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Hirnnerven-Läsionen N. I, N. II. Karl Zeiler, Christoph Baumgartner Univ.-Klinik für Neurologie Wien. N. olfactorius Anatomische Grundlagen. Rezeptoren (Riechepithel) : liegen in der Riechschleimhaut in der oberen Muschel der Nasenhöhle
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Hirnnerven-Läsionen N. I, N. II Karl Zeiler, Christoph Baumgartner Univ.-Klinik für Neurologie Wien
N. olfactorius Anatomische Grundlagen Rezeptoren (Riechepithel): liegen in der Riechschleimhaut in der oberen Muschel der Nasenhöhle Peripherer N. olfactorius: Fasern ziehen als Fila olfactoria durch die Lamina cribrosa zum Bulbus olfactorius an der frontalen Basis (1. Neuron) Weitervermittlung der Informationen: über den Tractus olfactorius zur temporobasal gelegenen primären olfaktorischen Rinde beider Seiten Weitere Verbindungen: zum Hypothalamus und zum Thalamus; über die Corpora amygdaloidea Einbindung des limbischen Systems
N. olfactorius Klinische Prüfung ► Prüfung: mit aromatischen Geruchsstoffen (z.B. Rosenöl, Pinienöl, Lavendel, Pfefferminz, Zimt, Vanille, Kaffee, Tabak) ► getrennte Prüfung rechts und links (ein Nasenloch verschließen) ► ggf. Alternativvorschläge unterbreiten ► Trigeminus-Reizstoffe (z.B. Ammoniak, Salmiak): Irritation der Rezeptoren des N. V in der Nasenschleimhaut; werden als scharf bzw. unangenehm empfunden und auch bei erlosche- nem Geruchsempfinden wahrgenommen (Anwendung bei Vd. a. psychogene Störung bzw. Simulation) ► Cave: die Intensität des Geruchs mancher Teststoffe läßt mit der Zeit stark nach !
Läsionen des N. olfactorius Klinische Symptomatik Hyposmie: herabgesetztes Geruchsempfinden Anosmie: erloschenes Geruchsempfinden ► geht stets mit einer ausgeprägten Geschmacksstörung einher ► eine einseitige Anosmie wird vom Patienten selbst oft nicht bemerkt ► anatomische Varianten berücksichtigen (z.B. Septumdeviation !) Parosmie: verändertes Geruchsempfinden (Verkennung von Gerüchen) Kakosmie: übelriechende Geruchsempfindung, obwohl kein entspre- chendes oder überhaupt kein Substrat vorliegt ► mögliche Ursache: Läsionen im Bereich des Corpus amygdaloi- deum oder des Uncus hippocampi im mediobasalen Tempo- rallappen (sensorische Auren; „Uncinatus-Krisen“) ► auch im Rahmen von Psychosen
Läsionen des N. olfactorius Ursachen ► Schädelhirntraumen: z.B. frontobasale Fraktur mit Abriß der Fila olfactoria; Kontusion des Bulbus olfactorius durch Sturz auf den Hinterkopf (Contre coup-Mechanismus) ► frontobasal gelegene Tumoren: z.B. Meningeom der Olfaktorius- Rinne oder des Tuberculum sellae; Kraniopharyngeome; Hypo- physen-Adenome ► basale Meningeosis ► toxische Läsionen (Tetrazykline, Ampicillin, Streptomycin, Etham- butol, Methotrexat, Vincristin, Carbamazepin, Phenytoin, Allo- purinol, Azathioprin, Baclofen, D-Penicillamin, L-Dopa, Lithium, Thiamazol, Opiate) ► Zigarettenkonsum ► Diabetes mellitus, M. Parkinson ► außerhalb der Gehirnschädels: Entzündungen und Tumoren im Bereich des Nasen-Rachenraumes
Läsionen des N. olfactorius Diagnostik ► CCT inkl. Knochenfenster-Darstellung ► MRT ► Isotopen-Cisternographie: bei Vd. a. Rhinoliquorrhoe ► ev. Lumbalpunktion, Liquordiagnostik: bei Vd. a. Meningeosis ► ev. Knochenszintigraphie ► HNO-ärztliche Begutachtung ► CT / MRT des Gesichtsschädels bzw. der NNH
N. opticus / Sehbahn Anatomische Grundlagen Vermittlung der Informationen: Retina → N. opticus → Chiasma opticum → Tractus opticus → primäre Sehzentren Chiasma opticum: Kreuzung der Fasern von den nasalen Retinahälften Tractus opticus: Aufzweigung der Fasern ► zum Corpus geniculatum laterale (Umschaltung) → Sehstrahlung (Radiatio optica) → primärer visueller Kortex (Area striata Area 17, okzipital) ► zur Area praetectalis (Pupillomotorik) ► zu den Colliculi superiores (Informationen für die Steuerung der reflektorischen Blickmotorik durch Sakkaden) Primärer visueller Kortex: liegt am Okzipitalpol und an der medialen Fläche des Okzipitallappens; die unteren Gesichtsfeldhälften sind oberhalb, die oberen Gesichtsfeldhälften unterhalb der Fissura calcarina repräsentiert
N. opticus / Sehbahn Klinische Prüfung Augenhintergrund (Ophthalmoskop): ► bei Vd. a. erhöhten intrakraniellen Druck (Cave: Mydriatikum möglichst vermeiden !) ► vor jeder Lumbalpunktion ► bei Vd. a. Papillitis, Retrobulbär-Neuritis ► bei Vd. a. N. opticus-Atrophie Visus: grob orientierende Prüfung, RA und LA getrennt Gesichtsfelder (Konfrontations-, Fingerperimetrie): ► Prüfung für beide Augen gemeinsam sowie für RA und LA getrennt ► Cave: auf Quadranten-Ausfälle achten ! ► bei mangelnder Kooperation: rasche Handbewegung gegen das Auge des Patienten von temporal (Abwehrreaktion ?)
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Klinische Symptomatik (1) Amaurose ► einseitige Erblindung durch komplette Unterbrechung der Faser- systeme des N. II vor dem Chiasma opticum ► Beleuchten des amaurotischen Auges führt weder homolateral noch kontralateral zu einer Lichtreaktion („amaurotische Pupillenstarre“) ► bei Tageslicht besteht Isokorie (konsensuelle Reaktion intakt) ► durch Abdecken des gesunden Auges wird am amaurotischen Auge eine Mydriasis ausgelöst ► Beleuchten des gesunden Auges führt beidseits zu einer Lichtreaktion ► Konvergenzreaktion intakt
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Klinische Symptomatik (2) Heteronyme bitemporale Hemianopsie (Quadrantenanopsie) ► Läsion aller im Chiasma kreuzenden Fasern (von den nasalen Retinahälften kommend): heteronyme bitemporale Hemianopsie ► Läsion der im Chiasma oben liegenden kreuzenden Fasern: Quadrantenanopsie, die beiden unteren temporalen Quadranten betreffend ► Läsion der im Chiasma unten liegenden kreuzenden Fasern: Quadrantenanopsie, die beiden oberen temporalen Quadranten betreffend
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Klinische Symptomatik (3) Heteronyme binasale Hemianopsie (Quadrantenanopsie) ► Läsion aller im Chiasma nicht kreuzenden Fasern (von den temporalen Retinahälften kommend): heteronyme binasale Hemianopsie
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Klinische Symptomatik (4) Homonyme Hemianopsie (Quadrantenanopsie) ► Läsion der Fasern von der homolateralen temporalen und der kontralateralen nasalen Retinahälfte: homonyme Hemianopsie ► Läsion der im Tractus opticus, in der Sehstrahlung oder im primären visuellen Kortex oben liegenden Fasern: homonyme untere Quadrantenanopsie ► Läsion der im Tractus opticus, in der Sehstrahlung oder im primären visuellen Kortex unten liegenden Fasern: homonyme obere Quadrantenanopsie ► Läsionen im Bereich des primären visuellen Kortex: zentrales Sehen fakultativ mitbetroffen ► Cave: homonyme Hemianopsien werden nicht von allen Betroffenen selbst wahrgenommen !
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Klinische Symptomatik (5) Kortikale Bildheit ► ausgedehnte Läsionen im Bereich des primären visuellen Kortex beider Okzipitallappen: beidseitige Erblindung ► Cave: die direkte und indirekte Lichtreaktion der Pupillen bleibt intakt ! Skotome ► umschriebene Gesichtsfelddefekte, die von einem intakten Gesichtsfeld umgeben sind
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Stauungspapille(n) (1) Ursachen ► intrakranielle Tumoren ► intrakranielle Hämatome (epidural, subdural, intrazerebral) ► raumfordernde ischämische Infarkte ► Sinus-, Hirnvenen-Thrombosen ► Verschluß-Hydrozephalus ► benigne intrakranielle Hypertension („Pseudotumor cerebri“) ► Meningoenzephalitiden ► Subarachnoidealblutungen ► raumfordernde Prozesse im Bereich der Orbita
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Stauungspapille(n) (2) Ophthalmoskopischer Befund ► Papille unscharf begrenzt, ev. vergrößert, prominent (Angabe der Prominenz in Dioptrien), hyperämisch ► im Bereich der Papille bzw. deren Umgebung: ev. streifige retinale Blutungen Klinisches Bild ► Visus oft über lange Zeit unbeeinträchtigt ► ev. intermittierende Obnubilationen (Nebelsehen) ► ev. allmählich progrediente Visusverminderung ► ev. amblyope Attacken ► ev. permanente Erblindung (sehr selten)
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Papillitis (1) Ursachen ► im Rahmen einer Multiplen Sklerose ► im Zusammenhang mit anderen entzündlichen Prozessen ► idiopathisch Ophthalmoskopischer Befund ► ähnlich jenem bei einer Stauungspapille
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Papillitis (2) Klinisches Bild ► innerhalb kurzer Zeit (wenige Tage) beträchtliche Visusverschlech- terung (Schleiersehen, Verschwommensehen) mit Skotomen (zentrale, parazentrale, sektorenförmige periphere Skotome) ► ev. vorher oder gleichzeitig Schmerzen im Augenbereich („Organ- gefühl“) ► meistens innerhalb von Wochen weitgehende oder völlige Remis- sion ► ev. zeitlich versetzt oder gleichzeitig beidseitige Manifestation
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Retrobulbärneuritis (1) Ursachen ► im Rahmen einer Multiplen Sklerose (ev. initiale Manifestation: mehr als die Hälfte aller Patienten mit einer Retrobulbärneuritis ent- wickelt im weiteren Verlauf eine Multiple Sklerose) ► im Zusammenhang mit anderen entzündlichen Prozessen ► idiopathisch Ophthalmoskopischer Befund ► Akutstadium: unauffälliger Befund („der Patient sieht nichts, der Arzt sieht auch nichts“) ► Defektheilung: Abblassung des temporalen Anteils der Papille (nach einigen Wochen zu erkennen) ► bei schwerwiegendem Verlauf resultiert eine N. opticus-Atrophie
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Retrobulbärneuritis (2) Klinisches Bild ► innerhalb von Stunden oder Tagen Visusverminderung, die vor allem die Sehschärfe betrifft (Schleiersehen, Verschwommen- sehen, Störung des Farbensehens, Zentralskotom) ► ev. „Organgefühl“, den Bulbus betreffend ► meistens weitgehende oder völlige Remission innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten ► ev. zeitlich versetzt oder gleichzeitig beidseitige Manifestation Therapie ► Kortikoide
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn N. opticus-Atrophie Ursachen ► Erkrankungen der Retina ► Traumen ► Tumoren ► Strahlentherapie ► vaskuläre Erkrankungen (Embolien, Ischämie) ► Aneurysmen der A. carotis interna ► Entzündungen (Retrobulbärneuritis, Orbitaphlegmone, Lues, Arachnitiden) ► Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, Vit. B12-Mangel) ► Hyperthyreose ► Intoxikationen (Methanol, Tabak und Alkohol, Arsen, Blei, Thallium) ► Medikamente (Disulfiram, D-Penicillamin, Ergotamin, Ethambutol, INH, Vincristin) ► hereditäre degenerative Erkrankungen des Nervensystems
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Amaurosis fugax Definition ► passagere einseitige Visusverminderung bzw. Erblindung Ursachen ► meistens: arterielle Durchblutungsstörung im Versorgungsbereich der A. ophthalmica bzw. der A. centralis retinae auf ischämi- scher Basis (kardiogene oder arterio-arterielle Embolie) ► Arteriitis temporalis ► Stauungspapille(n) ► Zentralvenen-Thrombose ► Ablatio retinae
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Chiasma-Läsionen Ursachen zentraler Chiasma-Läsionen durch Druck von oben ► Tumoren (Kraniopharyngeome, Meningeome) ► Aneurysmen Ursachen zentraler Chiasma-Läsionen durch Druck von unten ► Hypophysen-Tumoren Ursachen lateraler Chiasma-Läsionen ► Tumoren, die das Chiasma umwachsen (Kraniopharyngeome) ► bilaterale Aneurysmen der A. carotides internae ► basale Arachnitiden
Läsionen des N. opticus / der Sehbahn Tractus opticus, primärer visueller Kortex Ursachen einseitiger Läsionen ► zerebrale Durchblutungsstörungen auf ischämischer Basis ► intrazerebrale Hämatome ► Tumoren Ursache beidseitiger Läsionen ► meistens: akute ischämisch bedingte Durchblutungsstörung im vertebrobasilären Stromgebiet (das zentrale Sehen kann erhalten bleiben: röhrenförmiges Gesichtsfeld)
Einseitige Visusminderung Diagnostik ► Ophthalmologische Begutachtung ► VEP ► MRT / CT der Region vom Chiasma opticum bis zum Bulbus ► ev. Orbita-Echographie ► ev. MRT des Gehirns ► ev. Lumbalpunktion, Liquordiagnostik ► Amaurosis fugax: Duplexsonographie der kraniozervikalen Arterien ► Amaurosis fugax: EKG, TEE