1 / 50

Ernst Peter Fischer

Ernst Peter Fischer. Umwertung und Unbildung Naturwissenschaft und Bildung im letzten Jahrhundert Kulturzentrum Kapfenberg, im Sommer 2004. Ernst Peter Fischer. Umwertung und Unbildung Naturwissenschaft und Bildung im letzten Jahrhundert. Ernst Peter Fischer.

gitel
Télécharger la présentation

Ernst Peter Fischer

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Ernst Peter Fischer Umwertung und Unbildung Naturwissenschaft und Bildung im letzten Jahrhundert Kulturzentrum Kapfenberg, im Sommer 2004

  2. Ernst Peter Fischer Umwertungund Unbildung Naturwissenschaft und Bildung im letzten Jahrhundert

  3. Ernst Peter Fischer Umwertung und Unbildung Naturwissenschaft und Bildung im letzten Jahrhundert

  4. Bildung, gebildet Die Definition der Gebildeten: Die Teilhabe am Kulturganzen und der Versuch des Menschen zu einer Selbstgestaltung von innen heraus, der im Medium von Sprache und Geschichte unternommen wird. Bildung ist die Form, die Kultur in einem Individuum annimmt.

  5. Bildung, alltäglich Konversationslexikon 1903: „Gebildet ist, wer nicht mit der Hand arbeitet, sich richtig anzuziehen und zu benehmen weiß, und bei allen Dingen, von denen in Gesellschaft die Rede ist, mitreden kann.“ Vorschlag 2003: Bildung als Selbstzweck, der Menschen jenseits ihrer Berufe miteinander verbindet und ihnen die Fähigkeit zum Dialog verleiht.

  6. Wissenschaft im Dialog • Ernst Peter Fischer • „Die andere Bildung“ • Was man von den Naturwissenschaften wissen sollte. • Wie viel und welche Naturwissenschaft braucht der gebildete Mensch?

  7. Wieviel Wissenschaft braucht der gebildete Mensch? Ein gebildeter Mensch braucht soviel Wissenschaft, daß er in der Lage ist, sich an der Diskussion ihrer Inhalte zu beteiligen und das Gespräch darüber zu genießen, um dabei zum einen zu verstehen, daß Wissenschaft in ihm steckt und zu ihm gehört, und um dabei die Anteilnahme (Dialogbereitschaft) zu entwickeln, die nötig ist, damit alle zusammen die Verantwortung übernehmen können, die Wissenschaft heute benötigt.

  8. Bildung konkret John R. Searle, 1997 „Für einen gebildeten Menschen unserer Zeit ist es unabdingbar, daß er über zwei Theorien unterrichtet ist: dieAtomtheorie der Materie und die Evolutionstheorie der Biologie.“

  9. Die verlorene Unschuld • Im 20. Jahrhundert hat die Wissenschaft ihre Unschuld verloren. • Chemiewaffen durch Fritz Haber – „Im Frieden der Menschheit, im Kriege dem Vaterland“ • Atomwaffen, Umweltzerstörung (DDT), Klone, Patente auf Leben, …

  10. Die erste Umwertung • Die verlorene Grundüberzeugung: Wissenschaftlicher Fortschritt ist nicht mehr auch zugleich humaner Fortschritt. • Die erste Entfernung von den Menschen • Für das 20. Jahrhundert hatte Friedrich Nietzsche eine „Umwertung aller Werte“ angekündigt.

  11. Die äußere Umwertung • Anfang Januar 1900 schrieb die “Frankfurter Zeitung“: • „Die Erkenntnis hat eine Stufe erreicht und die Nutzbarmachung der Natur ist zu einem Grade gediehen, wie nie zuvor. Wir haben bedeutungsvolle Schritte getan dem Ziel der Menschheit entgegen. Dieses Ziel heißt: Beherrschung der Natur und Herstellung des Reiches der Gerechtigkeit. Der Erfolg der Vergangenheit bürgt für den Erfolg der Zukunft.“

  12. Die zweite Umwertung • Werte für die Wissenschaft: Objektivität und Universalität der Gesetze, Eindeutigkeit und Beweisbarkeit der physikalischen Aussagen • Nützlichkeit (für alle Menschen) und Autonomie (für einzelne Staaten) • Völlig selbstverständlich ging man zudem von der Annahme aus, daß die Natur keine Sprünge machte und eine Theorie der realen Welt mit Größen zu operieren hatte, die in der Wirklichkeit ihre präzise Entsprechung hatten und messbar waren (Längen, Gewichte).

  13. Die innere Umwertung • Eine Besonderheit der wissenschaftlichen Entwicklung nach 1900: Im Bereich der exakten Forschung wurde entdeckt, daß es Fragen gibt, die ohne eindeutige Antwort bleiben. Weder die Natur des Lichts noch der Ort eines Elektrons lassen sich als einfache Tatbestände ermitteln, was zum Beispiel konkret heißt, daß sich nicht sagen läßt, wo die Elektronen in einem chemischen Molekül sitzen und zu welchem Atom sie zu rechnen sind. Ihre Position muß offen gelassen werden.

  14. Die Vorsilbe des Jahrhunderts • Unstetigkeit und Unbestimmtheit • Unsicherheit und Unvorhersagbarheit • Unentscheidbarkeit und Unvollständigkeit • Unmenschlichkeit und Unwirklichkeit • Unbeantwortbarkeit und Untrennbarkeit

  15. Unstetigkeit • Unstetigkeit in der Physik Quantum der Wirkung Wechselwirkung von Licht und Materie • Unstetigkeit in der Biologie Mutationen der Lebensformen Wechselwirkung von Licht und Leben

  16. Unbestimmtheit • Unbestimmtheit (Unschärfe) wird mit Hilfe von Ungleichungen formuliert. • Der Unschärfe (uncertainty) entspricht philosophisch das Prinzip der Komplementarität, das auf die Unvermeidlichkeit von Widersprüchen hinweist, aber nur, weil es eine Untrennbarkeit von Beobachter und Beobachtetem gibt, dessen als Subjekt bestimmt, was zuvor unbestimmt war.

  17. Die Lektion der Atome • Werner Heisenberg, „Zur Geschichte der physikalischen Naturerklärung“ • Auf der einen Seite ist die neue Physik ein Wunder: „Wer nicht selbst ein wenig von der Bedeutung dieses Wunders [einer Erklärung der Natur] verspürt hat, kann nie hoffen, etwas vom Geist der modernen Naturwissenschaft zu verstehen.“

  18. Die zweite Entfernung vom Menschen Auf der anderen Seite ein Verzicht: „Fast jeder Fortschritt der Naturwissenschaften ist mit einem Verzicht erkauft worden.“ „Der Fortschritt der Naturwissenschaft wurde erkauft durch den Verzicht darauf, die Phänomene in der Natur unserem Denken durch Naturwissenschaft unmittelbar lebendig zu machen.“

  19. Aus Heisenbergs „Geschichte der physikalischen Naturerklärung“ • „Dieser Verzicht auf Lebendigkeit und Unmittelbarkeit, der die Voraussetzung war für die Fortschritte der Naturwissenschaften seit Newton, bildet auch den eigentlichen Grund für den erbitterten Kampf, den Goethe gegen die physikalische Optik Newtons in seiner Farbenlehre geführt hat.“

  20. Unheimliche Wissenschaft Jacques Barzun (1961): „Man kann sagen, daß die westliche Gesellschaft gegenwärtig die Wissenschaft beherbergt wie einen fremden Gott. Unser Leben wird von seinen Werken verändert, aber die Bevölkerung des Westens ist von einem Verständnis dieser seltsamen Macht wohl ebensoweit entfernt, wie ein Bauer in einem abgelegenen mittelalterlichen Dorf es von einem Verständnis der Theologie des Thomas von Aquin gewesen ist.“

  21. Das Problem der Bildung Jacques Barzun (1961): „Und was schlimmer ist: Die Lücke ist heute sichtlich größer, als sie vor hundert Jahren war.“ „Die Schwierigkeit besteht darin, daß die Wissenschaft - selbst für die Wissenschaftler - aufgehört hat, eine prinzipielle Einheit und ein Gegenstand der Kontemplation zu sein.“

  22. Welche Naturwissenschaft braucht der gebildete Mensch? • Wissenschaft als Kunst denken Johann Wolfgang von Goethe „Wenn wir von ihr eine Art von Ganzheit erwarten, müssen wir die Wissenschaft notwendig als Kunst denken.“ • Wissenschaft als Fenster zeigenRainer Maria Rilke „Fenster sein, nicht Spiegel“

  23. Aufgabe: „Wissenschaftsgestaltung“ „Abschreiben auf höherer Ebene“ (Thomas Mann) Wissenschaftliche Erkenntnisse so darzustellen, daß ihr Zusammenhang (Kontext) mit dem Lebensganzen erkennbar und der humane Bezug ersichtlich wird, an dem Menschen vor allem interessiert sind.

  24. Die Hilflosigkeit der Vermittler Karl Schwedhelm 1964 „Für uns, die wir nicht Naturwissenschaftler sind, werden die Veränderungen der klassischen Physik weitgehend undurchschaubar bleiben. Der Künstler ist von diesem esoterischen Bereich nebelhaft schwieriger Funktionen und Differentialgleichungen genauso wie wir anderen ausgeschlossen.“ Dietrich Schwanitz 1999: „Alles ist irgendwie relativ.“

  25. Der poetische Einstein „Früher hat man geglaubt, wenn alle Dinge aus der Welt verschwinden, so bleiben noch Raum und Zeit übrig; nach der Relativitätstheorie verschwinden aber Zeit und Raum mit den Dingen.“

  26. Einsteins und unser Fenster Es ging Einstein nicht um die Mathematik, sondern um den Kosmos. Seine Formel war sein Fenster zur Welt (in Form den mathematischen Symbolen); wir können dasselbe sehen wie Einstein, wenn wir ein anderes Fenster finden (mit anderen Symbolen). Dieses Fenster kann die Kunst liefern.

  27. Einstein & Picasso Verbinden von Raum und Zeit, verwandeln von Zeit in Raum „Alles ist Geometrie“

  28. Die Ungegenständlichkeit der Atome

  29. Das Verschwinden des Gegenstandes aus der Kunst bei Wassily Kandinsky

  30. Piet Mondrians Bäume

  31. Die Atome und die Kunst Niels Bohr (um 1950): Die Atomphysik (Quantenmechanik) liefert ein Beispiel dafür, daß man einen Sachverhalt klar verstanden haben kann und doch weiß, daß sich nur in Bildern und Gleichnissen darüber reden läßt. Physik verstehen im Modell der Kunst

  32. Physik treiben im Modell der Kunst • Werner Heisenberg: „Die Bahn des Elektrons entsteht erst dadurch, daß wir sie beobachten.“ • Die Romantiker verstehen die Natur „im Modell der Kunst“. Die Natur ist nicht mehr nur „Mutter Natur“ (natura naturans), sondern „etwas, dem ich meinen Willen aufzwinge, eine Sache, der ich Form gebe“ (Isaiah Berlin)

  33. Der bildende Wissenschaftler • Eine romantische Wissenschaft: • Ein Wissenschaftler entwirft die Natur, die er selbst ist. Er ist natura naturata (geschaffene Natur)und natura naturas (schaffende Natur)in einem, ganz so, wie es die Denker der Romantik vorhergesehen haben.

  34. Wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen? • Werner Heisenberg: • „Worüber man nicht reden kann, darüber muß man sich verständigen, darüber muß man einen Dialog führen, und es ist die Aufgabe des Wissenschaftlers, damit zu beginnen, um den Weg zu der Welt zu bereiten, die zu finden er in der Lage und die zu kennen sein Privileg ist“.

  35. Wertfreie Wissenschaft • Wertfreie Wissenschaft ist ein Kind des Rationalismus und seiner Aufklärung. • Wissenschaft braucht sich nicht darum zu kümmern, ob ihre Gegenstände bzw. die Ergebnisse ihrer Untersuchung Segen oder Unheil in sich tragen. Forschen operiert allein nach wissenschaftsimmanenten Rationalitätskriterien.

  36. Wertvolle Wissenschaft • Eine Wissenschaft mit ästhetischen Komponenten, die für Menschen erlebbar (d.h. wahrnehmbar) wird und auf diese Weise ebenso zur condition humaine gehört wie Kunst und Schrift.

  37. Raymond Chandler („Great Thought“) „Es gibt zwei Arten von Wahrheit: Die Wahrheit, die den Weg weist, und die Wahrheit, die das Herz wärmt. Die erste Wahrheit ist die Wissenschaft, und die zweite ist die Kunst. Keine ist unabhängig von der anderen oder wichtiger als die andere. Ohne Kunst wäre die Wissenschaft so nutzlos wie eine feine Pinzette in der Hand eines Klempners. Ohne Wissenschaft wäre die Kunst ein wüstes Durcheinander aus Folklore und emotionaler Scharlatanerie (emotional quackery).“

  38. Der Weg zur Wissenschaft „Die Wahrheit der Kunst verhindert, daß die Wissenschaft unmenschlichwird, und die Wahrheit der Wissenschaft verhindert, daß die Kunst sich lächerlich macht“. („ohnmenschlich“)

  39. Die Kopernikanische Konsequenz Den „Sonnenuntergang“ erlebt der Poet; die „Erdrotation“ erklärt der Physiker

  40. Max Frisch „Homo faber“ (1957) „Ich bin Techniker und gewohnt, die Dinge zu sehen, wie sie sind. Ich sehe den Mond über der Wüste von Tamaulipas - klarer als je, mag sein, aber eine errechenbare Masse, die um unseren Planeten kreist, eine Sache der Gravitation, interessant, aber wieso ein Erlebnis?“

  41. Die Idee der Komplementarität • Zu jeder Beschreibung der Natur (bzw. des Wirklichen), gibt es eine andere (komplementäre) Beschreibung, die der ersten zwar widerspricht, die aber gleichberechtigt mit ihr ist; komplementäre Beschreibungen sind richtig, ohne wahr zu sein. • Welle - Teilchen • Mutter Natur – Rohstofflieferant • „Goethe“ – „Newton“ • Quantum – Feld

  42. Die Idee der Komplementarität • Es gibt Dinge, über die man sich einigen kann und Dinge, die einem etwas bedeuten. • Es gibt Fragen, die Informationen beantworten, und Fragen, die etwas anderes brauchen.

  43. Die doppelte Bildung Der gebildete Mensch will mitreden und mitmachen, weil er weiß, daß „Bildung“ sowohl das Gestalten (Bilden) als auch das Gestaltete (Gebildete) meint und damit den offenen und kreativen Prozeß anspricht, der für die Wissenschaft „als etwas noch nicht Gefundenes und nie ganz Aufzufindendes“ charakteristisch ist (Wilhelm v. Humboldt).

  44. Bildung als Dialogfähigkeit „Einstein trifft Picasso und geht mit ihm ins Kino“

  45. „Hoffmanns Nacht und Newtons Licht“ • Peter von Matt, Öffentliche Verehrung für Luftgeister (2003) • Die phantastische E.T.A. Hoffmanns Helden sind Kinder des Gegenlichts, der schwarzen „Sonne der Nacht“ (Novalis). Seine Geschichten setzen Newton voraus, der die Welt als geschlossenes Ganzes ohne Schwelle zu einem Geisterreich zeigt. Hoffmann und andere Autoren antworten auf diesen Totalitätsanspruch.

  46. Nicolaus Copernikus1473-1543 Die Kopernikanischen Wenden & die Kopernikanische Konsequenz 1. Die Sonne ruht, und die Erde dreht sich um sie. 2.Die Sterne stehen, und die Erde dreht sich um sich selbst.

  47. Ludwig Wittgenstein Tractatus logico-philosophicus, 1921 1 „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“ 7 „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.“

  48. Die Varianten der Quanten 1 Die Welt ist alles, was der Fall ist, und auch alles, was der Fall sein könnte. (Anton Zeilinger, „Einsteins Schleier“) 7 Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man nicht schweigen, davon kann man erzählen.

  49. Das Angebot der Physik • Werner Heisenberg: • „Es wäre eine ungeheuer interessante, aber auch sehr schwere Aufgabe, [im Anschluß an die Entwicklungen der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik] noch einmal das Kantsche Grundproblem der Erkenntnistheorie aufzurollen, sozusagen von vorne anzufangen und noch einmal die Scheidung zu versuchen, wieviel unserer Erkenntnis aus der Erfahrung stammt und wieviel aus dem Denkvermögen.“

  50. „Erkenntnistheoretische Probleme in der modernen Physik“ • „Es liegt daher sehr nahe zu glauben, daß [die Kantschen a priori Begriffe] letzten Endes gar nicht der reinen Vernunft entstammen, sondern eben der alltäglichen Erfahrung. Die Natur-wissenschaften glauben also, daß der Teil unseres Denkens, der von Kant ´reine Vernunft´ genannt wird, doch geformt ist durch die täglichen Er-fahrungen, daß also die Schlüsse, die a priori und synthetisch scheinen, in Wirklichkeit Schlüsse a posteriori waren.“

More Related