1 / 103

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“. TEIL 1: Einheit 1 - 6 Sommer-Semester 2009 (15.05.2009). Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“. Vorbemerkungen: Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs:  Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH eMail an: Nguyen@RAeBlume.de Folien (zur Vorlesung):

emmy
Télécharger la présentation

Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ TEIL 1: Einheit 1 - 6 Sommer-Semester 2009 (15.05.2009)

  2. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ Vorbemerkungen: Inhaltliche Fragen zu diesem Crashkurs:  Rechtsanwalt und Dozent NGUYEN, NGOC-DANH eMail an: Nguyen@RAeBlume.de Folien (zur Vorlesung):  http://www.marx.de/ (dort unter: „materialien/universität“) Folien (zur Übung):  http://www.econ.uni-hamburg.de/IRdW/zivil/  http://www.wiso.uni-hamburg.de/irdw

  3. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ Einheit 1: Anspruchsprüfung (Subsumtion), Willenserklärungen

  4. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Worum geht's überhaupt? Zivilrechtliche Ansprüche  Anspruch = Das Recht, von einem anderen ein Tun, Dulden oder Unterlassen fordern zu können (§ 194 BGB) Fragestellung zur Falllösung: Wer will Was von Wem Woraus? Gläubiger Anspruchs- ziel Schuldner Anspruchs- Grundlage (§§)

  5. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Beispielsfall (Sachverhalt): A haut dem B in der Kneipe den Ellbogen auf die Nase, weil er nicht aufgepasst hat, wer hinter ihm steht. Der B bekommt Nasenbluten und versaut sich sein neues Hemd. Ansprüche des B? Fragestellung zur Falllösung: Wer will Was von Wem Woraus?

  6. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)  Wer? Der B ist Gläubiger und will…  Was? ein neues Hemd bzw. Erstattung der Reinigungskosten (= Schadensersatz)  Von Wem? von A als Schuldner  Woraus? … aus einer entsprechenden gesetzlichen Rechtsnorm (= Anspruchsgrundlage), die die o.g. Schadenspositionen ersetzt  evtl. Schadensersatz aus § 823 BGB?  dann müsste § 823 BGB erfüllt sein ( )

  7. Paragraf Absatz Tatbestand: Wenn… Rechtsfolge: …dann Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) § 823 BGB (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

  8. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Bei der Fallprüfung ist die zu prüfende Anspruchsgrundlage (hier: § 823 BGB) im Wege der sog. „SUBSUMTION“ danach zu untersuchen, ob  der Tatbestand der Anspruchsgrundlage (= das im Gesetz Geregelte) den konkreten Sachverhalt erfasst und  die Rechtsfolge der Anspruchsgrundlage das von B konkret Gewollte im Ergebnis gewährt.

  9. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Subsumtionsfrage: Erfüllt ein Sachverhalt überhaupt den Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm? Obersatz: Was müsste dafür der Fall sein? Definition: Wann ist das (im Allgemeinen) der Fall? Subsumtion: Passt der Sachverhalt (im speziellen Fall) hierauf? Ergebnis: Der Sachverhalt erfüllt/erfüllt nicht den Tatbestand dieser Rechtsnorm aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Subsumtion_%28Recht%29

  10. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Fahrlässig = nicht sorgfältig genug: Hier (+) § 823 BGB (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Das sind die verletzten Rechtsgüter Das ist hier der A Das schuldet A dem B

  11. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Obersatz Der B könnte gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB haben. Dazu müsste A widerrechtlich und schuldhaft das Eigentum (= rechtliche Sachherrschaft) und/oder die Gesundheit/den Körper (= körperliche Wohlbefinden/körperliche Unversehrtheit) (…) des B verletzt haben. Das Nasenbluten ist eine Verletzung von Körper und Gesundheit, die Beschmutzung des Hemdes ist eine Eigentumsbeeinträchtigung. / Dies geschah auch widerrechtlich. / Außerdem hätte B mit Verschulden handeln müssen. Verschulden ist Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§ 276 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Die nötige Sorgfalt hätte es hier erfordert, dass sich B vergewissert, mit seinem Ellbogen niemanden zu verletzen. Indem sich A nicht vorher umdrehte, hat er die nötige Sorgfalt nicht beachtet und handelte somit fahrlässig, also mit Verschulden. A schuldet dem B demnach Ersatz seines Schadens aus § 823 BGB Definition Subsumtion Ergebnis

  12. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Fall 5 („Willenserklärungen“): Unternehmer U plant eine Feier zum 50jährigen Firmenjubiläum. Seine Sekretärin legt ihm in einer Unterschriftenmappe die dazu- gehörigen Einladungsschreiben für besonders bedeutende Gäste. U unterschreibt schnell alle in der Mappe befindlichen Schreiben, ohne sich diese näher anzusehen. Es stellt sich sodann heraus, dass sich in der Unterschriftenmappe auch eine Warenbestellung an die K-AG befand, die U zwar geplant hatte, letztendlich aber doch nicht durchführen wollte. Die K-AG nimmt das Angebot erfreut an und verlangt den Kaufpreis. Die Rechnung lässt U zunächst einige Wochen ohne Reaktion liegen. Frage: Muss er auf die Mahnung der K-AG den Kaufpreis zahlen? Oder umgekehrt: Hat K-AG Anspruch auf Kaufpreiszahlung?

  13. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Anspruch der K-AG gegen U auf Kaufpreiszahlung? Anspruchsgrundlage (AGL): § 433 Abs. 2 BGB? „§433 Abs. 2 BGB: Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.“ Voraussetzungen der AGL: Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages iSd § 433 BGB. - Das wiederum setzt 2 übereinstimmende Willenserklärungen iSd §§ 145 ff. BGB voraus, nämlich Angebot und Annahme.

  14. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Frage: Liegen hier 2 übereinstimmende Willenserklärungen (= Angebot + Annahme) vor?  Willenserklärung des U? Das wäre der Fall, wenn das Bestellschreiben des U das Angebot an die K-AG darstellt. Das ist nun zu prüfen… Anmerkung: Auf Seiten der K-AG besteht hingegen kein Problem betr. Willenserklärung, denn die K-AG hat die „Warenbestellung“ des U angenommen (= Annahme) und damit eine Willenserklärung abgegeben. Wenn also der U (was nachfolgend zu prüfen sein wird) ein wirksames Angebot als Willenserklärung abgegeben hätte, dann wäre auch ein wirksamer Kaufvertrag abgeschlossen worden mit der Folge, dass die K-AG einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung hätte.

  15. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Einleitung: Willenserklärung = Willensäußerung, die auf Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Die Willenserklärung setzt sich zusammen aus dem objektiven Erklärungstatbestand (= auf die Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen gerichtete äußere Erklärungshandlung, z.B. ausdrücklich, konkludent oder ausnahmsweise auch durch Schweigen (beim kaufmänn. Bestätigungsschreiben) – Maßgebend ist die Sicht eines objektiven Dritten in der Person des Erklärungsempfängers…) + subjektiven Erklärungstatbestand (= mit erkennbaremRechtsbindungswillen - Unterscheide: 1.Handlungswille, 2.Erklärungsbewusstsein, 3.Geschäftswille)   

  16. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1)  Subjektiver Tatbestand: 1. Handlungswille = Wille, überhaupt etwas bewusst zu tun/zu unterlassen  fehlt der Wille, liegt keine Willenserklärung vor! 2. Erklärungsbewusstsein = Bewusstsein, überhaupt irgendeine rechtserhebliche Erklärung abzugeben  h.M.: zum Schutz des ahnungslosen Rechtsverkehrs ist ein potentielles Erklärungsbewusstsein ausreichend für die Bejahung eines Erklärungsbewusstseins und somit einer Willenserklärung (kein aktuelles Bewusstsein erforderlich!) = (+), wenn der Erklärende bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, sich im rechtserheblichen Bereich zu bewegen 3. Geschäftswille= Wille, ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft abzuschließen (z. B. der Wille auf Abschluss eines bestimmten Mietvertrages)  fehlt der Wille, schadet das der Wirksamkeit der Willenserklärung grds. nicht – aber: evtl. Anfechtung der Willenserklärung möglich ( hierzu später)

  17. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Falllösung: objektiver Tatbestand: K-AG musste von einer verbindlichen Warenbestellung ausgehen subjektiver Tatbestand: - Handlungsbewusstsein: (+) - Erklärungsbewusstsein: U ging nicht davon aus, eine rechtserhebliche Erklärung abzugeben, da er in dem Glauben war, ein Einladungsschreiben zu unterzeichnen. Aber: Da U die Schreiben in der Unterschriftenmappe vor Unterzeichnung nicht durchgesehen hat, ist ihm ein Fahrlässigkeits-Sorgfaltsverstoß vorzuwerfen. Da ein potentielles Erklärungsbewusstsein ausreicht, handelte U mit Erklärungsbewusstsein.

  18. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 1) Ergebnis: U hat wirksam eine Willenserklärung, nämlich ein Angebot (= Warenbestellung) abgegeben. Dieses Angebot hat die K-AG auch angenommen. Es liegen somit 2 übereinstimmende Willenserklärungen vor, so dass ein wirksamer Kaufvertrag iSd § 433 BGB zustande gekommen ist. K-AG hat somit Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen U aus § 433 II BGB. aber:evtl. Anfechtung der Willenserklärung wegen Irrtums (Folge: rückwirkende Nichtigkeit der Willenserklärung gem. §§ 119, 142 BGB)?  Auf die Anfechtung wird später eingegangen werden. Jedenfalls hat U die Anfechtungsfrist gem. § 121 BGB („unverzüglich nach Entdeckung des Irrtums“) nicht eingehalten, Folge: keine Anfechtungsmöglichkeit des U.

  19. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Einheit 2: Zugang von Willenserklärungen

  20. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Fall 6: Arbeitnehmer A ist bei Unternehmer U beschäftigt. In seinem Anstellungsvertrag ist als Frist für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses die Einhaltung von 1 Monat zum Quartalsende vereinbart. Am 25.08.2007 sendet U die Kündigungserklärung an die Privatadresse des A per Einschreiben ab. Der Postbote trifft am folgenden Tage (26.08.2007) niemanden an, steckt daher den Benachrichtigungszettel über die Hinterlegung des Einschreibens in den Briefkasten des A und hinterlegt das Einschreiben bei dem zuständigen Postamt. A, der mit einer unerfreulichen Sendung rechnet, holt das Einschreiben nicht ab. Als dies am 05.09.2007 an U zurückgesendet wird, schickt dieser sofort einen Boten zu A, der das Schreiben mittags in den Briefkasten des A steckt. A öffnet erst drei Tage später (08.09.2007) den Briefkasten und erfährt von der Kündigungserklärung. Ist das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2007 beendet worden?

  21. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Voraussetzung für Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Wirksame Kündigung (Kündigung = empfangsbedürftige Willenserklärung, d.h. Wirksamkeit erst bei Zugang) Notwendig daher: Zugang… …beim Empfänger… …und zwar fristgerecht + schriftlich, § 623 BGB

  22. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Kündigung wirksam zum 30.09.?  Fraglich ist, wann die Kündigung hätte eintreffen müssen.  Da der Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von 1 Monat zum Quartalsende vorsieht, hätte die Kündigung spätestens am 31.08. bei A zugehen müssen.

  23. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Eine Willenserklärung geht dann zu, wenn sie …so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass es diesem möglich ist, davon Kenntniszu nehmen,… …und mit dieser Kenntnisnahme Unter normalen Umständen zu rechnen ist.

  24. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) …so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass es diesem möglich ist, davon Kenntniszu nehmen,… …und mit dieser Kenntnisnahme unter normalen Umständen zu rechnen ist. Welche Zeitpunkte kommen in Frage?  26.08.: • Nur Benachrichtigungszettel im Briefkasten (Machtbereich des Empfängers), aber nicht die Kündigung (= Willenserklärung) selbst.  05.09.: • Kündigung per Bote im Briefkasten, aber im Normalfall ist nicht mit einer Kenntnisnahme noch am selben Tag zu rechnen, sondern erst am nächsten Tag (06.09.)  08.09.: • Jedenfalls Zugang mit tatsächlicher Kenntnisnahme = Kündigungsfrist eigentlich nicht eingehalten!

  25. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 2) Aber: Letztlich liegen die Gründe dafür, dass die Kündigung nicht zugegangen ist, allein im Pflichtenkreis des A, weil er das Einschreiben nicht abgeholt hat. Schutzwürdig ist dann der Absender (= U) und weniger der Empfänger. Damit handelte A wider „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB),wenn er sich auf die verspätete Kenntnisnahme beruft, und wird so behandelt, als ob die Kündigung ihm rechtzeitig zugegangen wäre, sofern der Absender (= U) den Zugang unverzüglich nachgeholt hat. Ergebnis: Hier im Fall hat U den Zugang unverzüglich nachgeholt, nämlich mittels Boten am 05.09. Der A ist somit so zu behandeln, als wäre ihm die Kündigung rechtzeitig zugegangen. Das Arbeitsverhältnis ist somit wirksam zum 30.09.2007 wirksam durch Kündigung beendet worden.

  26. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Einheit 3: AGB, Auftrag (Fall 10) + Anfechtung (Fall 18)

  27. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Fall 10 („AGB“, „Auftrag“): B möchte an sein Haus einen Wintergarten anbauen und bittet den Architekten A, die Ausschreibung und Bauauftragsvergabe für ihn durchzuführen. Ein Entgelt soll A hierfür nicht erhalten, weil B diesem bei einer anderen Gelegenheit früher einmal sehr behilflich gewesen ist. Die Parteien unterzeichnen ein Standardvertrags-formular des A, in dem es am Ende heißt: „Im Übrigen gelten die umseitigen Geschäftsbedingungen“. In der dortigen Ziffer 7 befindet sich folgende Klausel: „Eine Haftung für etwaige Schäden wird ausdrücklich ausgeschlossen“. A holt mehrere Angebote von Baufirmen ein und empfiehlt dem B die Firma X, die sodann auch mit der Baumaßnahme beauftragt wird. Anschließend stellt sich heraus, dass A bei seiner Empfehlung ein um € 5.000,00 günstigeres, technisch aber vollständig gleichwertiges Konkurrenz-angebot versehentlich übersehen hatte. FRAGE: Kann B von A Ersatz dieses Betrages verlangen?

  28. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) PROBLEM: A verwendet vorliegend eigene Regelungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen = AGB), die inhaltlich vom Gesetz abweichen. So besteht nach dem Gesetz beispielsweise eine Haftung nach § 276 BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit. A aber schließt seine Haftung vollständig aus. FRAGE: Darf A überhaupt eigene, vom Gesetz abweichende Regelungen (AGB) verwenden?

  29. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Was sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)? Das Gesetz gewährt die Möglichkeit, einheitliche Vertragsbedingungen zu stellen, die insbesondere einem Unternehmer die Möglichkeit geben, zu seinen Gunsten eine gegenüber den sonst geltenden gesetzlichen Regelungen günstigere Regelung gegenüber Kunden zu schaffen. Aber: AGB sind nicht ohne weiteres zulässig. Zur Verhinderung übermäßiger Einschränkungen der Kundenrechte sind besondere gesetzliche Anforderungen zu erfüllen (§§ 305 ff BGB).

  30. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Gesetzliche Anforderungen an AGB: Zunächst müssten die von A verwendeten und vom Gesetz abweichenden Regelungen 1) überhaupt – gesetzliche zulässige/anwendbare - AGB darstellen, 2) wirksam in den Vertrag einbezogen sein und 3) der gesetzlichen Inhaltskontrolle standhalten. 4) Rechtsfolgen der Unwirksamkeit

  31. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) zu 1.: Anwendbarkeit der §§ 305 ff BGB a) Vorliegen von AGB, § 305 Abs. 1 • Vertragsbedingungen • für eine Vielzahl von Verträgen • Vorformuliert • einseitig vom Verwender gestellt b) Sachlicher Anwendungsbereich, § • 310 Abs. 4 BGB • Keine Geltung bei erb-, familien- oder gesellschaftsrechtlichen Vorgängen c) Persönlicher Anwendungsbereich • §§ 305 Abs. 2, 3 und 308, 309 BGB bei Verwendung gegenüber Unternehmern unanwendbar, § 310 Abs. 1 BGB

  32. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) zu 2.: Einbeziehung in den Vertrag a) Angebot und Annahme, §§ 145 ff BGB b) Zusätzliche Voraussetzungen gemäß § 305 Abs. 2 BGB: • Insbesondere: Hinweis und zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme bei Vertragsschluss c) Keine Einbeziehung einzelner Klauseln • Überraschende Klauseln, § 305 c Abs. 1 BGB • Individuellen Abreden widersprechende Klauseln, § 305 b BGB

  33. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) zu 3.: Inhaltliche Wirksamkeit der AGB Der Inhaltskontrolle ist die für den Verwender ungünstigste Auslegungsmöglichkeit zugrunde zu legen, § 305 c Abs. 2 BGB. a) Spezielle Klauselverbote · § 309 BGB · § 308 BGB b) Generalklausel, § 307 BGB Unwirksam ist danach jede Klausel, die den anderen Teil entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

  34. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) zu 4.: Rechtsfolgen Bei nicht einbezogenen oder unwirksamen Klauseln gilt § 306 BGB: abweichend von § 139 BGB ist der Vertrag im Übrigen wirksam. Die Vertragslücke wird durch die gesetzlichen Bestimmungen gefüllt. Die betroffene Klausel ist insgesamt nichtig („Verbot der geltungserhaltenden Reduktion“).

  35. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) FALLFRAGE (FALL 10): Kann B von A Ersatz des Differenzbetrages in Höhe von 5.000,00 Euro verlangen?

  36. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Ein Anspruch könnte sich aus § 280 I BGB ergeben. § 280 I BGB ist die zentrale Regelung für alle Fälle einer schuldhaften vertraglichen Pflichtverletzung und gewährt einen einheitlichen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung, also alle Leistungsstörungen wie z.B. - Nichtleistung - Schlechtleistung oder - Verletzung von Nebenpflichten. Ersetzt wird nur der durch die Pflichtverletzung entstandene Schaden. Dieser Schadensersatzanspruch kann neben dem vertraglichen Leistungs-/Erfüllungsanspruch (= Primäranspruchs) geltend gemacht werden.

  37. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 1. Bestehen eines Schuldverhältnisses • (vor-)vertraglich • gesetzlich 2. Pflichtverletzung • bei Schlechtleistung (i.V.m. § 437 Nr. 3 bzw. § 634 Nr. 4) • Insbesondere Pflichten nach § 241 II (i.V.m. § 311 II) – Fälle der „alten“ pVV und CIC • Achte: bei Verzögerung der Leistung SE-Anspruch nur über § 280 II! • Achte: Kein Ersatz von Begleitschäden bei Unmöglichkeit, Grund: Unmöglichkeit führt zum Wegfall des Primäranspruchs, so dass Schadensersatz neben der Leistung nicht denkbar ist! 3. Vertretenmüssen des Schuldners • grds: § 276 BGB (Vorsatz und Fahrlässigkeit). • Beachte Beweislastumkehr (§ 280 I 2)

  38. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Anspruch aus § 280 I BGB? 1. Schuldverhältnis? (+), es liegt ein Auftragsvertrag (§ 662 BGB) vor. Inhaltlich geht es um die unentgeltliche Beratung bezüglich der Vergabe, also um einen Auftrag. Durch die beiden Vertragsunterzeichnungen haben A und B zwei übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145 ff. BGB) abgegeben. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit und der Verwendung eines Vertragsformulars ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich nur um eine Gefälligkeit ohne rechtliche Verpflichtung handeln sollte.

  39. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 2. Pflichtverletzung? (+), liegt vor. Es besteht mitunter die Pflicht des Auftragnehmers zur Rücksichtnahme auf die finanziellen Interessen des Auftraggebers. Da A dem B nicht die billigste unter den gleichwertigen Firmen empfahl, hat er seine Pflichten aus dem Auftrag verletzt.

  40. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 3. Vertretenmüssen des Schuldners? (+), liegt vor. Nach § 276 BGB hat A die Pflichtverletzung auch zu vertreten, weil er durch das Versehen bei der Zusammenstellung der Unterlagen einen Sorgfaltsverstoß beging und mithin fahrlässig handelte.

  41. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 4. Haftungsausschluss Fraglich ist, ob A seine SE-Haftung durch Ziffer 7 des Vertragsformulars hat wirksam ausschließen können. Das wäre dann der Fall, wenn diese Regelung den Anforderungen, die die §§ 305 ff. BGB an Allgemeine Geschäftsbedingungen stellen, genügt.

  42. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Anforderungen der §§ 305 ff. BGB: 1. Ist Ziffer 7 überhaupt eine AGB i. S. d. § 305 I BGB? (+), da sie eine Vertragsbedingung ist, die A als standardmäßig für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und einseitig dem B gegenüber gestellt hat. 2. Wirksame Einbeziehung in den Vertrag (§ 305 II BGB)? (+), da bei Vertragsunterzeichnung auf die Geltung der Ziffer 7 hingewiesen wurde. Wegen des umseitigen Aufdrucks auf dem Vertragsformular bestand auch die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme für B, der mit Vertragsunterzeichnung sich mit der Geltung einverstanden erklärt hat.

  43. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 3. Inhaltskontrolle (§§ 307 – 309 BGB) Ziffer 7 ist unwirksam wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 BGB. Denn hiernach kann eine Haftung für die Verletzung der dort genannten Rechtsgüter sowie für einen Fall des groben Verschuldens in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann. Auch wenn konkret keiner der genannten Fälle vorliegt, so ist Ziffer 7 aber nicht auf einfache Fahrlässigkeit beschränkt, sondern gilt ihrem Wortlaut nach für sämtliche Schadensersatzansprüche (also auch die in § 307 BGB genannten Fälle), so dass ein Verstoß gegeben ist.

  44. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) 4. Rechtsfolge Es gilt § 306 BGB, wonach Ziffer 7 insgesamt unwirksam ist. Achte: keine geltungserhaltende Reduktion dahingehend, den Anwendungsbereich der Klausel auf das nach § 309 BGB zulässige Maß zu beschränken, denn anderenfalls wäre die Verwendung derartiger Vertragsklauseln risikolos. An die Stelle von Ziffer 7 gilt die jeweilige gesetzliche Regelung. Der Vertrag bleibt im Übrigen wirksam.

  45. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Ergebnis: A hat seineHaftung nicht wirksam ausgeschlossen. Infolge der Pflichtverletzung sind dem B vermeidbare Baumehrkosten in Höhe von € 5.000,00 entstanden, die ihm A gemäß § 280 BGB als Schadensersatz zu erstatten hat.

  46. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Fall 18 (Abwandlung): Das Bauunternehmen U vergibt bei einem von ihm durchgeführten Bauvorhaben bestimmte Malerarbeiten. Malermeister M bewirbt sich um den Auftrag, misst die zu streichenden Flächen auf und kalkuliert seine Kosten. Dabei unterläuft ihm ein Rechenfehler, weil er in den Taschenrechner statt eines m²-Preises von € 5,00 einen Preis von € 4,00 eingegeben hat. Den von ihm errechneten Gesamtpreis von € 50.000,00 bietet er schriftlich der U an. Diese erklärt die Annahme. Drei Wochen später fällt M bei der Fertigung der ersten Abschlagsrechnung sein Rechenfehler auf. Er ruft daraufhin bei U an, stellt den Fehler klar und erklärt, dass er wegen seiner geringen Preisspanne an seinem Angebot nicht festhalten könne. U lehnt dieses Ansinnen ab. Ist M zur Durchführung der Arbeiten zu dem von ihm angegebenen Preis verpflichtet?

  47. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) M will sich von seinem Angebot lösen. Was kann er tun?

  48. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Die Anfechtung von Willenserklärungen 1. Anfechtungsgrund a) Irrtum, §§ 119, 120 BGB - Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Satz 1 BGB (Irrtum über die Bedeutung des verwendeten Erklärungszeichens) - Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1, 2 BGB (Irrtum über die Bedeutung des verwendeten Erklärungszeichens) - Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB (Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften (gegenwärtige, wertbildende Faktoren, nicht der Wert selbst) - Beachte: Alle Irrtümer müssen sich auf den Inhalt der Erklärung beziehen, Motivirrtümer bei der Willensbildung (z. B. interner Kalkula- tionsirrtum) sind unerheblich. Ausnahme: Eigenschaftsirrtum) - Botenirrtum, § 120 BGB (Versehentliche Falschübermittlung durch einen Erklärungsboten) b) Drohung/Täuschung, § 123 BGB 2. Anfechtungserklärung, § 143 BGB 3. Anfechtungsfrist, §§ 121, 124 BGB 4. Kein Ausschluss durch Bestätigung (§ 144 BGB) / durch speziellere Vorschriften

  49. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Rechtsfolge der Anfechtung: Durch Anfechtung ist die Willenserklärung – und damit der Vertrag – von Anfang an nichtig (§ 142 BGB). Aber: Verpflichtung zum Ersatz des Vertrauensschadens (§ 122 BGB)!

  50. Crashkurs „Wirtschaftsprivatrecht“ (Einheit 3) Anspruch U gegen M auf Durchführung der Arbeiten zu einem Preis von € 50.000,00 gemäß § 631 BGB? 1) Wirksamer Werkvertrag nach § 631 BGB? (+), 2 übereinstimmende Willenserklärungen liegen vor. 2) Vertrag nichtig durch Anfechtung (§ 142 BGB)? Anfechtung nach § 119 Abs. 1 Fall 1 BGB (Inhaltsirrtum)? Nur (+), wenn Irrtum über die Bedeutung seiner Erklärung vorliegt. Hier (-), da M tatsächlich zum Preis von € 50.000,00 anbieten wollte. Sein Irrtum liegt im Bereich der Willensbildung. Es handelt sich um einen unbeachtlichen Motivirrtum in der Form des internen Kalkulationsirrtums, weil die Berechnung des anzubietenden Preises von einem Fehler begleitet war. Dieser Irrtum berechtigt nicht zur Anfechtung. 3)Ergebnis: Mangels Anfechtungsgrundes keine Nichtigkeit des Vertrages nach § 142 BGB. M muss daher die Arbeiten gemäß 631 BGB erbringen.

More Related