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Persuasion: Ein oder zwei Prozesse?

Persuasion: Ein oder zwei Prozesse?. Hans-Peter Erb Universität Bonn. Persuasion Kommunikation, die eine bestimmte Einstellung gegenüber einem Einstellungsobjekt vertritt mit dem Ziel, Meinungsänderung beim Rezipienten der Kommunikation zu bewirken (“überzeugen“, “überreden“).

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Persuasion: Ein oder zwei Prozesse?

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Presentation Transcript


  1. Persuasion:Ein oder zwei Prozesse? Hans-Peter Erb Universität Bonn

  2. Persuasion Kommunikation, die eine bestimmte Einstellung gegenüber einem Einstellungsobjekt vertritt mit dem Ziel, Meinungsänderung beim Rezipienten der Kommunikation zu bewirken (“überzeugen“, “überreden“) • Beispiele: • Werbung • Wahlkampf • öffentliche Kampagnen • Diskussion mit der Tochter darüber, • welche Hose gekauft werden soll

  3. Geschichte der Persuasionsforschung • Yale-Ansatz zur Einstellungsänderung • Zwei-Prozess-Theorien • Unimodel

  4. Yale-Ansatz(Carl Hovland und Kollegen, z. B. 1953) Ansatz Wer sagt was zu wem? • Wer? Kommunikator (z. B. Glaub- würdigkeit, Attraktivität, Sprechgeschwindigkeit) • Was? Botschaft (z. B. einseitig oder zweiseitig; Einflussversuch vertuschend; Emotionen angesprochen) • Zu wem? Rezipienten (z. B. hohe vs. niedrige Intelligenz, Alter, Vorwissen)

  5. Petty & Cacioppo (1986, S. 2): “Existing literature supported the view that nearly every independent variable studied increased persua-sion in some situations, had no effect in others, and decreased persuasion in still other contexts. This diversity of results was even apparent for variables that on the surface, at least, appeared to be quite simple…” (z. B. Expertise des Kommunikators) Fazit: Der Yale-Ansatz erbrachte sehr viele aber insgesamt eher widersprüchliche Befunde Problem: Forschung nicht theoriegeleitet

  6. Zwei-Prozess Modelleder Persuasion Entwicklung ab etwa Anfang der 80er Jahre zwei prominente Modelle: • Elaboration Likelihood Model (ELM) von Petty & Cacioppo (1986) • Heuristic-Systematic Model (HSM) von Chaiken (z. B. Chaiken et al., 1989)

  7. Zwei-Prozess Modelle unterscheiden zwischen zwei idealtypischen, qualitativ unterschiedlichen Prozessen der Persuasion: einem kognitiv aufwändigen Prozess und einem “oberflächlichen” Prozess welcher Prozess eingeschlagen wird, abhängig von Motivation und Kapazität des Rezipienten • Motivation: Interesse am Thema (Involviertheit), Verantwortlichkeit für das Urteil, individuelle Disposition: “need for cognition” • Kapazität: Vorwissen, Ablenkung

  8. Zwei idealtypische Prozesse (a) periphere / heuristische Verarbeitung bei geringer Motivation oder niedriger Kapazität bestimmt periphere / heuristische Information die Einstellungen (z. B. Expertise oder Attraktivität des Kommunikators, Sympathie gegenüber dem Kommunikator, Anzahl der Argumente etc.) Folge: kurzanhaltende, instabile Einstellung (b) zentrale / systematische Verarbeitung bei hoher Motivation und hoher Kapazität bestimmt themenrelevante Information die Einstellungen (z. B. präsentierte Argumente, selbstgenerierte Gedanken zum Thema etc.) Folge: langanhaltende, stabile Einstellung

  9. geringe Expertise hohe Expertise geringe Expertise hohe Expertise Idealtypische empirische Befundeder Zwei-Prozess Modelle(z.B. Petty, Cacioppo & Goldman, 1981) hohe Motivation niedrige Motivation Zustimmung Zustimmung starke Argumente starke Argumente schwache Argumente schwache Argumente

  10. Das Unimodel(Arie W. Kruglanski und Kollegen) überwältigende Befundlage zugunsten der Zwei-Prozess Modelle auf typische Konfundierung in den Operationalisierungen von peripherer/heuristischer Information und inhaltlicher Information zurück zu führen: Periphere / heuristische “Cues” (Hinweisreize) sind typischerweise einfacher zu verarbeiten (z. B. kürzer) als inhaltliche Argumente

  11. lange Information stark lange Information stark lange Information schwach lange Information schwach schwach stark schwach stark kurze Information Idealtypische Befunde im Unimodel(z. B. Kruglanski & Thompson, 1999) hohe Motivation niedrige Motivation Zustimmung Zustimmung kurze Information

  12. Interpretation Periphere / heuristische Hinweisreize und inhaltliche Argumente sind funktional äquivalent: Rezipienten reagieren nur unter hoher Moti-vation / Kapazität auf komplexe Information, unter geringer Motivation / Kapazität bestimmt einfach zu verarbeitende Information die Ein-stellungen, und zwar unabhängig von deren Inhalt (heuristischer Cue versus inhaltliches Argument).

  13. 1. Einwand der Zwei-Prozess Vertreter Heuristische Cues sind per Definition kurz und einfach zu verarbeiten, lange Quelleninformation widerspricht dieser Definition Antwort der Unimodel Vertreter Eine Unterscheidung zwischen Cues und Argumenten auf der Grundlage ihrer Länge widerspricht der Definition, nachdem Cues sich auf beliebige Objekte beziehen (z. B. “generelle Wissensstrukturen”), Argumente aber objektspezifisch sind (“central merits“) Länge und Komplexität können keine Dichotomie begründen, denn es handelt sich um kontinuierliche Variablen mit unendlich vielen Abstufungen

  14. 2. Einwand der Zwei-Prozess Vertreter Heuristische Cues sind subjektiv weniger relevant als inhaltliche Argumente Antwort der Unimodel Vertreter Nein, Gegenbeispiele: Experten (Arzt, Rechtsanwalt, Automechaniker) religiöse, weltanschauliche, politische Führer oft hoch relevant Einzelne Argumente (z. B. Eigenschaften eines Konsumprodukts) oft wenig relevant

  15. 3. Einwand der Zwei-Prozess Vertreter Das Unimodel verwischt wichtige Unterscheidungen zwischen psychologischen Prozessen; z. B. Petty & Cacioppo (1984): Anzahl der Argumente als Cue, Inhalt der Argumente als Botschaft; das Zählen von Argumenten und das Verarbeiten deren Inhalte sind qualitativ unterschiedliche Prozesse Antwort der Unimodel Vertreter Tatsächlich erfordert Zählen andere kognitive Operationen als die Verarbeitung von Inhalten, nur kommt es darauf in einem Modell, das Persuasion erklären will, gar nicht an: Die Nutzung von Information ist unabhängig davon, wie sie repräsentiert wird; so unterscheiden die Zwei-Prozess Modelle (zu Recht) auch nicht danach, ob inhaltliche Information (Argumente) visuell oder akustisch dargeboten wurden

  16. 4. Einwand der Zwei-Prozess Vertreter “Multiple Roles Assumption” (ELM): Jede “Variable” (Information) kann als Argument oder als Cue dienen: Beispiel: Attraktivität der Kommunikatorin wirkt als Argument bei einem Schönheitsprodukt bei zentraler Verarbeitung und als “Cue” bei peripherer Verarbeitung (Petty & Cacioppo, 1980)

  17. Antwort der Unimodel Vertreter “Multiple Roles” bisher immer abhängig vom Kontext (z. B. Einstellungsobjekt), nicht aber von Länge und Komplexität (Ist ein kurzes Argument ein Cue? Ist eine lange periphere Information ein Argument?) Zirkulär: “Unter geringer Motivation/Kapazität nutzen Rezipienten Cues” und “Eine Variable, die unter geringer Motivation/Kapazität wirkt ist ein Cue” Damit ELM immun gegen Falsifikation: Post-hoc lässt sich jedes beliebige Datenmuster damit erklären, dass Information, die unter geringer Motivation / Kapazität wirkte, als Cue diente, Information, die unter hoher Motivation / Kapazität wirkte, als Argument genutzt wurde

  18. 5. Einwand der Zwei-Prozess Vertreter “Biased Processing” “... our bias hypothesis suggests that heuristic cues such as source credibility can bias the direction of systematic processing... novel and general thoughts about the issue mediated the effect of the source [in Kruglanski & Thompson’s experiments]...“ (Chaiken et al., 1999) Das bedeutet: Die Wirkung der langen Quelleninformation auf die Urteile war vermittelt über eine “verzerrte” Verarbeitung inhaltsbezogener Information (z. B. selbstgenerierte Gedanken) Es ist nicht (nur) die Unterscheidung zwischen der Information selbst (Cue vs. Argument), sondern die Unterscheidung zwischen den Inhalten der Gedanken in Reaktion auf die Botschaft (“cue-related” vs. “issue-related”), die die qualitative Unterscheidung zweier Prozesse rechtfertigt

  19. Als “verzerrende Faktoren” dienen die Cues, ausschließlich inhaltsbezogene Gedanken bestimmen das Urteil unter hoher Motivation / Kapazität Cue Inhaltsbezogene Gedanken Einstellung

  20. Antwort der Unimodel Vertreter • Wenn tatsächlich • (a) nur die Cues als “verzerrenden Faktoren” dienen und • (b) unter hoher Motivation / Kapazität nur inhaltsbezogene Gedanken die Einstellungen bestimmen, • ist die Unterscheidung von zwei qualitativ unterschiedlichen • Prozessen gerechtfertig • Empirie

  21. Experiment 1(Erb et al., 2004) • Die Qualität eines kurzen, am Anfang dargebotenen Arguments wird variiert (schwach / stark) • Nachfolgend werden inhaltliche Argumente durchschnittlicher Überzeugungskraft dargeboten • Die Motivation wird variiert (“accountability”) • Als abhängige Variablen dienen insbesondere Einstellungsurteile und Gedankenlisten (später bewertet nach (a) Bezug zum ersten Argument oder zu anderen inhaltlichen Aspekten (b) Valenz (zustimmend oder ablehnend)

  22. Vorhersage: Unter hoher Motivation “verzerren” Gedanken zum ersten Argument die inhaltsbezogenen Gedanken zu anderen Aspekten der Botschaft, letztere bestimmen dann die Einstellungen Nachweis, dass ein inhaltliches Argument als “verzerrender Faktor” dienen kann; Widerspruch zu Zwei-Prozess Modellen, die bislang nur Cues als verzerrende Faktoren betrachten

  23. Ergebnisse Hohe Motivation Valenz der Gedanken zum ersten Argument .25* (.09) .25* (.21*) .27* Erstes Argument Einstellung .19 (.13) .62* (.60*) Valenz der Gedanken zu anderen Aspekten

  24. Experiment 2(Erb et al., 2004) • Die Qualität eines kurzen Arguments wird variiert • Nachfolgend wird ausführliche Information durchschnittlicher Überzeugungskraft über die Expertise des Kommunkators dargeboten • Die Motivation ist konstant hoch (“accountability”) • Das kurze Argument wird entweder am Anfang dargeboten (und kann dann die Verarbeitung der Quelleninformation “verzerren”) oder am Ende dargeboten (eine “verzerrte” Verarbeitung der Quelleninformation ist so nicht möglich)

  25. Vorhersage: In der Vorher-Bedingung “verzerren” Gedanken zum ersten Argument die Gedanken über den Kommuni-kator, die dann die Einstellungen bestimmen Nachweise, (a) dass ein inhaltliches Argument als “verzerrender Faktor” dienen kann, (b) dass Quelleninformation “verzerrt” verarbeitet werden kann und (c) dass auch unter hoher Motivation Gedanken über den Kommunikator Einstellungen bestimmen

  26. Ergebnisse “Vorher“-Bedingung Valenz der Gedanken zum Argument .59* (.24) .46* (.36*) .40* Kurzes Argument Einstellung .33* (.19) .44* (.49*) Valenz der Gedanken zum Kommunikator

  27. Diskussion • unter geringer Motivation bestimmen die Gedanken zu einem inhaltlichen Argument die Einstellungen • unter hoher Motivation “verzerren” die Gedanken zu einem inhaltlichen Argument die Verarbeitung weiterer inhaltlicher Argumente (Exp. 1) • Gedanken über ein inhaltliches Argument können die Gedanken über einen Kommunikator (Cue) “verzerren” (Exp. 2) • “Verzerrte” Gedanken über einen Kommunikator (Cue) können unter hoher Motivation die Einstellungen bestimmen (Exp. 2) Fazit: Nicht nur inhaltliche und periphere / heuristische Informationen, sondern auch die durch sie ausgelösten inhaltsbezogenen oder cue-bezogenen Gedanken sind funktional äquivalent

  28. Abschließende Diskussion Entwicklung der Forschung zu Persuasion durch zunehmende Abstraktion gekennzeichnet: (deskriptive) Oberflächenmerkmale wie beim “Wer sagt was zu wem?” durch Annahmen über psycho-logische (explikative) Variablen ersetzt (Verarbeitungsmotivation, Verarbeitungsrichtung bei “Verzerrung” etc.) Aktuelle Diskussion darüber, inwieweit auch die Unterscheidung zwischen heuristischen / peripheren Hinweisreizen und inhaltlichen Argumenten als Oberflächenmerkmal zu betrachten ist, bleibt spannend und wird die Forschung der nächsten Jahre befruchten Implikationen für die Anwendung: Können wenig involvierte Rezipienten auch durch (kurze) inhaltliche Argumente erreicht werden? Wirken unter hoher Relevanz auch (ausführliche) Quelleninformationen (z. B. Expertise) usw.?

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