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Lesen Eine Kulturtechnik, ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Standort

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Lesen Eine Kulturtechnik, ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Standort

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  1. Lesen Eine Kulturtechnik, ihre Geschichte und ihr gegenwärtiger Standort

  2. „Lesekompetenz (reading literacy) ist im Rahmen von PISA definiert als die Fähigkeit, geschriebene Texte zu verstehen, zu nutzen und über sie zu reflektieren, um eigene Ziele zu erreichen, das eigene Wissen und Potenzial weiterzuentwickeln und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Diese Definition geht über die Vorstellung hinaus, wonach Lesekompetenz in dem Entschlüsseln und wörtlichen Verständnis von Texten besteht. Zum Lesen gehört auch das Verstehen von Texten und das Nachdenken darüber. Lesekompetenz beinhaltet die Fähigkeit des Einzelnen, schriftliche Informationen so zu nutzen, dass diese seinen jeweiligen Zielen dienen, sowie die entsprechende Fähigkeit komplexer moderner Gesellschaften, schriftliche Informationen so zu nutzen, dass ihre gute Funktionsweise gewährleistet ist.“ (OECD: PISA 2000, S. 23)

  3. Lesen nach Definition des PISA-Konsortiums: ein „höchst komplexer Vorgang der Bedeutungsentnahme, der aus mehreren Teilprozessen besteht. Lesen ist eine aktive Konstruktion der Textbedeutung. Die im Text enthaltenen Aussagen werden aktiv mit dem Vorwissen, Weltwissen und Sprachwissen des Lesers verbunden.“ (OECD: PISA 2000, S. 71)

  4. Eckhard Klieme-Expertise 2007: Festlegung von nationalen Bildungsstandards, „welche Kompetenzen die Kinder oder Jugendlichen bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens erworben haben sollen. Die Kompetenzen werden so konkret beschrieben, dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasst werden können. Die Darstellung von Kompetenzen, die innerhalb eines Lernbereichs oder Faches aufgebaut werden, ihrer Teildimensionen und Niveaustufen, kommt in diesem Konzept ein entscheidender Platz zu. Kompetenzmodelle konkretisieren Inhalte und Stufen der allgemeinen Bildung. Sie formulieren damit eine pragmatische Antwort auf die Konstruktions- und Legitimationsprobleme traditioneller Bildungs- und Lehrplandebatten.“

  5. Baumert u.a. (2001, 82): • textimmanenter Informationsgewinn, Arbeiten mit internen ‚Daten‘ • wissensbasierte, also von außen unterstützte Interpretation • drei Kompetenzstufen: Informationen ermitteln textbezogen interpretieren Reflektieren und Bewerten. hierarchieniedrige Verarbeitungsprozesse: automatisiertes Auffassen von Buchstaben, Lexemen, Sätzen und deren Verknüpfung durch semantische und syntaktische Bezugsbildung passend zu Informations- oder expositorischen Texten, Sachtexten

  6. Kompetenzen/Bildungsstandards: Stufenmodell von Bildung Vorstellung eines Spiralcurriculums wird aufgegeben Informationsentnahme als Ziel: kognitive Leistungen ebenso eine Didaktik, die sich auch Zeit für Irrtümer nimmt oder wenigstens: für spielerische Freiräume Kritik: Dynastie von Schnell- und Richtigdenkern? Problem: geschichtsloses Lesekonzept?

  7. Lesetätigkeit der Mönche – lectio divina Körpereinsatz: Textmurmeln, lautes Sprechen oder wiederholend Aufsagen (‚ruminatio‘) Andachtshaltung ‚Lesen‘ (legere) als ‚hören‘ (audire), Text zu Gehör bringen Oralität insgesamt stärker als Visualität Mönchszellen, Pulte

  8. Buchdruck und Lesen: ‚heißes Medium‘ (McLuhan): Konzentration auf einen Sinn entheiligte Schrift massenhaft verbreitete Lektüre Privatisierung des Lesens und des Interpretierens

  9. ‚legere‘: Sammeln von Dingen und Buchstaben zu Wörtern ‚Lesen‘ bedeutete Auflesen oder Zusammenstellen von kleinen, mit Runen eingekerbten Stäbchen beim Werfen eines Loses danach: Zusammenstellen der Buchstaben zu Wörtern Gotisch ‚lisan‘: Sammeln von Dingen oder von Herumliegendem

  10. Lesen im Zeitalter der Aufklärung • Anleitung zum Selberdenken • Vorschule und Schule: Institutionalisierung des Lesens • Aufmerksamkeitsforderung (Karl Philipp Moritz) • Entkörperlichung (E. Schön) • Solisierung (E. Schön) • Flucht in fiktive Welten: poetische Imagination

  11. Lesen im Netz: ‚switching‘, ‚navigieren‘, ‚browsing‘, ‚surfen‘ • interaktive Lektüre (Leser/Autor; Schüler/Lehrer) • nonlineare Lektüre: Leserichtungen verändern sich • strikte semantische Hierarchien geraten ins Rutschen • prozessorientiertes, offenes Lesen • intermediale Anschlüsse des Lesens • Interpretationen als synthetische Wege

  12. In den Sportarten und Gewohnheiten ändern sich die Bewegungen. Lange haben wir mit der energetischen Konzeption der Bewegung gelebt: Es gibt einen Ansatz, oder man ist Quelle einer Bewegung: Laufen, Kugelstoßen etc.; das ist Anstrengung, Widerstand, mit einem Ausgangspunkt, einem Hebel. Heute sieht man jedoch, wie die Bewegung sich immer weniger durch das Einschalten eines Angelpunktes definiert. Alle neuen Sportarten – Surfen, Windsurfen, Drachenfliegen (hinzufügen könnte man Snowboarding, Bungee-Springen, Inline-Skating) sind vom Typus: Einfügen in eine Welle, die schon da ist. Hier wird nicht mehr vom Ursprung ausgegangen, sondern von einer Bahn, auf die man gelangt. Man kann sich von der Bewegung einer großen Woge annehmen lassen, von einer aufsteigenden Luftströmung – wie kann man ‚dazwischen gelangen‘, statt Ursprung einer Anstrengung zu sein, das ist fundamental.“ (Gilles Deleuze: Unterhandlungen 1993, S. 175)

  13. Wir alle sind längst auf der Reise und gehen, wie das vor langem schon Thomas Pynchon beschrieb, zwischen den Matrizen eines riesigen Digitalrechners spazieren [...] Im dunklen Licht des Bildschirms, abgekoppelt von der eigenen Herkunft und vom eigenen Körper, umsummt von den gesichtlosen Stimmen im Netz und vom Maskenspiel der Chatter [...] Als hätte es alle Beruhigungen der Vernunft nicht gegeben, haben wir uns im Netz wieder auf die Suche gemacht: Neuland. (Null, S. 58)

  14. Lesen als Schreiben „Der neue Dichter, der vor seinem Terminal sitzt und gespannt darauf wartet, welch unerwartete Wort- und Satzformationen auf dem Bildschirm aufleuchten werden, ist von einem schöpferischen Taumel ergriffen, der in nichts der Hitze des Kampfes des schreibenden Dichters gegen die Sprache nachsteht.“ (Flusser: Die Schrift 1991, S. 69)

  15. Online schreiben, schnell, schnell. War nicht von Anfang an allen klar, als die Zeit im Netz noch teuer war. [...] Emails sind Geständnisse an die Maschinen, in ihren neuen Raum. Von vielen, denen ich maile, kenne ich noch nicht einmal die Stimme. Aber eine eigene Stimme denke ich mir, lese ich ihre Antworten. [...] Ich erfinde neue Geheimnisse. Das Blinken des Cursors am Ende eines Satzes beruhigt mich. Beim Schreiben hat man nichts zu verlieren. Beim Wieder-Lesen schon. Es ist so, als gingen die ausgesprochenen Geheimnisse der Antwortenden auf mich über. Speichern. (The buch, S. 113)

  16. PC, „geheimnisvolle Instanz“ (Rainald Goetz) Optik der digitalen Schrift NASA – MS-DOS Windows: Ridley Scott Immer geht es darum, den naturellmäßig zu verhakten, verbohrten, auch zu konzentrierten Blick zu DEZENTRIEREN, zu öffnen, den in ihm angelegten Krampf zu lösen, Panik und Druck rauszunehmen, alle äußeren Pflichten, Zusagen und Pläne abzusagen, um dann endlich, von allem befreit, im Freien die Zeit ihre Arbeit in einem tun lassen zu können (S. 353 f).

  17. Was leisten die telematischen Augen? Augenbewegungen: Messung durch gaze-tracker (in oder vor dem Monitor platzierte Infrarottechnik zeichnet Sakkaden und Fixationen auf) Studien zur Tätigkeit des Auges am Bildschirm: maximale Verweildauer auf Internetseiten Mouseclicks messbar relativ langsame Bildschirmlektüre (ca. 30% langsamer als Papierlektüre (Kontrastwirkung schwarz/weiß auf Papier günstiger) Gedächtnis, Mnemotechnik des Arbeitens am Bildschirm ist ungeklärt

  18. Lesen ist Geschlechtersache • Mädchen/Frauen lesen quantitativ mehr als Jungen/Männer (Garbe 2008, 66) • Geschlechter bevorzugen unterschiedliche Texte: Mädchen/Frauen – fiktionale Genres, Biografien Jungen – Abenteuergenres, spannungs- und aktionsgeladene Bücher, äußere Ereignisse, Fantasy. Männer eher Sachbücher (Garbe 2008, 67) • Lesemodi unterschiedlich: Mädchen/Frauen empathisch, emotional beteiligt, Jungen eher Abtauchen in die Fiktion, Männer distanziert (Garbe 2008, 67) • nach PISA lesen Mädchen besser als Jungen und sind sie in den anspruchsvolleren Verstehensbereichen wie Werten oder Kommentieren besser zu Hause (Garbe 2008, 67)

  19. These: „Die sozialen Kontexte und Institutionen sowie die medialen Angebote im Printmedienbereich, die Prozesse der Lesesozialisation in der Kindheit und Jugend modellieren, bedienen heutzutage die Interessen von Mädchen besser als die der Jungen. Die vielfach diagnostizierte Leseschwäche und Leseunlust der Jungen ist eine Folge dieses Sachverhaltes.“ (Garbe 2007, 73)

  20. Ursachendiskussion: Figuren in der KJL / Identifikation? „Feminisierung der Erziehung“? „Feminisierung der Bildungsarenen“? (Schilcher 2003, Garbe 2008)

  21. Lesen ist auch Familiensache Lesesozialisation hängt mit davon ab, welche Einschätzung und vor allem Praxis des Lesens im Elternhaus vorherrscht (aktiver, engagierter oder erledigender Umgang) Vorlesen: • gerade die dialogische Anlage des Vorlesens prägt ein engagiertes (oder im negativen Fall des Fehlens gleichgültiges) Leseverhalten • gemeinsame Bedeutungskonstitution zwischen Eltern und Kind fördert Wortschatzbildung • der Grad der Anschlusskommunikation entscheidet mit über die Qualität des Vorlesens Vorleseverhalten ist milieuspezifisch (Wieler 1997)

  22. Lautleseverfahren zielen auf Beschleunigung des Lesens, Erhöhung der Leseflüssigkeit (fluency), wobei das Verbinden von Wort- und Satzfolgen routinisiert werden soll: Der Sichtwortschatz soll ausgebaut und Sätze sollen sequenziert werden können (‚prosodic parsing‘) 100 Wörter/Minute cross-age-reading paired reading (Rosebrock/Nix 2008, 31ff).

  23. Vielleseverfahren wollen insgesamt die Leseleistung auf allen Ebenen verbessern beinhalten kaum spezielle Lesestrategien, sondern zielen auf Motivationssteigerung, auf das Selbstkonzept der Lesenden und darauf, dass sie auf der Prozessebene ihr Lesen steuern lernen Quantität entscheidend geläufige Hypothese: Lesen lernt man vor allem durch viel Lesen Leseolympiade Antolin Sustained silent reading

  24. Lesestrategien kognitive Lesetheorien • beziehen sich auf das basale Erfassen von Textaussagen • kognitives, strukturierendes Erarbeiten von Textverstehen, für welches im Unterricht ein Werkzeugkasten erarbeitet werden soll • Selbstbeobachtung beim Lesen soll geschult werden (metakognitive Steuerung) • Wort- und Satzidentifikation, lokale Kohärenz • globale Kohärenz, also die Makrostrukturen des Textes, Superstrukturen

  25. selbstreguliertes Lernen/Lesen „Lernende, die ihr eigenes Lernen regulieren, sind in der Lage, sich selbstständig Lernziele zu setzen, dem Inhalt und Ziel angemessene Techniken und Strategien auszuwählen und sie auch einzusetzen […] Die Selbstregulation des Lernens beruht demnach auf einem flexibel einsetzbaren Repertoire von Strategien zur Wissensaufnahme und Wissensverarbeitung sowie zur Überwachung der am Lernen beteiligten Prozesse“ (Artelt, Cordula/Demmrich, Anke/Baumert, Jürgen: Selbstreguliertes Lernen. In: Baumert/Klieme/Neubrand/Prenzel/Schiefele/Schneider/Stanat/Tillmann/Weiß 2001, S. 271-298; hier S.271)

  26. Ordnende Strategien: • Textstellen unterstreichen oder sonstwie highlighten • für definierte Textpassagen Überschriften finden • Kernsätze unterstreichen und deren Inhalt knapp in einem Satz zusammenfassen • semantische Markierungen oder Betonungen auffinden (z.B. strukturgebende Signalworte

  27. Lesen als selektiver Prozess: zunächst primärer Wahrnehmungsprozess: • Buchstaben (visuelle Analyse und phonologisches Rekodieren) • Identifikationen von Buchstaben und Wörtern mit Bedeutung • Syntaxebene ermöglicht eine Beziehungserstellung (Vorgang semantischer und syntaktischer bzw. auch Textanalyse) Zusammenhangserstellung/Kohärenzbildung durch selektive und schlussfolgernde Tätigkeiten: Aufmerksamkeit und Relevanzfilterung

  28. elaborierende Strategien gehen über die Textebene hinaus: • Vorwissen wird aktiviert, innere Bilder werden aufgebaut und beschrieben • Gefühle oder Meinungen artikuliert • Vermutungen über den Textfortgang • eigene Lesekommentare am Rand notiert • kontroverse Ansichten per Stichwort festgehalten • kritische oder ergänzende Einwürfe • weiterführende Fragen

  29. Inferenzen (elaborierende Strategie): Herstellen von Beziehungen zwischen verstreuten Textelementen sowie Hinzufügen von Informationen durch den Leser – ein aktiver Vorgang, der für nötig Textverstehen ist (Inferieren als konstruktiver Leserbeitrag) Wortebene (Ausdifferenzierung der Wortbedeutungen) Satzebene (Instrumente, Folgen von Handlungen) Textebene (Themabildung: Was ist das Thema? Was wird passieren? Wie ist die Figur beschaffen? Was sind ihre Gedanken/Gefühle?) • textbasierter und • wissensbasierter Vorgang

  30. wiederholende Lesestrategien: • Vergleich einer ersten und einer zweiten Lesevariante • Differenz von Hypothese/Erwartung und vertieftem Eindruck (besonders auffällig bei einer ambivalenten Erzählweise wie bei Kleist) • Abschreiben einzelner Textpassagen (vgl. E. Paefgen: textnahes Lesen; (Gold 2007, S. 48f)

  31. Leseanimation: • Domäne der Leseförderung • Motivation zum Lesen soll erhöht werden • vor allem durch institutionell- kulturelle Veranstaltungen • positive Wirkung auf das Selbstkonzept des Lesenden • Tätigkeit des Lesens wird in soziale Kontexte erweitert

  32. Lesen: einsame Technik und/oder literarische Geselligkeit? • Bücherkisten im Klassenraum einrichten • Klassenbibliotheken einrichten • Klassenzimmer lesefreundlich einrichten • Einsatz von Hörbüchern

  33. • Erstellung einer Leseliste/einer Leserolle/eines Lesetagebuchs begleitend zu einer Lektüre • Lesezeichen zum Buch erstellen (grafisch gestalten) • Buchvorstellungen von aktuellen Büchern und Lieblingsbüchern im Unterricht • Literarische Talkshow veranstalten [literarisches Gespräch] • Events zu aktuellen literarischen Themen durchführen

  34. • Hitlisten erstellen [Bewertung] • Bücher tauschen • Führen eines Lesepasses • Vorlesen von interessanten Büchern im Unterricht • ein längeres Projekt zu einem literarischen Thema/einem Buch durchführen • mit Filmen und Literaturverfilmungen arbeiten • Eltern aktiv in die Leseanimation miteinbeziehen

  35. • Einrichtung von Leseecken/Cafés • Gründung von Lese- und Buchclubs • Schulbibliothek nutzen [von Schülern aufbauen lassen, die eine Systematik vorschlagen] • Ausstellungswände/Postergalerien/Schaukästen/Bühnen für buchbezogene Aktionen einrichten • Lesenächte in der Schule • Literaturseiten für die Schülerzeitung einrichten • Buchmagazin gründen

  36. • Bibliotheksbesuche • Besichtigung von Buchmessen, Buchausstellungen, Buchhandlungen, Verlagen, Druckereien • literarische Spaziergänge in der Heimatstadt oder als Exkursion • Buchhandlungsgespräche • Autor(inn)enlesungen, Lesewerkstätten mit diesen • Gestaltung von Webseiten, Portalen mit Literaturseiten

  37. literarisches Lesen ‚littera‘, ‚textus‘ Polyvalenzkonvention: Mehrdeutigkeit Ästhetikkonvention: Eintritt in fiktive Welt

  38. Empathie, Identifikationsfähigkeit Distanznahme ästhetisches Spiel Genuss Möglichkeitssinn, Perspektivenspiel sachliche Urteilskraft moralische Urteilskraft Identitätsbildung

  39. Es war sehr früh am Morgen, die Straßen rein und leer, ich ging zum Bahnhof. Als ich eine Turmuhr mit meiner Uhr verglich, sah ich, dass es schon viel später war, als ich geglaubt hatte, ich musste mich sehr beeilen, der Schrecken über diese Entdeckung ließ mich im Weg unsicher werden, ich kannte mich in dieser Stadt noch nicht sehr gut aus, glücklicherweise war ein Schutzmann in der Nähe, ich lief zu ihm und fragte ihn atemlos nach dem Weg. Er lächelte und sagte: „Von mir willst du den Weg erfahren?“ „Ja“, sagte ich, „da ich ihn selbst nicht finden kann.“ „Gibs auf, gibs auf“, sagte er und wandte sich mit einem großen Schwunge ab, so wie Leute, die mit ihrem Lachen allein sein wollen. (Franz Kafka: Gibs auf. FaM 1970, S. 320f.)

  40. ästhetische Wahrnehmung: sinnlicher Eindruck Einnahme eines bis dahin fremden Blickwinkels andere Perspektive – kein festzuhaltender Standpunkt, sondern „eine Meinung oder Möglichkeit, die man ins Spiel bringt und aufs Spiel setzt und die mit dazu hilft, sich anzueignen, was in dem Text gesagt ist“ (Gadamer: Wahrheit und Methode 1960, 268)

  41. Literarische Bildung (Eggert 2002) will literarische Stoffe zugänglich machen und poetisch-poetologische Einsichten vermitteln Kenntnis von Gattungen und Epochenbegriffen (Abraham 2008) Poetische Kompetenz (Abraham 2008): weitergehende Fähigkeit zur verstehenden Rezeption, welche eine Lesefähigkeit nicht notwendig braucht. Sinnliche Orientierung. (Bsp.: Hören von Audiobooks, Besuch von Theateraufführungen, Kinderlyrik)

  42. Leseförderung soll zum Lesen animieren und ein stabiles Leseverhalten ermöglichen (Bertschi-Kaufmann 2003) Lesetraining soll ermöglichen, Techniken des Entziffern und Strategien des semantischen Erfassung von Texten zu packen (Schnotz/Dutke 2004)

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