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Repetitorium aus Straf- und Strafprozessrecht

Repetitorium aus Straf- und Strafprozessrecht. Univ.- Ass. Mag. Martin Stricker. Fall 9 – Ehestreit.

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Repetitorium aus Straf- und Strafprozessrecht

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Presentation Transcript


  1. Repetitorium aus Straf- und Strafprozessrecht Univ.- Ass. Mag. Martin Stricker

  2. Fall 9 – Ehestreit • Über Jahre hinweg muss eine Frau (A) in ihrer Ehe mit B Kränkungen und häusliche Gewalt erdulden. Unter Alkoholeinfluss tendiert B seit einiger Zeit zu immer stärkeren Exzessen. An einem Montag Abend trinkt er, von Problemen am Arbeitsplatz frustriert, einige Flaschen Bier und Schnaps und bricht dann, bereits etwas lallend, einen Streit mit seiner Frau vom Zaun, im Zuge dessen er ihr mit der Faust ins Gesicht schlägt und ankündigt, sie umzubringen. Aus dem Schlag resultiert ein blutendes „Cut" über dem Auge. Sie will Hilfe herbeirufen und greift zu ihrem Handy. Er möchte ihr das Handy aus der Hand zu schlagen. Dabei kann sie ausweichen und ihn so wegstoßen, dass er das Gleichgewicht verliert und sich beim Sturz eine Verstauchung des Handgelenks zuzieht. • Nach dieser Auseinandersetzung schläft B ein. A ist von dem Konflikt angewidert und von Angst erfüllt, B könnte ihr bald wieder Gewalt antun. In heftiger Erregung nimmt A – plötzlicher Eingebung folgend – einen Polster, drückt diesen dem schlafenden B auf das Gesicht und will ihn ersticken, um sich für die Zukunft vor ähnlichen Angriffen wie dem eben erlebten zu schützen. Als B aber merkwürdig zu stöhnen beginnt, erschrickt sie und nimmt das Polster weg, sodass nichts weiter passiert.

  3. Fall 9 – Ehestreit • Strafbarkeit von B • Zu prüfen: Körperverletzung § 83 Abs 1 StGB • B schlägt A mit der Faust ins Gesicht, weshalb sie ein Cut über ihrem Auge davonträgt. B handelt auch vorsätzlich, weshalb § 83 Abs 1 StGB verwirklicht ist. • Zu prüfen: Versuchte Nötigung §§ 15, 105 StGB • B will A das Handy aus der Hand schlagen, um zu verhindern, dass sie Hilfe ruft. Der Schlag (Gewaltanwendung) geht jedoch fehl, sodass es nur beim Versuch der Nötigung bleibt. A handelt vorsätzlich und ist daher nach §§ 15, 105 StGB zu bestrafen. • Die Alkoholisierung des B spielt bei der Strafbegründung keine Rolle, auf Strafzumessungsebene ist sie aber zu beachten.

  4. Fall 9 – Ehestreit • Strafbarkeit von A • Zu prüfen: Körperverletzung § 83 Abs 2 StGB • Tatbestand: [...] wer einen anderen am Körper mißhandelt und dadurch fahrlässig verletzt oder an der Gesundheit schädigt. • Misshandlung: Nicht unerhebliche Einwirkung auf den anderen mit physischer Kraft • A stößt B weg und setzt somit eine Misshandlung, die in weiterer Folge zu einer Verletzung des B führt. A handelt in Bezug auf die Misshandlung vorsätzlich (Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination), weshalb § 83 Abs 2 StGB erfüllt ist. • Zu prüfen: Notwehr § 3 StGB • Gegenwärtiger Angriff auf ein notwehrfähiges Gut • Handlung ist das gelindeste Mittel • A ist durch Notwehr gerechtfertigt

  5. Fall 9 – Ehestreit • Strafbarkeit von A • Zu prüfen: Versuchter Totschlag §§ 15, 76 StGB • Tatbestand: Wer sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen läßt, einen anderen zu töten, […] • Allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung: Maßgerechter Mensch verfällt heftiger Gefühlsregung; Grund unerheblich • A lässt sich in ihrer aufgestauten Gefühlslage dazu hinreißen, B töten zu wollen. • Sie lässt jedoch davon ab, bevor er stirbt, daher bleibt Versuch zu prüfen • Durch die freiwillige Aufgabe der Ausführung tritt B strafbefreiend vom Versuch zurück und ist nicht zu bestrafen.

  6. Fall 9 – In der Bank • Am nächsten Tag entschließt sie sich, sich von B zu trennen. Sie versucht ihm dies in einem ruhigen Moment zu erklären, aber er tobt sofort und kündigt ihr an, sie werde im Fall einer Scheidung vermögenslos dastehen, da er die gemeinsamen Ersparnisse verschwinden lassen werde. Ein Rechtsanwalt, den sie aufsucht, erklärt ihr, dass sie an sich Anspruch auf die Hälfte der gemeinsamen Ersparnisse hat. Auf die Frage, ob er für sie eine einstweilige Verfügung erwirken könnte, meint er aber, dass ein solcher Antrag erfahrungsgemäß nicht genehmigt werde. Auch eine Freundin (C) warnt sie vor B. Im Gespräch kommen A und C gemeinsam auf die Idee, dass sich A am besten dadurch schützen könnte, dass sie die gesamten Sparbücher, die sie und ihr Mann in einem gemeinsamen Safe bei der Bank aufbewahren, in Sicherheit bringt. C sagt zum Abschied noch: „Versprichst du mir, dass du das wirklich machst und morgen zur Bank gehst?"

  7. Fall 9 – In der Bank • Am nächsten Tag geht A zur Bank und lässt sich vom Schalterbeamten den Schlüssel zum Safe geben, ohne sich anmerken zu lassen, was sie vorhat. Nachdem sie den Safe geöffnet hat, überlegt sie noch genau, was sie tun soll: Im Safe befinden sich nämlich drei durch Losungswort gesicherte gemeinsame Sparbücher, auf denen die gesamten gemeinsamen Ersparnisse liegen (insgesamt 33.000 €), sowie der Familienschmuck der A (Wert: ca. 18.000 €), den sie immer nur herausnimmt und trägt, wenn sie auf einen Ball geht. Sie nimmt den Schmuck und ein Sparbuch mit 14.000 € mit. Es handelt sich um ein Sparbuch, von dem mit einem Losungswort Geld abgehoben werden kann, ohne sich ausweisen zu müssen. Das Losungswort ist ihr bekannt. Sie übergibt das Sparbuch ihrem Rechtsanwalt zu treuen Handen, bis die Scheidung und die Aufteilung des ehelichen Vermögens abgeschlossen sind.

  8. Fall 9 – In der Bank • Am selben Tag wird auch die Scheidungsklage gegen B eingebracht. Den Schmuck versteckt sie – ohne deren Wissen – bei C, bei der sie zwischenzeitlich eine Unterkunft gefunden hat. Nach Erhalt der Scheidungsklage entschließt sich B, die gesamten Sparbücher an sich zu nehmen und sofort bei derselben Bank aufzulösen sowie den Schmuck, von dem ihm völlig klar ist, dass er seiner Frau gehört, ebenfalls mitzunehmen und zu versetzen. Als er den Safe öffnet, muss er aber feststellen, dass seine Frau ihm in der oben beschriebenen Weise zuvorgekommen ist. Er schließt die Tür wieder, ohne etwas mitzunehmen.

  9. Fall 9 – In der Bank • Strafbarkeit von A • Zu prüfen: Diebstahl § 127 StGB • Familienschmuck gehört A, daher keine fremde Sache, § 127 StGB ist nicht erfüllt • Zu prüfen: Urkundenunterdrückung § 229 StGB • Sparbücher sind keine Wertträger, weshalb man sich durch deren Zueignung nicht bereichern kann, sie sind daher nicht diebstahlsfähig • Sie sind aber Urkunden nach § 74 Abs 1 Z 7 StGB, mangels allgemeiner Zahlungsfunktion kein unbares Zahlungsmittel nach § 74 Abs 1 Z 10 StGB • A darf über die Sparbücher nicht alleine verfügen und schließt A von der Benutzung aus. Sie verwirklicht so eine Urkundenunterdrückung. • Rechtfertigung durch offensive Selbsthilfe oder rechtfertigenden (übergesetzlichen) Notstand • A ist wegen Urkundenunterdrückung nicht zu bestrafen.

  10. Fall 9 – In der Bank • Strafbarkeit von C • Zu prüfen: Beitrag zur Urkundenunterdrückung §§ 12 dritter Fall, 229 StGB • C bestärkt A in ihrem Vorhaben B‘s Sparbücher verschwinden zu lassen. • Sie handelt in Bezug auf alle Sparbücher vorsätzlich, weshalb sie sich in Bezug auf die Sparbücher, die A nicht mitnimmt, straflos versucht zu beteiligen (§ 15 Abs 2 StGB e contrario) • Rechtfertigungsgrund schließt Unwert der Tat aus, C kann sich daher nicht beteiligen (§ 15 Abs 2 StGB e contrario)

  11. Fall 9 – In der Bank • Strafbarkeit von B • Zu prüfen: Versuchter schwerer Diebstahl §§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB • B versucht A‘s Familienschmuck wegzunehmen, doch ist der Tresor leer. • Es handelt sich um ein zufällig abwesendes Objekt, weshalb B sowohl nahc objektiv ex ante als auch nach dem begleitenden Beobachter zu bestrafen ist. • Allerdings kommt ihm die Privilegierung nach § 166 StGB zu Gute, weil der Diebstahl zum Nachteil seiner Ehefrau passiert. • Zu prüfen: Versuchte Urkundenunterdrückung §§ 15, 229 StGB • Wie oben, zufällig abwesendes Objekt, jedenfalls strafbar • Zu prüfen: Rücktritt vom Versuch § 16 StGB • Fehlgeschlagener Versuch, daher kein Rücktritt nach § 16 StGB

  12. Fall 10 – Schuss A möchte, dass X getötet wird. Mit viel Mühe ist es A gelungen, seinen Bruder B, einen Jäger, zu überreden, diesen Plan in die Tat umzusetzen. B beobachtet die Gewohnheiten des X und stellt fest, dass X jeden Montag um vier Uhr Früh aufsteht und durch den Wald joggt. In der Nähe der Laufroute befindet sich – gerade noch in Schussweite – ein Jägerhochsitz, von dem man einen guten Überblick über das Gelände hat und der außerdem nur wenige Schritte von der Bundesstraße entfernt und so für B gut mit dem Auto erreichbar ist. Am nächsten Montag stellt B zeitig in der Früh sein Auto abseits der Straße bei dem Jägerhochsitz ab und wartet dort mit seinem Gewehr auf das Erscheinen des X. Kurz darauf taucht tatsächlich eine Person auf, die dem X sehr ähnlich ist. Es handelt sich dabei aber nicht um X, sondern um den Jogger J. B hat keinen Zweifel, dass es sich bei der erblickten Person um X handelt, und so zielt er auf die Brust von J und drückt ab. Der Schuss trifft J aber nur als harmloser Streifschuss mit einer 3 cm großen Wunde am Unterarm und so legt B für einen weiteren gezielten Schuss auf J an. Plötzlich gerät eine weitere Person, nämlich X, ins Blickfeld und B erkennt gerade noch rechtzeitig seinen Irrtum: Er lässt das Gewehr sinken, verschnauft kurz und legt nun auf X an, um auf ihn einen tödlichen Schuss abzugeben.

  13. Fall 10 – Schuss Strafbarkeit von B Zu prüfen: Versuchter Mord §§ 15, 75 StGB B legt auf X an und drückt ab, er setzt somit eine taugliche Ausführungshandlung. Error in persona bleibt unbeachtlich Abgrenzung beendeter oder unbeendeter Versuch nach Theorien Je nach Lösung § 16 StGB zu prüfen. Bei Annahme der Freiwilligkeit bleibt qualifizierter Versuch: §§ 83, 84 Abs 2 Z 1 StGB Versuchter Mord auch an X: Anlegen ist ausführungsnahe Handlung iSv §§ 15, 75 StGB

  14. Fall 10 – Schuss Strafbarkeit von A Zu prüfen: Bestimmung zum versuchten Mord §§ 12 zweiter Fall, 15, 75 StGB A weckt in B den Handlungsentschluss auf X zu schießen. B bleibt allerdings im Versuchsstadium, weshalb A auch nur zum Versuch bestimmt hat. Zu prüfen: Fahrlässige Körperverletzung§ 88 Abs 1 StGB Bestimmung auf AX zu schießen als obj. Sfgw in Bezug auf J?

  15. Fall 10 – Unfall Zu dieser Zeit befindet sich C gerade auf der Heimfahrt auf der Bundesstraße. C hat bis spät in die Nacht gearbeitet und ist dann noch mit seinem LKW in ein Lokal gefahren, um sich dort mit Alkohol für die anschließende Heimfahrt „zu stärken“; jetzt hat C einen aktuellen Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille. Als C auf der Fahrt das abseits der Straße abgestellte Auto von B erblickt, ist er kurz abgelenkt. Auf Grund seiner Alkoholisierung kann er die Spur nicht mehr halten: Er kommt von der Straße ab, rollt durch die Wiese und kollidiert mit dem Jägerhochsitz, der zusammenfällt. So kommt B nicht mehr dazu, seinen Schuss auf X abzufeuern, und X ist damit außer Gefahr. B fällt einige Meter hinab, erleidet beim Aufprall Serienrippenbrüche und zahlreiche Prellungen und bleibt bewusstlos liegen. Als C die Unfallstelle untersucht, findet er den bewusstlosen B und bekommt es mit der Angst zu tun. C geht davon aus, dass sich B´s Zustand sukzessive verschlimmern wird und B bald sterben wird, wenn er, C, ihm nicht hilft. Aus Angst vor Unannehmlichkeiten mit der Polizei nimmt C das aber in Kauf, und er beschließt, B einfach liegen zu lassen. B überlebt jedoch, da er zum Glück wenig später das Bewusstsein wiedererlangt und selbst die Rettung verständigen kann. Die Verzögerung der Hilfe hat B´s Zustand also nicht verschlimmert.

  16. Fall 10 – Unfall Strafbarkeit von C Zu prüfen: Fahrlässige Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen § 88 Abs 4 zweiter Fall StGB C verletzt im Minderrausch B am Körper, obwohl ihm vorhersehbar war, dass er eine gefährliche Tätigkeit vornehmen wird. Er verhindert aber dadurch den Tod des B. Fehlendes subj. Rechtfertigungselement: je nach Lösung strafbar (Versuch oder Vollendung) oder straflos Zu prüfen: Imstichlassen eines Verletzten § 94 StGB C unterlässt es B die erforderliche Hilfe zu leisten und verwirklicht daher § 94 StGB Subsidiaritätsklausel § 94 Abs 4 StGB zu beachten Zu prüfen: Versuchter Mord durch Unterlassen §§ 15, 2, 75 StGB C hat aufgrund des Unfalls Garantenstellung aus Ingerenz und auch Vorsatz, dass B an seinen Verletzungen stirbt. B stirbt jedoch nicht, daher bleibt der Versuch, der jedenfalls tauglich und strafbar ist. Er ist daher nach §§ 15, 2, 75 StGB zu bestrafen.

  17. Fall 10 – Verkehrskontrolle Auf der Weiterfahrt wird C noch vom Polizeibeamten P bei einer Verkehrskontrolle angehalten. P erkennt, dass C schwer alkoholisiert ist und er dessen Weiterfahrt verhindern müsste. Als C dem P aber 500 € in Aussicht stellt, falls er „ausnahmsweise seine Amtspflichten hintanhalte und im gemeinsamen Interesse handle“, kann P nicht widerstehen. Er nimmt das Geld an und lässt C weiterfahren.

  18. Fall 10 – Verkehrskontrolle Strafbarkeit von C Zu prüfen: Bestimmung zum Amtsmissbrauch §§ 12 zweiter Fall, 14, 302 StGB C weckt in P den Handlungsentschluss zu einem Amtsmissbrauch, den dieser dann auch ausführt. Er ist daher nach §§ 12 zweiter Fall, 14, 302 StGB zu bestrafen. Zu prüfen: Bestechung § 307 StGB C bietet P einen vermögenswerten Vorteil für die Vornahme eines pflichtwidrigen Amtsgeschäfts an. Er ist daher auch in echter Konkurrenz nach § 307 StGB zu bestrafen. Strafbarkeit von P Zu prüfen: Amtsmissbrauch P missbraucht durch das Gewähren der Weiterfahrt wissentlich seine gesetzlich eingeräumt Befugnis. Er tut dies auch mit dem erforderlichen Schädigungsvorsatz und ist daher nach § 302 StGB zu bestrafen. Zu prüfen: Vorteilsannahme § 304 StGB P nimmt für die pflichtwidrige Unterlassung auch einen vermögenswerten Vorteil an. Er ist nach § 304 StGB in echter Konkurrenz zu bestrafen.

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