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Verständigungsprobleme in der interkulturellen Experten-Laien-Kommunikation

Verständigungsprobleme in der interkulturellen Experten-Laien-Kommunikation. Kommunikation zwischen Migranten und Behörden in Argentinien und Deutschland 39. Jahrestagung der GAL Katharina Rosenberg (Frankfurt (O.)/Kiel). Experten-Laien-Kommunikation.

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Verständigungsprobleme in der interkulturellen Experten-Laien-Kommunikation

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Presentation Transcript


  1. Verständigungsprobleme in der interkulturellen Experten-Laien-Kommunikation Kommunikation zwischen Migranten und Behörden in Argentinien und Deutschland 39. Jahrestagung der GAL Katharina Rosenberg (Frankfurt (O.)/Kiel)

  2. Experten-Laien-Kommunikation „systematische Wissensasymmetrie der beteiligten Kommunikationspartner“ (Bromme/Jucks/Rambow 2004: 176)  (vertikaler) Wissenstransfer vom Experten zum Laien, damit dieser eine informierte selbständige Entscheidung treffen kann  Experten- und Laienrollen müssen jedoch ausgehandelt werden

  3. Behörden und Migranten • Experten-Laien-Kommunikation im interkulturellen Kontext • Experten- und Laienrollen mehrfach vergeben: • Fachlich-institutionell • Kulturell • Sprachlich • Sprachliche Schwierigkeiten: • Reines Verstehen • Sozialsymbolik • Pragmatische Rollenkommunikation

  4. Bisherige Studien • In Deutschland verschiedene Untersuchungen seit den 1980er Jahren: z.B. Hoffmann 1982; 1995, Hinnenkamp 1985, Seifert 1996, Berth/Esser 1997, Riehle/Zeng 1998, Riehle 2001, Porila/ten Thije 2005 • In Argentinien: z.B. Ciapuscio/Kesselheim 1997 • Kritikpunkte: • Bislang kaum umfangreiche Forschungen • Lange Zeit zu wenig authentische Gesprächsmaterialien • Migranten als homogene Gruppe aufgefasst, unterschiedliche Integrationsgrade nicht einbezogen • Selten internationaler Vergleich, Frage nach der Rolle der Sprache oft nicht genügend beachtet

  5. Vorgehen • Vorinterviews: Beratungsstellen, Migranten, Behördenmitarbeiter • Gesprächsmitschnitte: Dirección Nacional de Migraciones (157), Berliner Bürgerämter und Jobcenter (122) • Fragebogenumfrage • Etwa 50 Mitschnitte ausgewählt, die auffällige Verständigungsschwierigkeiten zeigten

  6. Erste Ergebnisse • Aspekte der Verständigung zwischen Experteund Laie institutionelle Kompetenzen • Kulturell bedingte Aspekte kulturelle Kompetenzen • Auf Fremdsprachigkeit bezogene Aspekte sprachliche Kompetenzen

  7. Beispiel 1: Fachlexik

  8. Institutionelle Kompetenzen • Expertenseite: • Fehleinschätzung über (fachliches und allgemeines) Vorwissen des Laien • Verwendung von Fachtermini, Lexik aus dem Behördenkontext (z.B. Maßnahme, estado civil) • Pragmatisch unklare Fragen • Laienseite: • Mangelhaftes oder bruchstückhaftes Wissen: Schwierigkeit der Problemformulierung • Kontextproblem • Überschätzung des Experten

  9. Beispiel 2: Unterschiedliche kulturelle Praxen Sb: Tu domicilio acá? Cuál es? ((3s)) Domicilio acá en Argentina •Dein Wohnsitz hier? Welcher ist es? Der Wohnsitz hier in Argentinien cuál es? Dónde vivís acá? Welcher ist es? Wo wohnst du hier? I: Ahh • Mar del Plata.Ahh • in Mar del Plata. Sb: La calle?Die Straße? I: Veintcinco de Mayo. Sb: El número?Die Hausnummer? I: (sehr leise): número • ehh (fragt jemanden) sietecientocuarentayseis.Hausnummer •ähm Siebenhundertsechsundvierzig Sb: Estado civil?Familienstand? I: • Civil?Zivil?

  10. Kulturelle Kompetenzen • Unterschiedliche kulturelle Praxen (z.B. Adresse) • Kulturell unterschiedliche Konzepte (z.B. Nationsverständnis) • Unterschiedliche Verteilung der sozialen Rollen (z.B. Männer-, Frauen-Bild) • Anredeformen (z.B. T-Anrede, voseo)

  11. Beispiel 3: Morphologie Sb: Alle Dokumente brauchn ein Foto. I: Und diese rot deutsche Pass auch ein Passbild für die Kinda? Sb: Was fürn rot-deutscher Pass? I: ((2,5s)) Reisepass. Diese rote • Pass. Sb: Reisepass. Ja auch. Alles Fotos.

  12. Sprachliche Kompetenzen • Morphologie • Phonetik • Syntax • Lexikalisch-semantische Ebene • Semantische Struktur (unterschiedliches Deutungssystem) • Gesprächsstrategien (z.B. Unverständnis artikulieren) • Pragmatik (Rollenkommunikation, Kontextualisierung, z.B. Partikeln)

  13. Beispiel 4: Fachliche und sprachliche Kompetenzen Sb: Die zweite Voraussetzung keine strafrechtlichen Verurteilungen wie siehts damit aus? I: ((3s)) (Schaut Sb fragend an) Sb: Das müssn Sie wissen. Ich nich. ((2s)) Hat ein Gericht Sie zu einer Strafe verurteilt? I: ((2s)) Weiß jetz nisch was ich darauf/ • kein Ahnung Sb: Wissen Sie was das Wort Strafe bedeutet? ((3,5s)) Sie könn sich nichts darunter vorstelln was das Wort bedeutet hm? I: Nä nee ich versteh jetz nich was jetz für die Strafe was dis soll. Sb: Sind Sie schonma vonner Polizei anjehaltn wordn? Was die Polizei is dis wissen Sie? I: Nnja noch nich. Sb: ((1,5s)) Was jetz noch nich?

  14. Beispiel 4: Fachliche und sprachliche Kompetenzen Sb: Die zweite Voraussetzung keine strafrechtlichen Verurteilungen wie siehts damit aus? I: ((3s)) (Schaut Sb fragend an) Sb: Das müssn Sie wissen. Ich nich. ((2s)) Hat ein Gericht Sie zu einer Strafe verurteilt? I: ((2s)) Weiß jetz nisch was ich darauf/ • kein Ahnung Sb: Wissen Sie was das Wort Strafe bedeutet? ((3,5s)) Sie könn sich nichts darunter vorstelln was das Wort bedeutet hm? I: Nä nee ich versteh jetz nich was jetz für die Strafe was dis soll. Sb: Sind Sie schonma vonner Polizei anjehaltn wordn? Was die Polizei is dis wissen Sie? I: Nnja noch nich. Sb: ((1,5s)) Was jetz noch nich?

  15. Problematische Aspekte • Fehlende institutionelle Kompetenzen • Mangelnde rezeptive und produktive Sprachkompetenzen • Unsichere Kontextualisierung • Fehlende Bekanntheit von Fachtermini (strafrechtliche Verurteilungen)

  16. Aushandlung: Verwendung alltagskommunikativer Elemente • durch Experten: z.B. alltagssprachliche Paraphrasierungen institutioneller Begriffe • durch Laien: z.B. informeller Gesprächsstil („gerafft“), T-Anrede („guckma“, „weißtu“)

  17. Beispiel 5: Verwendung institutioneller Elemente durch Laien I: Reisepass plus die äh diese • (Urkun) oda so. Sb: Plus was? I: Diese Urkunde für misch jetz und mein Kinda. Sb: Urkunde? Sacht mir jetz nix. I: ((1,5s)) Wie heißt dis • nochmal? Sb: Ich kenn jetz/ also s gibt nur n Personalausweis oder n Reisepass.

  18. Aushandlung: Verwendung institutioneller Elemente • durch Experten: z.B. Fachlexik, Diskurspartikeln (semant. Präzision, usuelle Verwendung) • durch Laien: z.B. (unsichere Verwendung von) Fachlexik, stilistische Marker (Situationsangemessenheit, Hervorheben des eigenen semiprofessionellen Wissens)  Laien verwenden sprachliche Elemente, die dem Experten „zustehen“: z.T. konflikthafte Konsequenzen

  19. Beispiel 6: Experten- und Laienrolle

  20. Zusammenfassung • Kein einseitiger, linearer Wissenstransfer vom Experten zum Laien • Verständigungsschwierigkeiten auf 3 Ebenen: fachlich-institutionell, kulturell, sprachlich • Aushandlung dreifach schwierig, oft nicht erfolgreich – auch bei gleicher Muttersprache • Laien und Experten fehlen Aushandlungs-kompetenzen

  21. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: krosenberg@euv-frankfurt-o.de

  22. Beispiel 7: Experten- und Laienrolle I: La escritura la tiene el banco. Das Schreiben hat die Bank. Sb: Está bien pero no sale que esté certificada.Ist gut, aber hier steht nicht, dass es beglaubigt ist. I: (ungläubig lachend) Pero lo tiene el banco. • Tiene todo el banco. Aber es hat doch alles die Bank. Alles hat die Bank. I2: Vos no podés decir/ • Ustedes leyeron ésto? Du kannst nicht sagen/ • Habt ihr das gelesen? Sb: Sí. Ja. I2: Entendieron lo que dice? Habt ihr verstanden was da steht? Sb: Sí. Ja. I2: Lo leíste en serio? Hast du es wirklich gelesen? Sb: Síí. Jaa. I2: Cómo no. Aber klar doch. Sb: (sehr schnell) Ahora le explico por qué es? Acá dice que es copia. No está firmada. Nosotros para recibir una copiasiempre tiene que estar certificada. Porque nosotros no podemos certificar una copia. Soll ich Ihnen jetzt mal erklären warum das so ist? Hier heißt es, dass es eine Kopie ist. Sie ist nicht unterschrieben. Für uns, damit wir eine Kopie annehmen können, muss es immer beglaubigt sein. Weil wir keine Kopien beglaubigen können.

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