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Dr. iur. Markus Mohler

Rechtswissenschaftliche Abteilung Komplexe Lebenssachverhalte 4: HS 2009 Polizei- und Sicherheitsrecht. Dr. iur. Markus Mohler

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  1. Rechtswissenschaftliche AbteilungKomplexe Lebenssachverhalte 4: HS 2009Polizei- und Sicherheitsrecht Dr. iur. Markus Mohler Lehrbeauftragter für öffentliches, speziell Sicherheits- und Polizeirecht an den Universitäten von Basel und St.Gallen (HSG)

  2. Inhaltsübersicht 1 Föderalismus und Polizeirecht 2 Polizeirecht und Grundrechte 3 Polizeiliche Zusammenarbeit 4 Polizeirecht und Datenschutz 5 Polizei und private Sicherheitsdienste Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  3. Auch eine Sicht… …Bei genauer Betrachtung haben weder der Polizeibegriff noch das Polizeirecht eine Daseinsberechtigung als eigenständige Institute des Verwaltungsrechts. Es gibt schlechterdings kein spezifisches Wesensmerkmal, das die polizeiliche Verwaltungstätigkeit von irgend einer anderen Staatstätigkeit abgrenzen liesse. … Die Hoffnung bleibt, dass dereinst „Polizei“ als eigenständiges Lehrbuchkapitel verschwinden und nur noch in Form von Anschauungsbeispielen für die zahlreichen Institute und Dogmen des allgemeinen Verwaltungsrechts bestehen bleibt. … Tschannen/Zimmerli/Müller, Allg. Verwaltungsrecht, 3. A., 2009, § 53, Rz. 24 Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  4. …und eine Antwort Geht man von einem umfassenden Sicherheitsbegriff als Umfang der öffentlichen Sicherheit aus und berücksichtigt man auch die staatspolitische Komponente des Schutzes von zur öffentlichen Sicherheit gehörenden Rechtsgütern, kann man sich in der Tat auch fragen, ob sich in dieser Hinsicht der Ausdruck „sicherheitsrechtlich“ nicht als treffender erwiese als „polizeilich“. Ob damit allerdings mehr als Begriffskosmetik gewonnen wäre, ist fraglich, denn für die allenfalls notwendige Zwangsanwendung zur Rechtsverwirklichung i.S. des Rechtsgüterschutzes ist der Begriff „Polizei“ kaum ersetzlich. MM Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  5. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Polizeihoheit der Kantone • Ausfluss der (konkreten) vertikalen Machtteilung im Bundesstaat • nicht nur historisch bedingt • auch aktuelles staatspolitisches Verständnis • Subsidiäre Generalkompetenz der Kantone: keine Einzelermächtigung des Bundes bezüglich Polizei in der BV (vgl. Art. 42 BV) • BGE 117 Ia 216, E. 5 • BGer 2P.287/2002, Urteil vom 22. Dezember 2003, E. 2.3 Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  6. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Unter BV 1874 fast ausschliesslich kantonales Recht: • Polizeihoheit der Kantone • Botschaft VE 96, 130: Kantone für öffentliche Sicherheit qua Gebietshoheit zuständig und verantwortlich: Polizeihoheit Die Kantone hatten nach altem Verantwortlichkeitsgesetz auch • alles Bundeseigentum (Bsp. SBB Bahnhöfe, PTT Einrichtungen) • unter Bundesschutz stehende Rechtsgüter (Botschaften, Diplomaten) zu schützen Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  7. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Polizeihoheit der Kantone • Bis mitte 1990er Jahre viele Kantone ohne formelles Polizeigesetz (heute: alle) • Kantone sind souverän bezüglich Delegation polizeilicher Kompetenzen an Gemeinden • Vollzugsföderalismus: Kantone haben Pflicht, Bundesgesetze, wo und falls nötig, mit polizeilichen Mitteln durchzusetzen (z.B. StGB, SVG, BSG, LFG, ZGB, SchKG, USG; neu: StPO; völkerrechtliche Konventionen und Verträge), Art. 46 Abs. 1 BV Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  8. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Polizeihoheit der Kantone • unterschiedliche Organisationsformen und Zuständigkeiten (auch unterschiedliche Anstellungsbedingungen/Löhne/ Pensionsregelungen) • Föderalistische Regelung aktuell stark relativiert • Grundrechte • Andere Harmonisierungen • De facto-Ausdehnung polizeilicher Kompetenzen des Bundes Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  9. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Polizeiliche Kompetenzen des Bundes • Unterscheidung zwischen Verbands- und Organkompetenzen • Verbandskompetenz (Gesetzgebungskompetenzen und primäre aussenpolitische Kompetenz), Bsp.: • Staatschutzgesetzgebung (BWIS), SVG (fragmentarisch), LFG, BSG (fragmentarisch) • Abschluss von Staatsverträgen (bspw. Schengen) und Konventionen (bspw. Bekämpfung OV) • Organkompetenzen (Rechtsetzung- und -anwendung durch Organe) (vgl. Eichenberger, Art. 102 Zif. 10 aBV, Rz. 149ff.; Schweizer, SG-Komm., Art. 57 BV, Rz. 6ff.; Mohler, Vernetzung von Sicherheit, Rz. 8, 31, 93f., 210ff.) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  10. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Polizeiliche Kompetenzen des Bundes • Ausdehnung der polizeiliche Kompetenzen des Bundes mit BV 1999: Art. 57 BV • Subsidiaritätsprinzip vs. Komplementaritätsprinzip (Art. 57 Abs. 2 BV; vgl. Mohler, Vernetzung von Sicherheit, Rz. 239ff.) • Inhärente und implizite Kompetenzen des Bundes • Inhärent qua Staatlichkeit und Gesamt- oder Letztverantwortung: wenn Bund als Ganzes (oder doch mehrere Kantone) in Gefahr • Art. 52 Abs. 2 BV • Umstritten: Implizit qua Sach- oder Rechtsgebietzuständigkeit des Bundes (bspw. Eisenbahnen etc., Grenzschutz) • Problematik? (> ZAG, ZG, PBG, MIG, [BGST]) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  11. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Schnittstellen der Spannungen? Verhältnis von • BV-Interpretation der Bundeskompetenzen im Sicherheits-, bzw. Polizeibereich (vgl. Art. 57 BV, Botschaft VE 96, 237; Biaggini, Komm. BV Art. 57; Schweizer, SG-Komm., Art. 57, Rz. 2) • Subsidiaritätsprinzip (materiell, formell) • Inhärente Bundeskompetenzen („Raumsicherung“) • Implizite Bundeskompetenzen • Widersprüchliches Verhalten der Kantone (inkl. KKJPD, KdK): • Prioritäten? Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  12. 1 Föderalismus und Polizeirecht • Föderalismus horizontal: • IKAPOL • Regionale Konkordate > Näheres unter Polizeiliche Zusammenarbeit Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  13. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Bis 1999: Art. 4 aBV • Seit BV 1999: GR-Katalog und insbesondere Art. 35 + 36 BV • EMRK, namentlich Art. 2, 3, 5, 6, 8 bis 11, 13 – 15, Prot. Nr. 7 Art. 1 • Funktionen der Grundrechte • Abwehrfunktion • Schutzfunktion • Nachträgliche Schutzfunktion (GR-Derivat) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  14. 2 Polizeirecht und Grundrechte Gehalt von Art. 2, 3 und 8 EMRK Staatliche Pflicht des Schutzes gegen GR-Verletzungen durch Dritte (“Positive – oder Schutz- – Verpflichtung”) Verbot der GR-Verletzung durch den Staat (“Negative Verpflichtung”) Im Falle einer GR-Verletzung: Pflicht des Staates, den Grund und die Verantwortlichkeiten dafür festzustellen (nachträgliche, prozedurale Pflicht) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  15. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Insgesamt brachten EMRK und BV eine wesentliche materielle Harmonisierung der kantonalen Polizeigesetze • GR-Abwehrfunktionsdogmatik fest etabliert Voraussetzunge für Eingriffe: • Gesetzliche Grundlage (Art. 36 Abs. 1 BV) • Öffentliches Interesse/GR-Schutz von Dritten (Art. 5 Abs. 2, 36 Abs. 2 BV) • Verhältnismässigkeit (Art. 5 Abs. 2, 36 Abs. 3 BV) • Besonderer Schutz des GR-Kerngehalts (Art. 36 Abs. 4 BV) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  16. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Abwehrfunktion: 2 Topoi stechen heraus: • Polizeiliche Generalklausel >> bezüglich? • Zweck: Rechtsgrundlage für die Abwehr unmittel- und nicht voraussehbarer Gefahren • Eigentlich 2 Rechtsfiguren: • „Polizeivorbehalt“ (Saladin) gegenüber GR-Ausübung • Polizeiliche Generalklausel: Eingriffsrecht • auf echte und unvorhersehbare sowie gravierende Notfälle ausgerichtet (BGE 130 (2004) I 369, 381) • Soweit ersichtlich haben auch die Strassburger Organe in der Anwendung der polizeilichen Generalklausel als solcher keinen EMRK-Verstoss erblickt und diese als gesetzliche Grundlage anerkannt Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  17. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Gesetzessurrogat • Schwierigkeit der Regelung der polizeilichen Tätigkeit ist Grund, weshalb der geschriebene oder ungeschriebene Grundsatz der polizeilichen Generalklausel anerkannt wird (BGE 128 I 327, 340) • tritt an die Stelle einer materiellen gesetzlichen Grundlage(a.a.O., 341) • Es ist daher entscheidend, dass die Polizeiorgane ausdrücklich auf die Einhaltung des Verhältnis-mässigkeitsgrundsatzes verpflichtet werden (a.a.O., 345; vgl. auch BGE 132 I 49, 59) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  18. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Abwehrfunktion: 2. heraus stechender Topos: • Finaler Rettungsschuss >> bezüglich? Dogmatisch unterschiedliche Betrachtungen:vgl. • J.P. Müller, GR i CH, 3.A. 1999, 15 (etwas undeutlich) • J.P. Müller/M. Schefer, GR i CH, 4.A. 2008, 51f. (auf subj. Tb abstellend) • R. Kiener/W. Kälin, Grundrechte, 2007, 117-124 (auf RW abstellend) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  19. 2 Polizeirecht und Grundrechte Weitere Literatur zum finalen Rettungsschuss • Franz Riklin, Zum gezielten polizeilichen Todesschuss, in: FS Nay, 2002, S. 147ff. und insbesondere S. 156f • Clemens Arzt, EMRK und polizeilicher Todesschuss, DÖV 2007, S: 230ff. Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  20. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Hauptkriterium bezüglich Abwehrfunktion? > Verhältnismässigkeitsprinzip Elemente: • Erforderlichkeit (qua öffentliches Interesse/GR Dritter) • Geeignetheit • Überhaupt bezüglich Zielerreichung • Übermass- und Untermassverbot • Geeignetheit der Umsetzungsmöglichkeiten • Mittel • Vorgehen • Zeitverhältnisse • Nebeneffekte Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  21. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Hauptkriterium bezüglich Abwehrfunktion? > Verhältnismässigkeitsprinzip (Forts.) • Zumutbarkeit • Öffentliches vs. Individualinteresse • (Sozial-) Adaequanz • Zeitverhältnisse • Wo, dogmatisch, wird das öffentliche Interesse geprüft? • Was korreliert womit? Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  22. Verhältnismässigkeitsprinzip Störer/-in/ Gefahr Opfer Staat (Polizei) Öff. Interesse/ Rechts- Ordnung als Ganzes Dritte (Rechte Dritter) Zeitver- hältnisse Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  23. 2 Polizeirecht und Grundrechte • GR-Schutzfunktion Art. 35 BV • Abs. 1:haben in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung zu kommen  für alle öffentlich-rechtlichen Verhältnisse • Abs. 2: absolute Grundrechtsbindung bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben: Verwirklichung der GR >> institutionell-konstitutiver Charakter der GR Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  24. 2 Polizeirecht und Grundrechte • GR-Schutzfunktion, Gerichtsentscheide: „…the first sentence of Article 2 § 1 enjoins the State not only to refrain from the intentional and unlawful taking of life, but also to take appropriate steps to safeguard the lives of those within it jurisdiction…“ (OSMANOĞLU v. TURKEY48804/99 (2008), Ziff.71) • Osman v. UK (GC), 23452/94 (1998) • BGE 119 (1993) Ia 28 (GE, EauxVives) • BGE 126 (2000) II 300 (BL, Banntag; E 5a) • BGer 6B_627/2007, 6B_629/2007 11.8.2008 (GL, Asbestfall), E.4.3.5 • ZH-KassGer vom 17. Juni 1987, in: ZBl. 1987, S: 545ff. Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  25. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Beginn der Schutzpflicht? • Nach staatlichen Funktionen (Gesetzgeber bis Polizei) Rechtsetzung:EGMR • López Ostra v. Spain, 16798/90 (1994), Ziff. 45ff. (Art. 8) • Guerra v. Italy (GC), 14967/89 (1998), Ziff. 56ff. (Art. 8) • Ôneryildiz v. Turkey (GC), 48934/99 (2004), Ziff. 110ff. (Art. 10 and Art. 1 of Prot. 1) (Mohler, Vernetzung, Rz. 59ff., Müller/Schefer, 4.A., 76, 808) Rechtsanwendung: EGMR • Osman v. UK (GC), 23452/94 (1998), Ziff. 115ff. (Art. 2) • Mastromatteo v. Italy (GC), 37703/97 (2002), Ziff. 69ff. (Art. 2) • Paul & Audrey Edwards v. UK, 46477/99 (2002), Ziff. 87 (Art. 2) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  26. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Behörden, die nicht auf Grund der polizeilichen Generalklausel intervenieren können, sind gemäss einfach gesetzlichen Vorschriften zu schützen verpflichtet. • GR-Konkurrenzen und -Kollisionen Beispiele: • Demonstrationen • Konkurrenzen • Kollisionen • Personenkontrollen bez. illegalen Migranten Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  27. 2 Polizeirecht und Grundrechte • GR-Konkurrenzen und -Kollisionen (Forts.) • Veranstaltungen aller Art (WEF!): BGE 128 I 327 (GR, Vo Kapo), 344: 4.3.2 …. Diesfalls können sich unterschiedlichste Grundrechtsinteressen von Veranstaltern, Teilnehmern, interessierten Dritten und Unbeteiligten gegenüberstehen. Sie erfordern eine besonders sorgfältige Interessenabwägung und Beachtung der Verhältnismässigkeit ohne einseitige Bevorzugung einzelner Gruppen. Im Einzelfall ist nach möglichen praktischen Lösungen für eine optimale Grundrechtsgewährung und -koordination zu suchen. Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  28. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Hooliganismus • Rayonverbote/Wegweisungen • Polizeigewahrsam für Störer • Verwahrung • Interventionen betr. häusliche Gewalt Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  29. 2 Polizeirecht und Grundrechte • Grundrechts-“Derivat“: die nachträgliche Schutzpflicht EGMR: • A.A. v. Turkey, 30015/96 (2004), Ziff. 49f. und 52ff (Art. 2) • Saoud v. France, 9375/02 (2007), Ziff. 98ff. (Art. 2) • Scavuzzo-Hager v. Switzerland, 41773/98 (2006), Ziff. 81f. (Art. 2) > Untersuchung durch unabhängige Instanzen, Anforderungen an die Sorgfalt/Genauigkeit der Untersuchung • Salman v. Turkey (GC), 21986/93 (2000), Ziff. 100, 110ff. (Art. 3) > Beweislastumkehr • McKerr v. UK, 28883/95 (2001), Ziff. 109 > Beweislastumkehr • Aktaş v. Turkey, 24351/94 (2003), Ziff. 301 > Verfahren sofort • Angelova & Iliev v. Bulgaria, 55523/00 (2007), Ziff. 93ff. > Untersuchungspflicht unabhängig davon, ob staatl. Stellen ursächlich sein könnten • BGE 131 I 455 (St. Gallen), Art. 10 Abs. 3 BV/Art. 3 EMRK) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  30. 2 Polizeirecht und Grundrechte Störerprinzip • Art. 9 BV • Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips • Massnahme gegen Störende • Duldung von Eingriffen • Pflicht zur Wiederherstellung der öff. Ordnung und/oder Sicherheit, Schutz Rechte Dritter • Arten von Störern • Verhaltensstörer • Zustandsstörer • Zweckveranlasser • Ausnahme vom Störerprinzip • „polizeilicher Notstand“ Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3.A. 2009, § 54, Rz. 17-24 Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  31. 2 Polizeirecht und Grundrechte Realakte Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  32. 2 Polizeirecht und Grundrechte Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  33. 2 Polizeirecht und Grundrechte Es ist daher entscheidend, dass die Polizeiorgane ausdrücklich auf die Einhaltung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes verpflichtet werden. (BGE 128 I 327,345; vgl. auch BGE 132 I 49, 59) • Das bedeutet • Ausbildung und permanente Fortbildung • permanentes Überwachen (monitoring)

  34. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit National - Regional • Regionale Polizeikonkordate • NWS, Romandie, OS, ZS (Ausnahmen: TI und ZH) • unterschiedliche Genehmigungsinstanzen • Inhaltlich: • Operationell (alle) • Spontanhilfe • geplante Unterstützung • Unterstützung mit Material • Spezialisten Management • Ausbildungszusammenarbeit (OS, NWS/ZS) • Gemeinsame Grundausbildung (BBT angerkannt) • Im Aufbau: untere Kaderausbildung Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  35. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit National – Bilateral mit GWK • GWK erüllt im Grenzraum selbständig „in Koordination mit der Polizei des Bundes (!) und der Kantone Sicherheitsaufgaben (Art. 96 Abs. 1 ZG) • „Verwaltungsvereinbarungen“ zwischen der OZD und mehreren Kantone über sicherheitspolizeiliche Dienstleistungen des GWK im jeweiligen Kanton (Grenzraum) • Grundlage Bund: Art. 97 ZG • Derzeitige Praxis contra legem • Verträge zwischen Bund und einzelnen Kantone haben kein BV- Grundlage Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  36. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit • National: IKAPOL • Vereinbarung über die interkantonalen Polizeieinsätze (IKAPOL) v. 6.4.2006, i.K. seit 9.11.2006 (BL SGS 145.37) • BV-Grundage: Art. 48 Abs. 1 • Bund hat sich angeschlossen (Art. 48 Abs. 2 BV): Übernahme der IKAPOL-Kostenregelung bei Einsätzen z.G. Bund (Art. 4a VO über die finanziellen Leistungen an die Kantone zur Wahrung der inneren Sicherheit [BWIS-Abgeltungsverordnung, SR 120.6]) • Operationelle Einsätze • “spontan” • geplante Unterstützung • kompliziertes Verfahren zur Auslösung einer Hilfeleistung • Keine Verpflichtung! Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  37. IKAPOL-Vereinbarung - Schema Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  38. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit • Subsidiäre Sicherungseinsätze von Truppen der Armee • Ebenso kompliziert, dem IKAPOL-Prozedere nachgeordnet (Subsidiarität) • 5 Verfahrenspartner: • Beantragender Kanton oder Bundesbehörde (Dept.) • Bundesrat • EJPD (Subsidiarität) und VBS (Geeignetheit, Verfügbarkeit) • Fst A • Parlament (AssD Einsatz; sofern Grenzen von Art. 70 Abs. 3 MG überschritten) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

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  40. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit International • Europol-Abkommen v. 24.9.2004, i.K. seit 1.3.2006(SR 0.362.2) • Abkommen auf strategischer und operativer Stufe, Art. 2 • Wesentlicher Bestandteil: annual OCTA • Schengen Assoziierung: SDÜ, Abkommen v. 26.10.2004, i.K. seit 1.3.2008 (SR 0.362.31) • Abkommen über die polizeiliche (und – teilweise – justizielle) Zusammenarbeit mit den 5 Nachbarländern • Deutschland: SR 0.360.136.1 (1999) • Österreich und FL: 0.360.163.1 (1999) • Frankreich: 0.360.349.1 (2007) • Italien: 0.360.454.1 (1998) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

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  42. Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  43. Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  44. 3 Polizeiliche Zusammenarbeit • Bilaterale Abkommen (Staatsverträge) über polizeiliche Zusammenarbeit mit • Albanien • Bosnien und Herzegowina • USA* (Terrorismus und TF) • Ungarn • Lettland • Mazedonien* • Rumänien • Slowenien • Tschechische Republik* • Serbien (in parl. Beratung) *Teilweise mit Austausch von Polizeiverbindungsbeamten (Attachés) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  45. 4 Polizeirecht und Datenschutz • Grundlagen: • Völkerrecht • Art. 8 EMRK • ER EÜRHSt 1959, Art. 21f. (CETS 20, SR 0.351.1) • 2. Zusatzprotokoll zum EÜRHSt 2001 (CETS 182, SR 0.351.12) • ER Übereinkommen 1981 zu Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (CETS 108, SR 235.1) • ER Zusatzprotokoll 2001 zu CETS 108 bezüglich Aufsichtsbehörden und grenzüberschreitende Datenübermittlung (CETS 191, SR 235.11) • Diverse DS-Bestimmungen in bilateralen Abkommen (insbes. Rückübernahme) • Schengen SDÜ und Weiterentwicklung (SR 0.362.31), namentlich SIS II (SR 0.362.380.005-010) • Europol Abkommen 2004 (SR 0.362.2) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  46. 4 Polizeirecht und Datenschutz • Landesrecht • Art. 13 und 36 BV • Formelles Datenschutzrecht • DSG, SR 235.1 • Materielles Datenschutzrecht • DS-Regelungen in Sach-/Rechtsbereichsgesetzen (bspw. AuG, BWIS, IVG, MIG, PBG, SIaG, 2 VO ISIS, VO Hoogan) • Aktuell: E BG (11.09.09) über Umsetzung RB 2008/977/JI v. 27.11.2008 über den Schutz personenbezogener Daten • Kantonales Recht • Formelles Datenschutzrecht • Kantonale DS-Gesetze • Materielles Datenschutzrecht • DS-Regelungen in Sach-/Rechtsbereichsgesetzen (bspw. PolG, SozialhilfeG) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  47. 4 Polizeirecht und Datenschutz • Materiell • Formell-gesetzliche Grundlage, hinreichend bestimmt • Zweckorientierung • Verhältnismässigkeitsprinzip (> Rasterfahndung!?) • Transparenz: Informationspflicht • bei Datenerhebung • falls verdeckte Datenerhebung: wenn obsolet (EGMR Klass et al. c. BRD [5029/71] v. 6.9.1978) bzw. Fristablauf • Auskunftsrecht • Einschränkungsregelungen • Berichtigungsrecht • Datensicherheit (inkl. logische Regelungen) • Aufsichtspflicht • Rechtsmittel Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  48. 4 Polizeirecht und Datenschutz Eine Harmonisierung im Binnenrecht ist dringend! (Art. 43a Abs. 1, 2.Satzteil, BV) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  49. 5 Polizeirecht und private Sicherheitsdienste • Vom Leistungs- zum „Gewähr“leistungsstaat • NPM und PPP c. Gewaltmonopol (Art. 5, 35, 36 und 178 abs. 3 BV) • > im öffentlichen und halb-öffentlichen Raum • Gewaltmonopol = Wesensmerkmal und Attribut des Rechtsstaates, unverzichtbare Aufgabe und Funktion: materielles Verfassungsrecht • Praxis sieht anders aus • Bund: • „Securitrans“ (nicht publiziert) • „Jail/Train/Street“ (nicht publiziert) • Sicherheitswesen in Bundesverantwortung (VO, SR 120.72) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

  50. 5 Polizeirecht und private Sicherheitsdienste • Bund VES (SR 124), verfassungsunmittelbar (gestützt auf Art. 182 Abs. 2 BV > keine mat. Rechtsgrundlage;Schweizer SG-Komm., Art. 182, Rz. 17) • erneut in parl. Diskussion: BGST mit ziv. Sicherheitsfirmen • Kantone • verschiedentlich selbständige Aufgabenerfüllung durch priv. Sicherheitsdienste, i.d.R. ohne Zwangsanwendung (ausg. Notwehr) • Gemeinden: • Sicherheitsdienste für sicherheits“polizeiiche“ Aufgaben (bspw. 5 Mutschellengemeinden/AG) • Kontrolle des ruhenden Verkehrs durch Private • Baustellenregelungen etc., auch langfristige, durch Private (vgl. Art. 67 Abs. 3 SSV) Uni SG, KLSV 4: HS 2009, Polizei- und Sicherheitsrecht

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