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das Absehen vom Empirischen, mithin bloß Zufälligen;

binah
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das Absehen vom Empirischen, mithin bloß Zufälligen;

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  1. 3. Wir aber besitzen im Luftreich des Traumes Die Herrschaft unbestritten – Schillers Kulturkritik im Zeichen des „ganzen Menschen“: Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795/96)3.1 Entstehungsgeschichte und Druck3.2 Ermöglichungszusammenhänge: Von der Revolution und ausgewählten anderen potentiellen Konkurrenten auf dem Feld der Wiederherstellung des „ganzen Menschen“3.3 Legitimation einer ästhetischen Erziehung des Menschen: Schillers Anthropologie und Kulturkritik3.3.1: Schillers skeptischer Blick auf den Menschen3.3.2 Die Menschen kennen ihre Befehle, aber nicht ihre Lage: Schillers Kulturkritik3.4 Schillers transzendentalphilosophische Neubestimmung der Kunst3.4.1 Spieltrieb und Schönheit3.4.2 Ästhetischer Zustand und ästhetischer Staat4. „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder: Ob die Schönheit dem Menschen, wenn er vor dem Abgrund steht, wirklich einen Schritt weiter hilft?

  2. „Die Griechen beschämen uns nicht bloß durch eine Simplizität, die unserm Zeitalter fremd ist; sie sind zugleich unsre Nebenbuhler, ja oft unsre Muster in den nämlichen Vorzügen, mit denen wir uns über die Naturwidrigkeit unsrer Sitten zu trösten pflegen. Zugleich voll Form und voll Fülle, zugleich philosophierend und bildend, zugleich zart und energisch sehen wir sie die Jugend der Phantasie mit der Männlichkeit der Vernunft in einer herrlichen Menschheit vereinigen.Damals, bei jenem schönen Erwachen der Geisteskräfte, hatten die Sinne und der Geist noch kein strenge geschiedenes Eigentum; denn noch hatte kein Zwiespalt sie gereizt, mit einander feindselig abzuteilen und ihre Markung zu bestimmen.“(ÄE, 6. Brief, S. 18)

  3. „Auf der andern Seite geben uns die zivilisierten Klassen den noch widrigern Anblick der Schlaffheit und einer Depravation des Charakters, die desto mehr empört, weil die Kultur selbst ihre Quelle ist. […] Die Aufklärung des Verstandes […] zeigt im ganzen so wenig einen veredelnden Einfluß auf die Gesinnungen, daß sie vielmehr die Verderbnis durch Maximen befestigt.[…] Die affektierte Dezenz unsrer Sitten verweigert ihr [der Natur; GK] die verzeihliche erste Stimme, um ihr, in unsrer materialistischen Sittenlehre, die entscheidende letzte einzuräumen. Mitten im Schoße der raffiniertesten Geselligkeit hat der Egoism sein System gegründet […] und wie aus einer brennenden Stadt sucht jeder nur sein elendes Eigentum aus der Verwüstung zu flüchten. […]Die Kultur, weit entfernt, uns in Freiheit zu setzen, entwickelt mit jeder Kraft, die sie in uns ausbildet, nur ein neues Bedürfnis; die Bande des Physischen schnüren sich immer beängstigender zu, so daß die Furcht, zu verlieren, selbst den feurigen Trieb nach Verbesserung erstickt und die Maxime des leidenden Gehorsams für die höchste Weisheit des Lebens gilt. So sieht man den Geist der Zeit zwischen Verkehrtheit und Rohigkeit, zwischen Unnatur und bloßer Natur, zwischen Superstition und moralischem Unglauben schwanken, und es ist bloß das Gleichgewicht des Schlimmen, was ihm zuweilen noch Grenzen setzt.“(ÄE, 5. Brief, S. 16f.)

  4. „[D]er Genuß wurde von der Arbeit, das Mittel vom Zweck, die Anstrengung von der Belohnung geschieden. Ewig nur an ein einzelnes kleines Bruchstück des ganzen gefesselt, bildet sich der Mensch selbst nur als Bruchstück aus; ewig nur das eintönige Geräusch des Rades, das er umtreibt, im Ohre entwickelt er nie die Harmonie seines Wesens und anstatt die Menschheit in seiner Natur auszuprägen, wird er bloß zu einem Abdruck seines Geschäfts, seiner Wissenschaft.“(ÄE, 6. Brief, S. 20f.)„Der zahlreichere Teil der Menschen wird durch den Kampf mit der Not viel zu sehr ermüdet und abgespannt, als daß er sich zu einem neuen und härtern Kampf mit dem Irrtum aufraffen sollte. Zufrieden, wenn er selbst der sauren Mühe des Denkens entgeht, läßt er andere gern über seine Begriffe Vormundschaft führen, und geschieht es, daß sich höhere Bedürfnisse in ihm regen, so ergreift er mit durstigem Glauben die Formeln, welche der Staat und das Priestertum für diesen Fall in Bereitschaft halten.“(ÄE, 8. Brief, S. 30)

  5. „Hier aus dem reinen Äther seiner [des Künstlers; GK] dämonischen Natur rinnt die Quelle der Schönheit herab, unangesteckt von der Verderbnis der Geschlechter und Zeiten, welche tief unter ihr in trüben Strudeln sich wälzen. […] Die Menschheit hat ihre Würde verloren, aber die Kunst hat sie gerettet und aufbewahrt in bedeutenden Steinen; die Wahrheit lebt in der Täuschung fort, und aus dem Nachbilde wird das Urbild wieder hergestellt werden. So wie die edle Kunst die edle Natur überlebte, so schreitet sie derselben auch in der Begeisterung, bildend und erweckend, voran. Ehe noch die Wahrheit ihr siegendes Licht in die Tiefen der Herzen sendet, fängt die Dichtungskraft ihre Strahlen auf, und die Gipfel der Menschheit werden glänzen, wenn noch feuchte Nacht in den Tälern liegt.“(AE, 9. Brief, S. 33)„Wohin wir immer in der vergangenen Welt unsre Augen richten, da finden wir, daß Geschmack und Freiheit einander fliehen und daß die Schönheit nur auf den Untergang heroischer Tugenden ihre Herrschaft gründet.“(ÄE, 10. Brief, S. 40)

  6. das Absehen vom Empirischen, mithin bloß Zufälligen; • den Versuch, einen reinen Vernunftbegriff des Schönen zu gewinnen, d.h. die Frage nach der Bedingung der Möglichkeit von Schönheit überhaupt zu stellen; • den Versuch, Schönheit als eine notwendige Bedingung der Menschheit auszuweisen Schillers transzendentalphilosophische ArgumentationSchiller schlägt also den transzendentalphilosophischen Weg ein. Dies meint zunächst dreierlei:

  7. Unterscheidung zwischen Person und Zustand • Ableitung von zwei entgegengesetzten Fundamentalanforderungen an den Menschen • Ableitung von zwei diesen Fundamentalanforderungen korrespondierenden Grundtrieben des Menschen: Stofftrieb und Formtrieb • Schluss auf das Ungleichgewicht dieser Triebe im Menschen • Aufgabe der Kultur ist es, das Gleichgewicht wieder zu ermöglichen • Einführung des Spieltriebs als transzendentalphilosophisch konstruierter Kraft, die aus der vollkommenen Wechselwirkung, sprich: der Harmonie der beiden Grundtriebe, resultieren soll. Aus Schillers Argumentationsgang, der ihn dann zur Bestimmung des Spieltriebs und der Schönheit führt (11. bis 15. Brief), lassen sich 9 Argumentationsschritte destillieren:

  8. „Der sinnliche Trieb will, daß Veränderung sei, daß die Zeit einen Inhalt habe; der Formtrieb will, daß die Zeit aufgehoben, daß keine Veränderung sei. Derjenige Trieb also, in welchem beide verbunden wirken […], der Spieltrieb also würde dahin gerichtet sein, die Zeit in der Zeit aufzuheben, Werden mit absolutem Sein, Veränderung mit Identität zu vereinbaren.“(ÄE, 14. Brief, S. 57)

  9. 7. Benennung der Gegenstände der drei Triebe:Gegenstand des Stofftriebs ist das Leben, d.h. alles materielle Sein, alle unmittelbare Gegenwart in den Sinnen. Gegenstand des Formtriebs ist die Gestalt, d.h. alle formalen Beschaffenheiten der Dinge und alle Beziehungen derselben auf die Denkkraft des Menschen. Gegenstand des Spieltriebes ist die lebende Gestalt.„Durch diese Erklärung, wenn es eine wäre, wird die Schönheit weder auf das ganze Gebiet des Lebendigen ausgedehnt, noch bloß in dieses Gebiet eingeschlossen. Ein Marmorblock, obgleich er leblos ist und bleibt, kann darum nichtsdestoweniger lebende Gestalt durch den Architekt und Bildhauer werden; ein Mensch, wiewohl er lebt und Gestalt hat, ist darum noch keine lebende Gestalt. Dazu gehört, daß seine Gestalt Leben und sein Leben Gestalt sei. Solange wir über seine Gestalt bloß denken, ist sie leblos, bloße Abstraktion; solange wir sein Leben bloß fühlen, ist es gestaltlos, bloße Impression. Nur indem seine Form in unsrer Empfindung lebt und sein Leben in unserm Verstande sich formt, ist er lebende Gestalt, und dies wird überall der Fall sein, wo wir ihn als schön beurteilen.“(ÄE, 15. Brief, S. 59)

  10. 8. Schluss auf die Kunst: höchste Wesensausprägung der Schönheit ist für Schiller die Kunst. Der Spieltrieb wird in der und durch die Kunst aktiviert.9. Der Mensch, so Schillers Fazit, ist nur dann in einem höchsten und eigentlichen Sinne Mensch, wenn Denken und Fühlen, sinnlicher und formaler Trieb, Leben und Gestalt in einem ausgeglichenen, wechselseitig einander durchdringenden Verhältnis zueinander stehen. Diesem Ideal der Menschheit, d.h. des Mensch-Seins korrespondiert der in der Kunst aktivierte Spieltrieb. Schönheit ist also für Schiller die Bedingung der Möglichkeit von Menschheit, oder, wie er es formuliert:„Sobald sie [die Vernunft; GK] demnach den Ausspruch tut: es soll eine Menschheit existieren, so hat sie eben dadurch das Gesetz aufgestellt: es soll eine Schönheit sein.“(ÄE, 15. Brief, S. 60)„Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“(ÄE, 15. Brief, S. 63)

  11. Der ästhetische Zustand„Das Gemüt geht also von der Empfindung zum Gedanken durch eine mittlere Stimmung über, in welcher Sinnlichkeit und Vernunft zugleich tätig sind, eben deswegen aber ihre bestimmende Gewalt gegenseitig aufheben und durch eine Entgegensetzung eine Negation bewirken. Diese mittlere Stimmung, in welcher das Gemüt weder physisch noch moralisch genötigt und doch auf beide Art tätig ist, verdient vorzugsweise eine freie Stimmung zu heißen, und wenn man den Zustand sinnlicher Bestimmung den physischen, den Zustand vernünftiger Bestimmung aber den logischen und moralischen nennt, so muß man diesen Zustand der realen und aktiven Bestimmbarkeit den ästhetischen heißen.“(ÄE, 20. Brief, S. 83)Empirisches Anzeichen für einen Übertritt vom physischen in den ästhetischen Zustand – sowohl im Blick auf den einzelnen Menschen, als auch auf die Menschheit insgesamt – ist nun nach Schiller „[…] die Freude am Schein, die Neigung zum Putz und zum Spiele. Die höchste Stupidität und der höchste Verstand haben darin eine gewisse Affinität mit einander, daß beide nur das Reelle suchen und für den bloßen Schein gänzlich unempfindlich sind.“(ÄE, 26. Brief, S. 112)

  12. „Sobald er [der Mensch; GK] anfängt, mit dem Auge zu genießen, und das Sehen für ihn einen selbständigen Wert erlangt, so ist er auch schon ästhetisch frei, und der Spieltrieb hat sich entfaltet.“(ÄE, 26. Brief, S. 113f.)

  13. „Alle anderen Formen der Mitteilung trennen die Gesellschaft, weil sie sich ausschließend entweder auf Privatempfänglichkeit oder auf die Privatfertigkeit der einzelnen Glieder, also auf das Unterscheidende zwischen Menschen und Menschen beziehen; nur die schöne Mitteilung vereinigt die Gesellschaft, weil sie sich auf das Gemeinsame aller bezieht.“(ÄE, 27. Brief, S. 126) „Dem Bedürfnis nach existiert er [der ästhetische Staat; GK] in jeder feingestimmten Seele; der Tat nach möchte man ihn wohl nur, wie die reine Kirche und die reine Republik, in einigen wenigen auserlesenen Zirkeln finden […].“(ÄE, 27. Brief, S. 128)

  14. 4. „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder: Ob die Schönheit dem Menschen, wenn er vor dem Abgrund steht, wirklich einen Schritt weiter hilft?Barbara Henninger: „Haben…“; Thomas Kuhlenbeck: Der Tod ist wie man ihn sich vorstellt, nur blöder. In: Schreckliche Bilder. Meisterwerke des schwarzen Humors. Berlin 1998. Der Tod ist wie man ihn sich vorstellt, nur blöder

  15. Leitthese und Leitfrage:Vor allem seit der Zeit um das Jahrhundertende scheint Schillers Emphase für das Schöne als der Retterin der Menschheit einer gewissen Ernüchterung Platz zu machen. Die unumstößliche, weil physische und naturgegebene Grenze alles Schönen sieht auch Schiller ganz klar: die unhintergehbare Sterblichkeit des Menschen, kurzum: den Tod. Was kann das Schöne angesichts dieses brutalen Faktums, dieses Skandalons der menschlichen Existenz noch leisten, noch ausrichten.„Denn das Schöne ist nichtsals des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,uns zu zerstören.“(Rilke, Rainer Maria: Duineser Elegien [1912/1922], Die erste Elegie, in: Ders.: Lyrik und Prosa, Düsseldorf/Zürich 1999, S. 587)

  16. Nänie (1800)Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich,Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

  17. „Nänie“ (lat. Nenia), so hieß das in Rom bei Leichenzügen von den Hinterbliebenen zur Flöte gesungene Trauerlied; der Titel charakterisiert das Gedicht also als ein „Klaglied“. Schillers Elegie (Elegie ist ja nichts anderes als eine Bezeichnung für Trauergesang) umfasst 14 reimlose Verse, die zu sieben Doppelversen zusammengefasst sind: zu jeweils aus einem Hexameter und einem Pentameter bestehenden Distichen. „Gegen alles, sagt das Sprüchwort, gibt es Mittel, nur nicht gegen den Tod. Aber diese einzige Ausnahme, wenn sie das wirklich im strengsten Sinne ist, würde den ganzen Begriff der Menschheit aufheben. Nimmermehr kann er das Wesen sein, welches will, wenn es auch nur einen Fall gibt, wo er schlechterdings muß, was er nicht will. Dieses einzige Schreckliche, was er nur muß und nicht will, wird wie ein Gespenst ihn begleiten und ihn, wie auch wirklich bei den mehresten Menschen der Fall ist, den blinden Schrecknissen der Phantasie zur Beute überliefern; seine gerühmte Freiheit ist absolut Nichts, wenn er auch nur in einem einzigen Punkte gebunden ist.“(SW V, S. 793)

  18. Drei mythische Beispiele für die Vergänglichkeit des Schönen: Friedrich Rehberg: Orpheus und Eurydike (1810)

  19. Fresko in derGaleriedes Palazzo Medici-Riccardi, Florenz (1684-1686)

  20. PompeoBatoni: Achille richiamato da Teti e da Chirone (1770). Eremitage St Petersburg.

  21. Schön und erhaben (1802)Zweierlei Genien sind’s, die dich durchs Leben geleiten,Wohl dir, wenn sie vereint helfend zur Seite dir stehn!Mit erheiterndem Spiel verkürzt dir der Eine die Reise,Leichter an seinem Arm werden dir Schicksal und Pflicht.Unter Scherz und Gespräch begleitet er bis an die Kluft dich,Wo an der Ewigkeit Meer schaudernd der Sterbliche steht.Hier empfängt dich entschlossen und ernst und schweigend der And’re,Trägt mit gigantischem Arm über die Tiefe dich hin.Nimmer widme dich Einem allein. Vertraue dem ersternDeine Würde nicht an, nimmer dem andern Dein Glück.

  22. „Das Gefühl des Erhabenen ist ein gemischtes Gefühl. Es ist eine Zusammensetzung von Wehsein, das sich in seinem höchsten Grad als ein Schauer äußert, und von Frohsein, das bis zum Entzücken steigen kann und, ob es gleich nicht eigentlich Lust ist, von feinen Seelen aller Lust doch weit vorgezogen wird. […] Durch die Schönheit allein würden wir also ewig nie erfahren, daß wir bestimmt und fähig sind, uns als reine Intelligenzen zu beweisen. Beim Erhabenen hingegen stimmen Vernunft und Sinnlichkeit nicht zusammen, und eben in diesem Widerspruch zwischen beiden liegt der Zauber, womit es unser Gemüt ergreift. Der physische und der moralische Mensch werden hier aufs schärfste voneinander geschieden, denn gerade bei solchen Gegenständen, wo der erste nur seine Schranken empfindet [etwa: der Tod], macht der andere die Erfahrung seiner Kraft und wird durch eben das unendlich erhoben, was den andern zu Boden drückt.“(SW V, S. 796ff.)

  23. Genau dies – das Schöne zu bewahren, ist ja auch das Anliegen von Schillers Gedicht selbst. Es ist zugleich, oder will zumindest zugleich das sein, wovon es handelt: nämlich schön. Deshalb die aufwändige Investition in die Form (das durchkomponierte antikisierende Metrum), die wiederum den Inhalt spiegelt: Die Form entspricht der der antiken rhetorischen Gattung des Trauergedichts auf einen Verstorbenen: dem epikedeion. Wie dieses, so ist auch Schillers Nänie dreigeteilt in die Schritte Lob, Trauer und Trost: Lob des Schönen in den Versen 1-8, Trauer um dessen Verlust in den Versen 9-12 und schließlich der Trost in den Versen 13 und 14.(FA 1, S. 282)

  24. In: Hans-Christian Huf: "Mit Gottes Segen in die Hölle. Der Dreißigjährige Krieg"

  25. V. Männer am Rande des Nervenzusammenbruches – Schillers Wallenstein1. Noch einmal: „das Los des Schönen auf der Erde!“2. Inhalt3. Entstehung4. Ent-Täuschung: Zur Funktion von Wallensteins Lager in der Gesamtarchitektur des Dramas5. „Wer die Sterne fragt was er thun soll? ist gewiß nicht klar über das was zu thun ist“ – Wallensteins Melancholie und die Ästhetik des Zögerns„Eng ist die Welt, und das Gehirn ist weit,Leicht beieinander wohnen die Gedanken,Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen,Wo eines Platz nimmt, muss das andre rücken,Wer nicht vertreiben sein will, muss vertreiben,Da herrscht der Streit, und nur die Stärke siegt.“(Schiller, Friedrich: Wallenstein II, Stuttgart 2003 [im Folgenden zitiert als W II], V. 787ff.)

  26. „Es will mir ganz gut gelingen, meinen Stoff ausser mir zu halten und nur den Gegenstand zu geben. Beynahe möchte ich sagen, das Sujet interessiert mich gar nicht, und ich habe nie eine solche Kälte für meinen Gegenstand mit einer solchen Wärme für für die Arbeit in mir vereinigt. Den Hauptcharakter so wie die meisten Nebencharaktere tractiere ich wirklich biß jetzt mit der reinen Liebe des Künstlers; bloß für den jungen Picolomini bin ich durch meine eigene Zuneigung interessiert, wobey das Ganze übrigens eher gewinnen als verlieren soll.“(FA 12, S. 243f.)

  27. „Sein Geist ist’s, der mich ruft. Es ist die ScharDer Treuen, die sich rächend ihm geopfert.[…]- Nein! Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,Der deine Totenbahre schmückt, gewunden.Was ist das Leben ohne Liebensglanz?Ich werf’ es hin, da sein Gehalt verschwunden.Ja, da ich dich, den Liebenden gefunden,Da war das Leben etwas. Glänzend lagVor mir der neue goldne Tag!Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.Du standest an dem Eingang in die Welt,Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,[…]Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,In dein Herz fiel mein erster Blick!- Da kommt das Schicksal – Roh und kaltFaßt es des Freundes zärtliche GestaltUnd wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde – - Das ist das Los des Schönen auf der Erde!(W II, V. 3155ff.)

  28. „Kapuziner: […]Das ist so ein Ahab und Jerobeam,Der die Völker von der wahren LehrenZu falschen Götzen tut verkehren.[…]So ein Teufelbeschwörer und König Saul,So ein Jehu und Holofern,Verleugnet wie Petrus seinen Meister und Herrn,Drum kann er den Hahn nicht hören krähn-“(Schiller, Friedrich: Wallenstein I, Stuttgart 2005 [im Folgenden zitiert als W I], V. 598ff.; S. 29)„[…] Seitdem es mir so schlecht bekam,Dem Thron zu dienen, auf des Reiches Kosten,Hab ich vom Reich ganz anders denken lernen.Vom Kaiser freilich hab ich diesen Stab,Doch führ ich jetzt ihn als des Reiches Feldherr,Zur Wohlfahrt aller, zu des Ganzen Heil,Und nicht mehr zur Vergrößerung des Einen!“(W I, V. 1177ff.; S. 86f.)

  29. „Jetzt werden sie, was planlos ist geschehn,Weitsehend, planvoll mir zusammenknüpfen,Und was der Zorn, und was der frohe MutMich sprechen ließ im Überfluss des Herzens,Zu künstlichem Gewerbe mir vereinen,Und eine Klage furchtbar draus bereiten,Dagegen ich verstummen muss. So hab ichMit eignem Netz verderblich mich umstrickt,Und nur Gewalt kann es reißend lösen.“(W II, V. 171ff.; S. 10f.)„Verschmerzen werd ich diesen Schlag, das weiß ich,Denn was verschmerzte nicht der Mensch! Vom HöchstenWie vom Gemeinsten lernt er sich entwöhnen,Denn ihn besiegen die gewaltgen Stunden.Doch fühl ichs wohl, was ich in ihm verlor.Die Blume ist hinweg aus meinem Leben,Und kalt und farblos sehichs vor mir liegen.Denn er stand neben mir, wie meine Jugend,

  30. Er machte mir das Wirkliche zum Traum,Um die gemeine Deutlichkeit der DingeDen goldnen Duft der Morgenröte webend –Im Feuer seines liebenden GefühlsErhoben sich, mir selber zum Erstaunen,Des Lebens flach alltägliche Gestalten.- Was ich mir ferner auch erstreben mag,Das Schöne ist doch weg, das kommt nicht wieder,Denn über alles Glück geht doch der Freund,Ders fühlend erst erschafft, ders teilend mehrt.“(W II, V. 3438ff; S. 124)„[…] Der Neid des Schicksals ist gesättigt, es nimmt LebenFür Leben an, und abgeleitet istAuf das geliebte reine Haupt der Blitz,Der mich zerschmetternd sollte niederschlagen.“(W II, V. 3592ff.; S. 129)

  31. „Sie [die dramatische Ironie; GK] tritt immer dann auf, wenn die sprachliche Äußerung oder das außersprachliche Verhalten einer Figur für den Rezipienten aufgrund seiner überlegenen Informiertheit eine der Intention der Figur widersprechende Zusatzbedeutung erhält.“(Pfister, Manfred: Das Drama. 11. Aufl., München 2001, S. 88)„[…] Gut Nacht, Gordon!Ich denke einen langen Schlaf zu tun,Denn dieser letzten Tage Qual war groß,Sorgt, dass sie nicht zu zeitig mich erwecken.“(W II, V. 3675ff.; S. 132)

  32. „Ich schreibe nunmehr an meiner Abhandlung über das Naive, und werde zugleich an den Plan zum Wallenstein denken. Vor dieser Arbeit ist mir ordentlich angst und bange, denn ich glaube mit jedem Tag mehr zu finden, daß ich eigentlich nichts weniger vorstellen kann als einen Dichter, und daß höchstens da, wo ich philosophieren will, der poetische Geist mich überrascht. Was soll ich thun? Ich wage an dise Unternehmung 7 biß 8 Monate von meinem Leben, das ich Ursache habe sehr zu rath zu halten, und setze mich der Gefahr aus, ein verunglücktes Produkt zu erzeugen […] Im eigentlichsten Sinne des Wortes betrete ich eine mir ganz unbekannte wenigstens unversuchte Bahn, denn im poetischen habe ich seit 3, 4 Jahren einen völlig neuen Menschen angezogen.“(FA 11, S. 716)

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