890 likes | 3.17k Vues
Dokumentarische Methode. Auswertungsverfahren fr die Interpretation unterschiedlichster Materialien: Gruppendiskussionen Beobachtungsprotokollenarrative InterviewsBilderVideos u.a.. Dokumentarische Methode. Anwendung in vielen (Sub-)Disziplinen:BildungsforschungJugendforschungMigrationsfors
E N D
1. Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis Am Beispiel der dokumentarischen Interpretation narrativer Interviews
Arnd-Michael Nohl
2. Dokumentarische Methode Auswertungsverfahren fr die Interpretation unterschiedlichster Materialien:
Gruppendiskussionen
Beobachtungsprotokolle
narrative Interviews
Bilder
Videos u.a.
3. Dokumentarische Methode Anwendung in vielen (Sub-)Disziplinen:
Bildungsforschung
Jugendforschung
Migrationsforschung
Geschlechterforschung
Wissenschaftsforschung
Organisationsforschung
Medizin etc.
4. Erfinder der dokumentarischen Methode Karl Mannheim (1893-1947):Beitrge zur Theorie der Weltanschauungsinterpretation. In: Ders.: Wissenssoziologie, Neuwied: Luchterhand 1964, S. 91-154
Harold Garfinkel (Ethnomethodologie)
Ralf Bohnsack
5. Literaturangaben
Bohnsack, Ralf: Rekonstruktive Sozialforschung. Einfhrung in qualitative Methoden. Opladen: utb 2007 (6. Auflage)
Bohnsack, R./Nentwig-Gesemann, I./Nohl, A.-M. (Hrsg.): Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. Grundlagen qualitativer Forschung. Opladen: Leske + Budrich 2001 (2. Auflage fr 2007 geplant)
6. berblick ber das Referat Gemeinsamkeiten qualitativer Forschung und der besondere Ansatz der dokumentarischen Methode
Die vier Schritte der dokumentarischen Methode und die Interpretation narrativer Interviews:
formulierende Interpretation
reflektierende Interpretation
sinngenetische Typenbildung
soziogenetische Typenbildung
Zusammenfassung
7. Teil: Gemeinsamkeiten qualitativer Forschung die Analyse impliziter oder latenter Bedeutungsgehalte
die praxeologische Zugangsweise oder pragmatische Brechung
die Prozess- oder Sequenzanalyse
die methodische Fremdheit oder analytische Distanz
die Rekonstruktion oder Explikation der Forschungs-Praxis
8. a. die Analyse impliziter oder latenter Bedeutungsgehalte Intentionaler Ausdruckssinn (was jemand beabsichtigt hat)
Objektiver Sinngehalt (Das WAS einer Handlung/eines Textes, der in seiner allgemeinen Bedeutung erfasst wird)
Dokumentsinn (Das WIE einer Handlung, eines Textes, der als Dokument fr einen spezifischen Habitus betrachtet wird)
9. b. die praxeologische Zugangsweise oder pragmatische Brechung Der Dokumentsinn ist da er sich auf das WIE einer Handlung/eines Textes bezieht in die (soziale) Praxis eingelassen.
atheoretisches Wissen (Mannheim)
habituelles Handeln (Bohnsack)
konjunktive Erfahrung vs. kommunikatives Wissen (Mannheim)
10. c. die Prozess- oder Sequenzanalyse Praxis ist nicht von Situation zu Situation verschieden, sondern weist eine Prozessstruktur auf.
Handlungsprozesse lassen sich in Sequenzanalyse nachzeichnen
Komparative Sequenzanalyse
14. d. Methodische Fremdheit oder analytische Distanz Analytische Distanz durch Einstellung auf das WIE
Zwei Wege, das WIE zu rekonstruieren:
Objektive Hermeneutik: Gedankenexperimente der Interpreten zu mglichen Anschlussuerungen
Dokumentarische Methode: Interpretation empirisch gegebener Anschlussuerungen
19. e. die Rekonstruktion oder Explikation der Forschungs-Praxis Rekonstruktion der Forschungsschritte
Keine Methode ist alleine praxisbasiert
In der dokumentarischen Methode basieren vor allem die formulierende und reflektierende Methode auf der Forschungspraxis
20. 2. Teil: Die vier Schritte der dokumentarischen Methode und die Interpretation narrativer Interviews (biographische u. Leitfadeninterviews) Formulierende Interpretation
Reflektierende Interpretation
Sinngenetische Typenbildung
Soziogenetische Typenbildung
21. Formulierende Interpretation
Reflektierende Interpretation
Sinngenetische Typenbildung
Soziogenetische Typenbildung
22. Forschungsbeispiele entnommen aus:
23. a. Formulierende Interpretation Es geht um die Zusammenfassung des thematischen Gehaltes (WAS objektiver Sinn)
Themativer Verlauf und Auswahl zu transkribierender Passagen
Themen der Forschenden
focussierte Themen der Erforschten
mehreren Fllen gemeinsame Themen
(selektive) Transkription
Formulierende Feininterpretation
24. b. Reflektierende Interpretation Wie (in welchem Orientierungsrahmen) wird ein Thema oder eine Problemstellung bearbeitet?
Formale Textanalyse unter Heranziehung von Fritz Schtzes Textsortentrennung
Semantische Textanalyse mittels der komparativen Sequenzanalyse
25. Formale Textanalyse unter Heranziehung von Fritz Schtzes Textsortentrennung Beschreibung:
Beschreibungen zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen immer wieder kehrende Handlungsablufe oder feststehende Sachverhalte (z. B. ein Bild, eine Maschine) dargestellt werden. Typische Hinweise auf solche Beschreibungen sind Worte wie immer oder fters (vgl. Schtze 1987a, S. 146f).
26. Beispiel fr Beschreibung:
das isn Zeltlager da hat- die ham dort halt oben das Zeltlager und unten is dann n festes Gebude //Mmh// wo son grosser Saal is und wo dann auch Veranstaltungen gemacht wird Disco und sowas //Mmh// und unten im Keller gabs ooch (Probe)rume oder b- einen Proberaum. Formale Textanalyse unter Heranziehung von Fritz Schtzes Textsortentrennung
27. Erzhlung:
Erzhlungen zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen der Informant Handlungs- und Geschehensablufe darstellt, die ein Anfang und ein Ende haben. Es geht hier um ein singulres Ereignis..., das durch spezifische Zeit- und Ortsbezge gekennzeichnet ist und das den bergang zwischen zwei Zeitzustnden beinhaltet, welche durch eine Zeitschwelle voneinander getrennt sind und dessen spterer aus dem frheren hervor geht (Schtze 1987a, S. 146f).
28. Beispiel fr Erzhlung:
un dann wurden einfach irgendwelche Leute ausm Zeltlager=gegriffen und die sollten sich jetz da ransetzen. und son Jazzer n Berliner Jazzer der hat dort halt dann die Musikgruppe angefhrt sozusagen (.) und dann hat er hat er mich an den Bass- h an die Gitarre gesetzt. //@(.)@// Einfach so. Und denn hab ich halt da rumgeklimpert
29. Argumentation/Bewertung:
Argumentationen und Bewertungen sind (alltags-) theoretische Zusammenfassungen und Stellungnahmen zu den Motiven, Grnden und Bedingungen fr eigenes oder fremdes Handeln (vgl. ebd., S. 148). Theoretische Reflexionen und evaluative Stellungnahmen haben stets einen starken inhaltlichen Bezug zum Gegenwartsstandpunkt des Erzhlers, denn dem Anspruch nach gelten ja argumentative, abstrakt-beschreibende und bewertende Stze ber die unmittelbaren Situations- und Episodengrenzen der erzhlten Geschichte hinaus (Schtze 1987a, S. 149).
30. Beispiel fr Bewertung:
das muss total zum Totlachen sein
31. Erzhlungen und Beschreibungen sind dicht an der erzhlten Zeit und entsprechen der Ebene der konjunktiven Erfahrung (Mannheim).
Argumentationen verweisen auf die Erzhlzeit/Interaktion mit Interviewer und entsprechen der Ebene des kommunikativen Wissens
32. Komparative Sequenzanalyse (Erzhlte) Praxis ist nicht von Situation zu Situation verschieden, sondern weist eine Prozessstruktur auf.
Handlungsprozesse lassen sich in Sequenzanalyse nachzeichnen
Komparative Sequenzanalyse
38. Der Vergleich beginnt schon in der Interpretation erster verbaler uerungen, deren Orientierungsrahmen nur in Abgrenzung zu anderen Orientierungsrahmen identifiziert werden kann
Ziel ist nicht die genaue Fallrekonstruktion, sondern die Bildung von Typen
41. c. Sinngenetische Typenbildung Ziel:
Rekonstruktion der unterschiedlichen Orientierungsrahmen in ihrer eigenen Sinnhaftigkeit
Abstraktion der Orientierungsrahmen durch Heranziehen weiterer Interviews
44. d. Soziogenetische Typenbildung Ziel:
Rekonstruktion der sozialen Zusammenhnge zwischen unterschiedlichen Orientierungsrahmen
Wechsel des tertium comparationis
(z.B.: nicht nur: welche Phasen im Bildungsverlauf lassen sich identifizieren, sondern auch: welche lebensalterspezifischen Unterschiede finden sich?)
53. 3. Zusammenfassende Thesen zur dokumentarischen Methode Rekonstruktion von Orientierungsrahmen(WIE der Bearbeitung von Themen; implizites, praktisches, atheoretisches Wissen;
Der Vergleich beginnt schon in der Interpretation erster verbaler uerungen, deren Orientierungsrahmen nur in Abgrenzung zu anderen Orientierungsrahmen identifiziert werden kann
54. 3. Zusammenfassende Thesen zur dokumentarischen Methode Rekonstruktion der Zusammenhnge zwischen verschiedenen Orientierungsrahmen
Ziel ist nicht die genaue Fallrekonstruktion, sondern die Bildung von Typen
Theoriegenerierung durch Typenbildung
55.
Typus und Fall sollten nicht deckungsgleich sein, da sich sonst die Reichweite und das Bedingungsgefge eines Typus nicht ermitteln lsst.
Damit Typus und Fall nicht bereinstimmen, sollten in jedem Fall mehrere Typen herausgearbeitet werden
Mglich wird dies durch eine zielgerichtete Variation der zu rekonstruierenden Flle nach dem Prinzip des Kontrasts in der Gemeinsamkeit (Ralf Bohnsack)
56. Das Ineinandersein Verschiedener sowie das Vorhandensein eines einzigen in der Verschiedenheit (Karl Mannheim)
57. Soziogenetische Typenbildung ermglicht Generalisierung und Spezifizierung, indem die Grenzen und Reichweite von Typen identifiziert werden:
58. Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis