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Die Wunden der Gewalt Selbstverletzung und Borderline

Die Wunden der Gewalt Selbstverletzung und Borderline. Annemarie Pfeifer. Allgemeines. Ein Gedicht zu Beginn. „Langsam schleicht sich der Gedanke bei mir ein. Zuerst leise, dann immer lauter. Schneide dich, und es wird den Schmerz, der in dir ist übertönen.

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Die Wunden der Gewalt Selbstverletzung und Borderline

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Presentation Transcript


  1. Die Wunden der GewaltSelbstverletzung und Borderline Annemarie Pfeifer

  2. Allgemeines Ein Gedicht zu Beginn „Langsam schleicht sich der Gedanke bei mir ein. Zuerst leise, dann immer lauter. Schneide dich, und es wird den Schmerz, der in dir ist übertönen. Das hämische Gelächter lässt mich nicht los. bis ich tief verletzend mich geschnitten habe. Und dann niederschmetternd feststelle – ich schaffe den letzen Schnitt nicht. Und so gebe ich dem Lachen in mir Raum, lache mich selbst aus, verhöhne mich, lasse mir keine Ruhe. Bis der Schmerz so gross ist, dass mein Innerstes übertönt wird. Ich kann mich nicht wehren gegen diesen Zwang, bin ihm ausgeliefert, bin seine Gefangene. Das Schneiden wird für mich zur Sucht.“

  3. Bild einer Patientin mit Selbstverletzungen

  4. Allgemeines Definition Selbstverletzendes Verhalten SVV ist eine direkte, unmittelbare Schädigung des eigenen Körpers, die nicht lebensbedrohlich ist. Wird oft im Zusammenhang mit einer Borderline Störung diagnostiziert. Pathologisches SVV: Körperliche Schädigung im Zustand der inneren Not, nicht sozial akzeptiert, hoher Schweregrad. Drei Typologien: • Einmalige schwere Selbstverletzung • Wiederholte oberflächliche bis mittelschwere Selbstverletzung (bei jüngeren Betroffenen) • Stereotypische Selbstverletzung (Kopf auf den Boden schlagen bei geistig Behinderten) Anzahl: Ca. 1% der Bevölkerung, gehäuft bei Frauen zwischen 15 – 35 Jahren, Anzahl zunehmend

  5. Allgemeines Formen der Selbstverletzung

  6. Allgemeines Nicht pathologische Formen von SVV • kulturell bedingte Körpereingriffe (Tatoo, Piercing), extreme Formen der Schönheitschirurgie, • Religiöse Rituale • Geld ausgeben: Kaufsucht, Abbau von schlechter Stimmung, Glücksspiel • Riskantes Autofahren: nach Konflikt • Sexualität: wechselnde Sexualpartner, AIDS-Risiko • Bewusstes Inkaufnehmen von Risikien: nachts durch dunklen Park gehen • Substanzmissbrauch: Kick bring mich aus Leere heraus.

  7. Ursachen Deprivation - Vernachlässigung Entzug oder Vorenthalten von lebensnotwendigen Objekten oder Reizen, welche sowohl physischer als auch psychisch sein können. • Reizarmut: keine ausreichende Entwicklung. • Emot. Vernachlässigung: Mangelndes Selbstbewusstsein, Zuwendung nur bei Schmerz, Körper wird als „böse Empfunden“. • Kind als Selbstobjekt der Mutter: mangelnde Abgrenzung, keine Lebensberechtigung.

  8. Ursachen Körperliche Gewalterfahrungen Dem Kind wird ein Machtgefälle demonstriert, Gefühle, Grenzen und Rechte des Kindes missachtet. • Stabilisierung des Familiengefüges: innere Spannungen werden am Kind abreagiert, Sündenbock, die andern ignorieren Misshandlung. • Negatives Selbstbild: Kind übernimmt Signale der Eltern, dass es schlecht sei. Ich habe Strafe verdient. Wiederholung durch Selbstverletzung. • Gewaltbesetztes Weltbild: Kann Aggressionen nicht gegen Verursacher richten. Bei Jungs gegen aussen, bei Mädchen eher gegen sich selbst.

  9. Ursachen Sexueller Missbrauch Man geht von einer Häufung sexueller Missbrauchserfahrungen aus. (33 bis 70 Prozent) Ähnliche Verarbeitung wie bei körperlichen Misshandlungen: • Kind sieht sich als Ursache seiner schlechten Behandlung. Schuldgefühle grösser, weil es Lust empfindet. • Sich unattraktiv machen: unförmig dick oder spindel dürr, mit Wunden oder Narben übersät, • Körper wird als schmutzig erlebt. Er musst bestraft werden.

  10. Dynamik Innerpsychische Mechanismen • Die drei Bereiche stellen Verletzungen (Traumas) dar. Das Auftreten eines starken Traumas kann zu lebenslangen Folgen führen. • Dissoziation ist ein Schutzmechanismus in der die Wirklichkeit abgespalten wird. • Den Körper aktiv verlassen um die Demütigung nicht mehr spüren zu müssen. (Kind verlässt den Körper und befindet sich an einem andern Ort) • Traumatische Erfahrung wird als nicht real betrachtet: ich habe nur geträumt, habe missverstanden (Unterstützt durch Erwachsene) • Verlassen der Realität durch Phantasie: Papa spielt mit mir… Mechanismen wirken schützend, können aber verselbständigen und mit einem „Einschnitt“ beendet werden.

  11. Behandlung des Täters • Die Tat zugeben • die volle Verantwortung übernehmen (das Opfer entlasten) • die zugefügte Verletzung bereuen • Therapie annehmen • wenn möglich Wiedergutmachung leisten (z.B. Therapie des Opfers bezahlen) • Vorsichtsmassnahmen respektieren

  12. Gruppenarbeit • Haben Sie Erfahrungen mit selbstverletzendem Verhalten gemacht? • Welche Auslöser haben Sie beobachtet? • Wie wirkte dieses Verhalten eines Klienten auf Sie? • Was bewirkt dieses Verhalten: • beim Patienten • bei seinem Umfeld

  13. Dynamik Innerpsychische Funktionen I • Selbstfürsorge: Aus Vernachlässigung und Missbrauch entsteht Spannung, die mit Schmerzzufügung gelöst wird. • Ventil: Bei Konfliktsituationen, Einsamkeit wird Druck abgelassen. • Antidepressivum: Alleinsein verursacht heftige Zustände von innerer Leere und Depression. SVV ist eine Art Selbststimulation. • Antidissoziativum: Die Auflösung des Selbst kann durch SVV beendet werden. Ich spüre mich wieder… • Antipsychotikum: Der Vorgang der De-Realisation kann beendet werden.

  14. Innerpsychische Funktion II • Selbstbestrafung: Man fügt sich die Bestrafung selbst zu. • Suizidprophilaxe: Man kann das schlechte Gewissen stillen ohne sich selbst töten zu müssen. • Selbstkontrolle: Bei SVV liegt alles in der Hand des Patienten. Ich kann etwas aushalten. • Hilfsappell: kann durch Umweltreaktionen verstärkt werden. • Wiederholung externer früherer Gewalterfahrungen.

  15. Dynamik Schema der Selbstverletzung Innerer Drang und Druck Selbstverletzung Vorübergehende Er-Lösung Neuer Druck baut sich auf

  16. Dynamik SVV wird zur Sucht Auslöser Suchtartiges SVV Unangenehme Gefühle Selbstzerstörerische Gedanken Scham und Schuldgefühle Erinnerung an gute Gefühle nach SVV Kreisen um fixe Idee von SVV Zunehmende Dissoziation SVV, Erleichterung

  17. Hilfe / Verhaltenstherapie Tun oder Nicht-Tun? • Angemessene Reaktion: Verletzung ansprechen, keine Ausdrücke von Schreck oder Angst. • Normale Aufmerksamkeit und Beziehung: nach Gefühlen fragen, was sollte weg geschnitten werden. • Versorgung der Wunde • Adresse von Hilfen geben • Gesunde Abgrenzung: klare Abmachungen Nicht tun: • Zurückweisung, verstärkte Kontrolle, Machtkämpfe, Ultimaten, Ablehnung, übermässige Fürsorge

  18. Hilfe / Verhaltenstherapie Ersatzhandlungen • Lernen seinen Körper besser anzunehmen. • Druck anders ablassen: Bad nehmen, heiss duschen, Spaziergang, joggen, Entspannungstechniken, tanzen, Drang künstlerisch ausdrücken, auf Kissen einschlagen, sich mit weichem Gegenstand reiben, Ersatzhandlung wie eine Arbeit verrichten, Telefonieren mit Freunden, Telefonseelsorge, Tagebuch schreiben. • Aufschieben, nur einen Schnitt, einen Stift nehmen • An die Narben denken • Herausfinden, was einem gut tut.

  19. Hilfe Umgang mit Suiziddrohungen • Selbstmorddrohungen ernst nehmen • Einen Arzt einbeziehen • Einen Notfallplan erstellen • Eine Abmachung treffen • In eine Klinik einweisen Im Zweifelsfall ist die Einweisung sicherer, selbst wenn sie gegen den Willen der Patientin erfolgt.

  20. Therapie des Opfers 1. Die eigene Machtlosigkeit thematisieren 2. Sich unter Gottes Schutz und Gerechtigkeit stellen 3. Abgrenzung üben, starke Seiten fördern 4. Bewältigung von Schuld und Scham 5. Die eigene Identität entdecken 6. Gefühle anerkennen und mitteilen 7. Verantwortung übernehmen 8. Vergebung üben 9. Reif werden für Beziehungen 10. Anderen beistehen

  21. Buchempfehlung • Kreisman J.K& Straus H. (2005): Zerrissen zwischen den Extremen. München (Kösel).

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