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Neuropsych. vor. 6

Neuropsych. vor. 6 . PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika. Psychoneuroendokrinologie Die Organisation und Bedeutung von Umweltreizen einschließlich der Wahrnehmungsschwellen und die Bildung spezifischer assoziativer Verbindungen (»Binding«) hängt von der Gegenwart von Hormonen ab.

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Neuropsych. vor. 6

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  1. Neuropsych. vor. 6 PTE ÁOK Pszichiátriai Klinika

  2. Psychoneuroendokrinologie DieOrganisation und Bedeutung von Umweltreizen einschließlich der Wahrnehmungsschwellen und die Bildung spezifischer assoziativer Verbindungen (»Binding«) hängt von der Gegenwart von Hormonen ab. Biologische Rhythmen und Hormone Schlaf und Homöostase Der regelmäßige Wechsel von Tiefschlaf (SWS, »slow wave sleep«) und REM-Schlaf (»Rapid-eye-movement«-Schlaf, »Traumschlaf«) ist sowohl für die endokrinen Systeme wie für das Immunsystem ein unverzichtbarer Reiz. Schlafdeprivation und Schlafstörungen, beeinflussen die physiologischen und psychologischen Regulationsprozesse wichtiger Hormone und des Immunsystems. In der Chronobiologie sprechen wir daher auch von »prädiktiver Homöostase« des Schlafes, also seiner Eigenheit, im Voraus zu erwartende Regulationsvorgänge während des Tages in der Nacht zu »antizipieren«.

  3. Wachstumshormon und Kortisol Wachstumshormon (GH, »growth hormone«) und Kortisol zeigen eine genau entgegengesetzte ultradiane Periodik. Das Maximum der GH-Produktion ist im ersten Teil der Nacht. (Erklärt viele der negativen Effekte der Schlafdeprivation gerade dieser auch als »Kernschlaf« bezeichneten Abschnitte der zirkadianen Periodik: Hemmung des Körperwachstums und der kognitiven Entwicklung und Lernfähigkeit, da GH im ZNS am Wachstum der Verbindungen zwischen den Nervenzellen wesentlich beteiligt ist.) Extreme körperliche Aktivität, Stress und Depression gehen häufig mit Störungen des Schlafes,(v.a.des Kernschlafes), GH-Unterdrückung und Kortisolanstieg einher. Die pulsatile ACTH- und Kortisolausschüttung beginnt mit dem Nadir (Tiefpunkt) des GH-Spiegels mit dem 3. Schlafzyklus, allerdings nicht mit einer REM-Phase. Während der REM-Phasen in der zweiten Nachthälfte wird der Kortisolanstieg gebremst, er erfolgt nur in den Zwischenstadien 2 und 1 zunehmend intensiv bis zum Aufwachen. Wachstumshormon wird in den ersten beiden Nachtstunden im Tiefschlaf, Kortisol mitzunehmender Präsenz der Schlafstadien 1 und 2 (»oberflächlicher Schlaf«) gegen Morgen ausgeschüttet.

  4. Kortisol und Immunsuppression Während Glukokortikoide in physiologischer Konzentration die Freisetzung vieler Zytokine hemmen und somit etwas verallgemeinert immunsuppressiv wirken, hat GH einen immunstimulierenden Effekt. (Dieser gegenläufige Zusammenhang könnte die erhöhte Krankheitsanfälligkeit im Alter (»Kernschlaf« und GH reduziert) und nach lang anhaltender Hilflosigkeit und Depression erklären. Mit Verlust des Kern- oder Tiefschlafes geht eine Schwächung des Immunsystems einher.) Der Kortisolanstieg in der 2. Nachthälfte begünstigt auch die Labilisierung des kardialen Systems, Herz-Kreislauf-Störungen kommen daher in der 2. Nachthälfte häufiger vor. Melatonin Das Peptidhormon der Zirbeldrüse wird beim Menschen nur in Dunkelheit ausgeschüttet und steht unter Kontrolle des N.suprachiasmaticus, des stärksten zirkadianen Oszillators, der primär die zirkadianen Schlaf- Wach-Zyklen, weniger die infradianen Zyklen der Körpertemperatur und des Kortisols regelt. Melatonin synchronisiert unter dem Einfluss des zirkadianen Oszillators endogene Rhythmen und trägt zur Erholung der Immunkompetenz in der ersten Nachthälfte bei.

  5. Emotionen und Hormone Soziale Bindung, Bindungsverhalten,Bindung und Lernen Obwohl Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Bindungen primär gelernt werden, wird die Wahrscheinlichkeit (aktivierend) und Art (organisierend) von Bindungsreaktionen von unterschiedlichen Hormonen determiniert. (Der Aufbau von Bindungsverhaltenhat durchaus den Charakter eines angeborenen nicht-homöostatischen Triebes , wird aber sofort nach der Geburt durch Lernvorgänge weitgehend bestimmt. Die Bindungsmotivationist Voraussetzung für das Zusammenleben in Gruppen und das soziale Zusammenleben auch unabhängig von Reproduktions- und Sexualtrieb sichert.) Die Auflösung von Bindung durch Trennung erzeugt Hilf- und Hoffnungslosigkeit,(wie sie beim Menschen in schweren Depressionen zum Ausdruck kommt.) (In der Entwicklung wird der gesamte Kontext (örtliche und zeitliche Zusammenhänge) früherer Bindungserfahrung im Gedächtnis niedergelegt und kontinuierlich mit den aktuellen sozialen Situationen verglichen. Verlust oder Trennung verletzen die im Gedächtnis gespeicherten Bindungserwartungen und führen zu Hilflosigkeit und Depression.)

  6. Oxytozin und Bindungsverhalten Oxytozin (OT) ist ein Neuropeptid, erfüllt die Funktion der Auslösung der Milchejektion in der weiblichen Brust und der Uteruskontraktionen bei Geburt und im Sexualverkehr. (Es wird primär im N. paraventricularis (PVN) und dem N. supraopticus (SON) des Hypothalamus synthetisiert. Deren Neurone projizieren in den Hypophysenhinterlappen. Neben diesem »Hauptproduktionsweg« findet sich aber OT auch im limbischen System und den autonomen Kernen des Hirnstamms.) Zumindest im Tierversuch ist es aber der auf den hypophysären Anstieg der Ausschüttung folgende Anstieg des zentralen OT, der das Interesse des Muttertiers auf das Junge lenkt. Für die Entwicklung des Bindungsgefühls, das beim Erwachsenen häufig mit sexueller Aktivität einhergeht, ist ebenfalls das zentrale OT verantwortlich. (Während sexueller Aktivität erhöht sich die Verfügbarkeit von OT an den Synapsen in beiden Geschlechtern, ausgelöst durch Reizung der Sexualorgane.) Die Entwicklung und Aufrechterhaltung sozialer Bindungen hängt vom Vorhandensein von Oxytozin (OT) im ZNS ab.

  7. Soziale Bindung und Partnerschaft Oxytozin und Vasopressin (das antidiuretische Hormon, ADH) fördern beide Sexualverhalten und soziale Bindung. (Oxytozin- und Vasopressin-Knock-Out-Mäuse, zeigen soziale Amnesie: Sie können oder »wollen« ihre Partner nicht mehr erkennen. Monogame Tiere, zeigen in limbischen und hypothalamischen Hirnregionen eine deutliche vermehrte Anzahl von OT-Rezeptor-Bindungsorten, wobei zwischen beiden Geschlechtern in der Regel kein Unterschied besteht. Auch die innerartliche Aggression ist bei diesen Tierarten geringer.) Die Gegenwart des Neuropeptids OT im ZNS macht sozialen Kontakt jeder Art, nicht nur sexuellen, belohnend und dies in Kooperation mit Opioiden Peptiden und Opioidstrukturen.(Die positiv verstärkende Wirkung der intrakraniellen Reizung von Opioiden Hirnstrukturen wird im sozialen Kontext bei der Ausbildung von Bindungen wahrscheinlich durch die gemeinsame Wirkung von OT und ß-Endorphinen erzeugt. Auch Kurzzeitstress mit Anstieg von Kortisol, Vasopressin und Oxytozin fördert mütterliches und väterliches Sorgeverhalten und Bindung, sowohl vor wie auch nach der Geburt eines Kindes.) Ohne das Oxytozin-Gen kommt es zu sozialer Amnesie, während Oxytozin zusammen mit endogenen Opioiden sozialen Kontakt belohnend erleben lässt.

  8. Aggressives Verhalten Medialer Hypothalamus und Aggression Die verschiedenen Formen aggressiven Verhaltens, sind zum Großteil gelernt, benötigen aber neben spezifischen Schlüsselreizen aus der Umwelt (z. B. männlicher Konkurrent um ein weibliches Tier) eine Senkung innerorganismischer Schwellen fürdiese Reize. Diese Schwellensenkung wird bei innerartlicher physischer Aggression v. a. von Kernen des medialen Hypothalamus bewirkt, der als oberste Koordinationsstruktur für aggressives Verhalten dient. Die verschiedenen Aggressionsformen sind auch mit verschiedenen neurophysiologischen Prozessen korreliert. Angesichts der Tatsache, dass in industrialisierten Gesellschaften physische Aggression weitgehend ihre Funktion verloren hat, ist die beutebezogene Aggression, wie sie beim Menschen (primär beim jungen Mann) in kriegerischen und kriminellen Akten zum Ausdruck kommt, besonders wichtig. Die Schwellensenkung für beutebezogene Aggression findet im medialen Hypothalamus statt.

  9. Testosteron und Aggression Der Großteil von Gewalttätigkeiten geht von jungen Männern aus, die eine hohe Produktion von Testosteron aufweisen. (Andererseits korreliert beim erwachsenen Mann das Testosteronniveau schwach positiv mit beobachtbarem physischgewalttätigem Verhalten.) Kastration oder reversible Blockade von Testosteronausschüttung oder Testosteronrezeptoren mit bei Gewaltverbrechern mit hohem Testosteronniveau eine Reduktion von physisch aggressivem Verhalten bewirkt. (Unbestritten bleibt, dass ein minimaler Testosteronspiegel vor und nach der Geburt vorhanden sein muss, damit aggressives Verhalten überhaupt auftreten kann.) Der Zusammenhang zwischen Testosteron Produktion und Aggression ist beim Erwachsenen nur schwach positiv.

  10. Weibliche Aggression (Tierarten, bei denen die weiblichen Tiere ein hohes Testosteronniveau aufweisen, wie Hyänen, zeigen auch deutlich erhöhtes Aggressionsverhalten. Sie dominieren die männlichen Mitglieder der Horde, die gegenüber den weiblichen submissives Verhalten zeigen.) Beim Menschen die Attribution (kognitive Zuschreibung) sozialer Dominanz erhöht die Androgenproduktion. Sieg und Niederlage (Die subjektive Bewertung und Bewältigung von Sieg oder Niederlage hat den entscheidenden Einfluss auf das Androgenniveau erwachsener Tiere.) (Die Gabe weiblicher Sexualhormone, v. a. von Östradiol hemmt bei den meisten untersuchten Tierarten die Aggressivität, beim Menschen ist dies aber bisher nicht ausreichend untersucht.) Androgene und fetale Entwicklung (Die Zirkulation von Androgenen während der Schwangerschaft hat zweifellos einen organisierenden Einfluss auf die anatomisch-physiologische Zusammensetzung limbischer und hypothalamischer Kerne und Verbindungen und wirkt damit spezifisch auf Verhalten. Diese Aussage gilt für sexuelle Orientierung, ist aber für aggressive Reaktionen nicht gesichert.) Je nach Zeitpunkt der Wirkung von Androgenen während der Schwangerschaft, sind die organisierenden Einflüsse auf Gehirn und Verhalten verschieden.

  11. Stressbewältigung Die Wirkung von Stressreizen (in der Regel aversive Reize) hängt von: -objektive, physikalische Intensität der aversiven Reize, -subjektiv-psychologische Intensität der aversiven Reize(Bewertung) -Vermeidungs-und Bewältigungsmöglichkeit(»coping«) -Dauer und Häufigkeit von Stressreizen, -konstitutionelle psychologische und physiologische Faktoren -tonischer Ausgangs-(Aktivierungs-)zustand des Lebewesens -soziale Stützung und Bindung (»social support«), -»motorische »Abfuhrmöglichkeiten« (z.B. regelmäßigerSport). Die Wirkung von Stressreizen auf das Nervensystem und Hormone hängt besonders von der Verfügbarkeit von Bewältigungsverhalten.

  12. Gelernte Hilflosigkeit Ein Modellbeispiel für die Konsequenzen anhaltender erfolgloser Bewältigung von Stress (Die experimentelle Anordnung zur Untersuchung:Die Tiere der Experimentalgruppe (EG) erhalten vor dem eigentlichen Test für Hilflosigkeit (meist 24 h vorher) mehrere unkontrollierbare, intensive schmerzhafte Reize, denen sie weder entfliehen, noch die sie vermeiden können. Die Kontrollgruppe (KG1) erhält keine aversiven Reize und die KG2 exakt dieselben aversiven Reize (Joch kontrolle, »yoked control«) mit Fluchtmöglichkeit, das Tier kann eine Taste bewegen. (Die Fluchtmöglichkeit stellt in diesem Fall nur eine »Illusion« dar, da dieselben unangenehmen Reize wie in der EG gegeben werden). In der Testbedingung 1-24 Stunden später, werden die Tiere aller Gruppen in dieselben Käfige gebracht und erhalten Vermeidungsmöglichkeiten (z. B. zwei-Weg-aktives Vermeiden: auf ein Lichtsignal über die Barriere in das »sichere« Abteil springen). Dabei treten im Wesentlichen 2 Effekte in der (EG) auf: ■■ motorische Defizite (Bewegungslosigkeit oder Bewegungsstereotypien) und ■■ assoziative Defizite (kein Vermeidungslernen für bestimmte Zeitspanne; Leistungsabfall in Lern- und Konzentrationsaufgaben beim Menschen). Gelernte Hilflosigkeit führt zu motorischen und kognitiv-assoziativen Störungen.

  13. Das generelle Adaptationssyndrom Cannon und Selye, der den Stressbegriff entwickelte, sahen Stress als unspezifische Antwort des Organismus auf die Störung des homöostatischen Gleichgewichts und als den Versuch, dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Das generelle Adaptationssyndrom(Selye)-die Stressreaktionen fallen auf unterschiedliche Reize scheinbar ähnlich aus. Weniger physikalisch definierbarer Stress (z. B. Lärm) als die subjektiv erlebte Belastung darüber entscheidet, ob eine dauerhafte Störung der Körperhomöostasen und Krankheit oder ob Adaptation eintritt. Selye postulierte 3 Phasen der Stressreaktion:Alarm, Widerstand und Erschöpfung, heute Kurzzeit-und Langzeitfolgen von Belastung. (Pathophysiologische Konsequenzen treten nur auf, wenn die Stressreaktion zu lange (chronische Stressoren), zu häufig oder ohne physiologische Notwendigkeit (z. B. ohne Fluchtmöglichkeit) wie bei psychologisch-sozialen Stressoren auftritt.) Das ursprünglich als generell angesehene Stressadaptationssyndrom ist aber sehr spezifisch vom Kontext und den Stressreizen und Bewältigungsverhaltensweisen abhängig

  14. Kurzzeit- und Langzeitstress Zur Kurzzeit-Bewältigung sind rasch Energie mobilisierende Stressreaktionen und die Hemmung von Langzeit-Energiespeicherung notwendig. (Die Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse erfolgt innerhalb von Minuten, die des sympathischen Nervensystems und der Katecholamine in Sekunden. Die Insulinsekretion (Speicherung von Glukose) wird gehemmt und Glukose im Blutstrom der Muskulatur vermehrt zur Verfügung gestellt (erhöhter Zucker unter Stress). Zusammen mit den kardialen sympathischen Erregungen wird so die Effizienz von Muskelarbeit (Kampf - Flucht) erhöht.) Sexuelle Reproduktionseffizienz, ein »optimistischer« Langzeitmechanismus, wird durch Unterdrückung der Sexualhormone reduziert. Schmerzwahrnehmung (Stress-analgesie, und Langzeit-Entzündungsprozesse werden ebenfalls gehemmt, sie würden die Kurzzeitadaptation nur behindern). Kurzzeitstress mobilisiert Energiereserven, Langzeitstress unterdrückt sie.

  15. Verlauf der Stressbewältigung Erste Konfrontation: Anstieg der Hypophysen-Nebennierenrinden- und Nebennierenmarkaktivität,sowie entsprechender peripher-autonomer physiologischer Prozesse. . Bei Bestehenbleiben der Belastung undneuen Vermeidungsversuchen bleiben einige der hormonellen und autonomen Reaktionen erhöht, auch in Zwischen- und Ruhezeiten, Immunsuppression (reduzierte T-Lymphozyten-Zellaktivität) und eine Reihe anderer Organschäden treten auf (psychosomatische Krankheiten) Ist der Bewältigungsversuch mehr somatisch-muskulär orientiert (Kampf-Flucht-Reaktion) sonennen wir dies aktive Bewältigung (»active coping«), und es treten nach erfolglosen Bewältigungsversuchen bevorzugt Schäden des kardiovaskulären Systems, Erkrankungen im Muskel und Halteapparat auf. Erfolgt die Bewältigung mehr durch Rückzug und Passivität, so nennen wir dies passive Bewältigung (»passive coping«) und die Organschäden sind mehr im Einflussbereich der Kortikosteroide auf die intestinalen Systeme, einschließlich des Immunsystems konzentriert (z.B.Ulcus, Asthma). Vor allem aktive Bewältigung und Konfrontation mit der Belastung reduziert die Stressantwort. Wiederholt erfolglose oder bestrafte Bewältigung führt zu Krankheit.

  16. Stress und Gehirn Allostase Die Aktivität des HHNSwird durch die Stärke, Dauer und Häufigkeit der Stressreize, ihrer subjektiven Bewertung (Attribution) und Bewältigung, die genetische Vulnerabilität des Individuums, Vorerfahrung (Gedächtnis) mit Stress und die zirkadiane Periodik bestimmt. Im Gehirn wirkt v. a. das hypothalamische CRF-Systemangstauslösend,erregend und immunosupressiv. Die Glukokortikoide als negativer Feedbackreiz bewirken die Begrenzung und Gegenregulation der Hyperaktivität dieses Systems. Bei wiederholtem oder anhaltendem Stress versagt allerdings die Gegenregulation, wobei dieses Versagen von plastischen Veränderungen der daran beteiligten Hirnregionen als Folge von Lernprozessen verursacht wird. Dabei wird die Störung der Homöostase auch häufig als Allostase (von griech. Ungleichgewicht) und die Langzeitfolgen von Stress und der Übergang zu Krankheit als allostatische Belastung bezeichnet. Schlaf, Gedächtnis und Stressbewertung und -bewältigung sind im Gehirn miteinander verbunden, was ihre hormonellen Gemeinsamkeiten deutlich machen. Die hinter diesen Verhaltenskategorien wirkenden Prozesse bestimmen, ob Krankheit entsteht. Bei Langzeitstress ohne Bewältigung brechen die homöostatischen Gegenregulationen der Hormonsysteme zusammen und es kommt zu Allostase und Krankheit.

  17. Stress, Noradrenalin und Zellverlust Unkontrollierbarer Stress verlängert die periphere und zentrale Katecholaminproduktion. Neben der Erhöhung der selektiven Aufmerksamkeit für die Stressreize wird dadurch auch die Erregbarkeit im Hippokampus gesteigert und damit die implizite Einprägung der emotionalen Reize verstärkt. Dasselbe passiert in der Amygdala, wo durch die erhöhte Vermeidungstendenz (mit verbesserter Einprägung der traumatischen Situationen) Symptome von Depression, Angst und posttraumatischer Stressstörung (PTSD) erzeugt werden. Dieser Endzustand, bei dem auch reversible oder permanente Atrophie mit Zellverlust im Hippokampus undbei melancholischer Depression auch in der Amygdala und im präfrontalen Kortex gefunden wurde.Desensibilisierung (oder auch Immunisierung genannt) des Organismus durch langsame und vermehrt intensive und wiederholte Konfrontation mit den Stressreizen und der Möglichkeit der Bewältigung begrenzt die allostatische Auslenkung der Nebennieren-Hypophysen-Achse. Bei extremen Stressreizen kann es bei genetischer Verletzlichkeit des Individuums zu Noradrenalin-bedingter verstärkter emotionaler Einprägung und zu Zellverlust im Hippokampus kommen (Posttraumatische Belastungsstörung)

  18. Stress und Serotonin Während bei starken und anhaltenden Stressoren Serotonin des dorsalen Raphe-Kerns die 5-HT2-Rezeptoren in Amygdala, Hippokampus und Neokortex aktiviert und angstauslösend wirkt, stimuliert das Serotonin des medialen Raphe-Kerns 5-HT1A-Rezeptoren im Hippokampus, welche früher gelernte emotionale assoziative Verbindungen auflösen und damit eher »therapeutisch« auf Stressstörungen wirken, indem sie Vergessen ermöglichen. Glukokortikoide bei chronischem Stress erhöhen die 5-HT-Syntheserate für das 5-HT2-System und hemmen die 5-HTr Rezeptoren und verstärken den Circulus vitiosus aus Angst/Stress und verbesserter Einprägung der Stresssituationen. Unteraktivität des Serotoninsystems im ZNS dagegen hängt mit Anstieg an Suizidalität und erhöhtem Herzinfarktrisiko sowie Gewalttätigkeit zusammen Neurochemisches Ungleichgewicht Die relative Balance von katecholaminerger und serotonerger Stimulation, welche die CRH-Produktion bestimmt, darüber entscheidet, ob die Hypophysen-Nebennierenachsen-Aktivität bei wiederholtem Stress habituiert oder sensibilisiert. Abfall der CRH-Stimulation führt zu Apathie und/oder - wenn das Serotoninsystem ebenfalls entleert wird - zu Gewalt oder Suizid. Die Balance von serotonergem und katecholaminergem Einfluss auf die CRH-Produktion bestimmt die Adaptation und begrenzt das Aufschaukeln der Nebennierenrindenachse bei wiederholtem Stress. .

  19. Stress und Opioide Das ACTH-Stresshormon wird aus dem Vorläufermolekül Proopiomelanokortin (POMC) abgespalten, das auch als Vorläufer der endogenen Opiate ß-Endorphin, y-Endorphin, a-Endorphin und Met-Enkephalin fungiert Auch ACTH und ß-Endor-phinausschüttung bei Stress ist für die Stressanalgesie nach Hilflosigkeit und die Immunsuppression verantwortlich. Mit ACTH werden auch Opiate bei Stress ausgeschüttet, welche zu Stressanalgesie (Schmerzunempfindlichkeit) führen können. Stress, Altern und Hippokampus Im Alter findet man generell einen Anstieg der Serumglukokortikoide, was auch mit der Reduktion der ersten Tiefschlafphasen einhergeht. Im Alter wird die Feedback-Regelung der Hypophysen-Nebennierenrindenachse schwächer; die hormonelle Reaktion bleibt nach Stressreizen länger bestehen. Erhöhte Glukokortikoidspiegel durch Stress beschleunigen auch das Altern des Gedächtnisses durch raschere Zerstörung der Hippokampusneuronen (v. a. in der Region CA3 Der Hippokampushat einen hemmenden Einfluss auf die Ausschüttung von CRH , das ja die ACTH-Ausschüttung bewirkt. Klinische Beispiele: alte Menschen, die ihre geistige Produktivität bis ins hohe Alter erhalten können und jene, die nach schweren bedeutenden Lebensereignissen (Krieg, Folter) dauerhafte Gedächtnisstörungen und akzeleriertes Altern aufweisen.

  20. Stress und Krankheit Psyche - Soma, ein Scheingegensatz Psychische Störungen, wie z. B. die Depression,weisen massive hormonell-physiologische Änderungen auf, die bei häufiger Wiederholung zu dauerhaften pathophysiologischen Konsequenzen führen. Psychosomatische Störungen wie die essenzielle Hypertonie, chronische Schmerzzustände, Magen-und Zwölffingerdarmgeschwüre und andere entwickeln sich aus einem komplizierten Gefüge aus Belastungsereignissen, endogenen Rhythmusstörungen und molekulargenetischen Veränderungen, in dem die Grenzen zwischen Umgebungseinfluss und Körperphysiologie oft nicht mehr erkennbar sind. Dagegen weisen »rein« organische Störungen (wie z. B. manche Herzkrankheiten, Epilepsieformen, Immunschwächeerkrankungen, Diabetes II u. a.) psychologische Auslöser auf, die auch keine strenge Trennung zwischen psychisch versus organisch erlauben. Für die meisten Erkrankungen lässt sich heute der psychologische Verursachungsfaktor genauso präzise angeben wie der organmedizinische und die spezifische Krankheit wird nur aus der psychophysiologischen Interaktion beider verständlich. Psychologische und physiologische Ursachefaktoren von Stressbedingten Erkrankungen sind so eng miteinander verwoben, dass sie meist weder konzeptuell noch experimentell trennbar sind.

  21. Tabelle 8.2. Pathophysiologische Wirkungen von anhaltender Belastung --Unterdrückung von Immunreaktivität und Entzündung --Erhöhung der Muskelanspannung in spezifischen Muskelgruppen --Erhöhter kardialer Output --Mobilisierung von Energie bei Unterdrückung der Energiespeicherung --Unterdrückung der Verdauung --Hemmung des Wachstums --Hemmung der Reproduktionsfunktionen --Neuronale Reaktionen und Änderungen der Wahrnehmungs­schwellen --Periphere Vasokonstriktion oder Dilatation Pathophysiologische Konsequenzen --Reduzierte Resistenz gegenüber einer Vielzahl von Krankheiten --Rücken-, Gesichts-, Kopfschmerzen, »Weichteilrheumatismus«, --Essenzielle Hypertonie Diabetes, Myopathien, Asthma --Geschwüre --Psychogener Zwergwuchs, Knochenentkalkung --Infertilität, Anovulation, Impotenz, Libidoverlust --Beschleunigtes Altern kognitiver Funktionen und des Gedächtnisses, einige Epilepsieformen --Essenzielle Hypertonie, Raynaud-Erkrankung, Migräne

  22. Zusammenfassung Psychoneuroendokrinologie, Umwelt, Körperrhythmen und Hormone: Hormone aktivieren und organisieren Verhalten. Sie verändern Wahrnehmungs- und Erregungsschwellen von der Nervenzelle bis zu komplexen Verhaltensweisen. Glukokortikoide und Kortisol heben die Schwellen aller Sinnessysteme. Die Ausschüttung von Hormonen erfolgt in zirka- oder Ultradianen Rhythmen: Wachstumshormon wird v. a. in den ersten 3 Schlafstunden produziert. Die Erholung des Immunsystems geht mit Melatoninausschüttung in den Tiefschlafstadien einher. Kortisol wird gegen Morgen im Schlafstadium 1 und 2 produziert. Emotionen und Hormone: Soziale Bindung hängt von der Gegenwart von Oxytozin ab. Aggressives Verhalten und männliche Sexualhormone (Androgene) sind schwach positiv korreliert. Stress und Hilflosigkeit: Gelernte Hilflosigkeit führt zu Depression, Immunschwäche und somatischen Störungen. Extremer Stress und psychologische Traumen führen zu Verlust explizit bewusster Erinnerung und Hippokampusdegeneration.

  23. Psychoneuroimmunologie Nervensystem, endokrines System und Immunsystem Voraussetzung für einen Zusammenhang zwischen psychischen Prozessen, Verhalten und immunologischen Vorgängen sind anatomische und physiologische Verbindungen zwischen Nervensystem und Immunsystem. Vieleder Wechselwirkungen zwischen Nervensystem (Psyche) und Immunsystem laufen über die endokrinen Systeme, deren Einflüsse müssen daher in der Psychoneuroimmunologie besonders berücksichtigt werden.Immunologische Vorgänge nicht»autonom«, d. h. unabhängig vom Zentralnervensystem (ZNS) ablaufen, sondern dass das Nervensystem in die Tätigkeit des Immunsystems eingreift und umgekehrt Vorgänge im ZNS durch Einflüsse aus dem Immunsystem verändert werden. Dasselbe gilt für die endokrinen Systeme, die wie das Immunsystem über eine vom ZNS unabhängige Autoregulation verfügen, im intakten Organismus aber stets vom ZNS und peripheren Nervensystem mitgesteuert werden. Während die Immunologie primär diese autoregulativen Prozesse zwischen und innerhalb der Zellen des Immunsystems untersucht, befasst sich die Psychoneuroimmunologie mit den Wechselwirkungen zwischen den Systemen. Unter Psychoneuroimmunologie verstehen wir die Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen Verhalten (»Psycho«),Nervensystem (»Neuro«) und Immunsystem (»Immunologie«).

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  25. Geschichte der Psychoneuroimmunologie Der Begriff Psychoimmunologie wurde 1964 von G.F. Solomon und Mitarbeitern in einem Artikel geprägt, der sich mit dem Zusammenhang zwischen Emotionen, Immunsystem und Krankheit befasste. Bereits in den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts hatten russische Wissenschaftler aus der Schule Iwan Pawlows entdeckt, dass Immunreaktionen klassisch konditionierbar waren, eine Entdeckung, die in Vergessenheit geriet, da zu dieser Zeit noch kein Wissen über mögliche Mechanismen eines solchen Lernprozesses bestand. Erst in den 70er-Jahren haben R. Ader und N. Cohen durch besser kontrollierte Untersuchungen an Mäusen diese Entdeckung wiederbelebt und die Bezeichnung »Psychoneuroimmunologie« eingeführt. Die Psychoneuroimmunologie begann mit Forschungen zur Entstehung von Krankheiten nach Belastungen und der Konditionierung von Immunfaktoren.

  26. Krankheit und Immunsystem Die Aufrechterhaltung und Beeinflussung mancher Krankheiten durch psychische (sprich: neuronale) Faktoren erhält durch die Psychoneuroimmunologie eine naturwissenschaftliche Grundlage. Grundsätzlich können Immunreaktionen auf 4 Wegen zu Krankheit führen. Diese sind in Tabelle 9.2 dargestellt. Das Zentralnervensystem und das Hormonsystem können auf alle vier Möglichkeiten der pathologischen Entwicklung Einfluss nehmen. Da jedem psychologischen Vorgang ein Hirnprozess zugrunde liegt, werden solche Hirnvorgänge, die mit dem Immunsystem in Verbindung stehen, psychologisch ausgelöste Immunreaktionen bewirken. Die Beziehungen zwischen den psychologischen (neurophysiologischen) Vorgängen und den immunologischen Prozessen sind in der Regel nicht linear: in den meisten Fällen bestehen Grenz- und Schwellenwerte, deren Überschreiten sprungartig zu pathologischen Entwicklungen führt (z. B. bestimmte bösartige Tumoren). Solche Entwicklungen werden als deterministisch-chaotisch bezeichnet und können mit modernen mathematischen Verfahren beschrieben werden.

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  28. Direkte und indirekte psychologische Einflussfaktoren Die dargestellten Einflussfaktoren beziehen sich auf direkte Effekte, die das ZNS, das autonome NS und die Hormone auf das Immunsystem haben: z. B. kann ein Belastungsreiz direkt ein Areal im Hypothalamus aktivieren, dieser stimuliert einen bestimmten Rezeptortyp an Immunzellen, die ihre Arbeitsweise daraufhin verändern. Sehr viel häufiger und für das Gesundheitssystem wichtiger sind allerdings die indirekten psychologischen Faktoren: z. B. Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen und Substanzmissbrauch, Mangel an Bewegung. Jeder dieser Faktoren hat unterschiedliche, aber gravierende Einflüsse auf den Immunstatus und kann eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Krankheitssymptome nach sich ziehen. Alle genannten indirekten Faktoren sind aber in letzter Konsequenz auf Lernprozesse (vor dem Hintergrund konstitutioneller Risiken) rückführbar. Die meisten psychoimmunologisch bedingten Erkrankungen sind indirekt und nicht direkt von psychologischen Einflüssen ausgelöst.

  29. Hormone, Neurotransmitter und Immunsystem Wirkung der Tachykinine auf das Immunsystem Einige Neuropeptide und die Katecholamine greifen direkt in die Arbeitsweise von immunkompetenten Organen, wieMilz, Lymphknoten, Schilddrüse und Immunzellen ein. Substanz P, vasoaktives intestinales Peptid, Kortikotropin-Releasing-Hormon und einige Hypophysenpeptide, wie ACTH und ß-Endorphinereduzieren die Immunkompetenz. Alle genannten Substanzen treten als Reaktion des Organismus auf psychisch oder physisch belastende Reize (»Stress«) auf. Substanz P und vasoaktives intestinales Peptid (VIP) spielen eine große Rolle in der Entstehung sog. psychosomatischer Krankheiten, bei denen Entzündungen der Gelenke oder innerer Organe vorliegen. Sie werden deshalb auch als Tachykinine (griech: tachos = schnell, kinin = bewegen) bezeichnet: Arthritis, Colitis ulcerosa, Ekzeme, Asthma und bösartige Tumoren werden von ihnen begünstigt. Die Tachykinine kommen im Gehirn, Rückenmark, peripherem Gewebe und Gefäßen sowie den Schleimdrüsen vor; sie werden sowohl an den peripheren Nervenendigungen als auch teilweise von Immunzellen selbst sezerniert.

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  31. Dosisabhängigkeit der Immunreaktion Dabei spielt allerdings die Konzentration der ausgeschütteten Neuropeptide eine oft gegensätzliche Rolle. Beispielsweise besitzen Lymphozyten beim Menschen Rezeptoren für körpereigene Opiate. Kleine Mengen dieser endogenen Opiate verstärken, während hohe Dosen die zelluläre und humorale Immunreaktion schwächen. Dies könnte erklären, warum bestimmte Belastungs- und Stressbedingungen oft zu gegensätzlichen immunologischen Effekten führen. Abb. 9.6 gibt eine Zusammenfassung einiger peripherer Faktoren, die die Überempfindlichkeit der Gewebe für nozizeptive Reize und Allergene und Immunität beeinflussen. Dabei zeigt der rechte Teil der Abbildung, dass der Effekt der Schmerz- und Stressreize von der Balance zwischen hemmenden (rot strichliert) und erregenden (schwarz) Einflüssen der verschiedenen Neuropeptide und Immunzellen abhängen wird; diese Balance hängt auch von der Dauer des Stressreizes und der Zeit nach Beendigung des Stressreizes ab. Ein- und dieselben durch Stress ausgeschütteten, immunologisch wirksamen Hormone können in niedriger Dosierung zu gegensätzlichen Effekten als in hoher Menge führen.

  32. Wirkung der Katecholamine auf das Immunsystem Katecholaminen werden bei Angst und Defensiwverhalten aktiviert und spielen eine zentrale Rolle in der Regulation der cAMP-Spiegel von Lymphozyten und modifizieren damit dosisabhängig eine Vielzahl von Immunfunktionen, wie Lymphozytenproliferation (Zellteilung),Antikörperausschüttung und Zellauflösung (Apoptose). Hohe cAMP-Spiegel bei gleichzeitiger Stimulation von ß-adrenergen und T- Zellen -Rezeptoren durch Katecholamine an T-Zellen reduzieren die Proliferation der Immunzellen. Besonders wichtig ist dabei die Tatsache, dass die Balance zwischen T-Helferzell- und T-Suppressorzell-Aktivität von Noradrenalin und Adrenalin verschobenwerden kann. Die Stärke der immunologischen Antwort sollte proportional der Menge der eingedrungenen Antigene sein und nach deren Neutralisierung »rechtzeitig« aufhören. Ist das übliche Gleichgewicht zwischen Helfer- und Suppressorzellen verschoben, so kommt es zu verspäteten, überschießenden oder überlangen Immunreaktionen, je nachdem, welcher Zelltyp überwiegt.

  33. Rolle der Zytokine Zytokine oder Zellinteraktionsmoleküle fungieren im Immunsystem als die Transmitter, sie steuern dieMigrationder Immunzellen ins Gewebe, sie ermöglichen die Bindung (Adhäsion)von kooperierenden Zellen und sie können Zielzellen aktivieren oder hemmen. Sie bestehen aus Interleukinen (IL), Interferonen (IFN), Tumornekrosefaktoren (TNF) und transformierenden Wachstumsfaktoren (TGF) und wirken pro- oder antiinflammatorisch. Sie werden von den Immunzellen gebildet und können lokal sehr spezifisch über Zytokinrezeptorenoder systemischauf viele Zielzellen wirken. Zytokine existieren sowohl im ZNS wie auch in der Körperperipherie und können somit komplexe Regelkreise innerhalb und zwischen ZNS, endokrinem System und Immunsystem bilden (Abb. 9.7). Zum Beispiel aktiviert IL-1 die Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse und ihre Hormone auf allen Ebenen und ist daher an der Entstehung stressbedingter Krankheiten beteiligt. IL-1 und IL-6 bewirken Krankheitsverhaltenmit Rückzug, Appetitmangel, Gliederschmerzen, Müdigkeit und Desinteresse durch ihre Wirkung auf das ZNS. Sie erleichtern damit das Freiwerden von Energie zur Bekämpfung des Pathogens, z. B. des Virus.

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  35. Zentralnervensystem und Immunsystem Die Verbindungen zwischen ZNS und Immunsystem laufen v. a. über das autonome Nervensystem, das physiologisch für körperinterne Homöostasen und psychologisch für emotionale und motivationale Prozesse (Gefühl und Antrieb) verantwortlich ist. Strukturen, die an der Regulation des autonomen Nervensystems beteiligt sind, der Hypothalamus, das limbische Systemund autonome Kerne des Stammhirns.Der Neokortex scheint eine Rolle zu spielen, als er in die subkortikale Regelung von autonomen und emotionalen Mechanismen eingreift. Der vordere Hypothalamuskann sowohl in die zelluläre wie humorale Immunreaktivität eingreifen. Die meisten Änderungen sind kurzfristig und über die endokrinen Verbindungen zur Hypophyse vermittelt. Die Zahl der T-Lymphozyten und natürlichen Killerzellen (NK) sinkt nach Zerstörung des vorderen Hypothalamus ebenso wie die Antikörperproduktion ab. Läsionen im limbischen System führen dagegen meist zu einer Anregung immunologischer Aktivität. Sowohl im limbischen System wie im Hirnstamm sind v. a. jene Regionen an der Immunmodulation beteiligt, die mit dem zentralen noradrenergen System in Verbindung stehen. Zerstörung noradrenerger Zellsysteme erhöht z. B. die T-Suppressor-Zell-Aktivität und hemmt damit die Antikörperreaktion auf verschiedene von extern eingeführte Antigene.

  36. Beteiligung der Großhirnrinde Hirnläsionen, v. a. im Großhirn in der akuten Phase z. B. nach Schlaganfall, führen zu einer Immunsuppression. Zytokine steigen (proinflammatorische Zytokine wie IL-1, IL-6. TNF-a und IL-8) und die T-Zell-Aktivität sinkt. Nach Chronifizierung allerdings, ist die Immunantwort sogar häufig verbessert. Die beiden Hemisphären des Neokortex haben unterschiedliche Wirkungen auf das Immunsystem, ein Anstieg der Aktivität der rechten Hirnhemisphäre führt zu Immunsuppression. Die rechte Hemisphäre erleichter die Aufnahme und Verarbeitung emotional negativer Reize und Reaktionen. Linkshänder weisen z. B. mehr Immundefizite wie Allergien und reduzierte Resistenz gegenüber Infektionen als Rechtshänder auf. Läsionen der beiden Hemisphären haben keinen Einfluss auf die humorale B-Lymphozyten-, sondern nur auf die T-Lymphozytenaktivität. Läsionen der rechten Hemisphäre führen zu Anstieg der T-Lymphozyten-und NK-Aktivität, während Läsionen der linken diese eher unterdrücken. Je nach Ort der Hirnläsion oder -dysfunktion kann es zu Abfall oder Anstieg der Immunkompetenz kommen. Das Großhirn übt einen starken Einfluss auf das Immunsystem aus. Akute Läsionen stören die Immunkompetenz und die rechte Hemisphäre wirkt immunsuppressiv.

  37. Immuneffekte auf das ZNS Die Beeinflussung des ZNS durch Substanzen des Immunsystems ist unbestritten. Wenndie im ZNS zirkulierenden T-Lymphozyten auf ein Antigen im ZNS stoßen, entwickelt sich innerhalb von Tagen eine volle Entzündungsreaktion. Die immunaktivierten Zellen bewirken einen Abfall der Übertragungswirkung von Noradrenalin (NA) im Hypothalamus, was selbst wieder zu vielfältigen endokrinen Konsequenzen in der Tätigkeit der Hypophyse führt: Am 4. und 5. Tag nach der Aktivierung einer Antigenwirkung ist auch das Maximum der Sekretion von Glukokortikoiden, die direkt die Sensibilität der Lymphozyten steuern, erreicht. Somit gehört ein Anstieg von ACTH/Kortisol zu jeder Immunreaktion. Die Funktion des Kortisol besteht dabei darin, die Immunreaktion zu terminieren und ein Überschießen zu verhindern. Die Gabe von Kortikosteroiden ist daher die wirksamste Therapie autoimmuner oder extern verursachter Überaktivität des Immunsystems.Interleukin-1 (IL-1), eines der bestuntersuchten Zytokine, stimuliert im Hypothalamus die CRH-(Kortikotropin-Releasing-Hormon)-Freisetzung. Darüber hinaus führt IL-1 zu vermehrtem Delta-Schlaf. Die Aufnahme von immunreaktiven Zellen im Kortex und Hypothalamus beeinflussen die Tätigkeit der Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse:Tage nach Einwirkung eines Antikörpers werden ACTH und Glukokortikoide vermehrt ausgeschüttet, um ein Überschießen der Immunantwort in der Peripherie zu verhindern

  38. Schlaf-Wach-Rhythmus und Immunkompetenz Der Schlaf-Wach-Rhythmus wird von immunaktiven Substanzen ebenso beeinflusst wie umgekehrt Schlaf zum restaurativen Aufbau von immunkompetenten Zellen notwendig ist. Chronische Schlafdeprivation führt daher zu raschem Absinken der Immunkompetenz mit Anstieg von Neoplasien (krebsartiger Entartung), Infektionen und Tod. Zirkadiane Rhythmusstörungen wie Nachtarbeit und das Überfliegen von Zeitzonen (»Jetlag«) erhöhen ebenfalls die Infektionsanfälligkeit. Interleukine, z. B. IL-1, die von T-Helferzellen abgegeben werden und das Lymphozytenwachstum beschleunigen, haben schlafanstoßende Wirkung im Gehirn. Die immunologischen Effekte des Schlafens scheinen u. a. von der zirkadianen Rhythmik des Zirbeldrüsenhormons Melatonin bedingt zu sein. Melatonin ist während des Tiefschlafes erhöht, seine Konzentration im Kindesalter ist hoch und sinkt mit der Dauer des Tiefschlafs im Alter ab. Vor dem Einschlafen verabreicht, reduziert es Belastungseffekte (»Stress«) und kann bei Jetlag den Rhythmus resynchronisieren. Melatonin bewirkt in antigenaktivierten T-Helferzellen die Ausschüttung kleiner Mengen endogener Opioide. Im Tierversuch wurde damit das Wachstum von Tumoren gebremst und die vielfältigen hormonellen Effekte von Belastung (»Stress«) neutralisiert.

  39. Autonomes Nervensystem und Immunreaktion Immunreaktion und Emotionen Die Entstehung und Aufrechterhaltung von Gefühlen und Antriebszuständen ist an die Existenz des autonomen Nervensystems gebunden. Emotionen sind an der Aufrechterhaltung der körperinternen Homöostasen durch das autonome Nervensystem genauso beteiligt wie anderenichtphysiologische Faktoren, wie z. B. Außentemperatur oder Energiezufuhr. Kommunikation zwischen Immunsystem und autonomem Nervensystem Die Verbindungen zwischen autonomem und Immunsystem:kurze, mittellange und lange Kommunikationswege. Kurze betreffen die unmittelbare anatomische Nachbarschaft von Zellen, mittellange jene zwischen entfernter liegenden Teilen des autonomen Systems, z. B. den Grenzstrangganglien und den Lymphknoten, Lange, z. B. jene zwischen autonomen Teilen des Zentralnervensystems oder endokrinen Drüsen und den verschiedenen lymphatischen Geweben ( Abb. 9.8). Die Kommunikation zwischen der autonomen Innervation und den hoch mobilen Zellen des Immunsystems findet oft im Gefäßsystem statt. Die dabei beteiligten Neurotransmitter sind die Katecholamine, Azetylcholin, Substanz P, vasoaktives intestinales Peptid (VIP), Neuropeptid Y und verschiedene andere Neuromodulatoren. Alle haben auch vasoaktive Funktionen und können damit Blutfluss, Perfusionsdruck und Lymphozytenbewegung beeinflussen.

  40. Synaptisches Wechselspiel Sowohl auf Lymphozyten wie auf Makrophagen befinden sich Rezeptorenfür die Neurotransmitterdes autonomen Nervensystems, allen voran Rezeptoren für die verschiedenen Katecholamine. Die Lymphzelle antwortet auf die Bindung mit dem Rezeptor wie jede andere Zelle mitAktivierung der »second messengers« und ihrer intrazellulären Folgeprozesse. Und umgekehrt, Lymphokine und Interleukine können rückwirkend die Nervenendigungen kontrollieren. Das Immunsystem, speziell Lymphozyten stellen sogar selbst Neurotransmitter wie adrenokortikotropes Hormon (ACTH) und ß-Endorphin her, die dann in Zusammenarbeit mit Zytokinen wie Interleukin-1 und -2 synergistisch die Tätigkeit des ZNS modifizieren können. Umgekehrt können Nerven- und GliazellenImmunprodukte wie die Zytokine herstellen. Immunreaktivität und Alter Mit dem Alter und Verlust des Tiefschlafs und abnehmender noradrenerger Innervation sinkt die Kompetenz des Immunsystems und steigt die Krankheitsanfälligkeit.

  41. Lernen und Immunsystem Klassische Konditionierung: Geschichte In vielen klinischen Anekdoten vor Entdeckung der klassischen Konditionierung durch Iwan Pawlow am Beginn des 20. Jahrhunderts waren gelernte allergische Reaktionen auf neutrale Reize beschrieben worden. Zum Beispiel bekam ein Patient, der auf Rosenpollen und -geruch allergisch mit einer Asthmaattacke reagierte, auch Attacken auf den Anblick einer künstlichen Rose. Ja selbst das Aussprechen desWortes »Rose« konnte einen Anfall provozieren (semantische Konditionierung höherer Ordnung). Konditionierte Unterdrückung der Immunreaktion Ader und Cohen paarten einen neutralen CS, saccharinhaltiges Wasser, mit Zyklophosphamid (CY), einer immunsuppressiven Substanz, als US, das den Ratten nach 10-15 min Trinken injiziert wurde.Die Darbietung des CS allein führte nur in der Experimentalgruppe, in welcher der CS vor dem US zeitlich gepaart dargeboten worden war, zu einer deutlichen Reduktion der Antikörperzähl bei der Autoimmunkrankheit Lupus erythematosus im Blut der Tiere. Entscheidend war also die Lerngeschichte (CS wird kurz vor US dargeboten) und nicht die objektiv physiologisch zu erwartende Immunreaktion! Dasselbe wurde für zelluläre Immunantworten gezeigt, die sich der T-Lymphozyten bedienen. Konditionierte Unterdrückung der Immunantwort verlängert das Leben bei einer Autoimmunerkrankung.

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  43. Konditionierung der Abstoßungsreaktion Natürliche Killerzellen-Aktivität, Lymphozytenproliferation, verschiedene Immunglobuline, T-Helfer- und Suppressorzellen, arthritische Entzündung u. a. immunologische Reaktionen konnten klassisch konditioniert werden. Die erzielten Effekte sind nicht auf Stressfaktoren und die Hypophysen-Nebennierenrinde-Achse zurückzuführen, die für sich allein genommen Immunsuppression oder -Verbesserung bewirken können. Sowohl Anstieg wie Abfall der Immunkompetenz verschiedener immunologischer Zellgruppen als auch die Lernbarkeit der Abstoßungsreaktionauf körperfremdes Gewebe wurde an verschiedenen Tierarten und am Menschen demonstriert. Zum Beispiel wurden Tieren, die in der oben beschriebenen Art und Weise auf saccharinhaltiges Wasser konditioniert wurden, körperfremde Leukozyten am Testtag bei gleichzeitiger Darbietung des CS alleine injiziert. Dies führte schon nach wenigen Konditionierungsdurchgängen zu fast völliger Unterdrückung der Abstoßungsreaktion, auch ohne Gabe des immunsuppressiven US. Sowohl konditionierter Anstieg wie Abfall von vielen Immunantworten konnte in all jenen Geweben erzielt werden, die eine autonome oder somatische Nervenverbindung zum Immunorgan aufwiesen.

  44. Lupus erythematodes und Lernen Beim Lupus erythematodes werden u. a. Autoantikörper gegen im Blut zirkulierende Antigene gebildet. Daraus entstehen Antigen-Antikörper-Verbindungen, die sich v. a. im Gefäßsystem, der Haut, der Niere und den Gelenken ablagern und diese zerstören. Normaltiere lernen sehr rasch eine Vermeidungsreaktion (z. B. in eine bestimmte Käfigecke laufen), wenn sie damit der Einnahme oder Injektion von Zyklophosphamid entgehen können. Tiere mit Lupus aber lernen sehr viel langsamer, wenn sie eine instrumentelle Vermeidungsreaktion auf Zyklophosphamid entwickeln sollen; sie nehmen also mehr Zyklophosphamid »in Kauf Dies zeigt, dass Lernen an der Aufrechterhaltung der körperinternen Homöostasen beteiligt ist. Die Tiere bevorzugen auch in der klassischen Konditionierung Gerüche als CS (unabhängig, ob »gut« oder »schlecht« riechend), die das Auftreten von Zyklophosphamid signalisieren und vermeiden Gerüche, die das Fortschreiten der Krankheit, z. B. Entzug von Zyklophosphamid, anzeigen. Das Verhalten des Organismus spiegelt den Zustand seines Immunsystems wider, womit z. B. in diesem Fall durch das Verhalten das Auftreten der Krankheitssymptome (z. B. Lymphadenopathie) deutlich verzögert oder überhaupt beseitigt wird. Tiere lernen ihr Verhalten so zu ändern, dass ein dem Organismus vorteilhafter Zustand des Immunsystems erreicht wird.

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