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SVIT Zürich „Stehlunch“ 7. November 2013

SVIT Zürich „Stehlunch“ 7. November 2013. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Immobilienrecht – eine Auswahl –. Dr. Boris Grell, LL.M., Fachanwalt SAV Bau– und Immobilienrecht Obstgartenstrasse 28, Postfach CH-8021 Zürich Tel. +41 (0)44 268 10 00 Fax +41 (0)44 268 10 01

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SVIT Zürich „Stehlunch“ 7. November 2013

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Presentation Transcript


  1. SVIT Zürich „Stehlunch“7. November 2013 Die jüngste Rechtsprechung des Bundesgerichtszum Immobilienrecht – eine Auswahl – Dr. Boris Grell, LL.M., Fachanwalt SAV Bau– und Immobilienrecht Obstgartenstrasse 28, PostfachCH-8021 Zürich Tel. +41 (0)44 268 10 00Fax +41 (0)44 268 10 01 boris.grell@hodler-zh.ch www.hodler.ch

  2. Ablauf / Zeitverhältnisse • 1. Präsentation ausgewählter Entscheide (ca. 30 min.) • Qual der Wahl ! • Publikationen aus den Bereichen • Stockwerkeigentum • Steuerrecht • Mietrecht • Sachen- und Grundbuchrecht • Planungsrecht / Bäuerliches Bodenrecht • Exkurs: Gesetzesentwürfe und Revisionen – status quo • 2. Fragen und Diskussion (ca. 10 min.) Dr. Boris Grell

  3. Fall – Übersicht Stockwerkeigentum / Steuerrecht • Nutzungs-/ Zweckänderung im Stockwerkeigentum • Ist die Zustimmung sämtlicher Stockwerkeigentümer erforderlich oder reicht ein Mehrheitsbeschluss, um einem Stockwerkeigentümer über eine Reglementsänderung den Betrieb einer Kinderkrippe zu verbieten? • Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Wie wird die Entrichtung eines Entgelts für den Verzicht auf ein Bauverbot steuerlich behandelt? • Wie verhält es sich bei der Bezahlung einer Entschädigung für den Rückzug einer Einsprachegegen ein benachbartes Bauvorhaben? Dr. Boris Grell

  4. Fall – Übersicht Mietrecht • Kündigung Untermiete • Wer kann dem Unter-Mieter kündigen, nachdem das Haupt-Mietverhältnis übertragen wurde: Der Hauptvermieter; der alte oder der neue (Haupt-) Mieter? • Kettenverträge im Mietrecht • Sind mietrechtliche Kettenverträge an sich unzulässig? • Wer muss die Missbräuchlichkeit von Kettenverträgen beweisen? Dr. Boris Grell

  5. Fall – Übersicht Sachen- und Grundbuchrecht • Neues zur Auslegung von Fuss- und Fahrwegrechten • Wie sind Fuss- und Fahrwegrechte auszulegen, insbesondere wenn die heutigen Streitparteien den ursprünglichen Grunddienstbarkeitsvertrag nicht unterzeichnet haben? • Im Speziellen: Wie breit ist eigentlich ein „normales“ Fuss- und Fahrweg-recht? Dr. Boris Grell

  6. Fall – Übersicht Planungsrecht / Bäuerliches Bodenrecht • Entschädigungspflicht bei Rückzonung? • Muss ein Grundeigentümer immer entschädigt werden, wenn sein Grundstück aus einer überdimensionierten Bauzone neu einer Landschaftsschutzzone zugewiesen wird? • Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage? • Fällt ein Grundstück in der Landwirtschaftszone immer unter das (strenge) BGBB, wenn es seit langer Zeit gar nicht landwirtschaftlich genutzt wird? Dr. Boris Grell

  7. Exkurs: Gesetzesentwürfe und Revisionen Status Quo • Neue Verjährungsregelungen im Kauf- und Werkvertragsrecht, v. a. auch bei Immobilienbezug • Entsendungsgesetz: Strengere Subunternehmer-Haftung • Mehrwertsteuergesetz: MwSt.-Pflicht ab „Baubeginn“ • Zweitwohnungsinitiative: Gesetz und Verordnung • Bewilligungsgesetz / Lex Koller: Verschärfung? • SIA-Norm 118, Ausgabe 2013 • Neu Formularpflicht Anfangsmietzins (Kanton Zürich) • Grundstückgewinnsteuer (Kanton Zürich) • Neue Bau- und Zonenordnung BZO (Stadt Zürich), etc. Dr. Boris Grell

  8. Stockwerkeigentum Nutzungs- / Zweckänderung im Stockwerkeigentum • Sachverhalt (BGer5A_352/2012 vom 27. November 2012) • 12. Mai 2006: Begründung Stockwerkeigentum samt Reglement. • Ab 2008: Stockwerkeigentümerin A versucht, in ihren 3 StWE-Einheiten eine Kinderkrippe zu einzurichten. • Doch: Eine Mehrheit der Stockwerkeigentümer ist dagegen. • Daher am 5. Mai 2010 (ord. StWE-Versammlung): Reglementsänderung, wonach in den StWE-Einheiten von A jegliche Kinderbetreuung verboten ist. • StWE-Beschluss (gemäss Reglement) mit doppeltem Mehr gefasst, d. h. mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer UND der Mehrheit der Wertquoten. • Gleichzeitig: Veto-Recht gemäss Reglement bleibt bestehen: Bei schwerwiegenden Einschränkungen ist [mind.] die Zustimmung des betroffenen Stockwerkeigentümers notwendig (so auch die Rechtslehre). Dr. Boris Grell

  9. Stockwerkeigentum Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum • Erwägungen des Bundesgerichts • Ausgangspunkt Art. 712a Abs. 2 ZGB: „Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Gestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch keinem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rechts erschweren […]“ • Diese Exklusiv-Rechte werden vermutet, können aber im Rahmen der Rechtsordnung durch 1) Gesetz oder 2) Vereinbarung (Begründungsakt, Reglement, etc.) beschränkt werden. • Aber: Reicht hier das doppelte Mehr?  vgl. Veto-Recht im Reglement • Zudem: Anwendbarkeit allgemeine Bestimmungen Miteigentum im StWE?  Doppeltes Mehr reicht bei eingeschr. Benutzungsrecht (647b Abs. 2 ZGB)  Nur bei Zweckänderungen müssen alle zustimmen (648 Abs. 2 ZGB). Dr. Boris Grell

  10. Stockwerkeigentum Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum • Erwägungen des Bundesgerichts (2) • Zweckänderung = Veränderung der wirtschaftlichen Bestimmung des Stockwerkeigentums in bedeutendem Mass (modification „de façonprofonde et significative„). • Vorliegend: Vor und nach der Reglementsänderung sind die 3 StWE-Einheiten für Wohnungen und die Nutzung durch einen Dienstleister bestimmt. Die Stockwerkeigentümerin B kann – trotz der Einschränkung der Nutzung – die StWE-Einheiten immer noch für eine ganze Reihe von Tätigkeiten nutzen. • Daher: Kein schwerwiegender Eingriff in das Benutzungsrecht von A gemäss Reglement und keine Zweckänderung des StWE gemäss Gesetz • Daher: Reglementsänderung ist auch ohne die Zustimmung von A gültig. • - Dr. Boris Grell

  11. Stockwerkeigentum Nutzungs-/Zweckänderungen im Stockwerkeigentum • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Ernüchterndes Bild vom Stockwerkeigentum als DER modernen Form des Wohnens. • Stockwerkeigentum ist keine besondere Form von Alleineigentum, sondern vielmehr (nur) eine besondere Form von Miteigentum. • Eugen Huber (als „Vater“ des ZGB), angesprochen auf die ursprünglich (1912) und aufgrund der Erfahrungen mit den entsprechenden kantonalrechtlichen Bestimmungen nicht vollzogene Aufnahme des Instituts des Stockwerkeigentums als Quelle von Streitigkeiten: „Ein halbes Haus ist eine halbe Hölle …“. Dr. Boris Grell

  12. Steuerrecht Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Sachverhalt (BGer2C_1151/2012 vom 3. Juni 2013) • Jahr 2002: A ist Eigentümer von zwei Liegenschaften, zugunsten deren im Grundbuch ein Bauverbot auf drei Nachbarparzellen eingetragen ist. • Jahr 2006: Löschung der Grunddienstbarkeit und Rückzug der Einsprache. Im Gegenzug Überlassung einer zukünftigen Attikawohnung (im StWE) und 3 Garagenparkplätze (im Miteigentum). • Veranlagungsverfügung 2010: CHF 2.335 Mio. (als Einkommen natürlicher Personen; Privatvermögen) • Einsprache von A und neue Veranlagung auf CHF 2.135 Mio. sowie Abzug der damaligen Gestehungskosten des Bauverbots in der Höhe von CHF 10‘000 • Verwaltungsgericht Schwyz: Bestätigung der neuen Veranlagung. • … und das Bundesgericht? Dr. Boris Grell

  13. Steuerrecht Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Erwägungen des Bundesgerichts • Bei 1. Rückzug einer Einsprache und 2. Löschung einer Grunddienstbarkeit, beide gegen Entgelt. Liegt : • ein steuer-barer Vermögens- resp. Kapitalertrag vor oder aber • ein steuer-freier Vermögens- bzw. Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Privatvermögen vor? • Grundsatz: Die Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne ist eine „systemwidrige Ausnahme“ und daher zurückhaltend auszulegen. • Zudem: Unerlässliche Voraussetzung des steuerfreien Kapitalgewinns ist eine Gesamt- oder Teilveräusserung von dinglichen oder obligatorischen Rechten. Diese Rechte verlassen das Eigentum der veräussernden Person und schmälern vorübergehend (d. h. bis zum Eintreffen der Gegenleistung) die Substanz. Dr. Boris Grell

  14. Steuerrecht Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Erwägungen des Bundesgerichts (2) • 1. Beim Rückzug einerBaueinsprache:  Kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der vertraglichen Abmachung auf den entgeltlichen Rückzug einer Baueinsprache und der eigentlichen Veräusserung der durch das Bauvorhaben tangierten Parzelle.  Zudem: Sittenwidrigkeit eines entgeltlichen Rückzugs nach Art. 20 OR im Fall der „Kommerzialisierung eines Verzichts“ (BGE4A_657/2011 vom 8. Februar 2012 und BGE 123 III 101 E. 2c;  Fall Dietikon, Erpressung) • 2. … und bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit? Dr. Boris Grell

  15. Steuerrecht Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Erwägungen des Bundesgerichts (3) • 2. Bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit: • Der (gesetzlich geregelten, Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG) Belastung eines Grundstücks mit einer unbefristeten, negativen Dienstbarkeit wird • die (gesetzlich nicht explizit geregelte) Löschung einer solchen Dienstbarkeit (sprich das damals miterworbene Bauverbot zugunsten des Grundstücks) gleichgestellt und als Teilveräusserung nach Art. 16 Abs. 3 DBG qualifiziert. Dr. Boris Grell

  16. Steuerrecht Die verkaufte Aussicht: Steuerliche Behandlung • Schlussfolgerungen und Lernpunkte Für die Erhebung der direkten Bundessteuer gilt also: • Entgeltliche Löschung eines Bauverbots als (Teil-) Veräusserung von Privatvermögen steuerfreier Kapitalgewinn* • Demgegenüber: Grundsätzlich keine steuerliche Privilegierung beim entgeltlichen Verzicht auf eine Baueinsprache: Vermögenszuwachs ist regelmässig steuerbares Einkommen (* anfallen dürfte bei dieser Begründung aber die kantonale Grundstückgewinnsteuer) Dr. Boris Grell

  17. Mietrecht Kündigung Untermiete • Sachverhalt (BGer4A_37/2013 vom 28. Juni 2013) • Seit April 2000: Vermietung Gewerberäume in Genf • Februar 2003: Teilweise Untervermietung • Juni 2004: Übertragung des Untermietvertrags vom Untermieter auf 3 neue Untermieter (mit Zustimmung des Hauptmieters) • März 2009: Übertragung des Haupt-Mietvertrags auf einen neuen Hauptmieter • mit der Zustimmung des Hauptvermieters, • jedoch ohne Zustimmung der 3 (neuen) Untermieter • Januar 2010: Kündigung des Untermiet-Vertrags durch den alten und den neuen Hauptmieter Dr. Boris Grell

  18. Mietrecht Kündigung Untermiete • Erwägungen des Bundesgerichtes • Fragen zur Nichtigkeit der Kündigung durch den alten Hauptmietersowie Missbräuchlichkeit der Kündigung durch den neuen Hauptmieter • Wer ist zur Kündigung der Untermiete berechtigt, der Haupt-Vermieter, der alte oder der neue Hauptmieter? Mit anderen Worten: Wer war im Zeitpunkt der Kündigung eigentlich der Unter-Vermieter? • Zudem: Für die Übertragung von Geschäftsräumen nach Art. 263 OR ist erforderlich: • die Zustimmung des Vermieters (vgl. Gesetzestext) • und die Zustimmung eines allfälligen Untermieters?  geht so jedenfalls nicht aus dem Gesetzestext hervor Dr. Boris Grell

  19. Mietrecht Kündigung Untermiete • Erwägungen des Bundesgerichtes (2) • Hauptmietvertrag und Untermietvertrag: 2 separate Mietverträge  Haupt-Vermieter steht in keinem Vertragsverhältnis zum Untermieter: Kein Kündigungsrecht • Grundsatz: Die berechtigte Übertragung eines Vertragsverhältnisses hat rechtliche Folgen allein für die Beteiligten des Hauptvertrages, d. h. keine Wirkungen auf weitere Vertragsverhältnisse dieser Parteien des Hauptvertrages mit Dritten • Aber speziell bei Untermietverhältnissen: Der Untermietvertrag ist vom Hauptmietvertrag nicht völlig unabhängig. Wird z.B. der Hauptmiet-Vertrag gekündigt, endigt auch der Untermietvertrag (nemo plus …) Dr. Boris Grell

  20. Mietrecht Kündigung Untermiete Hauptmieter 2 Mietvertrag Zustimmung Vermieter (OR 263) Übertragung (2009) Konkludenter (Unter-) Mietvertrag  Bezahlung Mietzinse Hauptvermieter Hauptmieter 1 Mietvertrag (2000) + Untervermieter Mietvertrag (2004) Zustimmung Vermieter (OR 263) Mietvertrag (2003) Untermieter 1 Untermieter 2 Übertragung (2004) Dr. Boris Grell

  21. Mietrecht Kündigung Untermiete • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Die Kündigung des Haupt-Mieters 1 im 2010 ist nichtig, weil er 2009 mit der Übertragung an den Hauptmieter 2 sein Gebrauchsrecht an der Mietsache verloren hat • Der Hauptmieter 2 war zur Kündigung berechtigt, weil im Zeitpunkt der Kündigung mit den 3 Untermietern ein konkludenter Untermietvertrag bestanden hatte • Die Untermieter benutzten das Mietobjekt auch nach der Übertragung 2009 weiter und • bezahlten dem Hauptmieter 2 monatlich die Mietzinse Dr. Boris Grell

  22. Mietrecht Kündigung Untermiete • Schlussfolgerungen und Lernpunkte (2) • Also: Bei der Übertragung nach Art. 263 OR geht das Untermietverhältnis nicht automatisch auf den neuen Hauptmieter übrig ( anders beim Eigentümerwechsel gemäss Art. 261 OR) • Wenn man eine Erstreckung des Mietverhältnisses (wie vorliegend um 3 drei Jahre) vermeiden will, muss vom Untermieter umgehend die Rückgabe der Mietsache verlangt werden • Bei sofortiger Rückgabeaufforderung verbleibt dem Untermieter einzig ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem früheren Hauptmieter 1 Dr. Boris Grell

  23. Mietrecht Kettenverträge im Mietrecht • Sachverhalt (BGer4A_609/2012 vom 26. Februar 2013) • 1. Befristeter Mietvertrag über eine 4.5 Zi-Wohnung in Genf vom 27. Februar 2004 für die Dauer von 1 Jahr. • 2. Befristeter Mietvertrag vom 1. Februar 2005 für die Dauer von 2 Jahren. • 3. Befristeter Mietvertrag vom 1. Februar 2007 für die Dauer von 2 Jahren, d. h. bis Ende Januar 2009. Expliziter Hinweis, dass dieser Mietvertrag befristet ist und nicht stillschweigend fortgesetzt werde. • Argument Mieter: Mit der mehrfachen, befristeten Verlängerung des Mietverhältnisses wurden die mietrechtlichen Schutzvorschriften (insb. die Kündigungsmodalitäten) umgangen / Rechtsmissbrauchs-Argument. • Vorinstanzen schützten den Mieter: Unbefristetes Mietverhältnis Dr. Boris Grell

  24. Mietrecht Kettenverträge im Mietrecht • Erwägungen des Bundesgerichts • Bundesgerichtlicher Verweis auf die Lehre und Rechtsprechung zur Problematik von Kettenverträgen im Arbeitsrecht • BGer: Keine Umgehung / Missbräuchlichkeit erkennbar ALLEIN aufgrund der mehrfachenVerlängerung eines Mietverhältnisses • Rechtslehre: (Missbräuchliche) Kettenverträge liegen nur dann vor, wenn keine objektiven – insb. wirtschaftliche oder soziale – Gründe vorliegen, die einen befristeten Vertrag rechtfertigen. • Klar: Mehrfach nur befristet abgeschlossene Mietverträge haben ein Missbrauchspotenzial ( Furcht des Mieters, dass Mietverhältnis nicht verlängert wird). Aber reicht das? • Prüfung des Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB) anhand der „Umstände im Einzelfall“ … Dr. Boris Grell

  25. Mietrecht Kettenverträge im Mietrecht • Erwägungen des Bundesgerichts (2) • BGerkritisiert die kantonalen Vorinstanzen: Die Vorinstanzen gingen fälschlicherweise davon aus, dass Mietverträge nur aus bestimmten Gründen befristet abgeschlossen oder verlängert werden können. • Es ist umgekehrt: Die Beweislast für das vorliegen eines unzulässigen Kettenvertrages liegt beim MIETER. Weiter: Der Vermieter muss keinen speziellen Grund für die befristeten Mietverträge geltend machen. • Der Mieter konnte die Rechtsmissbräuchlichkeit der mehrfachen, befristeten Fortsetzung des Mietverhältnisses, sprich die Absicht des Vermieters zur Umgehung der mietrechtlichen Schutzvorschriften nicht beweisen. Dr. Boris Grell

  26. Mietrecht Kettenverträge im Mietrecht • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Die automatisch (d. h. ohne Kündigung) erfolgte Beendigung des (letzten) befristeten Mietvertrages per Ende Januar 2009 war korrekt. • Auch Mietverträge können und v. a. dürfen mehrfach verlängert werden, solange dadurch die mietrechtlichen Schutzvorschriften zugunsten des Mieters nicht umgangen werden. • Erhebliche Beweisschwierigkeiten des Mieters, die Missbräuchlichkeit eines mehrfach mit neuen, befristeten Mietverträgen fortgesetzten Mietverhältnisses zu beweisen. Dr. Boris Grell

  27. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Sachverhalt (BGer5A_66/2013 vom 29. August 2013) • Grunddienstbarkeitsvertrag vom 28. Oktober 1974: • „Der Eigentümer der Parzelle A gestattet dem Eigentümer der Parzelle B das unbeschränkte Fuss- und Fahrwegrecht auf dem im Grundbuchplan eingezeichneten Fahrweg von der X-Strasse bis zur Parzelle B und umgekehrt“. • Eintrag des besagten Fuss- und Fahrwegrechts auf dem der Dienstbarkeit beigehefteten Grundbuchplan (1: 1000) als gestrichelte Linie (2 Millimeter). • Berechtigtes Grundstück: erst seit Mai 2012 im Eigentum von B • Klage von B: Fahrbahnbreite von 2.30 Metern PLUS ein zusätzlicher Randstreifen („Strassenbankett“)  Rücksetzung von Holzzaun und Steinmauer sowie Hecke unter der Schere halten? Dr. Boris Grell

  28. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten X – Strasse # # # # # # # # A B 2.3 M Dr. Boris Grell

  29. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Erwägungen des Bundesgerichtes • Fragestellung: Wird ein Fahrwegrecht, dessen Ausübung durch Zäune, Mauern und Pflanzen auf eine Fahrbahn von 2.30 Metern beschränkt ist, den Bedürfnissen des berechtigten Grundstücks gerecht?  Also: Wollten die Vertragsparteien zusätzlich zur gewährten resp. unbestrittenen Wegbreite (von 2.30 Metern) Strassenbankette oder Ähnliches vereinbaren? • Ausgangspunkt und Stufenfolge der Auslegung (Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB): • Wortlaut Grundbucheintrag „Fuss- und Fahrwegrecht“ hilft nicht weiter! • Wortlaut unklar: Auslegung des Erwerbsgrundes. Hier also: Dienstbar-keitsvertrag samt Grundbuchplan ( gestrichelte Linie an der Grenze) • Immer noch unklar: Gutgläubige Ausübung während langer Zeit. Dr. Boris Grell

  30. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Erwägungen des Bundesgerichtes (2) • Zunächst: Keine Messpunkte im Grundbuchplan  keine amtliche Vermessung,  keine Teilnahme am guten Glauben des Grundbuches  keine Einzeichnung der exakten Wegbreite von 2 mm (= 2 Meter)! • Daher: sog. „ungemessene Dienstbarkeit“  Inhalt und Umfang werden durch die Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks bestimmt • Doch: Was sind diese konkreten Bedürfnisse von B resp. schliessen die ein separates Strassenbankett ein? • Kantonale Gerichte: Auslegung des Vertragsinhalts gemäss der unange-fochtenen Ausübung der Dienstbarkeit während langer Zeit und in gutem Glauben (Art. 738 Abs. 3 ZGB). Behaftung der Parteien darauf. • … und das Bundesgericht ? Dr. Boris Grell

  31. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Erwägungen des Bundesgerichtes (3) • BGer: Kein Raum für diese Weiterführung der Stufenfolge (auf Stufe 3: keine Auslegung nach gutgläubiger Ausübung während langer Zeit).  Kein teilweises Erlöschen der Dienstbarkeit im Umfang des Nichtgebrauchs. • Zudem: Individuelle, persönliche Umstände und Motive der ursprünglichen Vertragsparteien für die Auslegung der Dienstbarkeit nicht relevant, soweit diese für einen unbeteiligten Drittennicht erkennbar sind. • Weiter und wichtig: Im Dienstbarkeitsvertrag wurden künftige Entwicklungen nicht explizit ausgeschlossen.  Massvolle inhaltliche Erweiterung der damaligen landwirtschaftlichen zur heutigen Nutzung zu Wohnzwecken gemäss BGer zulässig. Dr. Boris Grell

  32. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Erwägungen des Bundesgerichtes (4) • Fahrbahnbreite = maximal zulässiger Räderabstand eines Fahrzeuges • Fahrbahnbreite ≠ Breite der Wegrechtsfläche (inkl. regelmässig breiterem Wagenoberbau)! • Bei der Auslegung privatrechtlicher Verträge ist der Beizugöffentlich-rechtlicher Vorgaben zulässig. • Hier: Empfehlung der Vereinigung der Schweizerischen Strassenfachleute an die Erstellung von Privatstrassen („VSS-Normalien“): • Vorgabe bei einer Wegbreite von 3.0 Metern: zusätzlich 2 x 0.2 Meter • BGer: Gefordertes Fahrwegrecht von 2.70 Metern (d. h. 2.30 + 0.2 + 0.2 Meter) nicht unangemessen Dr. Boris Grell

  33. Sachen- und Grundbuchrecht Neues zur Auslegung von Fuss- & Fahrwegrechten • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Holzzaun und Sandsteinmauer mussten zurück gesetzt werden sowie die Hecke unter Beachtung eines Strassenbanketts von 2 x 20 Zentimetern unter der Schere gehalten werden • Falls inhaltliche Erweiterungen der Grunddienstbarkeit nicht erwünscht sind resp. künftige Entwicklungen von der Dienstbarkeit ausgeschlossen werden sollen: Ausdrücklicher Ausschluss im Dienstbarkeitsvertrag • Eine solche Fixierung / Zementierung des status quo ist umso mehr angezeigt, weil sich meist nicht mehr die ursprünglichen Vertragsparteien über die Auslegung der fraglichen Grunddienstbarkeit streiten Dr. Boris Grell

  34. Planungsrecht Entschädigungspflicht bei Rückzonung? • Sachverhalt(1C_573/2011 & 1C_581/2011 vom 30. August 2013) • X ist Eigentümer von 2 Grundstücken A (mit Fachwerkhaus samt Ökonomiegebäude) und B (unüberbaut). • Der Zonenplan 1982 sah vor für: • Grundstück A: Teilfläche in der WohnzoneW2 • Grundstück B: Teilfläche in der Dorfzone • Im Jahr 2005: Änderung des Zonenplans. Neu: • Grundstück A: Nur noch reduzierte Teilfläche von 550 m2 in Bau- /Wohnzone W2 • Grundstück B: Gesamthafte Zuweisung in die Landschaftsschutzzone • Erfolglose Beschwerden und Klagen bei kantonalen Instanzen (Enteignungs-kommission und Verwaltungsgericht) auf Entschädigung von CHF 4.4 Mio. Dr. Boris Grell

  35. Planungsrecht Entschädigungspflicht bei Rückzonung? • Erwägungen des Bundesgerichtes • Fragestellung: Sind die Um- / Rückzonungen gemäss den Zonenplan-änderungen 2005 für die beiden davon betroffenen Grundstücke als • grundsätzlich entschädigungs-lose Nichteinzonungoder als • entschädigungs-pflichtige Auszonung(-> materielle Enteignung gemäss Art. 5 Enteignungsgesetz) zu qualifizieren? • BGer: Die Redimensionierung von Bauzonen ist in der Regel eine Auszonung, wenn sich die sachgerecht bemessenen Bauzonen später als zu gross erweisen. • Hier aber: Die Bauzonendimensionierung im Zonenplan 1982 war (erst gar) nicht RPG-konform. Denn: Der Planungshorizont von 15 Jahren (Art. 15 lit. b RPG) wurde nicht berücksichtigt (unrealistische Annahme der Verdoppe-lung der Bevölkerungszahlen) Dr. Boris Grell

  36. Planungsrecht Entschädigungspflicht bei Rückzonung? • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Die Gemeinden müssen nicht in jedem Fall mit hohen Entschädigungs-zahlungen rechnen, wenn sie (schon damals) klar überdimensionierte Bauzonen redimensionieren. • Grundeigentümer in Gemeinden mit überdimensionierten Bauzonen müssen mit entschädigungslosen Rückzonungen / Nichteinzonungenrechnen. • Immerhin: Bestandesschutz für zuvor in solchen überdimensionierten Bauzonen errichtete Wohngebäude. Dr. Boris Grell

  37. Bäuerliches Bodenrecht Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage? • Sachverhalt (2C_1208/2012 vom 17. Juli 2013) • A ist Eigentümer eines Grundstücks, das in der Landwirtschaftszone liegt, aber seit langer Zeit als Park genutzt wird. Darauf befindet sich neben Zier- und Obstbäumen auch ein Swimmingpool, dessen Bau 1979 bewilligt wurde. • 2012: Antrag von A, das Grundstück aus dem Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht („BGBB“) auszunehmen. • Ablehnung des Antrags durch die kantonalen Behörden und Gerichte, zumal die Grundstücke in der Umgebung vorwiegend landwirtschaftlich genutzt würden. • … und das Bundesgericht? Dr. Boris Grell

  38. Bäuerliches Bodenrecht Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage? • Erwägungen des Bundesgerichtes • Ausgangspunkt: Art. 6 Abs. 1 BGBB („Landwirtschaftliches Grundstück“) „Als landwirtschaftlich gilt ein Grundstück, das für die landwirtschaftliche oder gartenbauliche Nutzung GEEIGNET ist.“ • Zunächst: Ein Grundstück ausserhalb der Bauzone ist vermuteterweise ein landwirtschaftliches Grundstück gemäss Art. 6 BGBB. • Aber nicht immer: Denn kein landwirtschaftlicher Nutzen bei z.B.: Berg-restaurant oder Wohnhaus ohne landwirtschaftlichen Bezug.  Dort rechtfertigen sich keine besonderen Massnahmen zugunsten der Land-wirtschaft. • Zudem: Eine rein objektive Geeignetheit für die Landwirtschaft allein genügt nicht und sind (restriktive) Ausnahmen von Art. 6 BGBBmöglich Dr. Boris Grell

  39. Bäuerliches Bodenrecht Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage? • Erwägungen des Bundesgerichtes (2) • Drei Bedingungen (kumulativ) für eine solche Ausnahme: 1. Nicht landwirtschaftliche Nutzung muss „bereits seit Jahren“ andauern („durerdepuis de longuesannées“= ?.  Jedenfalls mehr als ein Jahrzehnt; Verweis auf BGer5A.4/2000 2. Landwirtschaftliche Nutzung darf für die Zukunft nicht (konkret) absehbar sein („non plus envisageablepourl‘avenir“) aufgrund objektiver Elemente ausserhalb der blossen landwirtschaftlichen Natur des Bodens; 3. Die Bauten auf dem Grundstück müssen legal errichtet worden sein. • Vorliegend: Alle 3 Voraussetzungen sind erfüllt. Dr. Boris Grell

  40. Bäuerliches Bodenrecht Bäuerliches Bodenrecht bei Parkanlage? • Schlussfolgerungen und Lernpunkte • Bundesgerichtliche Relativierung des Grundsatzes, wonach auf Grundstücke, die sich für die landwirtschaftliche Nutzung eignen, zwingend dasBGBBAnwendungfindet. • Vorteil: Soweit kein landwirtschaftliches Grundstück gemäss Art. 6 BGBB vorliegt, kommen auch die z.T. harschen Transaktionsbeschränkungen des BGBB beim Verkauf / Erwerb (insb. Kaufs- und Vorkaufsrechte von Verwandten und landwirtschaftlichen Pächtern) nicht zur Anwendung • Daher: Genaue Prüfung der Qualität des fraglichen Grundstücks zur landwirtschaftlichen Nutzung und allenfalls Antrag stellen, das Grundstück vom Anwendungsbereich des BGBB auszunehmen. Dr. Boris Grell

  41. Fragen? • Bemerkungen / Ergänzungen? • Eigene Erfahrungen? Dr. Boris Grell

  42. und zuletzt noch dies: „Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe; nichtsdestoweniger trägt es zur Erhal-tung meines Geistes bei.“ nach Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799; Sudelbuch J, 133) Dr. Boris Grell

  43. Vielen Dank für Ihr Interesse & en Guete! Dr. Boris Grell

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