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Die Finanzierung des Insolvenzverfahrens aus Sicht des Insolvenzverwalters

DR. PÖHLMANN · DR. OPPERMANN. Die Finanzierung des Insolvenzverfahrens aus Sicht des Insolvenzverwalters . Vortrag Arbeitskreis Sanierung, Reorganisation und Insolvenz innerhalb der Juristischen Gesellschaft Mittelfranken zu Nürnberg e. V. am Dienstag, den 20.09.2011, 18:00 Uhr Referent:

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Die Finanzierung des Insolvenzverfahrens aus Sicht des Insolvenzverwalters

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Presentation Transcript


  1. DR. PÖHLMANN · DR. OPPERMANN Die Finanzierung des Insolvenzverfahrens aus Sicht des Insolvenzverwalters Vortrag Arbeitskreis Sanierung, Reorganisation und Insolvenz innerhalb der Juristischen Gesellschaft Mittelfranken zu Nürnberg e. V. am Dienstag, den 20.09.2011, 18:00 Uhr Referent: Dr. Stefan Oppermann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht Kanzlei Dr. Pöhlmann - Dr. Oppermann, Insolvenzverwalter, Nürnberg-München

  2. I. Ausgangslage • Kassenbestand zwischen 0 und 500,00 € • Kontoguthaben 0 • Kontokorrentlinien ausgeschöpft oder gekündigt • Lieferanten verweigern Lieferung von benötigtem Material gegen Rechnung und verlangen Vorkasse • (Sonderfall: Verlangen zunächst Bezahlung alter bestehender • Rechnungen) • Energielieferant droht mit Stromabschaltung und verlangt Kaution zur Aufrechterhaltung der Weiterbelieferung • Kunden wollen Liefersicherheit, drohen mit Kündigung • Arbeitnehmer drängen auf Lohnzahlung

  3. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 1. Vorfinanzierung von Insolvenzgeld • 2. Massekostenzuschuss • 3. Massekostenkredit oder Betriebsmittelkredit im Antragsverfahren oder im eröffneten Verfahren • 4. Lieferantenkredite • 5. Prozesskostenhilfe und Prozessfinanzierung

  4. III. Indirekte Finanzierungsinstrumente 1. Kreditierende Abwicklungsvereinbarung 2. Verwertungsvereinbarung mit Absonderungsgläubigern 3. Sonstiges

  5. II. Direkte Finanzierungsinstrumente § 183 Abs. I SGB III: Arbeitnehmer haben bei Eintritt eines Insolvenzereig-nisses Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld für die vorausgehenden 3 Monate des Arbeitsverhältnisses. IV kann das zukünftig zu zahlende Insolvenzgeld vorfinanzieren (für Banken ist diese Art der Kreditvergabe mittlerweile ein routinemäßiges Geschäft), zumal eine außerordentlich werthaltige Sicherheit besteht, nämlich die Insolvenzgeldansprüche der Arbeitnehmer, die verpfändet oder abgetreten werden. 1. Vorfinanzierung von Insolvenzgeld Achtung: bei Schuldnerantrag Gefahr der rechtsmissbräuchlichen Antrags- rücknahme!

  6. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 1. Vorfinanzierung von Insolvenzgeld Danach bedarf die Abtretung oder Verpfändung der Insolvenzgeldansprüche der Arbeitnehmer zur Besicherung eines Kredites der Zustimmung der zuständigen Agentur für Arbeit, und diese Zustimmung ist gem. § 188 Abs. IV S. 2 SBG III an eine positive Prognoseentscheidung der Agentur für Arbeit über den erheblichen Erhalt von Arbeitsplätzen geknüpft. Dieses macht der vorl. IV regelmäßig glaubhaft. Hier ist in den letzten Jahren eine zunehmend restriktive Haltung vieler Arbeitsagenturen zu beobachten. Wenn die Prognose in den ersten Tagen noch nicht seriös glaubhaft gemacht werden kann, genehmigen viele Agenturen aber zumindest die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld für die Zeiträume, für die die Lohnzahlung bei Insolvenzantrag bereits rückständig ist.

  7. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 2. Massekostenzuschuss Auch als Mischform vorkommend, z.B. ohne Besicherung gewährter Massekredite mit hohem Ausfallrisiko bei absehbarer Gefahr der Anzeige der Masseunzulänglichkeit Massekostenzuschüsse werden nur in Ausnahmefällen gewährt. Bei von vornherein fehlender Anfangsliquidität zur Abdeckung auch nur eines Teiles der diagnostizierten Verfahrenskosten können einzelne Gläubiger dennoch ein überragendes Interesse an einem geordneten Insolvenzverfahren haben und deshalb z.B. die prognostizierten Verfahrenskosten vorab zur Verfügung stellen, um zu einer Verfahrenseröffnung zu gelangen.

  8. Beispiel: Werthaltiges Immobilienvermögen, welches im Falle der Zwangsversteigerung nur mit erheblichen Abschlägen veräußert werden kann, oder obstruktiver Schuldner, daher Notwendigkeit der Einsetzung eines IV, der die freihändige Verwertung des Vermögens und Abstimmung mit absonderungsberechtigten Gläubigern vornimmt, um Wertezerschlagung zu verhindern, dies bei nur geringen Massebeiträgen, die zur Verfahrenskostenabdeckung alleine nicht ausreichen bei ansonsten aufwendigen Verfahren.

  9. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit 3.1 Kreditgeber IV identifiziert zunächst den- oder diejenigen Gläubiger, die gesteigertes Interesse an der Finanzierung des Insolvenzverfahrens haben können. In Betracht kommen: • Lieferanten • Absonderungsgläubiger • Bisherige Kreditgeber (insbesondere Banken) • Gesellschafter oder sonstige Verfahrensbeteiligte • Investoren bzw. potentielle Unternehmenserwerber • Kunden

  10. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.2 Voraussetzungen Massekredit erhält auch für die Zeit nach Insolvenzeröffnung die Rechtsqualität einer Masseverbind-lichkeit, § 55 II InsO • Unterscheidung im Antragsverfahren: starker vorl. Insolvenzverwalter schwacher vorl. Insolvenzverwalter Ohne besondere Vorsichtsmaßnah-men hat Massekredit nach Insol-venzeröffnung Rechtsqualität einer Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO

  11. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.2 Voraussetzungen Vorl. IV wird für bestimmte, definierte Aufgabe die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übertragen Achtung: Bei zu allgemein gefasster Befugnis kann dies zur vollständigen Qualifizierung des vorl. IV zum „starken“ IV führen. Besonders definierte Aufgabe kann auch die Aufnahme eines Massekredites sein, BGH NJW 2002, 3326 Deshalb: „halbstarker“ oder „partiell starker“ Insolvenzverwalter

  12. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung a) Besicherung durch Schuldner: Erfolgt mit Zustimmung des vorl. IV oder durch starken vorl. IV oder halbstarken vorl. IV; im letzteren Fall sollte die Befugnis zur Gewährung von Sicherheiten im Beschluss nach § 21, 22 InsO in Einzelermächtigung aufgenommen werden. • Problem: „Konzerninsolvenzverwalter“, Druck der Banken, Sicherheiten von Konzerntöchtern für Massekredite anderer Konzernunternehmen zu gewähren, hier besonderes Problem der Anfechtbarkeit.

  13. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung Exkurs: Problem der Anfechtbarkeit der Sicherheitengestellung, Besicherung von Massekrediten im Insolvenzeröffnungsverfahren als umgekehrte Schnittstelle zwischen Anfechtungs- und Kreditsicherungsrecht (siehe hierzu weiterführend Schönfelder, WM 2007, 1489 ff.). Hier gelten allgemeine Regeln. Bei Gläubigerbenachteiligung § 129 ff. anwendbar, insbesondere bei gestellten Sicherheiten auch für bestehende Altkredite oder bei Mithaftung mehrerer insolventer Konzerntöchter auch für Massekredite der Schwesterunternehmen. Ansonsten wohl Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO.

  14. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung • b) Besicherung durch Dritte: • Bürgschaften und Garantien kommen in Betracht von • Gesellschafter/n der Schuldnerin (insbesondere bei geplantem Insolvenzplanverfahren) • Investoren • Wichtige Kunden, für die Schuldnerin strategischer Lieferant ist • Absicherung über staatliche Förderprogramme (LFA, KFW, Bürgschaften des Landes)

  15. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung • c) Haftung des Insolvenzverwalters Der vorl. IV haftet über § 21 Abs. II Nr. 1 InsO für die Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten nach § 60 InsO oder gar wegen Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten nach § 61 InsO persönlich auf Schadensersatz, daher sorgfältige Planung und gut begründeter Kreditantrag erforderlich, aus dem hervorgeht, aus welchen Mitteln der Massekredit bei normalem Verlauf des (vorläufigen) Insolvenzverfahrens zurückgezahlt werden soll. Kommt es dann zur Masseunzulänglichkeit, kann sich der IV ggf. über § 61 S. 2 InsO exkulpieren (vgl. hierzu BGH ZinsO 2005, 205 ff).

  16. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung Übernahme einer persönlichen Garantie oder Bürgschaft des vorl. Insolvenzverwalters ist abzulehnen, da Treuhänderstellung bzgl. fremden Vermögens. IV darf keine Eigeninteressen haben, da er ansonsten in seiner Entscheidung nicht mehr frei ist und Verwertungshandlungen unter Haftungsvermeidungsaspekten vornehmen würde. Außerdem sind bereits von allgemeiner Rechtsordnung, aber auch nach Berufsgrundsätzen des VID und Grundsätzen ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung Eigengeschäfte des IV mit der Insolvenzmasse unzulässig. Außerdem stehen § 450 Abs. II BGB und § 181 BGB entsprechenden rechtsgeschäftlichen Bürgschaften entgegen. Exkurs: Keine wissentliche Pflichtverletzung des IV, wenn er einen von ihm aufgenommenen Massekredit wegen Masseunzulänglichkeit nicht zurückführen kann, weil er die Zahlungsschlüsse aus abzuarbeitenden Werkverträgen der Insolvenz-schuldnerin falsch eingesetzt hat. Siehe LG Dortmund ZIP 2010, 2413

  17. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 3. Massekredit • 3.3 Besicherung • d) Mögliche Sicherheiten: • freies, noch nicht mit Absonderungsrechten belastetes Vermögen der Schuldnerin (i.d.R. nicht vorhanden, aber: Beteiligungen, Patente, evtl. Firmenwert, etc. noch nicht belastet!) • Wertschöpfung der Schuldnerin ab Insolvenzantrag/Anordnung der vorl. Insolvenzverwaltung, i.d.R. bestehend aus • Globalzession • Sicherungsübereignung sämtlicher ab Insolvenzantrag/Anordnung der vorl. Insolvenzverwaltung neu hergestellter Wirtschaftsgüter oder • bei Händler angeschaffter Handelswaren • Teilfertige Leistungen • Potentielle, mit Insolvenzeröffnung entstehende Anfechtungsansprüche • Potentielle gesetzliche oder vertragliche Verwertungskostenbeiträge (Aber: Problem der Verfügungsbefugnis des vorl. IV)

  18. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 4. Lieferantenkredite IV hat regelmäßig großes Interesse, schnellstmöglich ab Anordnung der vorl. Insolvenzverwaltung wieder Waren mit Zahlungsziel gegen Rechnungstellung zu erhalten. Beim „schwachen“ vorl. IV würden jedoch nur Insolvenzforderungen entstehen. Hier ist Vorsorge zu treffen entweder durch Einzelermächtigung, gegenüber bestimmten Lieferanten Massever-bindlichkeiten zu begründen und diese ggf. zu besichern, anderenfalls sind „Behelfslösungen“ erforderlich, um solche Lieferantenkredite/offene Kreditorenposten auch nach Insolvenzeröffnung noch bedienen zu können. Alle vorkommenden Modelle sind indessen „Behelfslösungen“, haben jedoch sowohl Haftungsproblematiken als auch Anfechtungsrisiken zur Folge.

  19. II. Direkte Finanzierungsinstrumente • 5. Prozesskostenhilfe und Prozessfinanzierung Zur Finanzierung von Rechtsstreiten mit erheblichen Verfahrenskosten steht dem IV neben Prozesskostenhilfeanträgen das Mittel der Prozessfinanzierung zur Verfügung. Prozesskostenhilfeanträge sind auch bei sorgfältigster Begründung teilweise von den Gerichten überhaupt nicht zu erhalten und decken im Übrigen nur einen Teil der Verfahrenskosten ab. Die Prozessfinanzierung ist demgegenüber zumeist „teuer“, da erhebliche Teile des zu erwartenden Erlöses als „Vergütung“ dem Prozessfinanzierer zufließen. Dafür sind Prozesse hinsichtlich des Kostenrisikos im Übrigen aber auch unproblematisch. Es empfiehlt sich allerdings in jedem Falle Genehmigung über den Gläubigerausschuss.

  20. III. Indirekte Finanzierungsinstrumente Im Gegensatz zum direkten Massekredit, mit dem das Unternehmen der Schuldnerin „fresh money“ erhält, kann der IV mit Absonderungsgläubigern eine kreditierende Abwicklungsvereinbarung treffen und hier durch Stehenlassen von Sicherheiten und Erlösen und der Auskehr erst nach dem revolvierenden Einsatz im Betrieb eine (Teil-) Betriebsmittelfinanzierung darstellen. Das ist möglich mit entsprechenden Vereinbarungen sowohl über kreditgebende Banken als auch über Lieferanten, die Aussonderungsrechte geltend machen. Bei letzteren ist eine Vereinbarung nicht zwingend erforderlich. Unter Eigentumsvorbehalt stehende Waren und Vorräte sind jedoch sorgfältig zu inventarisieren und bei Verbrauch festzuhalten, damit danach umgehend eine Begleichung offener Kreditorenposten erfolgen kann. Im Rahmen der vorl. Insolvenzverwaltung kann durch Beschluss des Gerichts gem. § 21 V Nr. 5 InsO der vorl. IV ermächtigt werden, auch zedierte Forderungen einzuziehen. Hierdurch wird in der Phase des Antragsverfahrens auf diese Weise die Möglichkeit geschaffen, die Betriebsmittelfinanzierung durch eingehende Gelder mit darzustellen. Aber: Problem der Haftung des vorl. IV bei späterer Masseunzulänglichkeit.

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