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Organisation und Kriminalität (1. Sitzung)

Organisation und Kriminalität (1. Sitzung). Prof. Dr. Stephan Wolff Universität Hildesheim MOS - Wintersemester 2006. Organisation und Kriminalität. In dieser Veranstaltung soll die Dunkle Seite von Organisationen zum Thema gemacht werden.

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Organisation und Kriminalität (1. Sitzung)

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Presentation Transcript


  1. Organisation und Kriminalität(1. Sitzung) Prof. Dr. Stephan Wolff Universität Hildesheim MOS - Wintersemester 2006

  2. Organisation und Kriminalität In dieser Veranstaltung soll die Dunkle Seite vonOrganisationen zum Thema gemacht werden. • Wir behandeln im ersten Teil die Frage, welche Konzepte uns die angewandte Organisationsforschung im Hinblick über Aufbau und Entscheidungsprozesse krimineller Organisationen (Organisierte Kriminalität und Terrorgruppen), ihre Leistungsfähigkeit und besondere Gefährlichkeit anbietet und was sie hinsichtlich entsprechende Gegenmaßnahmen zu sagen hat. • Im zweiten Teil wollen dann untersuchen, was Organisationen für kriminelle Aktivitäten und Missbrauch empfindlich macht, und wie den Mitarbeiter mit einschlägigen Phänomen umgehen, wenn sie damit konfrontiert sind. • Hinzukommt eine eingehende Beschäftigung mit dem Phänomen des Terrorismus und seiner Bekämpfung.

  3. Termin- und Programmplan 1. Termin: Organisierte Kriminalität und die Organisation ihrer Verfolgung • Implikationen der Organisierten Kriminalität für die Polizei als Organisation • Was können Organisationen der Oberwelt von der Unterwelt lernen? • Warum Korruption? • Neue Formen des polizeilichen Wissensmanagement (Profiling, mapping) 2. Termin: Kriminalität in der Organisation und Terrorismus • Rückmeldung zur Hausarbeit • Theorie des Fehlverhaltens in Organisationen • Komplexe transnationale Bedrohungen • Terrorismus und Netzwerktheorie/Netzwerkanalyse

  4. Aufgaben 1. Hausaufgabe: Wählen Sie zwischen zwei Alternativen (1 Punkt) • Analysieren Sie Zeitungsmeldungen zur Organisierten Kriminalität und ihrer Bekämpfung unter organisationswissenschaftlichen Gesichtspunkten. (Material aus mindestens einer Tageszeitung über mindestens 3 Wochen) • Überlegen Sie, ob und wann Sie in Ihrer Organisation mit Kriminalität, auch Alltagskriminalität, in Berührung gekommen sind. Dies kann Diebstahl von Büromaterial sein, falsche Spesenabrechnung, Fälschung von Arbeitszeitkarten oder Inventarlisten, aber auch Erpressung oder körperliche Gewalt betreffen. Beschreiben Sie, welche Irritationen dies für Sie bedeutet hat, wie Sie mit dem Umfeld darüber kommuniziert haben und welche Folgen es für Ihre und für die Verhaltensstrategien anderer im Anschluss daran gehabt hat. Was haben Sie in Ihrem Arbeitsumfeld diesbezüglich beobachtet? Lokalisieren Sie dabei insbesondere Vermeidungsstrategien und reflektieren Sie, ob und ggf. welche Veränderungen dies für die Funktionsweise in Ihrer Organisation bewirkt hat.Umfang: mindestens 6 Seiten 2. Hausaufgabe (3 Punkte) Erstellen Sie eine Expertise über Formen, strukturelle Ursachen und mögliche/unternommene Gegenmaßnahmen in Bezug auf deviantes Verhalten in einer ausgewählten Organisation. Formulierung einschlägiger Empfehlungen. Wägen Sie diesbezüglich Kosten und Nutzen gegeneinander ab. Umfang: mindestens 10 Seiten.

  5. Gliederung der heutigen Sitzung • Einstieg „Was ist Organisierte Kriminalität?“ • Implikationen der Organisierten Kriminalität für die Polizei als Organisation • Was können Organisationen der Oberwelt von der Unterwelt lernen? • Warum Korruption? • Profiling und Mapping-Techniques – eine neue Form des polizeilichen Wissensmanagement

  6. Was „ist“ Organisierte Kriminalität? • Organisierte Kriminalität (OK) ist als solche nicht sichtbar (Metaphern: Krake, Netz, Eisberg) • OK ist ein Ermittlungsergebnis einschlägiger Organisationen (Polizei, Staatsanwaltschaft, Presse) • Organisierte Kriminalität kann immer vermutet, die Vermutung selbst kann aber fast nie wirklich ausgeräumt werden. Andererseits kann man sich als Rezipient einem solchen Verdacht kaum mehr entziehen. • OK ist ein Ergebnis einer Situationsdiagnose. Aussagen über OK sind ohne Rückgriff auf polizeiliche Informationen nicht möglich. OK ist nicht unabhängig vom polizeilichen Wissensmanagement. • OK ist verbunden mit neuen Bekämpfungsformen wie Network-Detection, Verdachtschöpfung, aktive Informationsbeschaffung, Profiling.

  7. Offizielle Definition „Organisierte Kriminalität“ „Organisierte Kriminalität ist • die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte • planmäßige Begehung von Straftaten, • die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, • wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig • a. unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, • b. unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder • c. unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“ • Der Begriff umfasst nicht Straftaten des Terrorismus.“ Quelle: Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei, 1990/RiStBV 1991

  8. Geschäft – Gewalt – Politische Einflussnahme (1999)

  9. Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen • Verflechtung illegalen und legalen Wirtschaftslebens • Illegale Gelder werden über gewerbliche Strukturen in den Wirtschaftskreislauf eingeschleust. • Spektrum gewerblicher Strukturen: Pizzerias, Restaurants sowie eine große Anzahl Gastronomie-Kleinbetriebe; Detekteien und andere Unternehmen der Sicherheitsbranche; Veranstaltungsfirmen (gelegentlich Verflechtungen zu Firmen der Sicherheitsbranche); Im- und Exportfirmen; offene Zolllager; Reisebüros; Finanzmakler und Brokerhäuser für Investment- und Warentermingeschäfte, Immobilienmakler; Kfz-/Gebrauchtwagenhandel; Druckereien; Baufirmen • In einigen Kriminalitätsbereichen, z.B. beim Zigaretten- und Alkoholschmuggel, sind Firmenstrukturen aus logistischen Gründen vorhanden (Aufkauf und Transport der Ware, Beantragung von Gefahrgut- und Transitgenehmigungen, Abfertigungsmodalitäten) • Das Vorliegen geschäftlicher Strukturen korreliert mit hoher Professionalität, Arbeitsteiligkeit sowie mit Besonderheiten des „Geschäfts“

  10. Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen (2) Beispiele: • gefestigte und gut eingespielte Abläufe hinsichtlich Lieferung, Transport, Vertrieb und Absatz des Schmuggelgutes • Erbringung einzelner, aufeinander abgestimmter Dienstleistungen im Bereich der Schleusung inklusive der Gewährung einer Schleusungsgarantie • Strategie, auf lokaler bzw. regionaler Ebene durch Dumpingpreise für qualitativ hochwertiges Rauschgift eine Vormachtstellung auf dem BtM-Sektor aufzubauen • allgemein ein marktwirtschaftlich orientiertes, geschäftsähnliches Gebaren mit Aspekten wie Arbeit auf Bestellung, Nutzung wechselnder Bezugsquellen für BtM etc.

  11. Anwendung von Gewalt und anderen Mitteln der Einschüchterung 1. Die Erscheinungsformen von Gewalt sind breit gefächert (Betonung der eigenen Gewaltbereitschaft, z.B. durch ständiges Tragen einer Schusswaffe, einfache und schwere Körperverletzungen, Ankündigungen, die Schusswaffe zu gebrauchen bis zu vollendeten Tötungsdelikten). 2. Motive: Rekrutierung von Tatbeteiligten, Schaffung einer zweckdienlichen Gewaltreputation (Tatvorbereitung), Tatdurchführung und der Disziplinierung von Tatbeteiligten bzw. Tatverdeckung (Nachtatphase). 3. Für Führungspersonen ist eine ausgeprägte Gewaltreputation typisch. Es gelingt hierdurch, tatsächliche oder potenzielle Kontrahenten auch ohne konkrete Gewaltanwendung gefügig zu machen oder einzuschüchtern. 4. Eine andere Form der Ausübung von Gewalt ist das Auftreten in größeren Gruppen (Kosovo-) albanische Tatverdächtige; Rockergruppen). Dies schützt zum einen den einzelnen Täter vor einem individuellen Tatvorwurf und erzeugt Gefühl der Ohnmacht. 5. Quer durch alle Kriminalitätsbereiche ist Gewalt ein Mittel zur Durchsetzung von Forderungen. Sie ist nicht von vornherein auf besonders hierfür prädestiniert erscheinende Kriminalitätsbereiche (z.B. Rauschgiftkriminalität, Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben) beschränkt.

  12. Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft 1. Einflussnahme: begünstigende Handlungen oder Unterlassungen, die im Interesse der Straftäter liegen. • Abgrenzung zur legitimen Beeinflussung von Entscheidungsträgern: verwerflicher Charakter der Einflussnahme - entweder in den Mitteln oder in den Zielsetzungen. Indizien: Bedrohung, Gewaltanwendung, Erpressung, Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen und Korruption. • Schwelle zu verwerflichen Formen der Einflussnahme liegt unterhalb der strafrechtlich relevanten Korruptionstatbestände: §§ 331-335 StGB (Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung, Bestechung, besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung); § 108e StGB (Abgeordnetenbestechung); §§ 299 und 300 StGB (Angestelltenbestechung/-bestechlichkeit) 4. Spannbreite: von vorwiegend persönlichen Kontakten, die nur gelegentlich, beispielsweise Informationsbeschaffung genutzt werden, bis zu nachgewiesenen Korruptionsdelikten. Im Vorfeld der eigentlichen Einflussnahme finden sich oft legale persönliche wie geschäftliche Kontakte, die ein Potenzial für eine tatsächliche Einflussnahme bilden können. 5. In den Ländern des ehemaligen Ostblocks steigt die Korruptionsbereitschaft und damit auch die Möglichkeiten der Einflussnahme durch die niedrigen oder gelegentlich sogar ganz ausbleibenden Gehälter der öffentlich Bediensteten.

  13. Auswirkungen der OK-Bekämpfung auf die Polizei als Organisation • Die Bekämpfung von OK verändert die operativen Polizeiarbeit zu • pro-aktiv statt re-aktiv • Delikt übergreifend statt Delikt bezogen • Personen- und Organisation- bezogen statt auf Taten bezogen • verdeckt statt offen • kognitiv statt normativ • Aufbau und die Organisationskultur der Polizei ändern sich • durch neue Organisationsformen • durch neue Einrichtungen • durch eine neue Form der Professionalität • Durch neue rechtliche Grundlagen und Befugnisse • Damit verändert sich das Verhältnis von Polizei zu ihrerinstitutionellen (Staatsanwaltschaft) wie zur sonstigen gesellschaftlichen Umwelt • Der nahe liegende Generalverdacht erzwingt eine „Ökonomie des Verdachts“ • Polizei übernimmt aktive Rolle bei der Gestaltung ihrer Umwelt

  14. Polizei als Wirklichkeitsproduzentin • Polizei muss neues Wissen schaffen (bis hin zur Provokation von Ereignissen!) • Die Arbeit mit und an Informationen („Intelligenz“) wird zum zentralen Gegenstand der einschlägigen Abteilungen. • Rückgriff auf selbst kreierte Indikatoren-Listen und Routinen des Informationsabgleichs (Rasterfahndung, Profiling, Musterbildung). • Bias in Richtung auf ethnisch definierte Gruppen (Generalindikator). • Übergang von der passiven Informationsverdichtung zur aktiven Wissensproduktion bzw. Verdachtsverdichtung im Rahmen von „Projekten“

  15. OK als Anwendungsfall konstruktivistischer Organisationsansätze 1. Strukturen, Prozesse, Inhalte organisatorischer Wissensproduktion • Welches sind die mentalen Modelle, die Schlusstechniken, die Arbeits- und Entscheidungsformen? • Fragen: • Reichen die überkommenen polizeilichen Interpretationsfolien aus? • Woher bezieht die Polizei gegebenenfalls ihre neuen Ideen? • Ist die Polizei in ihrer Wahl frei? 2. Wie gestaltet die Organisation ihr Umweltbild? • Wodurch entsteht ein Verdacht? • Probleme der Erfassung: OK-Kriminalität hat oft keine Opfer, hoher Grad am Abschottung der OK, OK intern lose verkoppeltes System) • Polizei-Motto: „Sichtbare OK ist schlecht organisierte OK“

  16. Wie Organisationen ihre Umwelt interpretieren(Daft und Weick 1984)

  17. Polizei als „Projekt-Organisation“? • Bereichsspezifische Definition von „Projekt“: Sonderauswertung von Informationen, die außerhalb der Auswertungsroutinen stattfindet. Teamartige Arbeitsform • Zwecke: Lagebeschreibung - Verdachtschöpfung und Verdachtsverdichtung • Gegenstand: Man entscheidet sich einen bestimmten Gegenstand „erhellen“ zu wollen („Markt-Erkundung“). Man konzentriert sich auf eine Gruppe, ein soziales Feld, einen räumlichen Bereich, ein Problem (Motto: „vom Problem zu Täter kommen“) • Indikatoren für Einrichtung (Veränderungen in der Szene; Anstoß durch die allgemeine Lagebeschreibung („systemischer Ansatz“); Kriminalistische Hypothesen (Vermutung, dass ein bestimmtes Milieu OK-trächtig ist). • Beispiele (des BKA): Italienische Organisierte Kriminalität (IOK), osteuropäische Organisierte Kriminalität (OOO); Menschenhandel; Schutzgelderpressung • Vorgehen: Zusammenziehen aller verfügbaren Informationen, aktive Informationsbeschaffung, Bewertung. Dabei Übergang von „harten“ zu „weichen“ Daten.

  18. Polizeiliche Konstruktionselemente von OK

  19. Gruppenarbeit: Projektgruppe OK • Wählen Sie sich in Vierergruppen einen „Gegenstand“ • Welche Gründe haben Sie zur dieser Wahl veranlasst? Welche Indikatoren weisen in diesem Fall auf OK hin? • Welche Strategien zur Erhellung dieses Bereiches ziehen Sie in Erwägung? Wie kommen Sie an die relevanten Informationen? • Welche Personen bzw. Tätergruppen nehmen Sie ins Visier und mit welchen Methoden wollen Sie das tun? • Sie haben 30 Minuten Zeit. Richten Sie sich auf eine Präsentation ein.

  20. Arbeitsprogramm für den zweiten Sitzungsteil 1. Thesen: Das können Oberwelt- von Unterweltorganisationen lernen? 2. Was macht Organisationen für kriminelle Aktivitäten und Missbrauch empfindlich und wie gehen die Mitarbeiter mit einschlägigen Phänomenen um, wenn sie damit konfrontiert sind? (mit Blick auf die Hausaufgabe) • Soziologischer Erklärungsversuch für Korruption • Hintergründe alltäglicher Korruption in Organisationen • Probleme bei der Aufdeckung 3. Neue Formen der Entdeckung der Organisation von Kriminalität („Organisation Zweiter Ordnung“) • Mapping-Techniken • Netzwerk-Rekonstruktionen 4. Ergebnissicherung

  21. Was können Oberwelt- von Unterweltorganisationen lernen? (1) • Geschäfte werden ohne feste Büros abgewickelt • Fähigkeit projektbezogen und themenzentriert zu kommunizieren • Geschäftsfelder sind durch gesetzliche Bestimmungen definierte „Versorgungslücken“, die nach systematischer Marktbeobachtung und Risikoabschätzung geschlossen werden • Aktuell: starker Professionalisierungsschub im Technischen wie im Organisatorischen • Symbiotische Verhältnis zur eigenen Organisation (z.T. durch Ethnisierung) • Wissensmanagement: Bemühen um Geheimhaltung bei gleichzeitiger hoher Vernetzung. Trennung intensiver interner von externer Kommunikation. Fachsprachen zur Bewältigung der Kommunikationsprobleme an den Schnittstellen • Weiche Formen der Machtausübung bevorzugt (Antizipation von Gewalt) • Interesse mit dem Rest der Gesellschaft nicht in Konflikt zu geraten

  22. Was können Oberwelt- von Unterweltorganisationen lernen? (2) • Karrieremuster: konformistische Anpassung; Extravaganzen moralischer Art verpönt • Rekrutierung über Netzwerke, gelegentlich auch Headhunter, wichtig sind Kontaktbörsen (wie Boxveranstaltungen, Begräbnisse, Geburtstage) • Führungsqualifikation: Kombination von intellektuellen und asketische Eigenschaften sowie „Durchsetzungsfähigkeiten“. Praxisbewährung oberstes Kriterium. • Führung bedeutet Ziel orientierte Gestaltung von Projekten unter den Prinzipien der Konspiration. Bedeutungszuwachs von temporären Projekten. • Gesetz des Wiedersehens verhindert „Free Riders“. Konspiration bindet Kräfte, erzwingt andererseits Konzentration auf das Wesentliche und ständige Umweltbeobachtung • Unterweltorganisationen haben Züge von „Adhocracies“, die über „mutual adjustments“ gesteuert werden (Mintzberg) • Passende Rahmenbedingungen: komplexe und sich schnell verändernde und wenig überschaubare Marktsituation

  23. Was können Oberwelt- von Unterweltorganisationen lernen? (3) Stärken • problemorientierte Lösungen • die von einer im Durchschnitt jüngeren Mitarbeiterschaft geleistet werden • fast nur horizontale und wenig formalisierte Kommunikations- und Kooperationslinien • Führungsgremien kommen nur Anlass bezogen zusammen und tagen nur so lange, wie unbedingt nötig • Eindeutigkeit der Auftragvergabe und der Qualitätsstandards • ausgefeiltes System interner Schlichtung und Konfliktbereinigung • hoher Aussendruck unterstützt das Comittment und die Corporate Identity • Betonung von Selbststeuerung und Verantwortungsübernahme

  24. … under the table

  25. Ein Erklärungsversuch für Korruption in Organisationen • Illegale Varianten organisatorischen Handelns bilden sich, wenn das Vertrauen stark personalisiert wird und Organisationsleistungen nur über persönliche Kontakte zu erreichen sind. • Überlagerung des „rationalen“ Personalmanagement durch ein Patronagenetz. Wie Entscheidungen „wirklich“ zustande kommen, kann man nicht feststellen. Also zählen und wirken Vermutungen. Jeder ist wohl beraten, wenn er sich so verhält, als ob es Patronage gäbe. • In stratifizierten Gesellschaften spricht man von „Nepotismus“. Die Personalauswahl richtet sich gänzlich nach organisationsexternen Gesichtspunkten. Clan- oder Parteizugehörigkeit begründen eine Art Anspruch auf Bevorzugung und Förderung. Zu beachten ist, dass der Organisation auf diese Weise Solidaritätsquellen zugeführt werden, die sie sich in der gegebenen Gesellschaft nicht selbst erschließen könnte. 4. Diese Ordnung stützt sich in weitem Umfang auf Vermittlungsrollen, d.h. auf Sponsoren mit Zugang zu Sponsoren. Die Gunst muss nicht direkt, sondern kann „für andere, die es verdienen“ erbeten werden. Das System funktioniert altruistisch und im Kontext der herrschenden partikularistischen Moral moralisch einwandfrei.

  26. Ein Erklärungsversuch für Korruption in Organisationen • In manchen Länder hat dies die Ausbildung von Kontaktnetzen und von auf Personen angewiesene Vermittlungsdiensten zur Folge, die sich als unentbehrlich erweisen, wenn etwas in Gang gebracht werden soll. Aber diese Netzwerke sind nicht mehr in ständischen Patron/ Klient - Verhältnissen rückversichert (wie noch bei der Mafia). • Das Problem liegt in der Insuffizienz der Organisation. • Es handelt sich keineswegs um ein Relikt einer vergangenen Ordnung, die einer Modernisierung unterzogen werden müssten, sondern um direkte Korrelate der Moderne selbst. • Die Übergänge in moderne Organisationssystem sind fließend (Parteienstaat; Korporatismus, Verbändeherrschaft etc.)

  27. Neue Formen des polizeilichen Wissensmanagement (Profiling, mapping)

  28. Kategorisierung und Profiling • Wer sich im öffentlichen Raum kompetent bewegt, macht sich als jemand erkennbar, der „normal“ und „ordentlich“ seinen Geschäften nachgeht („normale Erscheinung“) • Die Beteiligten sozialer Szenen wissen um diese Erkennbarkeit (Adam‘s Problem) und versuchen unwillkürlich oder gezielt, dieser zu entsprechen. • Frage: wie versucht die Polizei mit Hilfe einer Analyse der Erscheinungsweise von Personen, Prozessen und Sachen auf die Wahrscheinlichkeit von kriminellem Verhalten zu schließen? • Wie kommen Polizisten dazu (nicht) „Verdacht zu schöpfen“? Welche Methoden setzen sie dazu ein? • Zwei korrespondierende Vorgehensweisen: • Polizisten organisieren ihr Arbeitsfeld bzw. ihren Bezirk als ein „Territorium normaler Erscheinungen“. • Sie wenden eine Unvereinbarkeitsprüfung („incongruity procedure“) an. • Die „Unvereinbarkeit“ wandelt sich je nach den Umständen und der Zeit der Beobachtung.

  29. Kategorisierung und Profiling • Ähnliche Techniken entwickeln andere Abweichungs-Spezialisten wie Sozialarbeiter, Kontaktbeamte, Sozialgeographen, Archäologen, Taxifahrer oder Psychiater. • Über diese Prozeduren reflexiv verfügen zu können, d.h. in der Lage zu sein, zwischen Fassaden und Realität Übereinstimmungen oder Differenzen herzustellen, unterscheidet den Novizen vom erfahrenen Profi. • Meist ist dieses Wissen nicht explizit verfügbar, sondern steckt den Betreffenden in den Knochen („da stimmt was nicht“). • Umgekehrt verfügen auch ihre Zielgruppen über dieses Wissen und setzen es ein, um nicht aufzufallen. • Nutzbarmachung in der Methode des Profiling, bezüglicher derer sich eigene Spezialisten herausgebildet haben (eigenes Krimisujet).

  30. Generalisierungsproblem • Typische Kategorisierungsfragen: • Was ist ein gefährlicher Hund? • Wie erkenne ich einen Mafiosi oder einen Terroristen? • Lösung klassisch: rassisch-ethnisches Profiling • Merkmale sind nicht ausschließend, nicht stabil und nicht isoliert (z.B. Schmuggler, britisch-islamistischen Terroristen) • Radikale Reduktion der Merkmale beim US-Zoll: • Ist etwas verdächtig an der physischen Erscheinung? • Ist Person nervös? • Gibt der Suchhund Alarm? • Gibt es schon besondere Informationen über die Person? • Ist etwas mit den Papieren nicht in Ordnung? • Ist Schmuggelgut gefunden worden, dass auf diese Person hinweist? • Rückgang der Durchsuchungen um 75%; Anstieg der Funde um 25% • Profiling von Kontexten, nicht von einzelnen Merkmalen oder Merkmalsträgern (Kampfhund + Halter + Gegend)

  31. Kriminalistische Fallanalyse

  32. Quelle: BKA, nach FBI-Modell

  33. Rückgang der Kriminalität in den USA

  34. Rückgang der Kriminalität in den USA

  35. New Yorks Bürgermeister Guigliani im Interview In fighting crime, you also started small. Maybe you could talk a little bit about the "Broken Windows" theory. Why was it so important to clean up the streets and get rid of graffiti? Well, I very much subscribe to the "Broken Windows" theory, a theory that was developed by Professors Wilson and Kelling, 25 years ago maybe. The idea of it is that you had to pay attention to small things, otherwise they would get out of control and become much worse. And that, in fact, in a lot of our approach to crime, quality of life, social programs, we were allowing small things to get worse rather than dealing with them at the earliest possible stage. That approach had been tried in other cities, but all small cities, and there was a big debate about whether it could work in a city as large as New York. One of the ways that New York used to resist any kind of change was to say, "It can't work here," because they wanted to keep the status quo. There is such a desire for people to do that, to keep the status quo. And I thought, "Well, there's no reason why it can't work in New York City. We have bigger resources. We may have bigger problems, we have bigger resources, the same theory should work." So we started paying attention to the things that were being ignored. Aggressive panhandling, the squeegee operators that would come up to your car and wash the window of your car whether you wanted it or not -- and sometimes smashed people's cars or tires or windows -- the street-level drug-dealing; the prostitution; the graffiti, all these things that were deteriorating the city. So we said, "We're going to pay attention to that," and it worked. It worked because we not only got a big reduction in that, and an improvement in the quality of life, but massive reductions in homicide, and New York City turned from the crime capital of America to the safest large city in the country for five, six years in a row. To what do you attribute the drastic cut in serious, violent crime? The drastic cut in crime in New York City -- which continued after crime started going up in other cities -- has to do with two principal things and then a lot of other things. One is the "Broken Windows" theory. You've got to pay attention to everything, and you can't give criminals a sense of immunity. The second is the COMSTAT program, the computer program that measures crime every single day in every single part of the city, pin-maps it, plots it, and gives you real hard data on which you can make decisions about your law enforcement strategies. So every day, you can look at where crime is going up, where crime is going down, and assign your police not based on some kind of a hunch or guess, but based on the fact that crime is going up in this part of the city, and this is where we have to put our police officers, and these are the kinds of police officers that we need to do it, because you need different kinds of police officers based on different kinds of crimes. In one part of the city, you can have auto theft going up. You need a certain kind of policing and a certain kind of police officer to reduce that. In another part of the city, you could have thefts of office buildings. You need a different kind of police officer, you need a different kind of policing, and you need the help of the security people in the buildings. But by having these accurate statistics and keeping after them very intensely, you get to see these trends right away, and then you can take action to stop it before it gets out of control.

  36. Mapping-Techniken (1) • Verbrechen sind soziale Phänomene. Daher ist ihre räumliche Verteilung nicht zufällig. Damit ein Verbrechen passieren kann, müssen sich Täter und Opfer bzw. Ziele für eine gewisse Zeit am selben Ort befinden. • Geographische Faktoren beeinflussen die Wahl eines Tatorts. Geographische Informationssysteme (GIS) und neuartige Kartierungstechniken bieten Analysten Möglichkeiten diese Zusammenhänge zu erkennen. • Einfache Karten zeigen lediglich die Tatorte, was z.B. zur Optimierung von Streifengängen genutzt werden kann. • Komplexe Karten erlauben Trendanalysen und Ursachenmodelle für kriminelle Aktivitäten zu formulieren und zudem Fahndungen (etwa nach Mehrfachtätern) zu verbessern (durch geographischer Modus operandi, Eingrenzung von Lebensbereichen der Täter) • Kartentechniken sind nicht auf den Gebrauch von Polizeibehörden beschränkt, sie lassen sich nutzen für die Information von Politik, Presse und für Zwecke der Information der Öffentlichkeit (gelegentlich bis hin zu problematischen Formen)

  37. Mapping-Techniken (2) 4. Um räumliche Trends abzubilden, gibt es spezielle Kartenprogramme („isopleth maps“) Diese bilden die Daten in Farbklassen ab und zeigen deren kontinuierliche Verteilung im Raum (d.h. unabhängig administrativen und sonstigen Einheiten). 5. Dadurch lassen sich Orte mit hohen Kriminalitätskonzentrationen („Hot Spots“) und ihre Veränderungen im Laufe der Zeit erkennen. (s. die Darstellung von Familienstreitigkeiten) Vergleiche der beiden Karten zeigen in diesem Fall einen dramatischen Anstieg und das Entstehen neuer „Hot Spots“ für die ganze Stadt um eine Periode von 9 Jahren hinweg. 6. GIS lassen sich vielfältig einsetzen, etwa für das Entwerfen von Verkaufsstrategien, für ökologische Fragestellungen, im Immobilienbereich, für militärische Überwachung, in der historischen Migrationsforschung und bei der Routenwahl von Krankenwagen, bei der Klärung von Standort- und Verkehrsproblemen oder im organisatorischen Wissensmanagement (Patentdatenbanken, Data-Mining) einsetzen. 7. Mit Hilfe von GIS lassen sich „künstliche Gesellschaften“ konstruieren und als Modelle untersuchen. 8. GIS haben ein hohes Erkenntnis-, aber auch ein hohes Irreführungspotential (vgl. Mark Monmonier: Eins zu einer Million. Die Tricks und Lügen der Kartographen. 1996)

  38. Hot Spots

  39. Situational Crime Analysis (Brantingham Methode) The object is to study the site numerous times, on different days, different weeks, even different seasons if possible. For example, places look different at night and places are used differently during the week rather than the weekends. consider time, place, scale look for pathways and activity nodes look for debris ie. needle caps, butts, condoms, slurpy straws look for maintenance levels, graffiti signs of remediation / retrofit ie. graffiti removal, window bars look for neighbourhood caring night conditions ie. lighting consider prospect and refuge opportunities look for potential guardians people watch; who’s going where

  40. E 29th AV Theft from Auto - 1998 Vancouver Police Department Crime Analysis Unit 3,656 incidents in 2,255 locations KINGSWAY

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