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Tragédie lyrique

Repertorium zur Vorlesung Musikgeschichte von der frühen Neuzeit bis zur Aufklärung Oper und Oratorium von ca. 1600 bis 1800. Tragédie lyrique. „Quinault hat ein drittes Genre von Bühnenstück erfunden, er hat wirklich Opern geschrieben.“ Jean Jacques Rousseau,

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Tragédie lyrique

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Presentation Transcript


  1. Repertorium zur VorlesungMusikgeschichte von der frühen Neuzeitbis zur AufklärungOper und Oratoriumvonca. 1600 bis 1800

  2. Tragédie lyrique

  3. „Quinault hat ein drittes Genre von Bühnenstück erfunden, er hat wirklich Opern geschrieben.“ Jean Jacques Rousseau, Brief über die ital. und franz. Oper, 1750

  4. Rousseau über die Oper Die Gesetze der Oper „müssen außer den allgemeinen Regeln des Theaters andere enthalten, die allein für diese Art Bühnenstück gelten; denn da die Musik ihm Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit verleiht, muss sich das Textbuch ihr anpassen und mit ihr korrespondieren.“

  5. Rousseau über die Oper „Man muss zugeben, dass die Texte der italienischen Oper viel weniger taugen als die der unseren, und zwar sogar deshalb, weil sie besser und vernünftiger sind.“ „Menschen – und besonders Helden – sprechen nicht in Versen, auch rechtfertigen sie keineswegs durch große Worte die Dummheiten, die die Liebe sie begehen lässt.“

  6. Rousseau über die Oper In der Oper „kann man sich nicht vorstellen, dass zwei Personen, wenn sie singen, sich auf natürliche Weise unterhalten und dergestalt eine oft sehr ernste Unterhaltung führen. Das gilt umso mehr, je ernster und ungewöhnlicher der Gegenstand ist. ... Genau da liegt die Schwäche der italienischen Oper.“

  7. Rousseau über die Oper „Ihre Stoffe [der ital. Oper] mögen gut gewählt sein, taugen jedoch nicht für die Oper, weil sie der Geschichte bedeutende Ereignisse entlehnt haben, statt sich an das Wunderbare zu halten, was Legenden und Sagen bieten.“

  8. Rousseau über die Oper Vielmehr sollte man die Zuschauer in ein Zauberreich entführen und sie mit Überraschungswirkungen und Wunderdingen täuschen, „weil sie inmitten außergewöhnlicher Erscheinungen weniger überrascht sein werden, wenn gesungen wird, wo man eigentlich spricht, und getanzt, wo man zu gehen pflegt.“

  9. Rousseau über die Oper • Die Oper ist kein vertontes Sprechtheater, sondern eine Gattung eigener Art • Ob ein – oder sogar derselbe – Text deklamiert oder gesungen wird, ist ein kategorialer Unterschied • Nicht jedes Sujet taugt daher zur Oper • So klingt ein ernsthafter Diskurs zwischen Staatsmann und Militär über Krieg und Frieden in gesungener Form albern

  10. Rousseau über die Oper • Die Musik erhebt den gesungenen Text über die Sphäre des Alltagsdiskurses • Daher können auch das Alltägliche oder ernsthafte Angelegenheiten nicht in der Oper verhandelt werden • Der Fehler der Italiener liegt darin, dass sie tatsächlich Tragödien komponieren • Besser eignet sich hingegen das „Wunderbare“, an das sich Quinault hält.

  11. Philippe Quinault, Jean-Baptiste Lully und Jean Jacques Rousseau

  12. Philippe Quinault • geb. 3. Juni 1635 in Paris • gest. 26. November 1688 ebd. • Erster Erfolg mit 18 Jahren und der Komödie Les Rivales. • 1660 Heirat mit einer reichen Witwe • dichtete 16 Opern, 4 Komödien, 7 Tragikkomödien, 4 Tragödien • Intensive Zusammenarbeit mit Jean-Baptiste Lully bis zu dessen Tod • 29. Fauteuil der Académie française

  13. Jean-Baptiste Lully • geb. 28. November 1632 in Florenz als Giovanni Battista Lulli • gest. 22. März 1687 in Paris • 1646 kam der komödiantisch begabte Lully durch den Chevalier de Guise Roger de Lorraine nach Paris • Dienstknabe im Palais des Tuileries • Ausbildung zum Ballettänzer • Protégée von Louis XIV.

  14. Jean-Baptiste Lully • 1657 Durchbruch als Komponist mit Amour malade • Bedeutend als Ballett-Komponist, Louis XIV. trat mehrfach als Tänzer in der Rolle des Apollo auf • 1660/61 düpiert Lully Francesco Cavalli anlässlich der Hochzeit Louis XIV. • Durch geschicktes Intrigieren Monopolist der Tragédie lyrique von 1672-1685

  15. Jean-Baptiste Lully • Zusammenarbeit mit Molière • 1685 fällt Lully auf Betreiben von Mme. Maintenon aufgrund seiner Homosexualität in Ungnade • 1686 Uraufführung der Armide • 1687 Te Deum zur Genesung des Königs • Lully trifft mit dem Taktstock seinen Fuß • Er verweigert die Amputation seines Zehs und stirbt an einer Infektion

  16. Tragédie lyrique Merkmale • Prolog und 5 Akte • Libretto sollte vorbildliches, tugendhaftes Verhalten darstellen • reiche musikalische Formenvielfalt: Rezitativ / Monolog Air / Vaudeville Ensemble / Chor Ritournelles, Symphonies Préludes etc.

  17. Tragédie lyrique • Die Rezitative sind penibel durch wechselnde Taktarten geordnet • Nicht umsonst waren den hommes de lettre die italienischen Rezitative suspekt • Divertissements mit Ballett (aus dem Comédie-ballett) und Chor - Die Divertissements (Ballett etc.) sollten organisch aus der Handlung erwachsen • Sänger/Schauspieler, Musik, Ballett und Bühnenbild bilden eine Einheit

  18. Tragédie lyrique „Die Tragédie lyrique ist kompositionstechnisch und in ihrem ästhetischen Anspruch mit der Komposition einer Symphonie in der Beethovenzeit zu vergleichen.“ Herbert Schneider, in MGG2

  19. Tragédie lyrique Weitere typische Merkmale • Französische Ouverture mit ihren markanten punktierten Rhythmen • und der Folge langsam-schnell-langsam (umgekehrt in Italien) • Fünfstimmiger Orchestersatz • Fünfstimmiger Chorsatz • Die nicht notierten notes inégales

  20. Jean-Baptiste Lully – Armide Nicolas Poussin (1594-1665), Renaud et Armide, 1629

  21. Jean-Baptiste Lully – Armide Libretto: Phillippe Quinault Uraufführung: 15. Februar 1686 Paris, Accadémie Royale de Musique Prolog und fünf Akte

  22. Jean-Baptiste Lully – Armide La Gloire / Der Ruhm (Prologue) La Sagesse / Die Weisheit (Prologue) Armide – Zauberin, Nicht von Hidraot Phénice & Sidonie – Vertraute Armides Hidraot – Zauberer, König von Damaskus Renaud, Ubalde, Artemidore – christliche Ritter Le Chevalier Danois – der dänische Ritter Lucinde & Melisse – Geliebte Ubalds und des Dänen La Haine – Un Amant Fortune – Une Bergere heroique – Une Naiade

  23. Jean-Baptiste Lully – Armide Prolog - Weisheit & Ruhm besingen d. Schwachheit d. Liebe I Armides Sieg über das christl. Heer wird gefeiert. Nur Renaud blieb unbesiegt II Renaud geht Armide in die Falle. Anstatt ihn zu töten, verliebt sie sich und entführt ihn III Armide weiß, dass Renaud sie nur aufgrund ihrer Zauberei liebt. Sie befiehlt dem Hass, ihre Liebe aus ihrem Herzen zu reißen, schreckt jedoch im letzten Moment davor zurück. IV Ubald & Dänenritter suchen Renaud V Renaud in der Obhut der Lüste wird von den Rittern befreit. Armide entflieht besiegt.

  24. Jean-Baptiste Lully – Armide Hörbeispiel Prologue La Gloire, la Sagesse et leurs Suites

  25. Jean-Baptiste Lully – Armide Beispiel: II. Akt, Szenen 3-5 Unmittelbare Vorgeschichte Armide und ihr Onkel Hidraot locken Renaud an einen zauberhaften Ort, damit Armide Renaud töten kann Szene 3 Renaud ist von der Flusslandschaft bezaubert, besingt ihre Schönheit und schläft ein.

  26. Jean-Baptiste Lully – Armide Szene 4 Als Nymphen und SchäferInnen verkleidete Dämonen entsteigen dem Fluss und verzaubern Renaud: In der Liebe liegt das wahre Glück der Jugend Szene 5 Armide erscheint mit einem Speer, um Renaud zu töten, verliebt sich jedoch in ihn. Dämonen tragen beide mit sich fort.

  27. Jean-Baptiste Lully – Armide • Das Prélude unterstreicht die zauberhafte Szene am Fluss • Renaud singt seine „Air“ in das Prélude „hinein“, er ist also schon vollkommen vom Zauber umfangen • Der schlafende Renaud gibt den Anlass zum Auftritt der verkleideten Dämonen • Ihr Auftritt bietet eine Gelegenheit zu prachtvoller Bühnendarstellung

  28. Jean-Baptiste Lully – Armide • Raum für schauspielerische Effekte bieten vor allem die ausführlichen Instrumentalteile • Zugleich bereitet der Auftritt der Dämonen inhaltlich das Thema „Liebe“ vor • Armides Auftritt beginnt mit einem dramatischen Prélude • Dann folgen Récitatif und Air

  29. Jean-Baptiste Lully – Armide Pastorale Merkmale des Prélude • Dreiertakt = 6/8 -> Pastorale • Weitgehend Sekundschritte, kaum Sprünge • Vielfach Führung zweier Stimmen in Sexten oder Terzen • Durchlaufender Puls ohne wirkliche Haltepunkte • g-Moll • Violinen mit Dämpfer, Oberst. + Flöten

  30. Jean-Baptiste Lully – Armide • Die Textvertonung ist durchweg syllabisch • Der Rhythmus weitgehend dem französischen Sprachrhythmus angepasst • Bisweilen auch den Textinhalt unterstreichend: T. 26 „Ce Fleuve coule“; T. 48 „Non“; T. 54ff „Un son harmonieux“ etc. • Jeder Vers ist individuell vertont

  31. Jean-Baptiste Lully – Armide • In der aufgrund des dämonischen Hintergrunds eigentlich pervertierten Schäferszene verwendet Lully dieselben Mittel wie in Szene 3 • Vielleicht weist das g-Moll auf die Perversion der Schäferszene hin, die eher in F-Dur stehen müsste

  32. Jean-Baptiste Lully – Armide • Armides Auftritt wird mit einem ouvertürenartigen Prélude eröffnet • Die scharfen Punktierungen evozieren Dramatik und Gefahr - Die Streicher spielen nun ohne Dämpfer • Auch das Récitatif der T. 20ff orientiert sich sehr genau an Rhythmus und bisweilen am Sprachfall des Französ. (z.B. „ce superbe Vainqueur“)

  33. Jean-Baptiste Lully – Armide • Lully erreicht dies durch kleinräumigen Wechsel der Taktarten von 3 zu C / 2 • Dramatik erreicht Lully durch die Erhöhung der Deklamationsgeschwin- digkeit (16tel) und durch Punktierungen • Die verzweifelten Rufe der T. 32ff sind sinnfällig als einzeln stehende Partikel komponiert • Die Air der Armide ist in einfacher Strophenform komponiert

  34. Jean-Baptiste Lully – Armide Die Szenen der Tragédie lyrique sind als weitgehend zusammenhängende bzw. musikalisch und dramaturgisch durchgestaltete Großabschnitte geschaffen. Die Vokalvertonung steht im Dienste der Sprache, ist dieser untergeordnet Die instrumentalen Elemente sind deutlich erhöht und dienen der Vorbereitung bzw. Unterstreichung des Bühnengeschehens.

  35. Jean-Baptiste Lully – Armide Gegenüber der Opera seria ist das musikdramaturgische Konzept der Tragédie lyrique merklich organischer und komplexer gestaltet. Es bezieht genuin auch das Bühnenbild in die musikdramatische Konzeption mit ein.

  36. Jean-Baptiste Lully – Armide In den Vokalteilen ist die Französische Sprache buchstäblich tonangebend. Gegenüber den Arien der Opera seria ist das musikalische Element deutlich zurückgedrängt und der Sprache völlig untergeordnet. Insofern ist hier wirklich von „Tragédie en musique“ und nicht von Oper zu sprechen.

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