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Nachhaltige Gesundheitspolitik

Nachhaltige Gesundheitspolitik. Tom Schmid Juni 2007. Gliederung. Ausgangspunkt und Begriffsklärung Salutogenese Komplexe Situation Die Problemfelder Die „Präventionsfalle“ Die Exklusionsproblematik Das Kostenproblem Abschließende Fragen. Ausgangspunkt.

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Nachhaltige Gesundheitspolitik

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Presentation Transcript


  1. Nachhaltige Gesundheitspolitik Tom Schmid Juni 2007

  2. Gliederung • Ausgangspunkt und Begriffsklärung • Salutogenese • Komplexe Situation • Die Problemfelder • Die „Präventionsfalle“ • Die Exklusionsproblematik • Das Kostenproblem • Abschließende Fragen Hirschwang 2007

  3. Ausgangspunkt • Erwartungen an einen Politikwissenschaftler, über Gesundheit sprechend • Gesundheit im System gesellschaftlicher Macht im Sinne eines Foucaultschen Machtbegriffes  Macht und Gegenmacht • Ein „doppeltes Mandat“ auch der Gesundheitspolitik? Hirschwang 2007

  4. Begriffsklärung (1) • Nachhaltigkeit • Zustand, der die ursprüngliche Interaktion überdauert • selbsttragender Prozess • Letztendlich: die Intervention (und damit die Intervenierenden) überflüssig machend  demokratisches Element? • erfordert zweierlei • Empowerment der Betroffenen • Relativierung der Agierenden Hirschwang 2007

  5. Begriffsklärung (2) • Macht • Macht im Sinne von vermögen: „Ich vermag etwas“ • „Macht“ im Sinne Foucaults: Gleichgewicht von Macht und Gegenmacht, von Druck und Gegendruck • Das bedeutet: Macht als aktives Leben und nicht als passives Leiden Hirschwang 2007

  6. Begriffsklärung (3) • „Doppeltes Mandat“ • Intervention verfolgt gleichzeitig und je ausgewogen /ausgehandelt zwei Ziele • Hilfe und Unterstützung • Aufrechterhaltung bestehender Zustände • Das erfordert gleichzeitig • Deklarierte Politik und • Symbolische Politik Hirschwang 2007

  7. Begriffsklärung (4) • Qualität • Landläufig: „gute“ Eigenschaft • Wissenschaftliches Verständnis: Zustand gewünschter Beschaffenheit • Das bedeutet: „Qualität“ erfordert richtungsgebende Zuschreibungen, die nicht aus ihr selbst entstammen (können) • Qualität besteht aus • Qualitätsdefinition • Qualitätsbestimmung • Qualitätsmessung Hirschwang 2007

  8. Begriffsklärung (5) • Normen und Werte • Qualität erfordert Wertung, die außerhalb ihrer selbst liegt: • Relevante Begriffspaare sind • „gleich“ und „ungleich“ • objektiv messbar • „gerecht“ und „ungerecht“ • Ergebnis von Aushandlungsprozessen • Moral und Ethik • Personzentrierte Sicht („gut sein“ = Moral) • Strukturbezogene Sicht („gute Verhältnisse“ = Ethik) Hirschwang 2007

  9. Begriffsklärung (6) • Zielebestimmung • Zu entscheiden ist zwischen dem • „guten Leben“ • Wertmaßstab liegt außerhalb der relevanten Person (state of the art, natur- oder gesellschaftswissenschaftliche Norm,..) • „gelingenden Leben“ • Wertmaßstab liegt innerhalb der relevanten Person (Interesse, Wille, Gefühl,..) •  Alte „Streitfrage“ zwischen dem „ich will lang leben“ und „ich will gut leben“ • Rücksichtnahme auf Sich und die Anderen Hirschwang 2007

  10. Begriffsklärung (7) • Utilitarismusproblem • Entscheidung über die Verteilung knapper Güter (jedes andere politische Problem wäre trivial im Sinne Luhmanns) • Triage • Verteilung von Zeit, Ressourcen, Geld • „unendlicher“ Grenznutzen versus „knapper“ Mittel • Interessendreieck: Kranke, Gesunde, AnbieterInnen • Utilitarismus als Gerechtigkeit versus Fairness als Gerechtigkeit Hirschwang 2007

  11. Salutogenese • Wechselnder Blickwinkel • von der Pathogenese zur Salutogenese • vom klinischen zum sozialen Ansatz • Von der Heilung zur Prävention • Bandbreite der Definitionen • „Krankheit“ als regelwidriger Körperzustand, der einer Behandlung bedarf (ASVG) • „Gesundheit“ als Zustand körperlichem, geistigem und sozialen Wohlbefindens (WHO)  bio-psycho-sozialer Gesundheitsbegriff versus „warm – satt – sauber“ (Gesundheit & Pflege) Hirschwang 2007

  12. Komplexe Situation (1) • Diskursförderliche Zuspitzung darf nicht davon ablenken, dass beide Extrempole... • ...in der Wirklichkeit nicht vorkommen • ...ihre Berechtigung haben • Genauso wichtig wie zu wissen, wie die Regeln sind, ist es also, festzulegen, wer die Regeln macht • Der Gesundheitsdiskurs ist daher beides • ein medizinisch-naturwissenschaftlicher Diskurs • ein gesellschaftspolitischer Diskurs Hirschwang 2007

  13. Komplexe Situation (2) • Situationen werden durch Zuweisungen erzeugt • Die medizinische Zuweisung schafft andere Zustände als die soziale bzw. die individuelle • Begriffspaare können sein • „krank“ – „anders“ • „zu behandeln“ – „Selbstgestaltung“ • „diagnostiziert“ – „ausgegrenzt“ Hirschwang 2007

  14. Komplexe Situation (3) „Diskriminierende Kodifizierungen, Diagnosen, die ein eindeutiges Werturteil darstellen, Definitionen von Krankheitszuständen, die zum Stigma geraten, machen evident, was Psychiatrie heute für uns bedeutet: die Ideologie des Andersseins, die Vertiefung der Kluft zwischen Gesundheit und Krankheit, Norm und Abweichung“ Basaglia/Basaglia-Ongaro, 1972 Ein Gedankenexperiment: Ersetzen wir doch einmal „Psychiatrie“ durch „Gesundheitspolitik“:  Diagnosen können stigmatisieren und ausgrenzen Hirschwang 2007

  15. Drei Problemfelder • Der Kürze wegen sollen drei Problemfelder, die für eine nachhaltige Gesundheitspolitik relevant sein können, angerissen werden • Die „Präventionsfalle“ • Die Exklusionsproblematik • Das Kostenproblem Hirschwang 2007

  16. Die „Präventionsfalle“ (1) • Prävention, so heißt es, senkt die Kosten. • Im betrieblichen Kontext: Prävention senkt die Kosten nachweisbar, und zwar in größerem Ausmaß als die Kosten der Prävention ausmachen • Geringe Fehlzeit, geringer Krankenstand, längeres Verweilen im Betrieb, productive ageing • Im gesellschaftlichen Kontext: Prävention kann dazu führen, dass (weniger teure) tödliche Krankheiten wegfallen und daher mehr Menschen das hochteure Alter erleben • Multimorbidität, Demenz, Alzheimer • Eine Demenzerkrankung z.B. kostet sechs Mal so viel wie ein Lungenkrebs Hirschwang 2007

  17. Die „Präventionsfalle“ (2) • Also: • Prävention nur im betrieblichen Kontext? • Keine Anti-Rauch-Kampagnen mehr? • Oder: • Argumentation der Prävention nicht über die Kosten, sondern über die gestiegene Lebensqualität • Argumentation nicht (mehr) über das Preis-Konzept, sondern über das QALY-Konzept • Notwendige Rahmenbedingung: Stringentere (wissenschaftlichere) Fassung der QALYs Hirschwang 2007

  18. Die Exklusionsproblematik (1) • Doppelter Kreislauf • Armut macht krank • Krankheit macht arm • Nur das WHO-Konzept kann hier nachhaltig reagieren: • Verständnis ausschließender Faktoren (Bildung, Nationalität, Beruf, Region,...) als krankmachende (besser: gesundheitsgefährdende) Faktoren • Verständnis gesundheitsgefährdender Faktoren (Ernährung, Rauchen, Süchte, Freizeitverhalten) als ausschließender Faktoren Hirschwang 2007

  19. Die Exklusionsproblematik (2) • Das bedeutet • Nachhaltige Gesundheitspolitik ist Gesellschaftspolitik. Sie hat eine Überwindung von Exklusion zum Ziel • Nachhaltige Sozialpolitik, die auf Inklusion gerichtet ist, ist aktive Gesundheitspolitik • Lissabon-Ziel: • Das Ziel vom Lissabon-Gipfel im Jahr 2000, die Exklusion innerhalb der EU deutlich zu reduzieren ist sowohl ein gesundheits- wie ein sozialpolitischer Auftrag • Es gibt uns quantitative (messbare) Vorgaben Hirschwang 2007

  20. Exklusionsproblematik (3) • Das Problem dabei • Wenn Definition von Gesellschaft Sinn macht, ist sie ohne Grenzen, das heißt ohne dem „drinnen - draußen“ -Problem nicht denkbar • Die Frage von Spencer Brown: „Was ist der Unterschied, der unterscheidet“, bestimmt Gesellschaften anhand ihrer Umwelten • Das bedeutet: Gesellschaft grenzt immer aus, sonst wäre sie nicht Gesellschaft Hirschwang 2007

  21. Exklusionsproblematik (4) • mögliche (nachhaltige) Lösungsstrategie: • Die Dauer der Ausgrenzungen reduzieren; höhere „gesellschaftliche Umschlag-Geschwindigkeit“ als Chancenraum für Alle • Maßnahmen zur Inklusion durchführen, selbst wenn dadurch die Gefahr erhöht wird, dass „Andere“ ausgegrenzt (ausgrenzbar) werden • Die Regeln des „drinnen - draußen“ transparenter machen – hier kann der Fairness-Ansatz von Rawls eine gute Antwort auf das Utilitarismusproblem sein Hirschwang 2007

  22. Das Kostenproblem (1) • Gesundheitsmarkt ist angebotsindiziert • Anbieter dominieren Mengen- und Preiswachstum • Steuerungsansatz bei PatientInnen oder Versicherungen funktioniert nicht • Gesundheitskosten werden weiter rascher wachsen als Beitrags/Steueraufkommen •  Belastung für Betroffene steigt Hirschwang 2007

  23. Das Kostenproblem (2) Bestimmt Leistung und sein/ihr Einkommen ÄrztIn Versicherung zahlt Beitrags- zahlerIn PatientIn will alles, um gesund zu werden will niedrige Beiträge Hirschwang 2007

  24. Das Kostenproblem (3) Letztendlich bedeutet das: Einkommenserwartung geht gegen unendlich ÄrztIn Versicherung Gesundheitskosten gehen gegen unendlich Beitrags- zahlerIn PatientIn Nutzenerwartung und Zahlungsbereitschaft geht gegen unendlich Versicherungsakzeptanz geht gegen Null Hirschwang 2007

  25. Das Kostenproblem (4) Zu wem die BürgerInnen Vertrauen haben Hirschwang 2007 Quelle: Standard 11.8.2004

  26. Das Kostenproblem (5) Durchsetzungskraft: Vertrauen 15 %(Selbstverwaltung, Politik) Vertrauen:91 % ÄrztIn Versicherung Beitrags- zahlerIn PatientIn Hirschwang 2007

  27. Das Kostenproblem (6) • Fazit: • Entscheidungen der Gesundheits-Politik erfolgen in Sozialversicherungen, Gebietskörperschaften. • Die Entscheidungsträger hängen vom WählerInnen-Votum ab • Im direkten Vertrauens-Ranking verlieren sie gegenüber den ÄrztInnen (Anbietern im Gesundheitssystem) haushoch  im Policy-Prozess der Gesundheit sind die AnbieterInnen stärker als die EntscheiderInnen! Hirschwang 2007

  28. Das Kostenproblem (7) Lösung Managed Care (1) Versicherung zahlt Anbieter ist Shareholder der Versicherung ÄrztIn Steuert mit seinen/ihren Handlungen sein/ihr Einkommen Beitrags- zahlerIn PatientIn will niedrige Beiträge will alles, um gesund zu werden Hirschwang 2007

  29. Das Kostenproblem (8) Managed Care (2) • Die Idee dahinter: Die Leistungsanbieter werden zu shareholdern der Versicherungen  sie sind an billigen Angeboten interessiert • Haupttyp: HMO (Health Maintainance Organization) • Verbreitung USA (60 %), CH (20%), GB, D, B,.. • PatientIn trägt sich bei prakt. ArztIn (GP) ein – dort findet Weichenstellung statt („Gatekeeper“), es gibt keine freie Arztwahl Hirschwang 2007

  30. Das Kostenproblem (9) Managed Care (3) • Probleme: Das System funktioniert nur, • Wenn es auch andere Versicherungen gibt • Wenn es keinen Kontrahierungszwang gibt • Wenn das System „schlechte Risken“ ausscheiden kann • Qualitätssicherung ist problematisch (ökonomisches Bündnis von ÄrztIn und Versicherung gegen PatientIn)  externe Qualitätssicherung (z.B. durch Justiz in USA) Hirschwang 2007

  31. Das Kostenproblem (10) Managed Care (4)Zusammenfassend: • Es ist kein MC-System bekannt, dass nicht auf einer Zweiklassenmedizin aufbaut • Es ist keine ausreichende Qualitätssicherung systematisch zu implementieren • Es gibt keine freie ÄrztInnenwahl  für uns nicht anstrebenswert Aber: Die Idee, Anbieterinnen ökonomisch an den Erfolg der Versicherung anzubinden, bleibt spannend! Hirschwang 2007

  32. Abschließende Fragen (1) • Zur Befruchtung der Diskussion und mit Erschöpfung der Redezeit einige „abschließende Fragen“, wohl wissend, dass diese den Diskurs nicht abschließen sollen, aber vielleicht anstoßen können • Diese Fragen sind nicht neu, aber: Sie scheinen noch nicht gelöst zu sein.... Hirschwang 2007

  33. Abschließende Fragen (2) • Welche Faktoren führen zu (dauerhafter) Exklusion aus der Gesellschaft und damit auch aus dem Gesundheitssystem? • Welche Personengruppen sind insbesondere durch Exklusion betroffen? • Wie funktioniert Exklusion (oder: Exil innerhalb der Gesellschaft) heute? • Objektive und subjektive Faktoren der Exklusion Hirschwang 2007

  34. Abschließende Fragen (3) • Warum haben bestimmte gesundheitsförderliche Strategien (z.B. Anti-Rauch-Kampagne) so einen hohen Stellenwert? • Wieso werden bestimmte Krankheitsgruppen so relativ stark aus dem Forschungsinteresse ausgeschlossen (z.B. Demenz)? • Wie fallen Entscheidungen über Kampagnen und Ziele in der nachhaltigen Gesundheitspolitik? • Wer (welche Gruppe) vertritt welche Interessen im Diskurs über nachhaltige Gesundheitspolitik? Hirschwang 2007

  35. Abschließende Fragen (4) • Wie kann auf diese Erkenntnisse wirkungsvolle Inklusionspolitik aufsetzen und nachhaltige Gesundheitsförderung erreicht werden? • Wer (welche gesellschaftliche Gruppe/n) könnte(n) das Subjekt dieser Nachhaltigkeitspolitik sein / werden? • Und wie bzw. vonwem werden diese Gruppen mandatiert? Von den Kranken? Von den Gesunden? Vion den AnbieterInnen? Von der „Gesellschaft“ und wer ist das? • Das bedeutet letztendlich: Wie kommt Demokratie in die Politik der nachhaltigen Gesundheitsförderung? Hirschwang 2007

  36. Prof. (FH) Dr. Tom Schmid Wasagasse 6/8 1090 Wien Tel.: 01/3195750 Fax.: 01/3195750/3 E-mail: tom.schmid@sfs-research.at DANKE für die AUFMERKSAMKEIT! Hirschwang 2007

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