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Crashkurs Versicherungsmathematik versicherungsmathematische Grundlagen und Zusammenhänge. Einführung in die Tarifierung - Mit Beispielen zur Kapitallebens- und Rentenversicherung Gewinnung von Rechnungsgrundlagen – Mit Beispielen zur Berufsunfähigkeitsversicherung
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Crashkurs Versicherungsmathematikversicherungsmathematische Grundlagen und Zusammenhänge • Einführung in die Tarifierung - Mit Beispielen zur Kapitallebens- und Rentenversicherung • Gewinnung von Rechnungsgrundlagen – Mit Beispielen zur Berufsunfähigkeitsversicherung • Überschussbeteiligungen – Mit Rechenbeispielen zu Zinsüberschüssen • Beitragskalkulation der Krankenversicherung – Mit Kalkulationsmodell • Beitragsanpassungen in der Krankenversicherung – Mit Kalkulationsmodell zur Veränderung der Rechnungsgrundlagen • Beitragsentwicklung und Maßnahmen zur Limitierung • Grenzen des Kalkulationsverfahrens der Krankenversicherung Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Mit Beispielen zur Berufsunfähigkeitsversicherung • Grundlagen des Versicherungsrisikos • Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko • Optionen und Garantien • Prämienkalkulation der Berufsunfähigkeitsversicherung • Stornoabschläge und Rückkaufswert Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos • Kollektive • Risikoprüfung • Einflussfaktoren auf das Risiko • Selektion und Antiselektion Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Versicherungsprämien werden grundsätzlich (im Idealfall) nach dem Äquivalenzprinzip – risikogerecht – berechnet. Individuelles Äquivalenzprinzip: Kalkulation bezogen auf das einzelne versicherte Risiko Kollektives Äquivalenzprinzip: Kalkulation auf der Basis von Kollektiven, also Versicherungs- beständen mehr oder weniger gleicher Risiken, die nach dem gleichen Tarif versichert werden Beispiel: die Prämie für einen Krankentagegeldtarif (200 Euro Tagegeld ab der 7. Woche) eines 30-Jährigen männlichen Neuversicherten mit normalem Gesundheitszustand beträgt 50,-- Euro monatlich (kollektiv bestimmte Tarifprämie – kollektive Äquivalenz). Der individuelle Gesundheitszustand (im Antrag angegebene Vorerkrankungen) führt jedoch zu einem individuellen Risikozuschlag in Höhe von 30 % (individuelle Äquivalenz). Ein Gastwirt würde gar nicht versichert (das Kollektiv soll das hohe Risiko von Gastwirten nicht umfassen!). Dagegen werden Bankkaufleute und Architekten trotz nachweislicher Risikounterschiede (z. B. von 25 %) nicht unterschieden: Ein Kollektiv besteht nicht nur aus gleichen, sondern auch aus weniger gleichen (unterschiedlichen) Risiken. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Bedeutung der Kollektive Versicherung benötigt – besonders im Massengeschäft der Personenversicherung – Kollektive, um einen Ausgleich der zufälligen Schäden („individuelle Schadenverteilungen“) „im Kollektiv“ herzustellen. Für „Kollektive“, (= Versicherungsbestände oder „Tarifbestände“) können statistisch durchschnittliche Schäden bzw. erwartete Schäden ermittelt werden, die zur Kalkulation von Tarifprämien dienen.Sind die Kollektive zu klein, so stoßen statistische Methoden an ihre Grenze. Mittelwerte für beobachtete Schäden sind in „Kleinsttarifen“ nicht mehr aussagefähig. Beispiel: Die Erfahrung in einem Reisekrankentarif mit 500.000 Versicherten und 10 Mio. Reisetagen in 2002 hatte 5 Mio. € Schäden, so dass der durchschnittliche Schaden pro Tag und Versicherten bei 0,50 Euro liegt.Dabei hatten 99 % der Versicherten keine Schäden, die meisten übrigen Versicherten (rund 4500) Schäden zwischen 50 und 200 Euro und die 100 teuersten Versicherten zusammen die Hälfte des Gesamtschadens. Ein Angebot für eine Firma mit durchschnittlich 500 Auslandreisen pro Jahr und einem bisherigen Durchschnittsschaden von nur 0,25 Euro pro Tag wird angefragt. Warum kann man hier nicht auf der Basis des Kollektivs nur dieser Firma kalkulieren? Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Prämiendifferenzierung und Kollektive Das Ausmaß der Zusammenfassung von Risiken in Kollektiven hängt stark von praktischen Erwägungen ab. Ausgangspunkt sind die Risikomerkmale, z. B. Geschlecht, Alter, Beruf, Raucherstatus, Wohnort, Staatsangehörigkeit, Gesundheitszustand. Ob diese Risikomerkmale zu einer Differenzierung führen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: • liegt ein beobachtbarer statistisch signifikanter Risikounterschied vor (z. B. Beruf)? • wird die Unterscheidung „politisch“ akzeptiert (Ausländertarife, Frauentarife)? , • ist das Merkmal leicht festzustellen und praktikabel (Raucher, Wohnortänderungen)? • Ist das Merkmal zeitlich stabil oder veränderbar (Beruf, Gesundheitszustand)? • Bleiben die getrennten Kollektive für statistische/kalkulatorische Zwecke groß genug? • Verlangt der Markt (Konkurrenzunternehmen) eine Differenzierung (Wettbewerbsvorteil)? Kollektive dienen nicht dazu, völlig unterschiedliche Risiken durch Einheitsprämien zu subventio- nieren. Eine zu starke Differenzierung scheidet jedoch aus praktischen Gesichtspunkten aus. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Bildung und Erhaltung von Kollektiven Durch Neuzugänge, Kündigungen und andere Abgänge, Tarifwechsel sind Kollektive nicht stabil. Ihre Zusammensetzung kann sich auch durch Berufswechsel, Veränderung des Gesundheitszu- stands und sogar Älterwerden verändern. Da Kollektive aber Basis der Kalkulation sind, ist ihre Bildung und „Aufrechterhaltung“ prinzipiell ein Ziel des Versicherers. Maßnahmen dafür sind: Beim Neuzugang: Risikoprüfung nach Antragsfragen, z. B. auf Beruf, Gesundheitszustand, erwünschte und unerwünschte Risiken u. a. Risikomerkmale. Ziel muss es aber auch sein, durch Werbung überhaupt erst einmal ausreichend große Kollektive zu bilden. In der Bestandsverwaltung: • Vermeidung oder Erschwerung von Kündigungen der Kunden; • Kündigung von schlechten Risiken (nur begrenzt möglich); • Motivation zur Vertragsfortsetzung bei erwünschten Risiken; • Vertragsbeendigung bei Wegfall der Versicherungsfähigkeit; • Prämienerhöhung bei Berufswechsel Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Beispiele und Probleme - Koreanische im Ruhrgebiet lebende Bergleute sollen in einem Kollektiv mit anderen Bergleuten in einem Krankenhaustagegeldtarif versichert werden. Bald stellt sich heraus, dass sie erheblich höhere Schäden haben: weil sie im Krankheitsfall in den Gemeinschaftsunterkünften nicht von der Familie gepflegt werden, findet immer eine Einweisung ins Krankenhaus statt. • In einem (preiswerteren) Krankheitskostentarif für Ärzte sind auch die Ehefrau und Kinder versichert. Gibt der Arzt seinen Beruf auf, wird er in einen teureren Normaltarif umgestellt. Ebenso die Ehefrau bei Ehescheidung und die Kinder bei Volljährigkeit. Was geschieht bei Tod des Arztes oder bei Eintritt in den Ruhestand? Ein Wechsel in den Normaltarif kann im Alter sehr teuer werden. Ggf. können die Personen daher weiter im gleichen Kollektiv bleiben. • Älterwerden oder eine Verschlechterung des Gesundheitszustands sollten nur in Ausnahmefällen (z. B. Reisekrankenversicherung) zum Wegfall der Versicherungsfähigkeit oder zu Prämienerhöhungen (z. B. Umstellung vom Kinder- auf Erwachsenenbeitrag) führen. • Die Nichtmitgabe der Alterungsrückstellung oder die Bindung der Berufsunfähigkeitszusatz-versicherung an die Hauptversicherung wirken stornomindernd und kollektiverhaltend. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Beispiele und Probleme (II) • Durch Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit in der Privaten Krankenversicherung oder durch die Schlussüberschussbeteiligung in der Lebensversicherung werden – gesunde – Versicherte zur Vertragstreue motiviert. • Im Rentenfall und bei Eintritt der Berufsunfähigkeit wird die Krankentagegeldversicherung beendet (bei gesunkenem Einkommen wird sie herabgesetzt). • Ein Berufswechsel in der Berufsunfähigkeitsversicherung und eine zeitweise Nichtausübung des Berufs führt nicht zu einer Beendigung oder Neueinstufung/Prämienerhöhung: der Versicherte bleibt in dem Kollektiv, in dem er ursprünglich versichert wurde. Personen, die eigentlich nach ihren Risikomerkmalen zwischenzeitlich zu einem anderem Kollektiv zu zählen wären, verbleiben – je nach vertraglicher Vereinbarung – in dem Kollektiv, in das sie bei Antragstellung aufgenommen wurden. Anders als in der KFZ-Versicherung wiegen der „soziale Schutzzweck“ neben Praktikabilitätserwägungen oft schwerer als eine nachträglich geänderte „gerechte“ Risikoeinstufung. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Einflussfaktoren auf das Risiko „Objektive Risikofaktoren“ sind vom Verhalten der Person tendenziell unabhängig • Geschlecht • Alter • Beruf/genaue Tätigkeit • Gesundheitszustand/Vorerkrankungen „Subjektive Risikofaktoren“ sind tedenziell vom Verhalten abhängig • persönliche Einstellungen – z. B. zu Krankheit und Berufstätigkeit • „Begehrlichkeit“ • Bestehender Vorversicherungsschutz – z. B. weitere Krankentagegelder • Höhe des Versicherungsschutzes (z. B.auch in Relation zum Einkommen) • „Bonität“ (Stornogefahr und Ausnutzung der Versicherung) Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Beispiele für Einflussfaktoren auf das Risiko • Geschlechts- und Altersabhängigkeit der Sterblichkeit oder der Krankheitskosten • In der Berufsunfähigkeitsversicherung liegen nach Untersuchungen deutliche Unterschiede in den Invalidisierungshäufigkeiten zwischen der selbständigen BU, der Berufsunfähigkeits-zusatzversicherung (BUZ) mit Rentenzahlung und der BUZ nur zur Beitragsbefreiung. Bei Männern z. B. líegen die Werte der selbständigen BU ca. 35 % über der BUZ mit Rente und die der BUZ nur zur Beitragsbefreiung ca. 33 % unter der BUZ mit versicherter BU-Rente. Durch objektive Risikounterschiede ist dies nicht erklärbar. • Die Sterbewahrscheinlichkeit in Todesfalltarifen liegt deutlich über der in Renten-versicherungstarifen beobachteten. • In Rentenversicherungstarifen mit Kapitalwahlrecht zum Rentenbeginn ist die Sterblichkeit der Personen, die die Rente wählen, deutlich reduziert. • Eine Untersuchung nach 3 Berufsgruppen (BG) mit unterschiedlichem Gefährdungsgrad zeigte in der BUZ in BG 2 um 72 %, in BG 3 um 203 % erhöhte Invalidisierungswahr-scheinlichkeiten gegenüber der Berufsgruppe 1. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Beispiele für Einflussfaktoren auf das Risiko Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Beispiele für Einflussfaktoren auf das Risiko (II) • In der Krankenversicherung weisen Versicherte mit höheren versicherten Krankenhaustage-geldern (50 – 100 Euro und mehr) durchschnittlich mehr Krankenhaustage auf, als solche mit niedrigeren Krankenhaustagegeldern – auch wenn man die geschlechts- und altersabhängigen Effekte eliminiert. • Zahntarife werden in der Regel nur zusammen mit einem anderen Tarif angeboten und für Zahnersatz deutlich weniger als 100 % geleistet (z. B. maximal 80 %). mit einem Selbstbehalt versehen. Nach Auswertungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus 2002 reichen 40-jährige Männer in Zahntarifen mit 70% – 80% Erstattung für Zahnersatz durchschnittlich je Jahr Rechnungsbeträge von 257 Euro für Zahnersatz ein, in Tarifen mit nur 50% – 65% Erstattung jedoch nur 170 Euro. • Nach Auswertungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht aus 2002 liegt die jährliche Erstattung in ambulanten Selbstbehalttarifen für 40-jährige Frauen mit durch-schnittlich 171 Euro Selbstbehalt bei 1641 Euro, mit 619 Euro Selbstbehalt bei 934 Euro. Die Erstattungsdifferenz liegt also mit 707 Euro über dem Selbstbehaltunterschied von 448 Euro. Ohne Selbstbehalt beträgt die durchschnittliche Erstattung sogar über 2000 Euro. Nur durch den rechnerischen Abzug des Selbstbehaltes lässt sich dies nicht erklären: die Personen verhalten sich auch anders, ohne dass sie sich objektiv unterscheiden. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Moralische Risiko • Der Begriff moralisches Risiko versucht Sachverhalte zu fassen, wo das Bestehen eines – bestimmten - Versicherungsschutzes überhaupt erst die Inanspruchnahme auslöst – oder in Richtung einer verstärkten zusätzlichen Inanspruchnahme wirkt. Sicher gibt es hier einen Übergang bis hin zu klar betrügerischem Verhalten. Andererseits hat dieser Begriff mit „Moral“ meist wenig zu tun. Auch die vorsätzlich besonders gesunde Lebensweise des rentenver-sicherten Kunden wäre darunter zu fassen. Beispiele: • Angesichts eines versicherten Krankenhaustagegeldes von 100 Euro sieht der Versicherte davon ab, den Arzt wegen der aus seiner Sicht möglichen früheren Entlassung anzusprechen. • Wegen der prozentualen Selbstbeteiligung von 50 % wählt ein Versicherte eine preiswertere Form als den zunächst empfohlenen Zahnersatzes für 15.000 Euro, ein anderer Versicherter wählt den teuren Zahnersatz, weil die Beihilfe die übrigen 50 % erstattet. Gegenmaßnahmen können bereits in der Tarifkonzeption bestehen, z. B. prozentuale Selbstbeteiligungen oder Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit. Besonders bei der Leistungsregulierung wird darauf geachtet, ob eine ungerechtfertigte oder übermäßige Inanspruchnahme vorliegt, und ggf. die Leistung verweigert oder reduziert. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Selektion und Antiselektion - Selektion (positive Risikoauslese) erfolgt zunächst einmal bei der Antragsprüfung durch Underwriter. Die eingehenden Anträge werden daraufhin geprüft, ob sie in den betreffenden Tarifen (Kollektiven) uneinge-schränkt erwünscht sind, abgelehnt werden sollten oder noch mit Änderungen (z. B. geringere Versicherungssumme) bzw. Erschwerungen (wie Risikozuschlä-gen und Leistungsausschlüssen) angenommen werden können. Auch „subjektive“ Risiko-faktoren werden geprüft (z. B. Bonität durch eine entsprechende Anfrage, Abgleich Versiche-rungssumme und Einkommen). • Die Tarife (Bedingungen) selbst können bereits Regelungen zur Aufnahmefähigkeit (nur für Neuzugänge, beispielsweise Höchsteintrittsalter 60) oder zur Versicherungsfähigkeit (z. B. eingeschränkt auf Beihilfeberechtigte) enthalten. • Darüber hinaus beschreiben meist schriftliche „Annahmerichtlinien“ die erwünschten und nicht erwünschten Risiken (z. B.: Polizei, Bundeswehr und BGH außer SEK, Taucher, ..) und den zulässigen Versicherungsschutz (z. B.: Gastronomen nur bis 100 Euro Krankentagegeld und nur zusammen mit einer Krankheitskostenversicherung). Annahmerichtlinien können auch in Programme zum Underwriting am Point of Sale bei der elektronischen Antragsaufnahme integriert sein. • Besonders wichtig ist die medizinische Risikoprüfung nach den angegebenen Vorerkrankungen. • Verbleibende Unklarheiten werden durch Zusatzfragebögen, Arztrückfragen u. ä. geklärt. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Selektion und Antiselektion • Die Wirkung der Risikoprüfung ist begrenzt, da nicht alle Risikofaktoren erkannt werden können und diese sich im Laufe der weiteren Vertragsdauer verändern können: Der zunächst Gesunde wird chronisch krank, das Einkommen des in der Berufsunfähigkeitsversicherung versicherten Arztes vermindert sich und die Einstellung zu seiner beruflichen Tätigkeit wird distanzierter: die Berufsunfähigkeitsrente wird interessant. • Der Versicherer hat bei bestehenden Verträgen nur die vertraglichen Möglichkeiten, auf die Risikofaktoren Einfluss zu nehmen. Beispiel: Verminderung der Krankentagegeldhöhe bei zurückgegangenem Einkommen, Tarifumstellung bei Berufswechsel. • Bei Vertragsbeginn und in den ersten Jahren liegt deshalb das Risiko der Versicherten niedriger als das eines (gleichalten) bereits länger Versicherten. Diesen Effekt nennt man Selektion, die daraus resultierenden Minderschäden Selektionsersparnisse. • Verstärkt wird dies durch sogenannte Selbstselektion. Versicherte wählen bereits bei Antragstellung – ggf. auch bei späteren Tarifwechseln – Tarife, von denen sie annehmen, dass sie dort relativ zur Prämie eine höhere Leistung erhalten. Z. B.: Wer zu hochwertigem teurem Zahnersatz neigt, wählt einen Tarif mit höherer Erstattung für Zahnersatz. Wer nicht ernsthaft mit Berufsunfähigkeit rechnet, wählt die preiswertere BUZ mit reiner Beitragsbefreiung ohne zusätzliche Rente. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Selektion und Antiselektion • Die Selbstselektion kann in der Tarifgestaltung gezielt genutzt werden. Sie kann aber auch tendenziell abgemildert werden – z. B. durch obligatorische Einschlüsse, Angebot nur als Zusatzversicherung ohne selbständige Weiterversicherungsmöglichkeit. • Selbstselektion geht über in Antiselektion (negative Risikoauslese). Antiselektion tritt auf, wenn der Kunde – insbesondere auch der gesunde Kunde - ein Kündigungsrecht hat, der Versicherer aber nicht. Antiselektion resultiert auch, wenn Versicherte Tarife oder Tarifteile aufgeben, aus denen sie wenig Leistungen erwarten oder in Tarife mit für sie besserer Relation zwischen Leistung und Prämie wechseln. Beispiele: - Die Berufsunfähigkeitsversicherung wird aufgegeben oder in eine preiswertere Erwerbsunfähigkeitsversicherung umgestellt, weil wegen der Verweisungsmöglichkeit die Mehrprämie für Berufsunfähigkeit nicht mehr lohnt. • Der Zahntarif wird nach erfolgter vermeintlich abschließender Zahnsanierung aufgegeben. Der gesunde Kunde wechselt in einen Ambulanttarif mit hohem Selbstbehalt. Nach einer Beitragserhöhung wechseln viele Gesunde zu einem Konkurrenzunternehmen, das nur die kranken Wechselwilligen ablehnt. Das Durchschnittsrisiko der verbleibenden Versicherten steigt deshalb weiter. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Selektion und Antiselektion Beispiel: • Stornoquoten in der Krankenversicherung. Wenn 5 % der Versicherten in einem Jahr kündigen, die durchschnittlich im nächsten Jahr pro Kopf nur die Hälfte der Schäden aller Versicherten hätten, steigen die Durchschnittsschäden der übrigen Versicherten auf (100% - 5 % * 50 %) / (100 % - 5 %) = (97,5/95) = 102,6 %. Die zusätzliche Schadenstei-gerung durch diese Antiselektion beträgt dann 2,6 %. • In der BU-Versicherung rechnet die Deutsche Aktuarvereinigung mit Stornoquoten von über 7 bis knapp 4 Prozent jährlich in den ersten 10 Jahren für Verträge mit 30 Jahren Laufzeit. Das bedeutet, dass nach 10 Jahren nur noch ca. die Hälfte der Versicherten vorhanden ist. Entsprechend groß ist der Effekt der Antiselektion, wenn man davon ausgeht, dass die Stornierer relativ gesund waren. • Die nachfolgende Grafik zeigt beispielhaft, wie mit fortschreitender Vertragsdauer Selektions- in Antiselektionseffekte übergehen. Dabei ist die Bezugsbasis (100% = 1,0) jeweils der mittlere Bestandskunde, dessen Risiko ebenfalls bereits altersab-hängig von Selektions- und Antiselektionseffekten beeinflusst ist. Die reine Alters-abhängigkeit der Schäden wurde eliminiert: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Grundlagen des Versicherungsrisikos Maßnahmen zur Milderung der Antiselektion • Verzicht auf Auszahlung eines Rückkaufswertes (Krankenversicherung, aber auch in de BU-Versicherung). Reduzierung des Rückkaufswertes um Stornoabschläge, um das Mehrrisiko der verbleibenden Versicherten auszugleichen. Ein Rückkaufswert (Stichwort Mitgabe der Alterungsrückstellung) würde das Storno und die Antiselektionseffekte verstärken. • Anreiz auch für gesunde Versicherte zur Vertragsfortführung: In der PKV zahlt der vertrags-treue Kunde einen geringeren Beitrag, der sein Eintrittsalter berücksichtigt. Beim Wechsel zu einem anderen Versicherer wird er zum aktuellen Neuzugangsbeitrag eingestuft. Dadurch wird auch Gesunden der Wechsel erschwert. In der Lebensversicherung zahlt sich der Verbleib für den Gesunden durch die höheren Überschüsse (Schlussüberschüsse) bei Ablauf aus, dazu wirken auch Stornoabzüge beim Rückkaufswert stornomindernd. • Ausschluss der separaten Kündigungsmöglichkeit für Zusatzversicherungen (z. B. BUZ). • Abschluss von unselbständigen Zusatzversicherungen: wer die BUZ – oder den Zahntarif – aufrechterhalten will, muss auch die Hauptversicherung beibehalten. • In der Rentenversicherung sollte eher der Kranke im Bestand gehalten werden. Bei laufenden Renten gibt es im Allgemeinen keinen Rückkaufswert (warum?). Die Kapitalabfindung kann nur mit einer bestimmten Fristzum Rentenbeginn verlangt werden. Garantieleistungen (z. B. 10 Jahre Mindestrentenzahldauer auch bei frühzeitigem Tod) verringern die Motivation, wegen schlechtem Gesundheitszustand die Rentenversicherung zu beenden. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko • Beobachtungs- und Erwartungswerte • Vorsichtsprinzip und Sicherheit • Trend, Schadensteigerung und Projektionszeitraum • Eintrittswahrscheinlichkeiten • Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Beobachtungs- und Erwartungswerte • Der Erwartungswert für die durchschnittliche Augenzahl beim Würfeln mit einem (idealen) Würfel ist 3,5. Beim realen Würfeln wird diese durchschnittliche Augenzahl – selbst bei vielen Würfen – höchstens einmal zufällig erreicht. Welche Augenzahl tatsächlich „realisiert“ wird, ist zufällig: wenn die mittlere Augenzahl nach 10 Würfen 3,2 ist, dann war der Erwartungswert dennoch 3,5. • Im Allgemeinen ist der Erwartungswert für Versicherungsschäden unbekannt. Bestenfalls hat man in der Vergangenheit Versicherungsschäden beobachtet und statistisch erfasst. Ist das Kollektiv groß genug, dann sollten die mittleren Schäden (z. B. pro Versicherter) in jedem Jahr in der Nähe des Erwartungswertes (des betreffenden Jahres) gelegen haben. In einem Jahr können sie aber darunter, in einem anderen darüber liegen. • Aufgabe des Statistikers ist, aus Beobachtungswerten und weiteren Informationen mit statistisch-mathematischen Verfahren zunächst einmal Erwartungswerte zu schätzen, d. h. den wahrscheinlichsten Erwartungswert und die Bandbreite, in der der Erwartungswert mit der größten Wahrscheinlichkeit liegt. • Hat man keine weiteren Informationen, so ist nach statistischen Grundsätzen der beste Schätzwert für den Erwartungswert (des Beobachtungsjahres) einfach der Mittelwert der Beobachtungswerte. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Beobachtungs- und Erwartungswerte • Die statistischen Methoden helfen, zu beurteilen, wieweit man den Beobachtungswerten bzw. den Mittelwerten trauen darf. Dazu hat sich sogar eine eigene Theorie entwickelt, die Credibilitäts-Theorie. Je kleiner Versicherungsbestände sind, je seltener Schäden auftreten und je stärker die einzelnen Schäden in ihrer Höhe schwanken, desto mehr streuen die Beobachtungswerte (Mittelwerte). • Beispiel: Ein Krankenhaustagegeldtarif mit 100 Versicherten hat in einem Jahr pro Kopf 2 Krankenhaustage, im nächsten 6 Tage, im dritten 3 Tage. Ein Krankenhaustagegeldtarif mit 2000 Versicherten hat gleichzeitig 4, dann 3,5 und im dritten Jahr 4,5 Tage. Wie schätzen Sie den Erwartungswert der beiden Tarife – prospektiv für die Zukunft - ein, wenn Sie davon ausgehen, dass die Erwartungswerte („durchschnittliche Krankenhaustage) keinen zeitlichen Trend aufweisen? • Jetzt liegen nach genauerer Prüfung folgende Informationen vor: im Dritten Jahr hatten alleine drei inzwischen verstorbene Versicherte jeweils 300 Krankenhaustage, so das sich der letzte Beobachtungswert bei ihrer Eliminierung auf 4,05 vermindern würde. • Eine weitere Untersuchung in anderen Tarifen zeigt, dass im Durchschnitt jedes Jahr mit einem solchen Fall gerechnet werden muss und dass in den ersten beiden Jahren kein entsprechend langer Krankenhausfall auftrat. Wie schätzen Sie nun den Erwartungswert (für die Zukunft) ein? Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Beispiel: Schwankung der Beobachtungswerte nach Bestandsgröße Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Beobachtungs- und Erwartungswerte • Zur Ermittlung der „Erwartungswerte“ aus den Beobachtungswerten kommen z. B. statistische Ausgleichsverfahren zum Einsatz: - Mittelwertbildung über mehrere Jahre - Mittelwertbildung über Zusammenfassung von Beständen - Abgleich mit benachbarten Tarifen, Stütztarifen, benachbarten Altersgruppen oder unterschiedlichen Selbstbehalten, Plausibiltätsüberlegungen und Elimination unrealistischer Werte, Abgleich mit Branchenerfahrungen und Tafeln der BaFin • Beispiel: In einem Tarif haben die ca. 50 männlichen Jugendlichen deutliche Schwankungen im Schadenverlauf, der Mittelwert liegt ca. 100 % über dem der Kinder. Ein vergleichbarer eigener Tarif zeigt, das dort die ca. 2000 männlichen Jugendlichen ca. 15 % niedrigere Schäden als die Kinder haben. Branchenerfahrungen zeigen, dass in etwa ähnlichen Tarifen männlichen Jugendlichen zwischen 5 % und 25 % unter den Kindern liegen. „Vorsichtshalber“ werden die männlichen Jugendlichen genauso hoch wie die Kinder angesetzt. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Beobachtungs- und Erwartungswerte Beispiel: Beobachtete und ausgeglichene Invalidisierungswahrscheinlichkeiten Männer Berufsunfähigkeitsversicherung (ohne Sicherheiten) Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Vorsichtsprinzip und Sicherheit • Das versicherungsmathematische Vorsichtsprinzip (Imparitätsprinzip) bezieht sich auf die Festlegung der rechnungsmäßigen Ansätze - nicht nur für Schäden, sondern auch für Sterbe-tafeln, Storno, Eintrittswahrscheinlichkeiten, Kosten u. a.. Die rechnungsmäßigen Ansätze werden nicht genau auf den geschätzten Erwartungswert festgelegt, denn es wäre dann gleich wahrschein-lich, dass dieser Wert durch die tatsächlichen Realisierungen überschritten wie unterschritten wird. Die rechnungsmäßigen Ansätze werden so festgelegt, dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit ausreichend bemessen sind. • Vorsicht – ähnlich dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip, bezieht sich zunächst auf die Schät-zung des Erwartungswerts: ist man nicht sicher, welcher Erwartungswert richtig ist, so wählt man eher den vorsichtigeren – das heißt den zu einer höheren Prämie führenden. • Sicherheiten, die darüber hinaus eingerechnet werden, beziehen sich nicht auf Schätzfehler der Erwartungswerte, sondern auf die durch die Größe des Bestandes in der Realität festzustellenden Schwankungen der tatsächlichen Beobachtungswerte, die um den Erwartungswert streuen. Durch Sicherheiten soll vermeiden werden, dass in konkreten Beständen in einem Jahr ein Verlust ein-tritt, weil z. B. der tatsächliche Schaden durch Zufall deutlich vom Erwartungswert abweicht. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Vorsichtsprinzip und Sicherheit • Sicherheiten werden auch für das Änderungsrisiko benötigt. Im Gegensatz zur statistischen Schwankung, die aus Zufall resultiert, hängt das Änderungsrisiko mit einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse zusammen. Z. B.: Zunahme der Berufsunfähigkeitsfälle infolge Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. • Die Festlegung der Sicherheiten sollte ebenfalls nach mathematisch-statistischen Grundsät-zen, erfolgen, wobei ein Sicherheitsniveau zu definieren ist. Z. B. kann verlangt werden, dass die tatsächlichen Werte nur einmal in 20 oder 100 Jahren über den rechnungsmäßig festgelegten lie-gen. So z. B. bei der Herleitung von Sterbetafeln. • In der Praxis gehen Schätzung der Erwartungswerte, Vorsicht und Sicherheiten oft ohne Unter-scheidung ineinander über: es wird – mit guter Erfahrung - pauschal und ohne exaktere mathema-tisch-statistische Begründung verfahren. • Beispiel: In einem KHT-Tarif wurden in den letzten Jahren 2,5 – 2,7 – 2,2 – 2,3 und zuletzt 2,6 Kranken-haustage pro Kopf pro Jahr beobachtet, also durchschnittlich 2,46 Tage. Vorsichtshalber wird der niedrigste Beobachtungswert (2,2) ignoriert: der Mittelwert der übrigen Werte beträgt 2,53, dieser Wert wird sicherheitshalber auf 2,55 aufgerundet und so rechnungsmäßig angesetzt.Zusätzliche Sicherheiten für das Änderungsrisiko entfallen wegen der Möglichkeit zur Beitragsanpassung. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Trend, Schadensteigerung und Projektionszeitraum • Besonders Schäden in Kostentarife – aber auch Sterbetafeln – weisen einen Trend auf – durch Kostensteigerungen (Schadensteigerungen) oder – sowohl für Sterbetafeln wie für Schäden - durch medizinischen Fortschritt. Inwieweit diese Trends bei der Festlegung von rechnungs-mäßigen Kalkulationsansätzen zu berücksichtigen sind, hängt vom Einzelfall, der Tarifart und der Kalkulationsmethode ab. Auch Trends werden vorsichtig (eher zu hoch) angesetzt. • Ein Trend zu steigender Lebenserwartung muss z. B. in der Kapitallebens- oder Todesfall-versicherung nicht berücksichtigt werden, da er eher zu einer weiteren Erhöhung der Sicher-heiten in den dort verwendeten Sterbetafeln führt. • In Tarifen der privaten Rentenversicherung, die keine Beitragsanpassungsmöglichkeit vorsehen, werden Generationensterbetafeln verwendet, d. h. die Sterblichkeit eines heute 30-Jährigen im Alter 80 wird so festgelegt, wie sie gemäß heutigem Trend (der vorsichtshalber noch etwas erhöht wird) in 50 Jahren voraussichtlich durch weitere Verlängerung der Lebenserwartung ausfällt. • In Tarifen mit Beitragsanpassungsmöglichkeit – wie der privaten Krankenversicherung – muss grundsätzlich nur bis zum Projektionszeitraum weitergerechnet werden, also in der Regel dem Jahr nach dem Beitragsanpassungstermin. Denn anschließend kann ja der weitere Trend bei einer erneuten Beitragsanpassung berücksichtigt werden. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Trend, Schadensteigerung und Projektionszeitraum • Beispiel: Schadensteigerung im ambulanten Krankheitskostentarif (Beispiel oben) Beobachtete Schadenhöhe: 1. Jahr: 1110 2. Jahr: 1183 3. Jahr: 1250 Mittelwert: 1181 Schadensteigerung Jahr 2 zu 1: 6,6 % Jahr 3 zu 2: 5,7 % Die Beitragsanpassung erfolgt im 4. Jahr zum Anfang des 5. Jahres. Trotz der (sich möglicher-weise abzeichnenden) zurückgehende Schadensteigerungsraten wird (zur Vorsicht und Sicherheit) mit einer jährlichen Schadensteigerung von 6 % gerechnet. Ausgehend vom Mittelwert (der dem 2. Jahr zuzurechnen ist) wird bis Jahr 5 mit jeweils 6 % weitergerechnet: Neuer rechnungsmäßiger Schaden: 1181 * 1,06 * 1,06 * 1,06 = 1407. Alternativ: Die Schadensteigerungsraten zeigen einen fallenden Trend, der auch durch Branchenerfahrungen bestätigt wird. Zur Vorsicht wird jedoch davon ausgegangen, dass sich dieser Trend nur abgeschwächt bis zum 4. Jahr fortsetzt und deshalb 5 % Schadensteigerung angesetzt. Für das darauffolgende Jahr wird aus Vorsichtsgründen keine weitere Abnahme des Schadentrends unterstellt. Der (zuverlässig erscheinende) Wert des dritten Jahres wird deshalb mit 1,05 * 1,05 * 1250 = 1378 auf das 5. Jahr weitergerechnet. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Eintrittswahrscheinlichkeiten • Wo man von festen im Versicherungsfall zu zahlenden Summen – einmalig oder als Renten auszuzahlenden) ausgeht, kann mit Eintrittswahrscheinlichkeiten gerechnet werden. Das ist die Wahrscheinlichkeit (z. B. in Promille) , mit der ein Versicherter in einem Jahr aus einem bestimmten Kollektiv ausscheidet, und zwar aus einer vorgegebenen Ursache. • Beispiele: - Sterbewahrscheinlichkeit - Stornowahrscheinlichkeit - Invalidisierungswahrscheinlichkeit für Aktive in der Berufsunfähigkeitsversicherung - Reaktivierungswahrscheinlichkeit für Berufsunfähige - Pflegefalleintrittswahrscheinlichkeit in der Pflegeversicherung - Wiederverheiratungswahrscheinlichkeit in der Witwenrentenversicherung • Beispiel: Im Alter 40 werden von 1000 Männern 3,2306 berufsunfähig (Invalidisierungswahrscheinlichkeit). Im Bestand sind von von 1000 Männern derzeit 9,5 berufsunfähig (Invalidenstände). Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Eintrittswahrscheinlichkeiten • Beispiel: Eintrittswahrscheinlichkeiten (Ausscheide- bzw. „Übergangswahrscheinlichkeiten“) in der Berufsunfähigkeitsversicherung Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: • Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung geben die am realistischsten eintretenden Werte wieder. • Rechungsgrundlagen 1. Ordnung enthalten zusätzlich Sicherheiten - für unbekannte Schätzfehler der Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung, die z. B. aus der Ungenauigkeit der Beobachtungswerte und Unsicherheiten bei der daraus erfolgten Ermittlung der Rechnungsgrundlagen 2. Ordnung stammen - für statistische Schwankungen – Abweichungen der tatsächlich eintretenden Werte vom Mittelwert in einzelnen Jahren – durch Zufall bzw. einzelne Ereignisse (z. B. Grippe- epidemie oder zufällige Häufung von Berufsunfähigkeitsfällen im eigenen Bestand). - um mögliche unvorhersehbare Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse abzufangen – z. B. Verlängerung der BU-Fälle durch Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage (arbeitsmarktbedingt zurückgehende Rückkehrmöglichkeit in berufliche Tätigkeit) • Prämien (d. h. „garantierte“ Tarifprämien) werden mit den Rechnungsgrundlagen 1. Ordnung gerechnet. Die derzeit vorliegenden Sicherheiten (Differenz zwischen 1. und 2. Ordnung) ergeben voraussichtliche Überschüsse, die an die Versicherten weitergegeben werden können – z. B. auch als Beitragsvorwegabzug. Tarifprämie (sogenannte Bruttoprämie) abzüglich Beitragsvorweg-abzug wird z. B. in der BU-Versicherung auch als „Nettoprämie“ bezeichnet. Diese nicht garantierten Nachlässe betragen durchaus bis zu 30 % und mehr. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Vom beobachteten zum kalkulierten Risiko Rechnungsgrundlagen 1. und 2. Ordnung – Beispiel Berufsunfähigkeit: Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Optionen und Garantien Optionen • Optionen geben dem Versicherungsnehmer das Recht, bestimmte Vertragsänderungen, den Abschluss bestimmter neuer Verträge oder auch nur die Fortführung oder Beendigung des bisherigen Vertrags zu verlangen, ohne dass der Versicherer diese verweigern kann. • Beispiele: - Recht auf Höherversicherung in der Berufsunfähigkeitsversicherung - Kapitalwahlrecht in der Rentenversicherung - Recht auf Rückkauf der Lebensversicherung zum Rückkaufswert - Anwartschaftsversicherung in der PKV: Aufnahme ohne erneute Risikoprüfung - Tarifwechselrecht in der PKV - Nachversicherungsrecht für Ehegatten oder Kinder • Optionen sind für den Kunden wertvoll, kosten aber den Versicherer Geld. Gelegentlich werden für Optionen zusätzliche Prämien verlangt – z. B. in der Anwartschaftsversicherung ab 5 % des Beitrags des Zieltarifs. Sonst müssen Optionen in den normalen Rechnungsgrundlagen berücksichtigt sein und erhöhen dann die Normalprämien (z. B. infolge Antiselektion). Die teilweise mangelnde Berücksichtigung von Optionen wird in letzter Zeit stark kritisiert. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Optionen und Garantien Garantien • Garantien geben dem Versicherungsnehmer das Recht, den Vertrag zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen, auch wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Sie sind in der Wirkung durchaus den Optionen ähnlich, z. B. über die Wirkung der Antiselektion. • Beispiele: - Garantiezins bzw. garantierte Versicherungssumme, sogar für Höherversicherungen - garantierte lebenslange Renten in vereinbarter Höhe - Beitragsgarantie: Ausschluss von Beitragserhöhungen - beitragsfreier Einschluss einer Risikoverschlechterung (keine Beitragserhöhung in der PKV nur wegen Verschlechterung des individuellen Gesundheitszustands) • Garantien hängen sehr stark mit dem eigentlichen Zweck der Versicherung zusammen, nämlich der Übernahme von Risiken gegen feste Prämie. In der PKV sind sie weniger stark ausgeprägt: bei Beitragsanpassungen kann sogar der Rechnungszins vermindert werden. Garantien werden durch entsprechend hohe Sicherheiten in den Rechnungsgrundlagen abgesichert, doch können auch diese sich als unzureichend erweisen (Lebenserwartung, Kapitalverzinsung, BU-Fälle). Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Prämienkalkulation der Berufsunfähigkeitsversicherung Kalkulationsansatz in der Berufsunfähigkeitsversicherung: Eintrittswahrscheinlichkeiten (Ausscheide- bzw. „Übergangswahrscheinlichkeiten“) in der Berufsunfähigkeitsversicherung (ähnlich: Erwerbsunfähigkeit, Pflegerenten) Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Kalkulation der Berufsunfähigkeit Ausgangspunkt sind die Eintrittswahrscheinlichkeiten • Ein soeben invalide gewordener x-Jähriger scheidet aus dem Kollektiv der Invaliden mit der Invaliden-Sterbewahrscheinlichkeit und der Reaktivierungswahrscheinlichkeit aus. Dies ergibt die Ausscheideordnung der Invaliden, mit der der Barwert der Berufsunfähigkeitsrente (bis zum vereinbarten Endalter der Rentenzahlung) eines neuen Invalidenfalls eines x-Jährigen bestimmt wird. Wie der Barwert einer Rente aus der Ausscheideordnung berechnet wird, wissen wir bereits. • Die Ausscheideordnung der Aktiven bestimmt sich aus der Sterbetafel der Aktiven und den Invalidisierungswahrscheinlichkeiten (Invalide zahlen keinen Beitrag). Damit können die (für die Beitragsberechnung benötigten) Rentenbarwerte (Beitragsbarwerte) axder Aktiven bestimmt werden (kennen wir auch schon). • Jetzt benötigt man noch den „Durchschnittsschaden“ eines x-Jährigen: das ist einfach die Invalidisierungswahrscheinlichkeit des x-Jährigen multipliziert mit dem im BU-Fall für den x-Jährigen zu stellenden Barwert seiner BU-Rente (den wir zwei Schritte weiter oben schon berechnet haben). Dies ergibt die Leistungsbarwerte Ax • Damit ergeben sich für jedes Eintrittsalter die Prämien Px = Ax / ax Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Kalkulation der Berufsunfähigkeit Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
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Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Kalkulation der Berufsunfähigkeit Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Kalkulation der Berufsunfähigkeit Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Kalkulation der Berufsunfähigkeit Was bedeutet dies für die Deckungsrückstellungen? • Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit wird sofort der Barwert der nach den Rechnungsgrundlagen erwarteten Berufsunfähigkeitsrente als Deckungsrückstellung (bzw. Leistungsrückstellung) gestellt. Da die Dauer der versicherten Berufsunfähigkeit bei Älteren wegen des Endalters zurückgeht, nehmen diese Barwerte für höhere Invalidisierungsalter sogar wieder ab (Beispiel: Alter 35 ca. 12fache, Alter 60 ca. 4fache Jahresrente bei Endalter 65. • Die sogenannten Anwartschafts-Deckungsrückstellungen für Aktive sind demgegenüber viel geringer, nur bis ca. 15 % bis 30 % der versicherten Jahresrente und nehmen bei Ältern wieder ab – sie können sogar negativ werden. • Das Invalidisierungsrisiko nimmt zwar mit dem Alter zu, aber die Dauer der gezahlten Invalidenrente nimmt ab. Dadurch steigt der durchschnittliche Schaden in Höhe des Invalidisierungsrisikos multipliziert mit dem Barwert der Invalidenrente mit dem Alter nicht stark an und sinkt sogar wieder. • Dies hat Bedeutung für die Bemessung der Überschussbeteiligung – unterschiedlich für Aktive und Invalide - und der Rückkaufswerte bei Kündigung. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de
Crashkurs VersicherungsmathematikGewinnung von Rechnungsgrundlagen – Stornoabschläge und Rückkaufswert Können Deckungsrückstellungen bei Kündigung ausgezahlt werden? • Grundsätzlich kalkulieren Versicherungen mit Kollektiven, daher ist auch die Deckungsrück-stellung – nicht nur die Alterungsrückstellung – kollektiv. Durch Kündigung entsteht die Gefahr der Antiselektion (Entmischung), d. h. gute Risiken kündigen – schlechte bleiben im Bestand. Wieweit eine Deckungsrückstellung bei Kündigung (aus versicherungsmathematischer Sicht) ausgezahlt werden kann, hängt davon ab, ob die verbleibenden Deckungsrückstellungen für die nicht Kündigenden weiter ausreichen. • Beispiele: • In der Rentenversicherung würde eine Rückkaufsmöglichkeit in der Rentenphase dazu führen, dass Rentner bei gesundheitlicher Verschlechterung den Rückkaufswert statt der weiter laufenden Rente bevorzugen würden. Die Lebenserwartung der übrigen verlängert sich dann im Durch-schnitt und die kalkulatorischen Deckungsrückstellungen reichen nicht mehr aus. • In der Kapitallebensversicherung kündigen eher Gesunde, weil für Personen mit hohem Sterb-lichkeitsrisiko die Todesfalleistung interessant ist. Um dies auszugleichen, werden versicherungs--mathematische Stornoabschläge vom Deckungskapital kalkuliert, die den Rückkaufswert etwas vermindern. Damit wird der entgangene Risikogewinn aus Kündigung Gesunder kompensiert. • In der Berufsunfähigkeitsversicherung sind die Antiselektionseffekte relativ zum geringen Deckungskapital der Aktiven so hoch, dass ein Stornoabschlag in Höhe der Deckungsrückstellung gerechtfertigt ist. Es wird also häufig kein Rückkaufswert ausgezahlt. Peter Schramm, Aktuar DAV www.pkv-gutachter.de