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Nutzerbedürfnisse entschlüsseln: Markt- und Nutzerforschung als Instrument strategischen Bibliotheksmanagements (Teil 1)

Nutzerbedürfnisse entschlüsseln: Markt- und Nutzerforschung als Instrument strategischen Bibliotheksmanagements (Teil 1). Dr. Doreen Siegfried (ZBW) Sebastian Nix (WZB) Berlin, WZB, 20.5.2011. I. Grundlagen Markt- und Nutzerforschung: Cui bono ?

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Nutzerbedürfnisse entschlüsseln: Markt- und Nutzerforschung als Instrument strategischen Bibliotheksmanagements (Teil 1)

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  1. Nutzerbedürfnisse entschlüsseln: Markt- und Nutzerforschung als Instrument strategischen Bibliotheksmanagements (Teil 1) Dr. Doreen Siegfried (ZBW) Sebastian Nix (WZB) Berlin, WZB, 20.5.2011

  2. I. Grundlagen • Markt- und Nutzerforschung: Cui bono? • „König, kläre die Begriffe“: Marktforschung, Nutzerforschung, Benutzungsforschung • Ein Blick zurück: Benutzerforschung in Bibliotheken • Vorab: Rechtliche und ethische Aspekte • Idealtypischer Ablauf eines Marktforschungsprozesses • Typen von Untersuchungen: explorativ, deskriptiv, kausal • Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an Marktforschungsuntersuchungen

  3. II. Informationsquellen und Untersuchungsdesgin • Primär- oder Sekundärforschung? • Kriterien zur Kennzeichnung des Untersuchungsdesigns • Quantitativ oder qualitativ? • Vier typische Untersuchungsdesigns • III. Auswahlverfahren für Stichproben • Die Grundgesamtheit – oder: Um wem geht es? • Vollerhebung oder Teilerhebung? • Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren 3

  4. IV. Erhebungstechniken • Befragungen • Spezielle Formen von Befragungen: Tiefeninterviews und Gruppendiskussionen • Beobachtungen • V. Datenauswertung und -aufbereitung • Verfahren der Datenauswertung • Ein wenig deskriptive Statistik • Ergebnispräsentation 4

  5. VI. Ein erster Blick auf die Praxis • Generelle Probleme bei empirischen Untersuchungen und mögliche Lösungen • Nutzerbefragungen • Mystery Shopping • Usability-Untersuchungen • Arbeitsumfeld-Gestaltung • VII.Weiterführende Informationen • Literatur: Kontext und Methoden • Literatur: Beispiele aus der Praxis • Internetressourcen 5

  6. I. Grundlagen 6

  7. Markt- und Nutzerforschung: Cui bono? • Ein verändertes Umfeld … • Herausforderungen für die bibliothekarische Arbeit: • Wachsende Bedeutung internetbasierter Informationsangebote und permanente, extern induzierte technische Innovationen (Web 2.0, Linked Open Data und Semantic Web …) • Verändertes Nutzerverhalten und veränderte Nutzererwartungen („Generation Google“) • Paradigmenwechsel: vom „Informationsbesitz“ zum „Informationszugang“ • Neue Aufgaben und Erwartungen der Unterhaltsträger: Open Access, Forschungsdaten-Management, virtuelle Forschungsumgebungen, Bibliometrie … • Begrenzte Ressourcen (Sachmittel, Personal) • Steigender Kostendruck, sowohl wegen Preissteigerungen für die „Ware Information“ (Zeitschriftenkrise, Kosten für elektronische Ressourcen) als auch wegen verkürzter Investitionszyklen für die Bereitstellung einer zeitgemäßen technischen Infrastruktur (Beispiel: statt Metasuche heute Aufbau zentraler Suchindizes) 7

  8. Quelle: Hagenhoff 2008, S. 31 Markt- und Nutzerforschung: Cui bono? • … und die Konsequenzen (1) • Systematisches Management von Innovationsprozessen als Schlüsselelement strategischen Bibliotheksmanagements, im Idealfall unter Einbeziehung der Kunden („open innovation“), denn: „Im Dienstleistungssektor ist der Kunde oft passiv oder aktiv am Dienstleistungsprozess beteiligt und nimmt so Einfluss auf die Güte der Dienstleistung. […] Daher ist es nahe liegend, den Kunden aktiv in den Innovationsprozess einer Dienstleistung mit einzubinden.“ (Georgy 2009, 12) 8

  9. Quelle: Georgy 2010, 12 Markt- und Nutzerforschung: Cui bono? • … und die Konsequenzen (2) • Unzureichende Verankerung von Innovationsmanagement in Bibliotheken: „Die Ergebnisse [einer Befragung unter 36 deutschen Informationsdienstleistern im Jahr 2009] zeigen, dass die befragten Einrichtungen dem Thema Innovation einen hohen Stellenwert beimessen, dass es bzgl. der Strukturen aber Defizite gibt. Insbesondere gilt es, [für] ein systematisches Innovationsmanagement die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, die sich u. a. auf Verantwortlichkeiten, Know-how und Konzepte beziehen.“ (Georgy 2010, 29) • Systematische Marktforschung – als wesentlicher Baustein „offener“ Innovationsprozesse – bei Informationsdienstleistern offenbar keine Selbstverständlichkeit 9

  10. „König, kläre die Begriffe“ • Marktforschung • Definition: Marktforschung bezeichnet die systematisch betriebene Erforschung der Märkte, d.h. des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage • Ziel: Bereitstellung von objektiven Informationen und Analysen als Entscheidungsgrundlage für Managemententscheidungen des Unternehmens/ der Institution • Motivation: • Änderung gesellschaftliches, politisches, technologisches, rechtliches Umfeld • Änderung Konsumenten- bzw. Nutzerverhalten • Änderung der Wirkung von Marketingmaßnahmen 10

  11. „König, kläre die Begriffe“ • Benutzer- und Benutzungsforschung • Im bibliothekarischen Kontext häufig Fokussierung von Marktforschungsaktivitäten auf Benutzer und deren Erwartungen, Verhalten usw.; in diesem Kontext zuweilen noch Differenzierung von „Benutzerforschung“ und „Benutzungsforschung“, wobei diese Unterscheidung mittlerweile nicht mehr zwingend erscheint • Benutzerforschung: „Teilgebiet der Bibliothek- und Informationswiss., das die Interaktionen des Benutzers mit Medien, Räumen oder anderen Menschen untersucht. Bis heute überwiegt die angewandte Forschung, die mit standardisiertem Instrumentarium die Bedürfnisse der Benutzer und die Dienstleistungen einer einzelnen Einrichtung evaluiert, um deren Angebote zu optimieren. […] wird auch als Instrument der Marktforschung bei der Produkt- und Serviceentwicklung eingesetzt.“ (Greifeneder 2009, 62) • Benutzungsforschung: „Im Unterschied zur Benutzerforschung fragt die B. nach der Art und Weise der Benutzung bestimmter Informationssysteme …“ (Hobohm 2009, 66) 11

  12. Ein Blick zurück: Benutzerforschung in Bibliotheken • Benutzerforschung in Deutschland: kurze historische Betrachtung (1) • Herausbildung der auf die Bestandsnutzung ausgerichteten Gebrauchs- und Ausleihbibliotheken (prototypisch: die 1737 eröffnete UB Göttingen), verstärkt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und Professionalisierungstendenzen im Bibliothekswesen (Martin Schrettinger, Karl Dziatzko, Friedrich Althoff …) als notwendige Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Nutzerperspektive im Rahmen der bibliothekarischen Arbeit • „Erste Phase“ der Benutzerforschung (1968–1981): • Hintergrund: allgemeinere Tendenz zur Nutzung von Methoden der empirischen Sozialforschung als Instrument zur Planung sozialer Entwicklungen • In der Literatur Motivierung von Benutzerforschung u.a. mit der Möglichkeit einer gezielten Verbesserung von Dienstleistungen auf der Grundlage „solider“, empirisch gewonnener Daten; Plädoyer für eine Verstetigung systematischer Benutzerforschung und für deren Integration in strategische Planungsvorhaben • Trotz einiger umfassenderer Initiativen (darunter zwei von der DFG geförderte, überregionale Projekte) zunächst keine nachhaltigen Auswirkungen im Bibliothekswesen 12

  13. Ein Blick zurück: Benutzerforschung in Bibliotheken • Benutzerforschung in Deutschland: kurze historische Betrachtung (2) • „Zweite Phase“ der Benutzerforschung (ca. seit Mitte der 1990er Jahre): • Hintergrund: Adaptierung von Management-Konzepten (New Public Management, Neues Steuerungsmodell …) im öffentlichen Sektor (und damit auch für das Bibliothekswesen: Neues Bibliotheksmanagement) vor dem Hintergrund einer Verknappung finanzieller Ressourcen • Motivierung von Benutzerforschung nun auch mit betriebswirtschaftlichen Überlegungen (optimaler Einsatz knapper Ressourcen, Positionierung in einem stärker konkurrentiell geprägten Umfeld, Benchmarking usw.) 13

  14. Vorab: Rechtliche und ethische Aspekte • Wahrung der Würde der Probanden, die über die Gewährleistung von Recht und Schutz zu erreichen ist • Recht auf Wahlfreiheit und Verzicht auf Nötigung (also kein aggressives „Probanden-Kidnapping“; Teilnahme an einer Untersuchung grundsätzlich freiwillig) • Recht auf Sicherheit, d.h. eine Garantie der Anonymität der ermittelten Informationen (siehe § 30a Bundesdatenschutzgesetz) • Schutz vor psychischen Belastungen durch Stress und Folgeschäden; Erzeugung oder Tolerierung von Stress bei Marktforschungsuntersuchungen nicht intendiert, sondern eher im Bereich der medizinischen oder verhaltenspsychologischen Forschung (Teilnehmer sollten auf finanzielle Gegenleistung bestehen) • Recht auf Information, d.h. Schaffung einer Möglichkeit für die Teilnehmer, den  Untersuchungsaufbau und zentrale Untersuchungsergebnisse nach Abschluss der Untersuchung anonym (z.B. im Internet) einsehen zu können (→ informationelle Selbstbestimmung) 14

  15. Idealtypischer Ablauf eines Marktforschungsprozesses • Marktforschung in sieben Schritten (1) • Konkretisierung der Aufgabenstellung • Was ist Untersuchungsziel? • Was ist Untersuchungsgegenstand? • Was ergibt Sekundäranalyse? • Welche Voruntersuchung/Pilotstudie ist notwendig? • Bestimmen der Informationsquellen • Festlegen der Methode (Befragung, Test, …), der Zielgruppe und des Auswahlverfahrens → Untersuchungsdesign 15

  16. Idealtypischer Ablauf eines Marktforschungsprozesses • Marktforschung in sieben Schritten (2) • Gestaltung des Erhebungsrahmens • Entwicklung des Forschungsinstruments (Fragenbogen, Pretests …) • Festlegung des Ablaufs (des Experiments o.ä.) • Festlegung der Zuständigkeiten (Wer macht was?) • Durchführung der Untersuchung • Auswertung und Aufbereitung der Daten • Analyse und Interpretation der Ergebnisse 16

  17. Typen von Untersuchungen: explorativ, deskriptiv, kausal • Explorative Untersuchungen • Zielsetzung:Entdeckung von Sachverhalten • In der Praxis häufig am Anfang eines Projekts und vor dem Hintergrund des Fehlens einschlägiger Erfahrungen und Ergebnisse aus früheren Untersuchungen • Methodische Aspekte: Experten-Interviews, Tiefeninterviews mit Einzelpersonen aus der jeweils relevanten Zielgruppe, Gruppendiskussionen, Data Mining im Sinne einer automatischen Analyse vorhandener Datenbestände (z.B. OPAC-Protokolldaten, Ausleihdaten) 17

  18. Typen von Untersuchungen: explorativ, deskriptiv, kausal • Deskriptive Untersuchungen • Zielsetzung:Beschreibung der interessierenden Grundgesamtheit (z.B. Nutzer einer Bibliothek) hinsichtlich der für das Untersuchungsproblem relevanten Merkmale (z.B. Häufigkeit der Nutzung bestimmter Bibliotheksdienstleistungen) • In der Praxis wohl dominierender Untersuchungstyp • Methodische Aspekte: im Idealfall repräsentativ angelegte Untersuchungen • Kausale Untersuchungen • Zielsetzung:Begründung/Erklärung der Ursachen für beobachtete Phänomene • In der Praxis mit hohem Aufwand verbunden, da verschiedene Anforderungen überprüfbar erfüllt sein müssen: 1. gemeinsame Variation von „Grund“ und „Effekt“, 2. Veränderung des „Grundes“ zeitlich vor Veränderung des „Effekts“, 3. Ausschluss alternativer Erklärungsmöglichkeiten, 4. Vorliegen ein theoretisch begründeten Zusammenhangs • Methodische Aspekte: experimentell angelegte Untersuchungen 18

  19. Typen von Untersuchungen: explorativ, deskriptiv, kausal Zusammenhang zwischen explorativen, deskriptiven und kausalen Untersuchungen Explorative Untersuchung Deskriptive Untersuchung Kausale Untersuchung Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf Kuß/Eisend 2010, 40 19

  20. Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an empirische Untersuchungen • Objektivität • Objektivität = Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von der/den die Untersuchung durchführenden Person/en • Unterscheidung von drei Formen der Messobjektivität: • Durchführungsobjektivität = möglichst geringe Beeinflussung der Untersuchungsteilnehmer durch den Untersuchungsleiter; praktisch realisierbar durch Minimierung der sozialen Interaktion zwischen Untersuchungsleiter und Untersuchungsteilnehmern • Auswertungsobjektivität = Minimierung der Zahl der Freiheitsgrade, die der Untersuchungsleiter bei der Auswertung der Messergebnisse hat; praktisch bspw. realisierbar durch weitgehend standardisierte Erhebungsinstrumente • Interpretationsobjektivität = Minimierung der Zahl der Freiheitsgrade, die der Untersuchungsleiter bei der Interpretation der Messergebnisse hat (Würden z.B. zwei Forscher ein bestimmtes Messergebnis in derselben Weise interpretieren?) 20

  21. Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an empirische Untersuchungen • Reliabilität • Reliabilität = Unabhängigkeit der Untersuchungsergebnisse von einem einmaligen Untersuchungsvorgang (→ Reproduzierbarkeit der Ergebnisse) • Möglichkeiten der Ermittlung der Reliabilität eines Erhebungsinstruments: • Test-Retest-Reliabiltät: mindestens zweimalige Durchführung einer Messung (z.B. wiederholte Befragung derselben Personen) in einem gewissen zeitlichen Abstand und Vergleich der Ergebnisse • Paralleltest-Reliabilität: zeitgleiche Durchführung zweier Messungen mit einem vergleichbaren Messinstrument und Vergleich der Ergebnisse • Split-half-Reliabilität: Teilung des Messinstruments in zwei gleiche Hälften, Durchführung zweier Messungen mit beiden „Teil-Instrumenten“ und Vergleich der Ergebnisse 21

  22. Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an empirische Untersuchungen • Validität (1) • Validität = Gültigkeit eines Test-/Messverfahrens in dem Sinn, dass gemessen wird, was, mit Blick auf den inhaltlich interessierenden Sachverhalt, gemessen werden soll • Bei Messinstrumenten typischerweise Unterscheidung dreier Formen von Validität: • Inhaltsvalidität = Eignung und Vollständigkeit des Messinstruments mit Blick auf den zu messenden Sachverhalt; Beurteilung der Inhaltsvalidität durch Experten • Konstruktvalidität = Übereinstimmung der Messwerte mit den (empirisch allerdings nicht direkt ermittelbaren) „wahren“ Werten; in der Praxis Einschätzung der Konstruktvalidität durch Bestimmung der konvergenten und divergenten Validität • Kriterienvalidität = erwarteter Zusammenhang zwischen auf einen Sachverhalt bezogenen Messergebnissen mit auf der Anwendung eines etablierten Messinstruments basierenden Ergebnissen zu einem anderen Sachverhalt, wobei der Zusammenhang zwischen den beiden „Bezugssachverhalten“ bekannt ist – oder einfacher: Vorhandensein eines erwarteten Zusammenhangs mit einem empirischen (Außen-)Kriterium 22

  23. Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an empirische Untersuchungen • Validität (2) • Bei experimentellen Untersuchungen typischerweise Unterscheidung zweier Formen von Validität: • Interne Validität = Abhängigkeit der gemessenen Variation des „Effekts“ ausschließlich von Änderungen des „Grunds“ (d.h. Kontrolle aller Störeinflüsse) • Externe Validität = Generalisierbarkeit der mit einem Testverfahren gefundenen Ergebnisse, weitgehend unabhängig von der konkreten Untersuchungssituation und den jeweiligen Testpersonen 23

  24. Objektivität, Reliabilität und Validität als Grundanforderungen an empirische Untersuchungen Zusammenhang zwischen Objektivität, Reliabilität und Validität Ergebnisse der Befragung inhaltlich nicht interpretierbar Validität Ergebnisse der Befragung nicht reproduzierbar Reliabilität Interviewer schlecht verständlich; Interviewer verwechselt Fragen → falsche Antworten der Befragten Objektivität 24

  25. II. Informationsquellen und Untersuchungsdesign 25

  26. Primär- oder Sekundärforschung? • Begriffsbestimmung • Primärforschung = Neuerhebung von Daten für den jeweiligen Untersuchungszweck • Sekundärforschung = Neuaufbereitung und -analyse von bereits erhobenen und gespeicherten Daten für den jeweiligen Untersuchungszweck („desk research“); mögliche Datenquellen: • Institutionsinterne Quellen (z.B. Daten der Kosten- und Leistungsrechnung, Ausleihdaten, OPAC-Protokoll, COUNTER-Daten zur Nutzung elektronischer Ressourcen usw.) • (Halb-)amtliche nationale oder internationale Quellen (z.B. BIX-Datenbestand, Daten der Deutschen Bibliotheksstatistik) • Nichtstaatliche Quellen (z.B. Erhebungen im Auftrag von Verbänden) 26

  27. Primär- oder Sekundärforschung? Vor- und Nachteile 27

  28. Kriterien zur Kennzeichnung des Untersuchungsdesigns • Vielfältige Klassifikationskriterien • Erhebungsthematik: Einthemen- oder Mehrthemen-Untersuchung • Forschungsparadigma: qualitativ oder quantitativ ausgerichtete Untersuchung • Forschungsform: experimentelle, quasi-experimentelle oder nicht-experimentelle Untersuchungen • Erhebungstechnik: z.B. Befragung oder Beobachtung • Erhebungssituation: Individual-, Simultan- oder Gruppenuntersuchung • Erhebungsquelle: Art der Auskunftsperson bzw. der Beobachtungsquellen • Erhebungsintervalle: einmalig, in regelmäßigen Wiederholungen, bei identischen Erhebungsquellen (Panel-Erhebung), bei vergleichbaren Erhebungsquellen (Wellen-Erhebung) 28

  29. Quantitativ oder qualitativ? • Begriffsbestimmung • Quantitativ ausgerichtete Untersuchungen: numerische Darstellung empirischer Sachverhalte, häufig mit dem Ziel der Beschreibung von Makrophänomenen (z.B. bestimmte Merkmalsverteilungen) oder der Überprüfung von theoriebasierten Hypothesen; häufig Nutzung standardisierter Daten, die mittels statistischer Verwahren (deskriptiv oder schließend) analysiert werden • Qualitativ ausgerichtete Untersuchungen: Darstellung von Sachverhalten auf Grundlage unstandardisierter Daten, die interpretierend mittels hermeneutischer Verfahren analysiert werden 29

  30. Quantitativ oder qualitativ? • Unterschiede und wechselseitige Bezüge • Unterschiede zwischen qualitativem und quantitativem Ansatz auf einen Blick: Quelle: Eigene Darstellung, basierend auf Heere [2007], 5 • In der Forschungspraxis durchaus Kombination qualitativ und quantitativ orientierter Ansätze üblich, z.B. wenn mittels qualitativer Forschung zu einer neuen Fragestellung zunächst theoriebasierte Erklärungsansätze erst entwickelt werden, die in einem späteren Stadium dann mittels quantitativer Verfahren geprüft werden • Unterschied „qualitativ – quantitativ“ nicht gleichbedeutend mit der Unterscheidung rein qualitativer oder rein quantitativer Erhebungstechniken, da mit bestimmten Erhebungstechniken (z.B. Befragung) sowohl qualitative (Leitfadengespräch) als auch quantitative Daten (standardisierte Repräsentativumfrage) gewonnen werden können 30

  31. Vier typische Untersuchungsdesigns • Qualitative Untersuchungen • Ziel: Entdeckung von Zusammenhängen/Wirkungen problemrelevanter Variablen (und nicht quantifizierende, repräsentative Aussagen) → explorativer Charakter; Einsatz z.B., wenn es um Erkenntnisse über die Motive menschlichen Verhaltens geht • Typische Merkmale: • Geringe Strukturiertheit des Forschungsprozesses (im Vergleich mit quantitativen Verfahren) • Kleine, nicht repräsentative Stichproben (regelmäßig weniger als 100 Personen, in der Praxis häufig N < 10) • Kaum quantifizierende Aussagen • Hohe Anforderungen an mit der Datenerhebung betraute Personen 31

  32. Vier typische Untersuchungsdesigns • Querschnitts-Untersuchungen • Ziel: quantifizierende, deskriptive Aussagen über eine bestimmte Grundgesamtheit, bezogen auf einen Untersuchungszeitpunkt; streng genommen auf Basis von Querschnitts-Untersuchungen keine Aussagen über Kausalzusammenhänge möglich • In der Marktforschungspraxis weit verbreitet • Typische Aussagemöglichkeiten: • Schätzung bestimmter statistischer Maßzahlen (Anteilswerte, Mittelwert, Median ...) in Grundgesamtheiten • Vergleich unterschiedlicher Gruppen • Zusammenhänge zwischen bestimmen Variablen 32

  33. Vier typische Untersuchungsdesigns • Längsschnitt-Untersuchungen • Ziel: Beschreibung dynamischer Entwicklungen durch Erhebung gleichartiger Daten zu unterschiedlichen Untersuchungszeitpunkten • In der Praxis von besonderer Bedeutung: Panel-Untersuchungen, bei denen für eine gleich bleibende Menge von Erhebungseinheiten zu mehreren Untersuchungszeitpunkten die gleichen Merkmale erhoben werden, was, im Gegensatz zur wiederholten Durchführung gleichartiger Querschnitts- Untersuchungen, nicht nur Aussagen über Veränderungen aggregierter Werte ermöglicht, sondern Aussagen über Veränderungen auf der Ebene der einzelnen Erhebungseinheiten 33

  34. Vier typische Untersuchungsdesigns • Experimente • Ziel: systematische Untersuchung von Kausalzusammenhängen • Prinzip: systematische Variation von (unabhängigen) Variablen („Grund“) und Messung der Auswirkungen dieser Manipulation auf bestimmte abhängige Variablen („Effekt“); typischerweise Vergleich einer Experimentalgruppe (dem experimentellen Stimulus, mithin der Manipulation des „Grundes“, ausgesetzt) mit einer Kontrollgruppe (dem experimentellen Stimulus nicht ausgesetzt), wobei die Versuchspersonen entweder zufällig der Experimental- oder der Kontrollgruppe zugeordnet oder so ausgewählt („parallelisiert“) werden, dass die Gruppen bezüglich eines oder mehrerer potenzieller Störfaktoren möglichst homogen zusammengesetzt sind (ansonsten: Quasi-Experiment) • Formen:Laborexperimente (Vorteil: hohe interne Validität, Nachteil: geringe externe Validität wegen Künstlichkeit der Laborsituation) und Feldexperimente (Vorteil: hohe externe Validität, Nachteil: geringe interne Validität) • Typische Erhebungstechniken in der Praxis experimenteller Untersuchungen: Befragung oder Beobachtung 34

  35. III. Auswahlverfahren für Stichproben 35

  36. Die Grundgesamtheit – oder: Um wen geht es? • Von zentraler Bedeutung: die Definition des für die jeweilige Fragestellung relevanten Personenkreises • Klärungsbedürftige Fragen aus der Praxis der Benutzerforschung: • Über wen sollen Aussagen gemacht werden? Sind es „die Nutzer“? • Und wenn ja: Welche Merkmale sind kennzeichnend für Gruppe „der Nutzer“? (Beschreibung anhand anschaulicher Merkmale) • Abgrenzung/Definition des Kreises der im Kontext der jeweiligen Untersuchung potenziell relevanten Personen von größter Bedeutung für Untersuchungsergebnis 36

  37. Die Grundgesamtheit – oder: Um wen geht es? • Die Grundgesamtheit • Grundgesamtheit = die anhand definierter Merkmale abgrenzbare Gesamtheit der Personen (oder, abstrakter: Erhebungseinheiten), die für die Untersuchung einer bestimmten Fragestellung relevant sind • Beispiel: alle Nutzerinnen und Nutzer der Bibliothek X im Alter zwischen 20 und 29 Jahren, die in Berlin mindestens einmal pro Woche ein Buch ausleihen • Relevante Fragen in der Praxis von Marktforschungsprojekten: • Größe der Grundgesamtheit: Wie groß ist diese Grundgesamtheit? • Erreichbarkeit: Wie lassen sich die Personen erreichen, die zur Grundgesamtheit gehören? Habe ich von allen E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Postanschrift o. ä.? 37

  38. Vollerhebung oder Teilerhebung? • Von der Vollerhebung zur Stichprobe • Im Idealfall Vollerhebung, d.h. Einbeziehung aller Elemente der Grundgesamtheit in die Untersuchung, aber: organisatorisch und/oder finanziell schwierig (allerdings: in der Praxis der Benutzerforschung je nach Größe der Primärzielgruppe der Bibliothek nicht unmöglich) • In der Praxis meist Entscheidung für eine Teilerhebung, d.h. für eine Beschränkung der Untersuchung auf eine Teilmenge von Elementen der Grundgesamtheit • Stichprobe (Sample) = Auswahl der im Rahmen einer Teilerhebung zu untersuchenden Elemente nach bestimmten statistischen Gesichtspunkten • Repräsentative Stichprobe = verkleinertes „Abbild“ der Grundgesamtheit hinsichtlich aller untersuchungsrelevanten Merkmale → in diesem Fall (unter bestimmten Bedingungen) Zulässigkeit des Rückschlusses von der Stichprobe auf die Verhältnisse in der Grundgesamtheit 38

  39. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Verfahren der Stichprobenbildung • Verfahren der Zufallsauswahl (Random-Verfahren) • Basis: Wahrscheinlichkeitstheorie • Je größer das Sample, desto eher Passung Sample/Grundgesamtheit; Möglichkeit statistischer Schlüsse auf Merkmalsverteilungen in der Grundgesamtheit innerhalb bestimmter Grenzen möglich • Verfahren der bewussten Auswahl • Konstruktion der Stichprobe, d.h. gezielte und bewusste Auswahl anhand von für die jeweilige Fragestellung inhaltlich relevanten Merkmalen • Ziel: „Repräsentativität“ (allerdings nicht im statistischen Sinn) der Stichprobe hinsichtlich der interessierenden Merkmale • (Mehrstufige) kombinierte Verfahren, z.B. in einem ersten Schritt Anwendung des Quota-Verfahrens, in einem zweiten Schritt Anwendung eines auf Zufallsauswahl basierenden Verfahrens 39

  40. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Zufallsauswahl: die einfache Zufallsauswahl • „Lotto-Modell“ • Mögliche Vorgehensweisen zur Bildung von einfachen Zufallsstichproben: • Auswahl mit Zufallszahlengenerator • Schlussziffernverfahren (z.B. bei Telefonnummern) • Buchstabenauswahl (z.B. alle Namen mit „P“) • Vorteile: • Keine Auswahl nach subjektiven Vorlieben • Keine Kenntnis der Merkmalsstruktur der Grundgesamt erforderlich • Nachteile: • Vollständigkeit und Zugänglichkeit der Grundgesamtheit (z.B. Vorliegen vollständiger, aktueller, fehlerfreier Adressverzeichnisse) • Verzerrung des Ergebnisses von auf Zufallsstichproben basierenden Untersuchungen durch Verweigerer und Abwesende 40

  41. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Zufallsauswahl: die geschichtete Zufallsauswahl • Anwendung: geeignet für insgesamt heterogene Grundgesamtheiten, die aber aus hinsichtlich des Untersuchungsgegenstands relativ homogenen Teilgruppen zusammengesetzt sind (z.B. im Universitätskontext wissenschaftliche Mitarbeiter und Studierende als relevante Nutzergruppen der Bibliothek) • Vorgehensweise zur Bildung geschichteter Zufallsstichproben:Unterteilung der Grundgesamtheit in Schichten und Entnahme von Zufallsstichproben, z.B. alle Nutzer aus dem Bezirk „Mitte“, aufgeteilt nach Altersschichten (0 bis 9 Jahre, 10 bis 19 Jahre usw.) • Vorteil: Möglichkeit der Verkleinerung des Stichprobenfehlers • Nachteil: Verteilung der interessierenden Merkmalsdimension muss bekannt sein, was häufig nicht der Fall ist (z.B. für Merkmale wie „Katzenbesitzer“) 41

  42. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Zufallsauswahl: Klumpenauswahl • Vorgehensweise bei der Klumpenauswahl: • Zufällige Auswahl bestimmter (zumeist „natürlicher“) Konglomerate von Untersuchungseinheiten aus der Grundgesamtheit („Klumpen“), z.B. alleHäuser in einer bestimmten Straße • Einbeziehung aller Elemente eines Klumpens in die Stichprobe • Vorteile: • Keine Notwendigkeit einer vollständigen und in ihrer Struktur im Einzelnen bekannten Grundgesamtheit • In der Praxis: Reduzierung der Erhebungskosten • Nachteil: „Klumpen-Effekt“, z.B. wenn in einem Stadtteil („Klumpen“) nur Beamte, nur Studierende oder nur Rentner wohnen → keine Mischung 42

  43. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Bewusste Auswahl: Quota-Verfahren (1) • Vorgehensweise beim Quota-Verfahren: • Bewusste Auswahl der Erhebungseinheiten aufgrund eines Quotierungsplans, basierend auf solchen inhaltlich relevanten Merkmalen, deren Verteilung in der Grundgesamtheit bekannt ist • Bei Befragungen: Auswahl der Auskunftsperson durch den Interviewer in der Weise, dass die Auskunftspersonen mit Blick auf die stichprobenrelevanten Merkmale in der Summe der Interviews den definierten Quoten entsprechen • Vorteile: • Kostengünstig • Schnell • Elastisch • In der Praxis bewährt 43

  44. Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren • Bewusste Auswahl: Quota-Verfahren (2) • Nachteile: • Statistische Fehlerberechnung nicht möglich • Verteilung inhaltlich eigentlich relevanter Merkmale in der Grundgesamtheit nicht immer bekannt • Gefahr von Verzerrungen, z.B. weil für den Interviewer leicht erreichbare Personen bevorzugt befragt werden 44

  45. Vollerhebung Teilerhebung Zufallsauswahl Bewusste Auswahl Quota- Verfahren Geschichtete Auswahl Klumpen- Auswahl Einfache Auswahl Vorstellung verschiedener Auswahlverfahren Auswahlverfahren im Überblick Auswahlverfahren Quelle: Vereinfachte Darstellung, basierend auf Berekoven/Eckert/Ellenrieder 2009, 56 45

  46. IV. Erhebungstechniken 46

  47. Befragungen • Face-to-face-Befragungen (1) • Dauer: max. 60 Minuten • Vorteile: • Möglichkeit der Verwendung von Hilfsmitteln (z.B. Bildblätter) • Möglichkeit direkter Interviewerbeobachtungen (die auch festgehalten werden können) • Möglichkeit der Kontrolle von Umwelteinflüssen • Vergleichsweise lange Dauer • Computergestützte Durchführung (CAPI) möglich • Nachteile: • Vergleichsweise hoher Aufwand • Vielfältige Interviewer-Einflüsse möglich 47

  48. Befragungen • Face-to-face-Befragungen (2) • Mögliche Ursachen von Interviewer-Einflüssen: • Geschlecht • Alter • Äußeres Erscheinungsbild • Bildungsgrad • Gebaren • Dialekt • … 48

  49. Befragungen • Face-to-face-Befragungen (3) • Möglichkeiten einer möglichst ergebnisneutralen Gestaltung des Interaktionsprozesses: • Gute Interviewerauswahl und -schulung • Gründliche Anweisungen • Guter Fragebogen • Sorgfältige Auswahl des Befragungsumfelds (Tageszeit und Ort, Vermeidung der Anwesenheit Dritter) 49

  50. Befragungen • Telefon-Befragungen • Dauer: möglichst nicht länger als 10 bis 15 Minuten • Vorteile: • Kein direkter Interviewereinfluss aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes • Praktischer und effizienter als Face-to-face-Befragungen • Computergestützte Durchführung (CATI) möglich und, zumindest bei Marktforschungsinstituten, auch üblich • Nachteile: • Anrufer für Auskunftspersonen nicht identifizierbar • Gefahr einer schnellen Ermüdung der Auskunftspersonen 50

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