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Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/010 Prof. Dr. Ingrid Artus

Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/010 Prof. Dr. Ingrid Artus. 16. Dezember 2009 Arbeit. Kurze Wiederholung.

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Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/010 Prof. Dr. Ingrid Artus

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  1. Vorlesung: Einführung in die Soziologie – WS 2009/010Prof. Dr. Ingrid Artus 16. Dezember 2009 Arbeit

  2. Kurze Wiederholung • Sozialisation (dt. Vergesellschaftung) ist der Prozess, durch den ein Individuum in die Gesellschaft eingegliedert wird, indem es die geltenden sozialen Normen erlernt und in sich aufnimmt. • Sozialisation ist nicht nur ein passiver Prozess der Übernahme von Normen, sondern ein aktiver Aneignungs- und Interpretationsprozess. • Sozialisation ist ein lebenslanger Prozess, der different ist für unterschiedliche Gesellschaften sowie für unterschiedliche soziale Positionen. • In verschiedenen Phasen des Lebenslaufs wechseln die zentralen Sozialisationsinstanzen sowie Inhalte der Sozialisation. • Wichtige theoretische Ansätze zum Thema Sozialisation stammen aus der Psychologie bzw. Psychoanalyse (Sigmund Freud), aus der Entwicklungspsychologie (Jean Piaget) sowie aus der Soziologie (Durkheim, Parsons, G.H. Mead).

  3. Gliederung 1. Philosophie der Arbeit im historischen Wandel 2. Entstehung und Entwicklung von Lohnarbeit • Zur Frühgeschichte von Lohnarbeit • Industrielle Revolutionen • Tertiarisierung • Feminisierung • Strukturelle Massenarbeitslosigkeit • Polarisierung der Erwerbschancen • Zur Prekarisierung von Erwerbsarbeit

  4. 1. Philosophie der Arbeit im historischen Wandel

  5. ARBEIT • Wird häufig (fälschlicherweise) gleichgesetzt mit Erwerbsarbeit (im Gegensatz zu „Freizeit“) • ist ein zentrales Moment der Vergesellschaftung • in materieller Hinsicht • für die soziale Sicherung • für den sozialen Status • zur persönlichen Identitätsbildung und Sinnstiftung => Wir leben in einer „(Erwerbs-)Arbeitsgesellschaft“

  6. Zur Geschichte der Bewertung von Arbeit

  7. Zwei TheoretikerInnen zum Thema Arbeit

  8. Karl Marx: Arbeit als anthropologische Konstante „Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln.“ (Marx 1984, S.57) „Wir unterstellen die Arbeit in einer Form, worin sie dem Menschen ausschließlich angehört. Eine Spinne verrichtet Operationen; die denen des Webers ähneln und eine Biene beschämt durch den Bau ihrer Wachszellen manchen menschlichen Baumeister. Was aber von vornherein den schlechtesten Baumeister vor der besten Biene auszeichnet, ist, dass er die Zelle in seinem Kopf gebaut hat, bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommt ein Resultat heraus, das beim Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbeiters, also schon ideell vorhanden war.“ (ebd., S.193)

  9. Hannah Arendt (1906 – 1975) • 1906 geb. als einzige Tochter einer assimilierten jüdischen Familie • 1925-28 Studium der Philosophie, evangel. Theologie und Griechisch in Marburg, u.a. bei Martin Heidegger; in Freiburg bei Edmund Husserl sowie in Heidelberg bei Karl Jaspers • 1929 Heirat mit Günther Stern (=Günther Anders) • 1930-33 Untergrundtätigkeit f. zionistische Bewegung, Verhaftung, Flucht n. Frankreich • 1940/41 Internierung im südfranz. Lager Gurs, Scheidung, gemeinsame Flucht mit Heinrich Blücher nach Marseille + USA • Ab 1941: Tätigkeit als Journalistin, Lektorin, Universitätsdozentin • 1950 „ Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ • 1958 Vita Activa oder Vom tätigen Leben • 1961 Eichmann in Jerusalem • Ab 1963 Professuren in Chicago und New York • 1975 Tod in New York

  10. Hannah Arendt: Arbeit als menschliche Mühsal „Im Gegensatz zum Herstellen, das zu Ende ist, wenn der Gegenstand die ihm angemessene Gestalt erhalten hat und nun als fertiges Ding der vorhandenen Dingwelt eingefügt werden kann, ist das Arbeiten niemals „fertig“, sondern, dreht sich in unendlicher Wiederholung in dem immer wiederkehrenden Kreise, den der biologische Lebensprozess ihm vorschreibt und dessen „Mühe und Plage“ erst mit dem Tod des jeweiligen Organismus ein Ende findet.“ (Arendt 2002, S.117)

  11. 2. Entstehung und Entwicklung von Lohnarbeit Zur Frühgeschichte von Lohnarbeit Industrielle Revolutionen Tertiarisierung Feminisierung Strukturelle Massenarbeitslosigkeit Polarisierung der Erwerbschancen Zur Prekarisierung von Erwerbsarbeit

  12. Robert Castel: Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit • Geb. 1933 • 60er Jahre: Zusammenarbeit mit P. Bourdieu • Forschungsdirektor an der EHESS • 1995: Les métamorphoses de la question sociale. Une chronique du salariat. Lohnarbeit wandelte sich historisch: „unwürdige Lohnarbeit“ => Lohnarbeit als Vertrag => Lohnarbeit als Status => Massenhafte Wiederkehr der „Verwundbarkeit“

  13. Zur Frühgeschichte der Lohnarbeit

  14. Folgen der Kommodifizierung der Arbeitkraft • Entstehung des „Arbeitsplatzes“ (jenseits des Hauses/der Familie) in Manufakturen und Fabriken • Trennung von Arbeit und Nicht-Arbeit (Freizeit); Ausdifferenzierung der „Arbeit“ als gesellschaftliches Teilsystem • Verstädterung • Neues Zeitregime • Neue Formen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung

  15. Industrielle Revolutionen

  16. Tertiarisierung • Die Theorie der Einteilung der Produktionsstruktur in drei Sektoren stammt von Colin Clark (1940) • Die These von der „Tertiarisierung“ besagt, dass sich der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit sowie der Beschäftigung zunächst vom primären auf den sekundären und schließlich auf den tertiären Sektor verlagert. Agrargesellschaft => Industriegesellschaft => Dienstleistungsgesellschaft

  17. Die Optimisten der Dienstleistungsgesellschaft • Jean Fourastié: „Le Grand Espoir du XXe Siècle“ (1954); verknüpft Sektorentheorie mit Nachfrage- und Produktivitätstheorie; Hoffnung: Ende v. Krisen und Arbeitslosigkeit, hohes Maß an Bedürfnisbefriedigung; gute Arbeitsbedingungen • Daniel Bell: Die postindustrielle Gesellschaft (1973); Wissen als axiales Prinzip; Dominanz hoch qualifizierter Tätigkeiten, Technischer Fortschritt ist lenkbar, gesellschaftliche Entwicklung wird selbst Gegenstand einer „intellektuellen Technologie“

  18. Erwerbstätige nach Wirtschaftssektoren (1950 – 2004)

  19. Feminisierung von Erwerbsarbeit

  20. „Begrenzte Integration“ der Frauen im Bereich der Erwerbsarbeit • Anstieg der Frauenerwerbsquote • Zunahme der Müttererwerbstätigkeit ABER: • Horizontale Segregation des Arbeitmarktes • Vertikale Segregation des Arbeitsmarktes • Hoher Anteil von weiblichen Teilzeitbeschäftigten und prekär Beschäftigten => Massive Einkommensdifferenzen (‚wage gap‘ 22%)

  21. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes Quelle: Hradil 2001, S.189

  22. Risikogruppen am Arbeitsmarkt • Niedrig Qualifizierte • Un-/Angelernte ArbeiterInnen • AusländerInnen • Ostdeutsche (und Norddeutsche) • Gesundheitlich Beeinträchtigte • Ältere ArbeitnehmerInnen (über 55 J.) • Jüngere ArbeitnehmerInnen (unter 25 J.) • Frauen (?)

  23. Aktuelle Arbeitsmarktentwicklung im internationalen Vergleich

  24. Aktuelle Tendenzen • Die Bedeutung von Erwerbsarbeit ist ungebrochen und nimmt eher noch zu. • Verfestigung der strukturellen Massenarbeitslosigkeit • Verlängerung der Arbeitszeit • Erosion des Normalarbeitsverhältnisses • Die aktuelle Entwicklung zeichnet sich durch eine Polarisierung von Erwerbschancen aus: Arbeitskraftunternehmer versus Prekariat (?)

  25. Erosion des Normalarbeitsverhältnisses Definition Normalarbeitsverhältnis: • - Vollzeittätigkeit • - existenzsicherndes Einkommen • - Integration in soziale Sicherungssysteme • - Unbefristetes Beschäftigungsverhältnis • - Identität von Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis • - formalisierte Partizipations- und Schutzrechte am Arbeitsplatz Atypische Beschäftigungsformen sind z.B. • - Befristete Beschäftigung • - Teilzeitarbeit • - Leiharbeit • - Niedriglöhne/„working poor“ • - Neue (abhängige) Selbständige/Ich-AGs • - Illegale Arbeitsformen ACHTUNG: Atypische Beschäftigungsformen sind nicht immer identisch mit prekären Beschäftigungsformen

  26. Höherqualifizierung und Individualisierung: Die These vom „Arbeitskraftunternehmer“ (Voß/Pongratz) • Es entsteht ein „neuer Typus von Arbeitskraft“: Vom Arbeitnehmer zum Arbeitskraftunternehmer • Merkmale: • Selbstkontrolle: Verstärkte selbständige Planung, Steuerung und Überwachung der eigenen Tätigkeit • Selbstökonomisierung: Zunehmende aktive „Produktion“ und „Vermarktung“ der eigenen Fähigkeiten und Leistungen – auf dem Arbeitsmarkt wie innerhalb des Betriebs • Selbstrationalisierung: Wachsende bewusste Durchorganisation von Alltag und Lebensverlauf und Tendenz zur Verbetrieblichung von Lebensführung

  27. Prekarisierung von Erwerbsarbeit • Zunahme von Dienstleistungsarbeit mit traditionell flexiblen Beschäftigungsformen • Feminisierung der Erwerbspersonen • Flexibilisierungsstrategien des Arbeitseinsatzes (z.B. Outsourcing-Konzepte, gezielte Ausweitung von Teilzeitarbeit) • politische Strategien einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes (Abbau von Schutzbestimmungen gegen Befristungen, Leiharbeit; gezielte Förderung geringfügiger Beschäftigung etc. ) • Reduzierung sozialpolitischer Sicherungen („Hartz IV“) • veränderte Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt

  28. Niedriglöhne • Deutschland zeichnete sich ehemals durch einen eher kleinen Niedriglohnsektor und eine geringe Lohnspreizung aus. • Die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen geht in Deutschland seit 1995 deutlich auseinander • Während die Reallöhne seit 1995 stagnierten, wuchsen die Entgelte in der oberen Hälfte der Einkommen leicht an (ca. 4%); das untere Viertel verzeichnete massive Lohneinbußen von ca. 14%. • Der Niedriglohnsektor wuchs von 15% (1995) auf 22,2% (2006) an und liegt damit inzwischen über dem Durchschnitt Großbritanniens bzw. nähert sich den USA (25%).

  29. Das Prekariat • ist jünger als der Durchschnitt • hat häufig Migrationshintergrund • arbeitet überproportional – aber nicht nur im Dienstleistungssektor • hat oft einen qualifizierten Berufsabschluss • ist überproportional weiblich

  30. Zukunft der Arbeitsgesellschaft • Nach R. Castel spaltet sich die Lohnarbeit in drei Zonen: Zone der Integration – der Prekarität – der Entkopplung. Es kommt zu einer „massenhaften Wiederkehr der Verwundbarkeit.“ • Gerade in dem Moment, in dem die Lebenschancen eines immer größeren Teils der Bevölkerung immer enger an die Chancen auf dem Arbeitsmarkt geknüpft sind, steht die Verfügbarkeit adäquater Erwerbsmöglichkeiten zunehmend in Frage.

  31. Literatur zur Vorlesung • Arendt, Hannah (2002): Vita activa oder Vom tätigen Leben, München/Zürich • Allmendinger, Jutta/Eichhorst, Werner/Walwei, Ulrich (Hg.) (2006): IAB Handbuch Arbeitsmarkt. Analysen, Daten, Fakten, Campus: Frankfurt a.M./New York • Böckler Impuls, Ausgaben Nr. 8/2007, Nr. 10/2007, Nr. 13/2007, Nr. 14/2007, Nr. 17/2007 • Bosch, Gerhard/Kalina, Thorsten/Weinkopf, Claudia (2008): Niedriglohnbeschäftigte auf der Verliererseite, in: WSI Mitteilungen 8/2008, S.423-430 • Castel, Robert (2000): Die Metamorphosen der sozialen Frage. Eine Chronik der Lohnarbeit, UVK: Konstanz • Geißler, Rainer (2006): Die Sozialstruktur Deutschlands, 4.Auflage, VS: Wiesbaden • Häußermann, H./Siebel, W. (1995): Dienstleistungsgesellschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp • Keller, B./Seifert, H. (2006): Atypische Beschäftigungsverhältnisse: Flexibilität, soziale Sicherheit und Prekarität • Hradil, Stefan (2001): Soziale Ungleichheit in Deutschland, 8.Auflage, Opladen • Klammer, Ute et al. (2000): WSI Frauen Daten Report, Berlin • Kocka, Jürgen (2001): Thesen zur Geschichte und Zunkunft der Arbeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B21/2001, S.8-13 • Marx, Karl (1984): Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie Bd.1, MEW Bd. 23, Berlin • Müller-Jentsch, W./Stahlmann (1988): Management und Arbeitspolitik im Prozess fortschreitender Industrialisierung, in: OZfS 13, H.2 • Pongratz, H.J./Voß, G. (2003): Arbeitskraftunternehmer. Erwerbsorientierungen in entgrenzten Arbeitsformen, Berlin • Statistisches Bundesamt (Hg.) 2006: Datenreport 2006, Bonn

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