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Psychiatrie Vor 14

Psychiatrie Vor 14. Abhängigkeit und Sucht Definitionen: Sucht ist nach WHO ein Zustand periodischer oder chronischer Intoxikation, verursacht durch wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Substanz , der für das Individuum und die Gemeinschaft schädlich ist.

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Psychiatrie Vor 14

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  1. PsychiatrieVor 14

  2. Abhängigkeit und Sucht Definitionen:Sucht ist nach WHO ein Zustand periodischer oder chronischer Intoxikation, verursacht durch wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Substanz, der für das Individuum und die Gemeinschaft schädlich ist. Psychische Abhängigkeitist definiert als übermächtiges, unwiderstehliches Verlangen, eine bestimmte Substanz/Droge wieder einzunehmen (Lust-Erzeugung und/oder Unlust-Vermeidung). Physische (körperliche) Abhängigkeitist charakterisiert durch Toleranzentwicklung (Dosissteigerung) sowie das Auftreten von Entzugserscheinungen. Abusus oder Missbrauchbeinhaltet den unangemessenen Gebrauch einer Substanz/Droge, das heisst überhöhte Dosierung und/oder Einnahme ohne medizinische Indikation. Wiederholtes Einnehmen führt zur Gewöhnung, psychisch durch Konditionierung, körperlich in der Regel mit der Folge der Dosissteigerung. Unter Polytoxikomanie(polyvalente Sucht) wird eine Mehrfachabhängigkeit, also die gleichzeitige Einnahme verschiedener Suchtmittel, verstanden.

  3. Abhängigkeit oder Sucht kann charakterisiert werden als dominierendes Verlangen oder zwanghaftes Bedürfnis und Angewiesensein auf bestimmte Substanzen. Durch das Suchtverhalten bzw. Suchtmittel wird vorübergehend eine für unbefriedigend oder unerträglich gehaltene Situation scheinbar gebessert. Die sich anschließende „Ernüchterung" durch das Konfrontiertwerden mit der Realität (Kontrastphänomen) lässt einen Circulus vitiosus entstehen, dessen Hauptelemente das unbezwingbare Verlangen nach dem Suchtmittel und der Kontrollverlust sind. Süchtigem Verhalten wird eine selbstzerstörerische Komponente zugeschrieben („protrahierter Suizid"). Wachsende Bedeutung kommt auch den nichtstoffgebundenen Abhängigkeitenzu. Bei der Spielsucht kann der Spieldrang kaum kontrolliert werden und führt zu beruflichsozialem und familiärem Ruin. Häufigste Glücksspielform ist das Spielen am Geldautomaten.

  4. Historisches: Schon vor ca. 9000 Jahren waren die Sumerer in Mesopotamien mit der Zubereitung von Bier vertraut. Zur Verarbeitung von Weintrauben kam es bereits vor 8000 Jahren Im klassischen Griechenland war das Trinkgelage der Höhepunkt des Abends, Symposion genannt. Der Philosoph Epiktet (60-140 n. Chr.) stellte fest: „Der Weinstock trägt drei Trauben: die erste bringt die Sinneslust, die zweite den Rausch, die dritte das Verbrechen." Die Gründung geistlicher Orden und die Errichtung von Klöstern trugen wesentlich zur Verbreitung des Weinbaus bei. Das Mittelalterstufte den Wein als Gottesgabe ein, tadelte aber dessen unmäßigen Gebrauch. Das faster der Trunkenheit, vor allem des exzessiven, nötigenden Zutrinkens, wurde im Mittelalter durch zahlreiche Verboteangegangen. Immer wieder wurde durch Gesetze und staatliche Eingriffe versucht, das Problem des Alkoholismus einzudämmen. In den USA bestand zwischen 1817 und 1933 die Prohibition,das staatliche Verbot der Herstellung und des Verkaufs alkoholhaltiger Getränke. Das erste Trinkerasyl in Deutschland („Siloah") wurde 1851 im Rheinland gegründet. Mit der Industrialisierung entstanden die ersten Schnapsfabriken. 1968 wurde der Alkoholismus vom Bundessozialgericht als Krankheit anerkannt. Konflikthafte Ambivalenz: Alkoholkonsum zwischen Elend und Genuss, vom sinnvollen Bezug über riskanten Konsum zum schädlichen Gebrauch.

  5. Opium,der eingedickte Milchsaft aus den Samenkapseln des Schlafmohns, gehört zu den ältesten und am weitesten verbreiteten Drogen. Homerpreist in der „Odyssee" die beruhigende Wirkung des Opiums,Paracelsuswandte die „Opium-Kur" zur Behandlung endogener Depressionen an. 1804 gelingt W. A. Sertürner die Isolierung des „schlafmachenden Prinzips" im Mohnsaft, das er Morphium nennt. Als weitere Rauschdrogen kommen bereits seit Jahrtausenden im arabisch-asiatischen Kulturkreis Haschisch(indischer Hanf, Cannabis), im mittel- und südamerikanischen Raum Koka und andere Halluzinogene, Pilz- und Kakteenarten (Meskalin, Psilocybin) zur Anwendung. In den 20er Jahren pflegten die großstädtischen bürgerlichen Kreise Deutschlands den Konsum von Kokain, Morphin und Heroin. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg experimentierten mit Haschischnur einige Schriftsteller und Wissenschaftler. Mit den Protestbewegungen der 60er Jahre setzte dann ein regelmäßiger Konsum in bestimmten Bevölkerungsgruppen ein. Derzeit im Vormarsch sind Designer-Drogen wie Crack und Ecstasy. Ein fataler, aktueller Trend sind sog. „Alcopops"(Mixgetränke auf Basis von Limonade mit Rum oder Wodka).

  6. Klassifikation: Unterschieden werden stoffgebundene(Alkohol, Drogen, Medikamente und z. B. Genussmittel wie Nikotin) und nichtstoffgebundene Abhängigkeit,sowie legaleundillegaleDrogen. Prägnanz-Typen der Abhängigkeit (nach WHO): -Morphin-Typ -Barbiturat-Alkohol-Typ -Kokain-Typ -Cannabis-Typ -Amphetamin-Typ -Halluzinogen-Typ.

  7. Epidemiologie: Der Anteil der Abhängigen beträgt ca. 5-7% der deutschen Bevölkerung. Die bei weitem größte Bedeutung kommt der Alkoholabhängigkeit zu. DieZahl der Betroffenen liegt in Deutschland bei 2,5 Millionen, die Zahl der Drogenabhängigen bei 150 000, die Zahl der Medikamentenabhängigen bei ca. 1 Million. Ca. 10 Millionen Deutsche sind nikotinabhängig. An den Folgen ihrer Alkoholerkrankung sterben in Deutschland jährlich ca. 40 000, aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit ca. 1500 und infolge des Rauchens ca. 130 000 Menschen. Die volkswirtschaftlichen Folgekosten z. B. der Alkoholabhängigkeit belaufen sich auf mindestens 20 Mrd. € jährlich.

  8. Ätiopathogenese: 3 Faktoren sind Bedingung:Droge, Individuum, soziales Umfeld. Die meisten Drogen steigern die Dopamin-Freisetzungund lösen so Euphorie aus. Auch Glutamatwird eine wesentliche Rolle für am „Suchtgedächtnis" beteiligte Lernprozesse zugeschrieben. Es steht heute fest, dass es eine genetische Vulnerabilitätgibt. Durch Neuroadaptation entwickelt sich ein „Suchtgedächtnis".Typische Suchtmotivesind Lösung von Verstimmungszuständen, Leistungssteigerung, Einsamkeit, Langeweile, Erlebnissuche, Schmerzlinderung und Wunsch nach Betäubung. In der prämorbiden Persönlichkeitfinden sich häufig verminderte Frustrationstoleranz, erhöhter Reizhunger, Stimmungslabilität, „Broken Home", fehlende Leitbilder, aber auch Verwöhnung als entwicklungsstörende Faktoren. Auch soziokulturelle Einflüsse(z. B. Konsumsitten, Werbung) und staatliche Restriktionen sind von Bedeutung. Lern- und Konditionierungsprozessespielen ebenfalls eine Rolle. So können Drogen durch Vermittlung angenehmer Effekte als positive Verstärker süchtigen Verhaltens angesehen werden.

  9. Symptomatik: Es können verschiedene psychische, körperliche und soziale Folgen auftreten. Klinische Erscheinungsbilder sind: -Intoxikation -Missbrauch -Abhängigkeitssyndrom -Entzugssyndrom -induzierte psychotische Störung. Diagnostik: Die Diagnose ist in frühen Stadien schwierig. Bestimmte Laborwerte sind der beste Beweis für eine (aktuelle) Substanzaufnahme. Wegen der Dissimulationstendenz kommt fremdanamnestischen Angabengroße Bedeutung zu. Nicht wenige Konsumenten nehmen mehrere Substanzen zu sich (Polytoxikomanie).Die Diagnose sollte nach dem wichtigsten Stoff gestellt werden.

  10. Therapie: Primäre Voraussetzung ist das Erreichen von Abstinenz. Die Behandlung gliedert sich in: -Kontakt- und Motivationsphase -Entgiftungsphase -Entwöhnungsbehandlung -Nachsorge- und Rehabilitationsphase,Rückfallprophylaxe. Nach wie vor besteht ein Missverhältnis vor allem zwischen der Zahl der Drogenabhängigen und den vorhandenen Therapieplätzen. Prävention: Die Primärprävention erfolgt durch Aufklärung der Allgemeinbevölkerung und entsprechender Zielgruppen (Lehrer, Erzieher, Psychologen, Ärzte). Wichtig sind sozialhygienische Maßnahmen („Lernen am Modell" = Vorbild, Erziehung, Freizeitverhalten). Neben der Öffentlichkeitsarbeit kommt der Sekundärprävention (Früherkennung und Frühbehandlung) entscheidende Bedeutung zu. (Früh-) Symptome werden häufig nicht erkannt oder nicht beachtet.

  11. Alkoholismus Definition: Unter Alkoholmissbrauchwird ein Alkoholkonsum verstanden, der gegenüber der soziokulturellen Norm überhöht ist bzw. zu unpassender Gelegenheit erfolgt. Dies geht mit vorübergehenden, deutlichen Veränderungen der psychischen und physischen Funktionen des Konsumenten einher. Alkoholabhängigkeit (chronischer Alkoholismus) ist definiert durch das Vorliegen von psychischer und/oder körperlicher Abhängigkeit vom Alkohol. Psychische Abhängigkeitist durch das unwiderstehliche Verlangen nach Alkohol charakterisiert („craving") und wird häufig von Kontrollverlust begleitet. Körperliche Abhängigkeitist durch Toleranzsteigerung mit nachfolgender Dosissteigerung und Entzugserscheinungen gekennzeichnet.

  12. Epidemiologie: Etwa 3-5 % der Bevölkerung sind alkoholabhängig. Rund 3 Millionen Alkoholkranke leben in Deutschland. Ca. 6 Mio. Menschen praktizieren einen „riskanten Konsum" (mehr als 20 g Alkohol bei Frauen und 40 g bei Männern täglich). Ca. 15% der Patienten in Allgemeinkrankenhäusern und 12% der Hausarzt-Patienten sind alkoholabhängig. Lt. WHO werden 20-50% der Alkoholkrankheiten in der Arztpraxis nicht erkannt, die Dunkelziffer ist hoch. Männer sind häufiger betroffen als Frauen In psychiatrischen Kliniken stellen Alkoholkranke die größte Gruppe. Auf jeden Alkoholkranken kommen mindestens 2 Mitbetroffene („Co-Alkoholiker").

  13. Ätiopathogenese: Alkoholismus hat eine multifaktorielle Genese. Für genetischeFaktorensprechen eine erhöhte Konkordanz bei eineiigen Zwillingen sowie individuelle und ethnische Unterschiede in der Alkoholtoleranz. Alkohol führt zu Veränderungen fast aller Transmittersysteme. Durch Neuroadaptation entwickelt sich ein „Suchtgedächtnis"vor allem im Bereich dopaminerger Neurone. Zu den psychologischen Faktorenzählen Broken-Home-Situationen sowie negative Identifikation. Aus psychodynamischer Sichtwird Alkoholabhängigkeit als Regression auf die orale Stufeinterpretiert Eine typische „Suchtpersönlichkeit"scheint nicht zu existieren. Alkoholiker sollen sich durch ein erhöhtes Bedürfnis nach Stimulation auszeichnen. Die wichtigste Persönlichkeitsstörung bei Alkoholismus ist die antisoziale Persönlichkeitsstörung LernpsychologischeSuchttheorien sehen die Reduktion von z.B. Angst und Kontaktschwäche als wichtigsten Verstärker an. Soziokulturellvon Bedeutung sind die ständige Verfügbarkeit, Einflüsse von Vorbildern, Werbung, Zeitgeist. Auch berufsbedingte Einflüsse können von Bedeutung sein (z.B. Tätigkeit in der Gastronomie). Geltungsbedürfnis oder Konformitätszwang können bei Jugendlichenein Motiv sein. Auslöser sind meist aktuelle Konflikte, Belastungen und Einsamkeit.

  14. Symptomatik und klinische Subtypen Das klinische Bild kann sich aus internistischen, neurologischen und psychiatrischen Symptomen zusammensetzen. Probleme erscheinen durch den Alkoholerträglicher(„Erleichterungstrinken").Psychischkommt es häufig zu depressiver Verstimmung, Stimmungslabilität und Reizbarkeit. Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle führen nicht selten zu Suizidalität. Veränderungen der psychischen Leistungsfähigkeit zeigen sich u.a. in Form von Gedächtnislücken, Aufmerksamkeits­und Konzentrationsstörungen. Durch toxische Hirnschädigung kann es zur alkoholbedingten Wesensänderung kommen (organisches Psychosyndrom). Verdächtig auf Alkoholismus sind auchSymptome der Intoxikation (z.B. Ataxie,Foetor alcoholicus). Durch den Alkoholismus kommt es zu weitreichenden psychosozialen Folgen Die von Jellinek vorgeschlagene Typologie hat die weiteste Verbreitung gefunden. Die klinisch wichtigsten Formen sind der Gamma- und Delta-Alkoholismus.

  15. Eine weitere Unterscheidung ist die zwischen primärem(Abhängigkeit vor dem Auftreten anderer psychiatrischer Störungen) und sekundärem Alkoholismus(Abhängigkeit bei Vorliegen anderer psychischer Grunderkrankungen). Cloninger et al. haben aufgrund genetischer Studien eine weitere Typologie erarbeitet (Typ I und II). Basierend auf dem Alkoholgehalt verschiedener Getränke wird immer wieder versucht, Alkoholismus durch die Trinkmengezu definieren.

  16. Akute Alkoholintoxikation Der Rausch ist eine vorübergehende akute organische Psychose.Unterschieden werden Alkoholrausch, komplizierter Rausch (intensiver ausgeprägt) und pathologischer Rausch. Letzter tritt relativ selten auf und unterscheidet sich vom einfachen Rausch durch psychotische Symptomatik (Desorientiertheit, Halluzinationen) und komplette Amnesie für den Zustand. Alkoholdelir (Delirium tremens) Das Aikoholdelir tritt meist als Entzugsdelirbei etwa 15% aller Alkoholabhängigen auf und dauert ca. 3-7 Tage.Prodromalerscheinungen (z.B. Unruhe, Zittern) werden als Prädelir oder vegetatives Entzugssyndrom bezeichnet. Leitsymptome des Delirs sind Desorientiertheit, motorische Unruhe, optische Halluzinationen und vegetative Entgleisung. Alkoholhalluzinose Typische Symptome sind akustische Halluzinationenbeschimpfenden Charakters. Bewusstseinsstörung oder Desorientiertheit sind nicht vorhanden. Alkoholischer Eifersuchtswahn Entwickelt sich sehr selten. Hirnorganische Veränderungen Bei chronischem Alkoholismus dominiert die organische Persönlichkeitsveränderungbis zur Alkoholdemenz(hirnorganisches Psychosyndrom).

  17. Alkoholbedingte amnestische Störungen Wernicke-Enzephalopathie Auf Thiaminmangel beruhende Störung mit Trias Bewusstseinsstörung, Ataxie und Augenmuskelstörungen Korsakow-Syndrom: Leitsymptome sind Gedächtnisstörungen, Konfabulationen, evtl. Orientierungsstörungen sowie Polyneuropathie. Hepatische Enzephalopathie: Akuter oder chronischer Verlauf möglich. Alkohol-Embryopathie Die Alkohol-Embryopathie ist angesichts wachsenden Alkoholkonsums bei Frauen von zunehmender Bedeutung. Bei starker Schädigung finden sich charakteristische Zeichen (z.B. kleiner Kopf, Minderwuchs). Auch bei nur leicht geschädigten Kindern gibt es typische Beeinträchtigungen des Verhaltens, wie z.B. verstärkter Bewegungsdrang, gestörte Aufmerksamkeit und reduzierte Lern- und Denkfähigkeit.

  18. Diagnostik und Differenzialdiagnose Diagnostik: Die Diagnose stützt sich auf die Abschätzung des abnormen Trinkverhaltens, der alkoholbezogenen Schäden und der Alkoholabhängigkeit. Entscheidend ist eine psychische und/oder physische Abhängigkeit. Zur ersten groben Abklärungkann der CACE-Test eingesetzt werden. Zu den drei häufigsten Kriterien für Alkoholabhängigkeit zählen schädliche Folgen, Toleranzentwicklung und Verlangen (craving). Neben psychischen und sozialen Symptomen kommen typische körperliche Symptomeund pathologische Laborparametervor. Das CCT zeigt typischerweise eine diffuse kortikale und Kleinhirnatrophie. Testpsychologisch bewährt hat sich der Münchner Alkoholismus-Test Typische Symptome des (vegetativen) Alkoholentzugssyndroms(„Prädelir") sind Tremor, Hyperhidrosis, Schlafstörungen, Depressivität und Unruhe.

  19. Differenzialdiagnose: Nicht selten setzen DepressiveAlkohol im Sinne eines Behandlungsversuches ein. Stehen Konflikte im Vordergrund, muss an eine neurotischeoder eine Persönlichkeitsstörunggedacht werden. Bei Orientierungs- und Gedächtnisstörungen sind hirnorganische Psychosyndrome anderer Ursachen abzuschließen. Außerdem müssen internistische und neurologischeGrunderkrankungen ausgeschlossen werden.

  20. Therapie Folgende Therapieformen lassen sich unterscheiden: Kurzinterventionen in der hausärztlichen Praxis (Kontakt- und Motivierungsphase) Entzugsbehandlung (stationäre Entgiftung) Entwöhnungsbehandlung Nachsorge und Rehabilitationsphase (Suchtberatungsstellen, Selbsthilfe­organisationen). Verhaltensregelnzum Umgang mit Alkoholkranken: Arzt-Patient-Beziehung für Motivation zur Therapie entscheidend keine „Appelle an die Vernunft" Angehörige, Sozialdienst u.a. einbeziehenEtabliert ist heute die multiprofessionelle (multidisziplinäre) Therapiekonzeption. Nur etwa 1 % der Alkoholabhängigen unterziehen sich jedoch einer professionellen Entwöhnungsbehandlung, Das Ziel der absoluten Abstinenz ist der „Königsweg" in der Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Als Behandlungsmethoden werden vor allem Verhaltens-, Gruppen- und Familientherapie-Programme angewandt.

  21. Alkoholiker-Selbsthilfegruppen sind bei der Therapie von eminenter Bedeutung.Die Selbsthilfegruppen der Anonymen Alkoholiker vertreten das Prinzip, dass ein Alkoholiker lebenslang durch Alkohol gefährdet ist. Eine pharmakogestützte Rückfallprophylaxebesteht neuerdings durch sogenannte „Anticraving"-Medikamente (z.B. Acamprosat). Unter einer medikamentösen Behandlung mit Acamprosat kann die Abstinenzrate nach Entgiftung deutlich erhöht werden. Wegen der häufigen Komorbidität zwischen Alkoholabhängigkeit und affektiven Erkrankungen kann eine adjuvante Antidepressiva-Therapienotwendig sein. Evtl. kann ein medikamentöser Behandlungsversuch mit Disulfiram sinnvoll sein. Bei gravierenden Entzugssymptomen können während der Entgiftungsphase sedierende Antidepressiva oder Neuroleptika eingesetzt werden. Die Behandlung des Delirs erfolgt stationärv. a. mit Clomethiazol und Benzodiazepinen. Die Wernicke-Enzephalopathie wird mit Thiamin parenteral behandelt. Die Behandlung der Alkoholhalluzinoseerfolgt mit hochpotenten Neuroleptika. Bei chronischem alkoholtoxisch bedingtem hirnorganischen Psychosyndromist eine symptomorientierte Therapie erforderlich.

  22. Verlauf Es gibt einen typischen Entwicklungsverlauf der Abhängigkeit: -präalkoholische Phase:Erleichterungstrinken -Prodromalphase:u.a. heimliches, gieriges Trinken, dauerndes Denken an Alkohol -kritische Phase:u.a. Kontrollverlust, körperliche Folgen -chronische Phase:u.a. morgendliches Trinken, sozialer Abstieg. Alkoholmissbrauch geht bei etwa jedem zweiten Patienten in eine manifeste Abhängigkeit über, die Zeitspanne dazwischen beträgt etwa 5-6 Jahre. Die Prognosewird u.a. determiniert durch die vorliegenden Organschäden und deren psychische Folgen. Häufig finden sich also Komorbidität, Angst-, Persönlichkeits­störungen, Depressionen und andere Abhängigkeiten. Prognostisch günstigsind gute Schul- und Berufsausbildung und Zusammenleben mit einem Partner, ungünstigist das Vorliegen einer organischen Persönlichkeitsveränderung und ein hoher Neurotizismus-Score. Alkoholkranke Jugendliche sind ohne Milieuwechsel schwierig zu behandeln.

  23. Drogen- und Medikamentenabhängigkeit Definition:Als wesentliches Charakteristikum gilt das zwanghafte Bedürfnis, die betreffende(n) Substanz(en) zu konsumieren und sich diese unter allen Umständen zu beschaffen. Neben der psychischen besteht meist eine physische Abhängigkeit in Form von Toleranzentwicklung (Dosissteigerung) und Auftreten von Entzugserscheinungen. Nach ICD-10 bestehen zusätzlich Hinweise auf Kontrollverlust, eingeengtes Verhaltensmuster, zunehmende Vernachlässigung anderer Aktivitäten und Interessen. Epidemiologie: Ca. 0,6% (300 000) der deutschen Bevölkerung sind von illegalen Drogen abhängig. Cannabis ist die weitaus am häufigsten konsumierte illegale Droge. Die Zahl der Drogentoten liegt bei ca. 1500 jährlich. Illegale Drogenwerden überwiegend von 14- bis 30-Jährigen konsumiert, Männerüberwiegen etwa im Verhältnis 2:1. Ca. 3% der jugendlichen betreiben Drogenmissbrauch, etwa 7% der 18- bis 24-Jährigen haben bereits Erfahrungen mit Ecstasy gemacht. Die Zahl der Medikamentenabhängigenliegt bei etwa 1 Million, hiervon sind etwa 2/3 Frauen (v. a. Analgetika, Hypnotika, Tranquilizer, Antitussiva, Psychostimulanzien bzw. Appetitzügler, Laxanzien).

  24. Ätiopathogenese: Es existiert ein multifaktorielles Bedingungsgefüge Medikamentenmissbrauch entsteht meist durch die Behandlung von organischen oder funktionellen Beschwerden. Beim Drogenabususspielen psychosoziale Faktoren wie Gruppenzwänge und „Neugier" eine bedeutende Rolle. Persönlichkeits- und lernpsychologische Modellebetonen die Bedeutung positiver Verstärkung, die Rolle der Konditionierung, eine verminderte Frustrationstoleranz, fehlende Entwicklung adäquater Konfliktbewältigungsstrategien, Reizhunger und eine neurotische Fehlentwicklung. Im Zentrum der neurobiologisch-pharmakologischenTheorien steht das mesolimbische Belohnungssystem des Gehirns („Sucht-Gedächtnis"). Der weitere Verlaufwird vor allem durch die Suchtpotenz der Substanz, biologischkonstitutionelle, sozioökonomische und lernpsychologische Faktoren bestimmt.

  25. Symptomatik und klinische Subtypen Die Symptome sind je nach Drogentyp unterschiedlich. Psychischstehen ängstliche Unruhe und Spannung häufig im Vordergrund. Daneben bestehen als Zeichen der körperlichen Abhängigkeitvegetative Symptome (z. B. Tachykardie). Durch Einnahme immer höherer Dosen kommt es zur Toleranzentwicklung. Je nach Substanz kommt es früher oder später zu Veränderungen der Persönlichkeit(z.B. Einengung, Nivellierung). Die Kranken stumpfen ab, vernachlässigen Hygiene und Körperpflege. Eventuell kommt es zu dissozialem Verhalten. Als Prototyp der skizzierten Symptomatik gilt heute der Heroinabhängige. Das klinische Bild bei Konsum von Kokainund Amphetaminen sieht anders aus.Diese Substanzen können zum Teil als „Mode-Drogen" künstlerischer und pseudointellektueller Kreise („Schickeria") angesehen werden.

  26. Morphin-Opiat-Typ Hierzu zählen Opium, Heroin, Methadon, Codein sowie stark wirksame Analgetika (z.B. Pethidin). Opiate und Opiode besitzen unter den Drogen das höchste Abhängigkeitspotenzial (psychische und physische Abhängigkeit). Alle Mittel dieser Gruppe bewirken eine ausgeprägte Schmerzstillung. Bei Missbrauch beherrscht Euphorie das Bild. Typischerweise entwickelt sich eine Wesensänderung. Heroinabhängige weisen zahlreiche somatische Symptome auf. Die Verwendung unsauberer Nadeln birgt die Gefahr einer Hepatitis- und/oder HIV-Infektion. Die klinische Symptomatik einer Opiatintoxikation wird bestimmt durch die Trias: -Koma, -Atemdepression und -Miosis. Entzugssymptome treten bei Opiatabhängigkeit ca. 6-12 Stunden nach der letzten Einnahme auf und erreichen nach 24-48 Stunden ihren Höhepunkt. Sie klingen innerhalb von 10 Tagen ab. Neugeborene opiatsüchtiger Mütter zeigen ein neonatales Abstinenzsyndrom.

  27. Barbiturat-/Alkohol-Typ Barbiturateund ihre Analoga(Meprobamat, Diphenhydramin) haben ein erhebliches Abhängigkeitspotenzialund beträchtliche Toxizität. Barbiturate sind als Hypnotika heute obsolet. Bei Missbrauchtreten zahlreiche psychische (z. B. Sedierung, Affektlabilität) und körperliche Symptome (z. B. Ataxie) auf. Die längere Einnahme vonBenzodiazepinenkann u.a. zu Dysphorie, Gleichgültigkeit, Leistungsminderung und paradoxen Reaktionenführen. Die Benzodiazepin-Abhängigkeitwird unterteilt in eine Hochdosis- und eine Niedrigdosis-Abhängigkeit. Abruptes Absetzen von Benzodiazepinen kann zu Rebound-Phänomenen(Angst, Schlafstörungen) führen. Zu den Entzugssymptomenzählen u.a. vegetative Dysregulationen, Schlafstörungen, Tremor, Tachykardie, Desorientiertheit

  28. Kokain-Typ Hier findet sich eine starke psychischeund keine physische Abhängigkeit. Akut kommt es zu einem euphorischen Glücksgefühl, Libidosteigerung, Abbau von Hemmungen, subjektiver Steigerung von Kreativität und Leistungsfähigkeit, reduziertem Hunger-, Durst- und Schlafgefühl (Kick). Im „Rauschstadium"treten Halluzinationen in den Vordergrund, anschließend „depressives Stadium". Bei chronischem Kokainkonsumfinden sich taktile und akustische Halluzinationen, paranoid-halluzinatorische Psychosen sowie körperliche Symptome. Zu den Entzugssymptomenzählen Dysphorie und „Katerstimmung" Cannabis-Typ Es existieren zwei Formen: Haschisch und Marihuana. Diese sind häufig Einstiegs­drogefür andere Suchterkrankungen. Cannabis-Konsum führt zu Euphorie und Gedächtnisstörungen. Körperliche Symptome sind Tachykardie, Konjunktivitis, Störungen der Feinmotorik und Bronchitis. Chronischer Konsum kann zu Teilnahmslosigkeit, Passivität und Apathie führen (Amotivations-Syndrom).Unter akuter stärkerer Substanzeinwirkung kann eineIntoxikationspsychose nach chronischem höherdosierten Konsum eine Cannabis-Psychose auftreten.

  29. Amphetamin-Typ Hierzu zählen die synthetisch hergestellten Amphetamine und amphetaminähnliche Substanzen (sog. Weckamine). Vollsynthetisch im Labor hergestellte Drogen werden als Designerdrogen bezeichnet. Hierzu gehören auch synthetische Halluzinogene wie z. B. „Angel's Dust" und „Speed„. Es entsteht psychische, keine körperliche Abhängigkeit. Der Missbrauch von Amphetaminen erfolgt zur Leistungssteigerung („Doping") sowie als „Appetitzügler".Psychische Symptomesind Unruhe, Enthemmung, Euphorie, Ideenflucht sowie paranoide Symptome. Körperlichkommt es neben der Appetitzügelung zu einem Blutdruckanstieg Unter den Designerdrogen ist Ecstasy (XTC)derzeit am weitesten verbreitet Hauptvertreter ist 3,4-Methylendioxymetamphetamin (MDMA). Es ruft eine amphetamintypische und halluzinogene Wirkung hervor. Gegenüber MDMA entwickelt sich schnell Toleranz und eine ausgeprägte psychische, jedoch keine körperliche Abhängigkeit. Neben psychiatrischen Komplikationenwie Panikstörungen, Depressivität und Psychosen können somatischneurologische Komplikationen wie Hyperthermie und Blutgerinnungsstörungen auftreten.

  30. Halluzinogen-(LSD-)Typ Typisch sind optische Halluzinationen und Wahrnehmungsverzerrungen, hervorgerufen durch z.B. LSD, Mescalin, Psilocybin, DOM sowie Phencyclidin (PCP, „Angel's Dust").Zu den Phenycyclidin ähnlichen Substanzen zählt das Narkotikum Ketamin. Es besteht eine unterschiedlich starke psychische, aber keine physische Abhängigkeit. DerHalluzinogenrauschäußert sich in Gefühlsintensivierung, psychedelischen Effekten, optischen Halluzinationen, Ideenflucht und Veränderungen des Ich-Erlebens, Körpergefühls und Raum-Zeit-Erlebens. Das Bild wird entscheidend durch die psychische Ausgangsverfassung des Konsumenten geprägt. Anstieg von Herzfrequenz und RR, Hyperreflexie, Mydriasis, sind körperlicheSymptome. 4 Phasen des Rauschverlaufs:Initialstadium, Rauschphase, Erholungsphase, Nachwirkungsphase. Relativ häufig kommt es zu einem atypischen Rauschverlauf mit Horrortrip und Flashback (Echopsychosen). Gelegentlich wird auch die Garten- und Zierpflanze Engelstrompeteals halluzinogene Droge verwendet.

  31. Missbrauch von Lösungsmitteln (Schnüffelsucht) Rauschzustand durch Inhalation von Klebstoffen, Klebstoff- und Nitroverdünnern, Aceton sowie Lacken. Betroffen sind meist Jugendliche. Es entsteht eine ausgeprägte psychische, jedoch keine physische Abhängigkeit. Nach kurzem Erregungsstadium mit Reizung der oberen Atemwege tritt ein traumähnlicher Zustand mit Euphorie auf. Es kann zu deliranten Syndromen kommen. Als Komplikationen können Herzrhythmusstörungen, Polyneuropathien, Leber­und Nierenschäden sowie Bronchopneumonien auftreten. Butan-Snifferschießen sich mit Druck Feuerzeuggas in die Mundhöhle. Neben Euphorie treten Verwirrtheit und Halluzinationen auf. Polytoxikomanie (polyvalente Sucht) Viele Drogenabhängige weisen eine Mehrfachabhängigkeit auf und konsumieren zusätzlich z.B. Alkohol und Medikamente (v. a. Benzodiazepine, Kodein-Zubereitungen) als Ersatzstoffe gegen Entzugssymptomatik oder Befindlichkeitsstörungen

  32. Diagnostik und Differenzialdiagnose Diagnostik:Es gelten die in Tab. 4.97 (s. S. 314) zusammengefassten Kriterien. Daneben können auch „Indizien" wie z. B. Einstichmarken oder ein positiver Urintest Hinweise auf eine Drogensucht liefern. Hauptziel ist die Früherkennungdrogenabhängiger Patienten Bei der klinischen Untersuchungfallen meist pathologische Laborwerte und ein positiver Drogennachweis im Urin auf. Medikamentenabhängige klagen häufig über chronische Schlaflosigkeit, Schmerzen und „Nervosität". Durch Blutentnahme und Urinkontrollen ist der Nachweis verschiedener Substanzen möglich. Differenzialdiagnose: primär Zuordnung des konsumierten Stoffs Differenzialdiagnostisch kommen Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreisin Frage, aber auch affektive Störungen (z.B. Manie). Nachweismethoden:Drogen-Screening (im Urin) Haaranalyse Pupillometrie a

  33. Therapie Die Behandlungskonzepte umfassen die medikamentöse Therapie, Psychotherapie, Soziotherapie und Selbsthilfegruppen (z.B. AA). Allgemeine Behandlungsprinzipien sind in Tab. 4.111 aufgeführt. Zielhierarchie der Suchtbehandlung s. Abb. 4.123. Behandlung der Opiat-Abhängigkeit: Bei Intoxikation wird Naloxon alsAntidoteingesetzt (Tab. 4.112). Der Opiatentzug sollte am besten mit viel Zuwendung ohne medikamentöse Unterstützung („kalter Entzug"), evtl. mit Neuroleptika (antiemetisch, sedierend), Clonidin oder methadongestützt („warmer Entzug") durchgeführt werden. Behandlung der Barbiturat-/Benzodiazepin-Abhängigkeit s. Tab. 4.113. Behandlung der Kokain-Abhängigkeit s. Tab. 4.114. Behandlung der Amphetamin-Abhängigkeit s. Tab. 4.115. Ecstasy-Intoxikationen werden mit äußerer Abkühlung, Flüssigkeitszufuhr, Diazepam sowie ggf. Antihypertonika und Haloperidol behandelt

  34. Behandlung sonstiger Abhängigkeiten: Bei Cannabis-Intoxikationmit massiver Unruhe und zerebralen Krampfanfällen erfolgt die Gabe von Diazepam. Bei Intoxikationen mit HalluzinogenenBehandlung mit Haloperidol und/oder Diazepam. Bei Engelstrompeten-Intoxikation:Gabe von Physostigmin. Bei organischen Lösungsmitteln(Schnüffelsucht) stehen Kreislaufstützung und die Gabe von Diazepam im Vordergrund. Bei der Behandlung der Nikotinabhängigkeit (Raucherentwöhnung)hat sich die Kombination Nikotinsubstitution (Nikotinpflaster) mit Verhaltenstherapie (Selbstkontrolle) am besten bewährt.

  35. Der Schwerpunkt der Therapieliegt in der psychagogisch-psychotherapeutisch orientierten Entwöhnungsbehandlung. Substitutions-Programme (Methadon) sind hinsichtlich ihrer Effektivität umstritten. Hierdurch wird vor allem ein Rückgang von Beschaffungskriminalität, Prostitution, HIV-Infektionen sowie eine beruflich­soziale Reintegration erhofft. Zugelassene Substanzen sind Methadon, Levomethadonund Buprenorphin. Verlauf Die Prognose beim Opiat-, Halluzinogen-und Amphetamin-Typ ist besonders ungünstig. Nur etwa Vi der Drogenabhängigen wird geheilt. Vi wird gebessert und sh der Betroffenen verelendet. Die Abstinenzraten nach Entwöhnungsbehandlung liegen zwischen 20 und 40%. Die Mortalität (z. B. durch Überdosis, Suizid) ist hoch.

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