1 / 52

Verfügbare Zeit. Therapie-Zeit und Zeiterleben

Verfügbare Zeit. Therapie-Zeit und Zeiterleben. Zürich, 10.3.14 Prof. Dr. Joachim Küchenhoff Ärztlicher Leiter PBL Chefarzt KPP. Zum Anfang: Die Gabe der Zeit. Zeit ist ein Geschenk. Zeit ist planbar - und doch nicht planbar.

gus
Télécharger la présentation

Verfügbare Zeit. Therapie-Zeit und Zeiterleben

An Image/Link below is provided (as is) to download presentation Download Policy: Content on the Website is provided to you AS IS for your information and personal use and may not be sold / licensed / shared on other websites without getting consent from its author. Content is provided to you AS IS for your information and personal use only. Download presentation by click this link. While downloading, if for some reason you are not able to download a presentation, the publisher may have deleted the file from their server. During download, if you can't get a presentation, the file might be deleted by the publisher.

E N D

Presentation Transcript


  1. Verfügbare Zeit. Therapie-Zeit und Zeiterleben Zürich, 10.3.14 Prof. Dr. Joachim Küchenhoff Ärztlicher Leiter PBL Chefarzt KPP

  2. Zum Anfang: Die Gabe der Zeit • Zeit ist ein Geschenk. • Zeit ist planbar - und doch nicht planbar. • Der Bedarf an Zeit wird normiert – und ist doch nicht normierbar. => Spannungsfelder: Die Gabe der Zeit – die Kontrolle der Zeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  3. Die Gegebenheit der Vergangenheit:Ikon Spur Zeugnis Ikon: Abbild des Gewesenen. Spur: Hinweis auf ein Objekt, das vorbeigegangen ist. Zeugnis: Anerkennung der Vergangenheit durch die Gegenwart einer Person, die ein Ereignis bezeugt. Paul Ricoeur: Das Rätsel der Vergangenheit. 1998 Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  4. Eingegrabene Spuren der Zeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  5. Vergangenheiten: unverrückbar oder zu verflüssigen? Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  6. Vergänglichkeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  7. Gliederung • Formen des Zeiterlebens • Die Wiederherstellung des Zeiterlebens in der Therapie • Die Begrenzung von Zeit in der Therapie • Die therapeutische Gestaltung der Zeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  8. Formen des Zeiterlebens

  9. Formen des Zeiterlebens • linear : Zeit des Bewusstseins Linear voranschreitend, messbar • zyklisch: Zeit des unbewussten Erlebens Erlebniszeit, Wiederholung Rhythmizität – Werden und Vergehen Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  10. Formen des Zeiterlebens • momenthaft: Gegenwärtigkeit Glückende Momente, Kairós Now Moments «… verweile doch, du bist so schön» Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  11. Thesen • Zusammenspiel der 3 Formen des Zeiterlebens ist wichtig. • In seelischem Leiden ist der Bezug zu den Formen des Zeiterlebens und ihrem Zusammenspiel gestört. • Therapie stellt das Zeiterleben und die Balance der Zeiterlebensformen wieder her. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  12. Wiederherstellung von Zeiterfahrung

  13. Wiederherstellung deSzeiterlebens bei guter oder mässig integrierter Struktur Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  14. Zeit-Knoten • Verstrickungen von Vergangenheit und Gegenwart • Ununterscheidbarkeit/Verwechslung der zyklischen und der linearen Zeit • Zu klären: Was ist heute gültig? Was stammt aus der Vergangenheit? Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  15. Zeit-Knoten • Verstrickungen von Vergangenheit und Gegenwart • Ununterscheidbarkeit/Verwechslung der zyklischen und der linearen Zeit • Zu klären: Was ist heute gültig? Was stammt aus der Vergangenheit? Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  16. Zeit-Knoten • Übertragungen sind Zeit-Knoten • Aufgabe der Therapie: • Trennung von Vergangenheit und Gegenwart • Entlastung der Gegenwart • Möglichkeiten einer neuen und konsistenten Erzählung der eigenen Geschichte Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  17. Zeit-Knoten • Zur Lösung der Zeitknoten sind Now Moments notwendig. • „Zeit zum Begreifen“: • momentane Zusammenfügung von Erfahrungsebenen in einem Moment, der verändernd wirken kann, da er neue Erfahrungsdimensionen freisetzt (Lacan 1980) Lacan J (1980) Die logische Zeit und die Assertion der antizipierten Gewißheit. In: Schriften III, 101-121. Walter Olten Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  18. Zeit-Knoten • Wiederherstellung der narrativen Kohärenz • Psychoanalyse ersetzt • »unverständliche und unerträgliche Teile der biografischen Erzählungen durch eine kohärente und annehmbare Geschichte, durch die der Analysand seine Selbstheit anerkennen kann« (Ricoeur 1985; dt.1991, S. 397). Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  19. Voraussetzungen • Erinnerungsbilder (bw/ubw) – ikonische Repräsentation • Vergangenheit ist psychisch repräsentiert, wenn auch unbewusst • Frau A: • Inneres Bild eines kranken Vaters, dem sie es recht machen muss, gegen den sie nicht aufbegehren kann • Als Erwachsene zieht sie sich vor allen Männern zurück, weil sie befürchtet, ebenso wehrlos zu werden wie gegenüber dem Vater. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  20. Wiederherstellung des zeiterlebens bei geringer integration der struktur Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  21. Zeit-Risse • Keine Kontinuität des Zeiterlebens • Einbruch des Vergangenen in die Gegenwart • Verlust der Verfügbarkeit über die Vergangenheit • Verlust der Erinnerung Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  22. Zeit-Risse bei schweren Persönlichkeitsstörungen • Nur Spuren von Erfahrungen bleiben sichtbar, die nicht • in die Sprache eingeschlossen werden können • erzählbar sind. • Orte des Gedächtnisses/Spuren der Vergangenheit: • Der eigene Körper • Verhaltensauffälligkeiten • Keine Erinnerung, aber eine Aufbewahrung der Vergangenheit ohne Erinnerung: • la mémoire amnésique (Green 2000 b). Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  23. Zeit-Risse bei schweren Persönlichkeitsstörungen • Die Erfahrung ist dekontextualisiert • Im sprachlichen Kontext • im zeitlichen Kontext • Kein «Übergangsraum» • zur Verarbeitung von Erfahrungen • Zur Einfügung in einen zeitlichen und erzählenden Kontext • Funktion des Therapeuten: • Spur, Zeugnis (cf. Ricoeur 1998) Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  24. Zeit-Riss und Spur Frau B ist eine 64jährige Frau, die lange und ausführlich von den Grausamkeiten ihres Ehemanns berichtet, nicht aber ihren chronischen Alkoholismus erwähnt, der ihr gleichwohl in ihr Gesicht unverkennbar eingeschrieben ist. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  25. Zeit-Riss und Spur Frau C trägt im Erstgespräch ein kurzärmeliges Hemd, die Unterarme zeigen die vielen parallelen Schnittnarben als Spuren ihrer ständigen Selbstverletzung. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  26. Der Therapeut als Spurenleser und Zeuge Der Therapeut …. - nimmt die Spuren der Vergangenheit wahr und nutzt sie als Spuren zur Lebensgeschichte - bezeugt die Verletzungen und Zerstörungen - geht davon aus, dass die Zeit-Risse aus der Lebensgeschichte heraus verständlich sind • untersucht, inwieweit die Zeit-Risse eine verzweifelte Form der Selbstbewahrung sind • arbeitet daran, dass die Risse in Zeit und Erzählung überbrückt werden können Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  27. Wiederherstellung des zeiterlebens bei desintegrierter struktur Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  28. Zeit-Stillstand • Zusammenbruch der linearen Zeit: • Verlust des Verhältnisses von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft • Überborden eines Zeitmodus • Übergewicht der Gegenwart, der Vergangenheit, der Zukunft • Verlust der Differenzierung: • zwischen linearer und zyklischer (objektiver und subjektiver) Zeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  29. Arbeit an der Zeiterfahrung in der schizophrenen Psychose Die Therapeutin … • führt die lineare Zeit und das Vergehen von Zeit ein • arbeitet an den Zeitlosigkeitsphantasien oder der Entzeitigung, zusammen mit dem sozialen Umfeld • führt Zukunft durch Therapieplanung ein • ermöglicht eine andere Gegenwartserfahrung durch die emotionale Aufwertung der therapeutischen Begegnung Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  30. Zeit-Stillstand und die Einführung der Zeit durch die Therapie • Herr D lebt in einer belanglosen Heiterkeit dahin. Er sieht keinen Grund, am Morgen aufzustehen und den Tag in Angriff zu nehmen. Er hat keine Intention, seine abgebrochene Ausbildung wieder anzufangen. • Die sozialpsychiatrische Arbeit an der Tagesstruktur ist immer auch die Arbeit an der Zeiterfahrung. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  31. Arbeit an der Zeiterfahrung in der Depression Der Therapeut arbeitet gegen den Zusammenbruch der Zeitstruktur : • relativiert das Übergewicht des Vergangenen: Schuld, Leid, Armut • «die Vergangenheit lässt keinen Ausweg mehr» • sensibilisiert auf das Gegenwart-Erleben • plant die Zukunft Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  32. Die Begrenzung der Zeit in der (Psycho-)Therapie

  33. Kurz- und Fokaltherapie Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  34. Zeitliche Grenzen als Therapiefaktor I • Zeitbegrenzung als Erleichterung für die therapeutische Beziehung bei bindungsängstlichen Patienten • Zeitbegrenzung als Möglichkeit, praktische Hindernisse einer langfristigen Therapie zu überwinden (Zeitmangel; besondere Settings) Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  35. Zeitliche Grenzen als Therapiefaktor II • Trennungserfahrung als Grundelement der psychischen Entwicklung • „Geschützte Mangelerfahrung“ • Förderung der Autonomie und Förderung der Bezogenheit • Ent-täuschung überhöhter Erwartungen im Therapieverlauf Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  36. Risiken der Zeitbeschränkung • Verwaltung statt Verarbeitung • Einübung in Anpassung statt Entfaltung der eigenen Möglichkeiten • Kognitive Kontrolle statt emotionaler Durcharbeitung • Früher Abbruch der therapeutischen Beziehung Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  37. Risiken der Zeitbeschränkung • Zeitbeschränkung als Einschränkung des „Wiederholungszwangs“ • Zeitbeschränkung als Reduktion glückender Momente Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  38. Die nicht vorab begrenzte Zeit als Therapiefaktor • Gegengewicht gegen «Beschleunigung» und äusseren Zeitdruck • Eigenzeit lassen (eigenes Entwicklungstempo) • Ermöglichung «glückender Momente» • Geschenk der Zeit (Wichtigkeit der Person) • Entfaltung von Übertragungen • Möglichkeit des Durcharbeitens Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  39. Risiken der nicht begrenzten Zeit • Idealisierung der Therapie und der Therapeutin («der einzige Ort …») • Entwertung der «äusseren» Realität • Vermeiden der Trennungsbearbeitung • Vermeiden von Konfrontation (missverstandenes Lassen) • Erschwerter Transfer von der Therapie zum Alltagsleben Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  40. Die therapeutische Gestaltung der Zeit

  41. Der konkrete Umgang mit der Zeit • Zeitstruktur der Therapie • Festlegung des Zeitrahmens • Reflexion der Zeitbegrenzung • Steuerbarkeit und Antizipierbarkeit des Zeitverlaufs Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  42. Umgang mit der Zeit I: Antizipation (Zukunft) • Antizipationsfähigkeit als Strukturmerkmal • Hilfe in der Antizipation von Krisen und Belastungen • Behandlungsvereinbarungen • für die nächste Behandlungsepisode in der Klinik Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  43. Umgang mit der Zeit II: Vorsorge (Zukunft) • Behandlungsplanung • Entlassungsplanung/Vorbereitung des Abschieds • Sich kümmern um die Zeit «danach» • Trauerarbeit • Vereinbarungen: • Nachsorgetermin • Intervallbehandlung Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  44. Umgang mit der Zeit III: Geteilte Zeit (Gegenwart) • Zeit geben: • Geschützter Rahmen • Zeit zur Verfügung stellen • Ungestörte, stabile Zeit • Sich Zeit nehmen: • Geschützter Rahmen • Innere Einstellung auf einen Prozess, der auch Überraschendes und Neues enthalten darf • Ermöglichung von Now Moments Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  45. Umgang mit der Zeit IV:Geteilte Zeit (Gegenwart) • Zeit nutzen: • Bearbeitende Aufhebung von therapieschädigendem Verhalten • Bearbeitende Aufhebung von Widerständen (z.B. Ausweichen in Banalitäten) • Zeit bewahren: • Bearbeiten von Stundenausfällen, Zuspät-Kommen etc. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  46. Umgang mit der Zeit V: Blick zurück … (Vergangenheit) • Distanz zu den Mustern der Vergangenheit • Auflösung von Übertragungen • Aufhebung von Konditionierungen • Hilfe bei der neuen Erzählung der eigenen Geschichte Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  47. Umgang mit der Zeit VI: … im Zorn? (Vergangenheit) • Erkennen der uneingelösten Hoffnungen und Möglichkeiten der Vergangenheit • Fertigwerden mit den verpassten Möglichkeiten und der in der Krankheit eingeschränkten Lebenszeit Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  48. Umgang mit der Zeit VII: Herausforderungen durch Ungleichzeitigkeiten • Ungleichzeitigkeit zwischen beruflichen Zeitanforderungen und Therapiezeit-Bedarf • Ungleichzeitigkeiten zwischen finanzierter und wünschenswerter Therapie-Zeit • Ungleichzeitigkeiten zwischen Genesungsdauer und Geduld (der Angehörigen, der Arbeitgeber, der Versicherungen) Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  49. Kampf um Zeit • Zeit und Verantwortung: • Verantwortlicher Umgang mit der Zeit als einer kostbaren Ressource • Kampf für Therapiezeit: gegenüber • Krankenversicherern, Angehörigen, Arbeitgebern • Kampf um die eigene Zeit: jenseits der • Dokumentation • Dienste • Besprechungen Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

  50. Le petit prince, XXIII • C’était un marchand de pilules perfectionnées qui apaisent le soif. On en avale une par semaine et l’on n’ éprouve plus le désir de boire. • Pourquoi vendes-tu ca? dit le petit prince. • C’est une grosse économie de temps, dit le marchand. Les experts ont fait des calculs. On éspargne cinquante-trois minutes par semaine. Prof. Dr. Joachim Küchenhoff, Psychiatrie Baselland

More Related