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Mexiko: Krise und Kontinuität des neoliberalen Entwicklungsmodells

Mexiko: Krise und Kontinuität des neoliberalen Entwicklungsmodells. Stefan Pimmer Abt. f. Politik- und Entwicklungsforschung Institut f. Soziologie, JKU – 24.11.2011. ¡Pobre México! Tan lejos de Dios y tan cerca de Estados Unidos. Porfirio Díaz Mexikanischer Präsident

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Mexiko: Krise und Kontinuität des neoliberalen Entwicklungsmodells

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  1. Mexiko:Krise und Kontinuität des neoliberalen Entwicklungsmodells Stefan Pimmer Abt. f. Politik- und Entwicklungsforschung Institut f. Soziologie, JKU – 24.11.2011

  2. ¡Pobre México! Tan lejos de Dios y tan cerca de Estados Unidos

  3. Porfirio Díaz Mexikanischer Präsident (1876-1880, 1884-1911) Nähe zu USA auch heute (noch) ein Problem für Mexiko?

  4. Mexiko: eine „stabile“ Krise? • Mexiko – neoliberale Hochburg in Lateinamerika • Wirtschaftliche, politische, kulturelle Krise • Krise der öffentlichen Sicherheit; • ABER: kein Wechsel des neoliberalen Entwicklungsmodells abzusehen • Hypothese: fehlende Legitimität neoliberaler Politik wird durch autoritäre Maßnahmen ausgeglichen

  5. Aufbau des Vortrags • Vom peripheren Fordismus zum Neoliberalismus: Wirtschaftliche und soziale Entwicklung und Krisendynamiken • Politisch-institutionelle Dimensionen des Neoliberalismus: Krise der Legitimität, Krise der öffentlichen Sicherheit und Ausbau autoritärer Staatlichkeit • Zusammenfassung und Ausblick- Rückkehr der PRI an die Macht?

  6. Teil 1Vom peripheren Fordismus zum Neoliberalismus:Wirtschaftliche und soziale Entwicklung und Krisendynamiken

  7. Periph. Fordismus in Mexiko: el milagro mexicano • Lange Periode wirtschaftlichen Wachstums • BIP 1940-1975 ~ 6,5 % • Importsubstituierende Industrialisierung • Ab 1970er: zunehmende Probleme: • Beschränkung auf Konsumgüter • Keine Verringerung der Importabhängigkeit von Zwischen- und Kapitalgütern • Ungenügende Umverteilungsmaßnahmen bzw. Lohnerhöhungen; beschränkter Binnenmarkt • Aufschub: Entdeckung v. Ölfeldern + billige Kredite

  8. Schuldenkrise und neoliberale Transformation • 1982 – Schuldenkrise • Beginn neoliberaler Transformationsprozesse • 1982-1986 – Stabilisierungs- und Austeritätsprogramme des IWF • Ziel: Wiederaufnahme des Schuldendienstes • 1982-1986 – 31 Milliarden Dollar Schuldendienst • 160% der Reparationszahlungen Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg

  9. Neoliberale Strukturanpassungsprogramme • Privatisierung des öffentlichen Sektors • ≠ Steigerung der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen, sondern: • Zunahme von Oligopolen und Monopolen • Ab 1988 – Reform des Finanzsektors • Privatisierung der Banken • 1993 – Autonomie der Zentralbank – Preiswertstabilität in Verfassung

  10. NAFTA/TLCAN – wirtschaftliche Außenöffnung • 1994 – Freihandelsabkommen mit USA und Kanada • Absicherung neoliberaler Maßnahmen auf regionaler Ebene • Außenöffnung im Bereich Handel, Dienstleistungen und Investitionen • Rechtliche Gleichstellung ausländischer Investoren • Zapatistische Rebellion – anti-neoliberale Stoßrichtung

  11. Neoliberale Agrargesetzgebung • Ab 1982 – sukzessive Vernachlässigung des landwirtschaftlichen Sektors • Abkehr von der Produktion für den Binnenmarkt • Beendigung kostenloser Landverteilung • Zulassung privater Investitionen im Bereich des Gemeinde- und Gemeinschaftseigentums • Radikaler Bruch mit Errungenschaften der mexikanischen Revolution • Zerschlagung kollektiver Produktionsformen auf dem Land

  12. Auswirkungen auf mexik. Produktionsstrukturen • Zunahmen von Oligopolen und Monopolen • Extreme Polarisierung der mex. Wirtschaft: • Große Unternehmen: Produktion für den Weltmarkt; billige Arbeitskräfte und/oder Hochtechnologie • Kleine und mittlere Unternehmen: Produktion für den Binnenmarkt; kaum Zugang zu Kredit; fehlende Investitionen, Unterkapitalisierung – keine Produktivitätssteigerungen

  13. Exportgetriebene Industrialisierung - Maquila • Montagefabriken meist transnationaler Unternehmen • Elektronik, Textil, Automobilindustrie • Geringe Wertschöpfung und intersektoriale Vernetzung • Anstieg der Exporte • Geringe Auswirkungen auf das Wachstum des BIP • Zunehmende Schwierigkeiten durch chinesische Konkurrenz

  14. Schwächung der Gewerkschaften • Kontext: exportorientierte Industrialisierung ≠ Binnenmarkt • Gezielte Schwächung bzw. neoliberale Umstrukturierung der Gewerkschaften • Neoliberaler Neokorporativismus • Deindustrialisierung + Verhinderung von Gewerkschaften in Maquiladoras • Rückgang des gewerkschaftlichen Organisierungsgrades • Industrie: 22,1% (1992) – 10% (2008)

  15. Deregulierung der Arbeitsverhältnisse • Flexibilisierung – Änderung der Kollektivverträge; Auslagerung in Subunternehmen – Umgehung arbeitsrechtlicher Standards • Prekarisierung – 50% formell Beschäftigter keine schriftlichen Arbeitsverträge, 45% kein Zugang zu Sozialversicherungssystem • Informalisierung – Hausarbeit, Straßenverkauf • Formeller Sektor: 14 Millionen • Informeller Sektor: 20 Millionen (Stand 2009)

  16. Wirtschaftliche Bilanz des Neoliberalismus • Import.Industr.: ~ 3,2% BIP/Kopf (1934-1982) • Neoliberalism.: ~ 0,5% bzw. 0,1% BIP/Kopf (1983-2009) • Finanzialisierung + exportorientierte Industrialisierung Erhöhte Verwundbarkeit und Außenabhängigkeit: Erdölexporte, Maquila, Remesas, FDI • Wirtschaftskrise 2009: Minuswachstum von 6,1% • 5% unter lateinamerikanischem Durchschnitt

  17. Teil 2Politisch-institutionelle Dimensionen des NeoliberalismusKrise der Legitimität, Krise der öffentlichen Sicherheit und Ausbau autoritärer Staatlichkeit

  18. Das politische Regime des „viejo priísmo“ • Hohe politische Stabilität des peripheren Fordismus • Autoritäres Regime mit drei Grundpfeilern: • Präsidentialismus: Macht über Gouverneure und Parlament • Korporativismus: Organisierung der Bevölkerung in ständische Interessenvertretungen • Ein-Parteien-System: Verhinderung oppositioneller Parteien • Eingliederung unterschiedlicher Sektoren in den Staat • Umfassende Kontrolle der Zivilgesellschaft von „oben“

  19. Der korporativistische Pakt • Korporatives Politikverständnis – wohlfahrtsstaatlicher Paternalismus • ≠ Liberalismus, Vereins- und Versammlungsfreiheit, repräsentative Demokratie bzw. universelle Rechte • Legitimität der Regierenden beruhte nicht auf liberalen Grundwerten, SONDERN: • Autoritäres Tauschverhältnis – politischer Gehorsam gegen Anspruch auf sozialen Wohlstand • Materielle Stützpfeiler des korporativistischen Paktes 1) Staatliche Lenkung der Wirtschaft 2) Direkter Zugriff der Partei auf öffentliche Haushalte

  20. Vom Korporativismus zum Neoliberalismus • Ende der 1960er Jahre: zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten • Inflation, Budgetdefizit – Erosion der materiellen Grundpfeiler des korporativistischen Paktes • Krise der Legitimität – zunehmende Proteste und soziale Bewegungen (1968, 1971) • Ab 1977 - Sukzessive Wahlreformen • Flucht nach „vorne“ • Durchsetzung liberalen Politikverständnisses: statt Anspruch auf Wohlstand – abstrakte universelle Rechte • Radikale Transformation des Staats- und Politikverständnisses

  21. Die Lesart der Transitionsforschung • Analyse der Übergänge von Diktatur zu Demokratie • Fokus auf Institutionen und Eliten • Mexiko: „transición prolongada“ • Verzögerte und friedliche Transition von der „perfekten Diktatur“ hin zur liberalen Demokratie • 1996 – entscheidende Wahlreform: IFE wird unabhängig • 2000 – Historischer Regierungswechsel; „Ankunft in der Demokratie“ • Ab 2000 – „Konsolidierung“ der Demokratie

  22. Kritik an der Transitionsforschung • Demokratische Transition ein von der Regierung selbst propagierter Begriff – Wahlbetrug 1988 • Zwei Seiten der Transformation • Institutionelle Veränderungen • Gewaltsame Unterdrückung politischer Opposition (schmutziger Krieg) • Ab 2003: erneute Vereinnahmung der Wahlinstitutionen durch politische Parteien (≠ consejeros ciudadanos) • 2006: erneuter Wahlbetrug, Verfall der staatlichen Institutionen, Legitimitätskrise

  23. Ausbau autoritärer Staatlichkeit I • Neoliberalismus bricht korporativistische Strukturen auf, ABER: keine institutionellen Veränderungen zur tatsächlichen Durchsetzung liberaler Grundrechte; fehlende materielle Konditionen • Schwere politische Krise 2006:„Voto por voto, casilla por casilla“ • Entstehung neuer und Verfestigung alter autoritärer Strukturen; Militarisierungsprozesse

  24. Ausbau autoritärer Staatlichkeit II • Partidocracia – Parteienherrschaft anstatt Präsidentialismus (Korruption, mangelnde Repräsentativität, Klientelismus) • Mediocracia – oligopolistische Medienlandschaft mit autoritären Zügen (Fernsehduopol, tendenziöse Berichterstattung) • Neue Macht bundesstaatlicher Gouverneure ≠ demokratischer Föderalismus (Nepotismus, kaziquile Praktiken, gewaltsame Unterdrückung politischer Opposition)

  25. Ausbau autoritärer Staatlichkeit III • Gesetzesinitiativen zur Einschränkung der Grundrechte • Gesetz für nationale Sicherheit (2005) • Tatbestand des organisierten Verbrechens (2007) • Tatbestand des Terrorismus (2007) • Secuestro equiparado (Atenco, Jacinta Marcial) • Internationale Verträge • ASPAN (2005): Neoliberalismus und nationale Sicherheit • Iniciativa Mérida (2007): Vorbild Plan Colombia • Durchdringung der mexikanischen Armee seitens der US-amerikanischen Streitkräfte

  26. Comandante Supremo

  27. Militarisierungsprozesse I • Schwerpunkt: sog. „Krieg“ gegen die Drogen und das organisierte Verbrechen (2007) • Militarisierung – nicht nur Präsenz der Streitkräfte im öffentlichen Raum, SONDERN: • Militarisierung sozialer und politischer Beziehungen • „… la militarización no es sólo poner un soldado o una base militar en algún lugar, sino convertir las políticas en políticas con visión militarista, en políticas con visión de enemígo.“ (Ana Esther Ceceña)

  28. Militarisierungsprozesse II • Vermischung öffentliche und nationale Sicherheit – Militär hat weitgehende Befugnisse und Aufgaben (Umweltkatastrophen, -schutz, Impfkampagnen, Alphabetisierung, Bekämpfung des organisierten Verbrechens, etc.) • Vermischung von Polizei und MilitärCa. 45.000 Soldaten üben polizeiliche Aufgaben ausPolizeieinheiten und Ministerien f. öffentliche Sicherheit von Offizieren geleitetNeugründung militarisierter Polizeieinheiten (PFP)

  29. Militarisierung tatsächlich zur Drogenbekämpfung?

  30. Folgen der Militarisierung • Gewalt nicht Ursache, sondern Folge der Militarisierung • Mehr als 50.000 Todesopfer • Mehr als 5000 verschwundene Personen (desapariciones forzadas) • Systematische Folter • Faktische Straffreiheit für Armee (fuero militar) • Faktischer Ausnahmezustand • Kriminalisierung sozialer Proteste – „Verbindung“ mit Drogenkartellen – Soziale Bewegungen in Defensive

  31. Militarisierung als Strategie politischer Kontrolle • Hypothese: Militarisierung als Reaktion der mexikanischen Eliten auf latentes Bedrohungspotential und Krise der Autorität • Keine konkrete Bedrohung seitens oppositioneller Gruppen – Zersplitterung, DefensiveDAHER: • Militarisierung als Strategie der präventiven Sicherheit – Organisierung oppositioneller Bewegungen vorbeugend erschweren • Autoritäre Räume und Möglichkeiten, um neoliberales Entwicklungsmodell weiter voranzutreiben

  32. Zusammenfassung und Ausblick • Wirtschaftliche Krisendynamiken – geringe materielle Handlungsspielräume für Zugeständnisse an arme Bevölkerungsschichten • Oppositionelle Bewegungen und Parteien zersplittert – Schwache emanzipatorische Perspektiven • Rückkehr der PRI als mögliche konservative Lösung? – Verarmte Bevölkerungsschichten empfänglich für autoritäre, klientelistische Praktiken

  33. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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