme diatopisch und diastratisch markierter Innovationen ins Florentinische. • Neuitalienisch (1525-1840): Von der Kodifikation des Trecento-Florentinischen durch Bembo bis zur Überarbeitung der Promessisposi auf neuflorentinischer Grundlage durch Manzoni. • Italiano del Duemila: noch nicht abgeschlossen.

  28. Die Etappen der italienischen Sprachgeschichte • Italianopredocumentario(bis ca. 800). Die italoromanische(n) Volkssprache(n) existierte(n) bereits vor der ersten Manifestation schriftlicher Dokumente. • Italiano delle Origini(ca. 800 bis ca. 12./13. Jahrhundert). Die italoromanischen Dialekte sind in Texten dokumentiert und bildeten bis zum Spätmittelalter eine eigene literarische Tradition heraus, wobei die Toskana im Laufe der Zeit eine Führungsrolle einnahm. • Italianoantico(ca. 12./13. Jahrhundert bis ca. 1525). Das Altitalienische endet mit Bembos sprachprogammatischer Grammatik Prose della volgarlingua. • Italianomoderno(ca. 1525 bis ca. 1840). Das Gegenwartsitalienische beginnt mit Manzonis Romanüberarbeitung. • Italianocontemporaneo e futuro(ca. 1840 bis 2000).

  29. Die Etappen der italienischen Sprachgeschichte • Haase (2007, 52-54) beschränkt sich auf drei Etappen: • Dialektale Periode (= Altitalienisch): von den Anfängen bis ca. 1500 mit verschiedenen dialektalen Schreibtraditionen (scriptae). • Koiné-Periode (= Neuitalienisch): von 1500 bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit einer großen Distanz zwischen gesprochener und geschriebener Sprache. • Standard-Periode (= modernes Italienisch): seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung einer modernen Standardsprache durch die Einführung der Schul- und Wehrpflicht, durch die Medien etc. Zusätzlich hat sich seit dem frühen 20. Jahrhundert eine sozial und regional stark differenzierte Umgangssprache herausgebildet.

  30. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels

  31. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Alle lebendigen Sprachen, in denen Menschen kommunizieren, unterliegen einem natürlichen Wandel, der sich manchmal relativ schnell oder auch langsam vollzieht. Den Sprechern selbst ist der Wandel normalerweise nicht bewusst. • Im Vergleich mit anderen europäischen Sprachen haben Sprachwissenschaftler des 19. und 20. Jahrhunderts auch dem Italienischen ein hohes Maß an Unveränderlichkeit zugeprochen.

  32. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Dies hängt zweifelsohne damit zusammen, dass die Kodifizierung der schriftlichen italienischen Standardvarietät zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert auf der Grundlage literarischer florentinischer Texte erfolgte und nur von einer kleiner Minderheit Schriftkundiger praktiziert wurde, während die große Masse der Bevölkerung ausschließlich den heimischen Dialekt sprach, der sich wie jede lebendige Sprache mehr oder minder rasch wandelte.

  33. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Auch die kodifizierte Schriftsprache unterlag einem Wandlungsprozess, der insgesamt allerdings relativ gering war, so dass wir mit Kenntnissen des modernen Italienischen Florentiner Texte des 14. Jahrhunderts ebenso wie Texte des 16., 17. oder 18. Jahrhunderts ohne größere Schwierigkeiten verstehen können. • Größere Schwierigkeiten hätten wir hingegen bei florentinischen Texten des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, die durch starke morphosyntaktische Dynamik geprägt waren.

  34. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Hermann Paul betrachtet in seinen Prinzipien der Sprachgeschichte als die eigentliche Ursache für die Veränderung den Usus, d.h. die gewöhnliche Sprechtätigkeit der Menschen im Alltag, wobei jede absichtliche Einwirkung auf den Usus ausgeschlossen ist. • Es wirkt keine andere Absicht auf die Sprache als die auf das augenblickliche Bedürfnis gerichtete Absicht seine Wünsche und Gedanken anderen Verständlich zu machen

  35. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Ein weiter Faktor des Wandels ist die Weitergabe der Sprache von einer Generation an die nächste, wobei ein Teil als veralteter Elemente nicht mehr weiter tradiert wird. • Paul unterscheidet zwischen positiven und negativen Vorgängen auf der einen Seite und der Unterschiebung auf der anderen. • Unter positiv wird die Schöpfung von etwas Neuem verstanden, unter negativ der Untergang von etwas Altem, während bei der Unterschiebung der Untergang des Alten und das Auftreten des Neuen durch ein- und denselben Akt erfolgt (z.B. beim Lautwandel).

  36. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Wenn man beim Lautwandel die Zwischenstufen nicht beachtet, kann einem entgehen, dass ein Nacheinander von positiven und negativen Vorgängen vorliegt. • Die negativen Vorgänge beruhen immer darauf, dass in der Sprache der jüngeren Generation etwas nicht neu erzeugt wird, was in der Sprache der älteren vorhanden war. • Genaugenommen handelt es sich nicht um negative Vorgänge, sondern vielmehr um das Nichteintreten von Vorgängen, welches allerdings dadurch vorbereitet sein muss, dass das später Untergehende auch schon bei der älteren Generation selten geworden war.

  37. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Eine Generation, die ein bloß passives Verhältnis dazu hat, schiebt sich auf diese Weise zwischen eine Generation mit noch aktivem und eine spätere mit gar keinem Verhältnis zu einem bestimmten sprachlichen Phänomen.

  38. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Der Düsseldorfer Germanist Rudi Keller betrachtet den Sprachwandel wird als Ergebnis des Wirkens einer sogenannten „unsichtbaren Hand“. • Der Sprachwandel wird hierbei weder als Naturphänomen noch als Artefakt verstanden, sondern als aus Einzelhandlungen der Individuen als ungewollt und ungeplant entstandene Struktur. • Er bezeichnet die Entwicklung als „Phänomen der dritten Art“ und unterscheidet zwischen einer Mikroebene des individuellen Handelns sowie einer Makroebene der durch dieses Handeln erzeugten Strukturen. • Wichig dabei ist, dass die handelnden Akteure die Makroebene nicht im Auge haben und sie auch nicht reflektieren.

  39. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Die alltäglichen, zufälligen Regelverletzungen hinterlassen für gewöhnlich keine Spuren in der Sprache, denn nur die systematischen Regelverletzungen können sich letztendlich zu den neuen Regeln der Zukunft entwickeln. • Antriebskraft ist dabei stets das Mitteilungsbedürfnis der Menschen. • Sie haben bei all ihren kommunikativen Unternehmungen in erster Linie den Erfolg ihrer Bemühungen im Auge, d.h. sie wollen verstanden werden, freundlich wirken, überzeugen, Aufmerksamkeit erzeugen, Gruppenzugehörigkeit oder Distanz signalisieren und vieles mehr. • Sprachzustände sind keine Endzustände von Prozessen, sondern transitorische Episoden in einem potentiell unendlichen Prozess kultureller Evolution.

  40. Die Beschreibung des sprachlichen Wandels • Die Wortbedeutungen ändern sich beispielsweise durch eine Veränderung der Gebrauchsregeln. • Beim Bedeutungswandel verändern die Sprecher die Gebrauchsregeln eines Wortes dadurch, dass die Sprecher einen zunächst okkasionellen Sinn so häufig erzeugen, dass innerhalb der Sprachgemeinschaft mit der Zeit ein Umlernen erfolgt. • Morphologischer Wandel entsteht in der Regel durch Regelverletzungen, Bedeutungswandel als Sinnspezifizierung durch regelkonforme Morphologischer Wandel entsteht in der Regel durch Regelverletzungen, Bedeutungswandel als Sinnspezifizierung durch regelkonforme Spezialverwendung. • Von den Zeitgenossen wird Sprachwandel normalerweise nicht als Wandel, sondern als Sprachverfall wahrgenommen, denn die menschliche Sprache stellt ein komplexes System konventioneller Regeln dar. • Jede Veränderung beginnt automatisch mit der Übertretung der Regel.

  41. Die Beschreibung von Sprachwandelprozessen • Die sprachlichen Veränderungen, die sich von mehreren Generationen vollzieht und für den Sprachbenutzer kaum oder meistens überhaupt nicht wahrnehmbar sind, müssen vom Sprachhistoriker erkannt und beschrieben werden können. • Am vielfältigsten sind die Lautveränderungen, die nicht selten morphosytaktische oder semantische Konsequenzen nach sich ziehen. • Bei der Entwicklung vom Lateinischen zum Italienischen sind z.T. neue Laute entstanden, wie beispielsweise die stimmhaften und stimmlosen Affrikaten.

  42. Semantischer Wandel • Semantische Veränderungen (it. cambiamenti semantici) können sowohl durch Lautwandel (z.B. Homophonie) oder aber auch durch kulturellen und gesellschaftlichen Wandel initiiert werden. • Auch der Abbau von Polysemie und damit von Missverständnissen kann eine Rolle spielen.

  43. Semantischer Wandel • Bedeutungserweiterung (it. estensione semantica; allargamento di significato; z.B. lat. BRACCHIUM ‘Unterarm‘ > it. braccio ‘Arm’); • Bedeutungsverengung (it. restrizione semantica; restringimento di significato; z.B. lat. ALTUS, -A, -UM ‘hoch’,‘tief’ > it. alto, -a ‘hoch’); • Bedeutungsverschiebung (it. spostamento semantico; z.B. lat. COXAM ‘Hüfte’ > it. coscia ‘Schenkel’);

  44. Semantischer Wandel • Bedeutungsverbesserung (it. miglioramento semantico; nobilitazione di significato; z.B. lat. CABALLUM ‘Klepper‘ > it. cavallo ‘Pferd’ oder CASAM ‘Hütte’ > it. casa ‘Haus’), • Bedeutungsverschlechterung (it. peggioramento semantico; peggioramento di significato; z.B. arab. faqīh ‘Zollschreiber’ > it. facchino ‘Kofferträger’) • Bedeutungsübertragung(it. metafora; z.B. spiegare < lat. EXPLICARE ‘auseinanderfalten’ > ‘erklären’).

  45. Phonetischer Wandel • Phonetische Prozesse lassen sich in vier Haupttypen untergliedern: • a) die Veränderung von Segmenten in ihren Merkmalen, • b) die Tilgung von Segmenten, • c) die Hinzufügung von Segmenten sowie • d) die Umstellung von Segmenten.

  46. Phonetischer Wandel • Die Veränderung von Segmenten • Affrizierung (it. affricazione): die Bildung von Affrikaten aus Nichtaffrikaten ([j] > [d]), z.B. lat. IAM > it. già. • Assibilierung(it. assibilazione): die Erzeugung von Zischlauten ([t] > [ts]), z.B. lat. PLATEAM > it. piazza. • Assimilierung (it. assimilazione): die Anpassung eines Lautes an einen anderen, z.B. lat. FACTUM > it. fatto.

  47. Phonetischer Wandel • Die Veränderung von Segmenten • Betazismus (it. betacismo): der Zusammenfall von [v] und [b] zu [b], z.B. lat. SERVARE > it. serbare (im Italienischen ein eher sporadisches Phänomen). • Degeminierung (it. degeminazione): die Reduzierung von Doppelkonsonanten, z.B. lat. COMMUNEM > it. comune. • Diphthongierung (it. dittongamento): die Aufspaltung eines Einzelvokals in zwei Vokale, z.B. in lat. PEDEM > it. piede oder lat. FOCUM > it. fuoco.

  48. Phonetischer Wandel • Die Veränderung von Segmenten • Desonorisierung (it. dezonorizzazione): die Umwandlung eines stimmhaften Lautes in einen stimmlosen, z.B. im Lomb. bei der Auslautverhärtung: lat. NOVUM > *nov > mail. noeuf. • Dissimilierung (it. dissimilazione): die Differenzierung identischer oder ähnlicher Laute, z.B. lat. VENENUM > it. veleno, di raro > di rado • Geminierung (it. geminazione): die Bildung von Doppelkonsonanten aus Einzelkonsonanten, z.B. lat. FEMINAM > it. femmina.

  49. Phonetischer Wandel • Die Veränderung von Segmenten • Monophthongierung (it. monottongamento): die Reduzierung von Diphthongen ([au] > []), z.B. lat. AURU(M) > it. oro. • Nasalierung (it. nasalizzazione): die Bildung von nasalen Lauten aus nichtnasalen ([l] > [n]), z.B. lat. MULGERE > it. mungere.

More Related