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Psychiatrische Notfälle und deren Behandlung (ICD-10: F0-F9)

Vorlesung F1. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie . Psychiatrische Notfälle und deren Behandlung (ICD-10: F0-F9). Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum für Psychosoziale Medizin Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE). Vorlesung F1.

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Psychiatrische Notfälle und deren Behandlung (ICD-10: F0-F9)

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  1. Vorlesung F1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Psychiatrische Notfälle und deren Behandlung (ICD-10: F0-F9) Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum für Psychosoziale Medizin Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE)

  2. Vorlesung F1 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Erstellung des Inhalts: Prof. Dr. Martin Lambert  Lehrbeauftragter Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum Psychosoziale Medizin Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) Martinistr. 52, 20246 Hamburg Gebäude W37 Tel.: +49-40-7410-24041 Fax: +49-40-7410-52229 E-Mail: lambert@uke.de

  3. Überblick Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie • Allgemeine Aspekte • Definition und Häufigkeit des psychiatrischen Notfalls • Rechtliche Aspekte • Vorgehen in der psychiatrischen Notfallsituation • Psychopharmaka für den psychiatrischen Notfall • Notfall-Syndrome und deren Behandlung • Psychomotorische Erregungszustände • Hypovigilant-hypoaktive psychiatrische Notfälle • Suizidalität und akute Belastungsreaktion • Spezifische Syndrome durch Intoxikation mit psychotropen Substanzen (Psychopharmaka, andere Medikamente, Drogen)

  4. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Allgemeine Aspekte

  5. Definition des psychiatrischen Notfalls • Ein psychiatrischer Notfall ist ein Zustand, der in der Regel durch eine psychische Erkrankung bedingt ist und der einen unmittelbaren Handlungszwang zur Abwendung von Lebensgefahr oder von anderen schwerwiegenden Folgen mit sich bringt. • Er erfordert eine sofortige, an der akuten Symptomatik orientierte, gezielte Therapie, um eine Gefahr für die Gesundheit des Patienten und evtl. anderer Personen abzuwenden. 1. Pajonk et al. 2001. Der psychiatrische Notfall im Rettungsdienst. Nervenarzt 72: 685-692.

  6. Häufigkeit • Psychiatrische Notfälle machen etwa 10% aller notärztlichen Einsätze aus, in der Klinik 10-20%. • Häufigkeiten: • 50-60% Auswirkungen einer bestehenden psychischen Erkrankung (v.a. Schizophrenie, Suchterkrankungen), • 25% zwischenmenschliche Konflikte • 20-25% Alkohol-assoziiert (Entzug, Intoxikationen, Delir) • 20% „seelische Krise“ • 10-20% Suizidalität bzw. nach Suizidversuch • Überlappung und gleichzeitiges Bestehen von mehr als einer Notfallkategorie häufig! Pajonk et al. 2001. Der psychiatrische Notfall im Rettungsdienst. Nervenarzt 72: 685-692.

  7. Rechtliche / juristische Aspekte • Rechtliche Aspekte in der (Notfall)Behandlung: • Schutz des Patienten und Dritter • Rechte des Patienten • Geschäftsfähigkeit / Einwilligungsfähigkeit • Unterbringung • Dokumentation • Schweigepflicht • Betreuung nach Entlassung

  8. Rechte des Patienten • Der Patient hat... • das Recht, die Notfalleinrichtung zu verlassen (es sei denn, der Patient ist akut selbst- oder fremdgefährdend), • das Recht, über geplante Behandlungen, zu erwartende Wirkungen sowie mögliche unerwünschte Folgen informiert zu werden, • das Recht auf Rechtsberatung, wenn eine Unterbringung droht.

  9. Geschäftsfähigkeit / Einwilligungsfähigkeit

  10. Kriterien für freiheitsbeschränkende oder -entziehende Maßnahmen nach Unterbringungsgesetz (PsychKG) • ...es muss eine psychische Krankheit festgestellt werden, infolge derer eine erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung vorliegt, die nur durch Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Klinik abzuwenden ist, • ...bei Nichtbehandlung besteht eine akute, unmittelbare Gefahr für den Patienten und/oder Dritte bzw. deren Eigentum, • ...die freie Willensbestimmung (Einsichts- und Urteilsfähigkeit) des Patienten ist krankheitsbedingt stark beeinträchtigt, • ...die Zusammenhänge zwischen psychischer Erkrankung und drohender Eigen- oder Fremdgefährdung müssen objektivierbar sein und es muss mit einer Besserung des Krankheitszustandes aufgrund der Behandlung gerechnet werden können.

  11. Unterbringung • ...die Freiheit der Person, insbesondere vor staatlichen Maßnahmen, ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 des Grundgesetz) geschützt, • ...alle Maßnahmen beruhen ausnahmslos auf der Fürsorgepflicht des Staates gegenüber kranken Personen und müssen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren, • ...für jede freiheitsbeschränkende oder -entziehende Maßnahme ist eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung durch das zuständige Amtsgericht einzuholen. • Betreuungsgesetz (BtG) / Unterbringungsgesetzen (PsychKG)

  12. Betreuungsgesetz (BGB) Unterbringungsgesetz (PsychKG) Betreuungsgesetz (BtG) Unterbringungsgesetz (PsychKG) Patient hat einen Betreuer (§1906, Minderjährige §1631b) Patient hat keinen Betreuer Arzt bringt Patienten nach PsychKG für 24h unter (§12) 2. Gericht Der Richter entscheidet innerhalb von 24h über Fortführung und Dauer der Unterbringung (§9) 3. Bestellung 1. Antrag ggf. 4. Betreuer Unterbringung des Patienten

  13. Allgemeine Richtlinien für Zwangsmaßnahmen "Absonderung" bzw. "Isolierung" (engl.: seclusion), "Fixierung" (engl.: physical restraint) und medikamentöse Zwangsbehandlung (engl.: chemical restraint) sind nur anzuwenden, wenn: • es die einzige Methode ist, um Schaden für sich selbst oder andere vorzubeugen • sie einem offiziellen Verfahren folgen • sie nur so kurz wie möglich angewendet werden • sie in der Krankengeschichte dokumentiert werden und • sie unter ständiger Beobachtung von qualifizierten Mitarbeitern stattfindet.

  14. Vorgehen in der • psychiatrischen Notfallsituation (I) • Abschätzen, ob der Patient eine akute Gefahr für Untersucher, Personal oder sich selbst darstellt • Ausschluss einer unmittelbaren vitalen Bedrohung durch internistische oder chirurgische (Grund)Erkrankung • Vorläufige diagnostische Einschätzung von (a) Notfallsyndrom und (b) zugrundliegender psychiatrischer Störung durch Fremdanamnese und Verhaltensbeobachtung • Festlegung der Behandlungsstrategie und -modalität (freiwillig – unfreiwillig, sofort – nach Aufnahme/Übernahme)

  15. Vorgehen in der • psychiatrischen Notfallsituation (II) • Erste syndromale Verdachtsdiagnose stellen • Psychopharmakologische Behandlung möglichst auf der Basis einer (vorläufigen) diagnostischen Einschätzung • Nicht-pharmakologische Maßnahmen (u.a. verbale Deeskalation, Reizabschirmung) begleitend einsetzen • Psychopharmaka zur Beruhigung und nicht zur Schlafinduktion einsetzen • Patienten soweit wie möglich in die Auswahl und Applikationsform der Psychopharmaka mit einbinden • Orale der parenteralen Medikation vorziehen

  16. Psychopharmaka für den psychiatrischen Notfall Drei wesentliche Anforderungen: Hohe Sicherheit (Verträglichkeit, Zulassung) bei häufig akut nicht einsichtsfähigen Patienten Hohe Wirksamkeitswahrscheinlichkeit in Bezug auf die Zielsymptomatik Hohe Applikationssicherheit und kurze Wirkdauer

  17. Notfall-Psychopharmaka • im Überblick (I) Butyrophenone Haloperidol, Melperon (Eunerpan®) und Pipamperon (Dipiperon®) sind bewährte Substanzen mit relativer Sicherheit (Melperon und Pipamperon in sedierender und hypnotischer Indikation z.B. bei geriatrischen/internistischen Patienten). Zuclopenthixolacetat i.m. ist Haloperidol i.m. gleichwertig (Metaanalyse Jayakody et al. 2012) und dient der Vermeidung wiederholter Injektionen. CAVE später Wirkeintritt (6-8h) und starke Sedierung. Antipsychotika der 2. Generation: Wirksamkeit bei Agitation im Rahmen von Schizophrenie und Manie: Olanzapin i.m., Aripiprazol i.m. und Ziprasidon i.m. Einsatz von Ziprasidon i.m. wegen QTc-Verlängerung und geringer Erfahrung umstritten.

  18. Notfall-Psychopharmaka • im Überblick (II) • Anwendung von trizyklischen niederpotenten Neuroleptika (z.B. Levomepromazin) im akuten Erregungszustand wird wegen anticholinerger und kardiovaskulärer Nebenwirkungen nicht mehr empfohlen. • Haloperidol plus Promethazin i.m. (CAVE delirogen) Monotherapie mit Haloperidol oder Olanzapin überlegen (Metaanalyse Huf et al. 2009). • Als Sedativum und Anxiolytikum wird das relativ kurz wirksame Benzodiazepin Lorazepam empfohlen (oral Tablette, oral Wafer, i.m., i.v.). • Clomethiazol hat sich bei prädeliranten bzw. deliranten Zuständen bewährt. Nachteile sind geringe therapeutische Breite und die nicht mehr zur Verfügung stehende parenterale Applikationsform.

  19. Notfall-Psychopharmaka • im Überblick (III) • Die Kombination von Antipsychotika mit Benzodiazepinen ist gut untersucht (v.a. Haloperidol plus Lorazepam) und bietet Vorteile gegenüber der Monotherapie (u.a. geringe jeweilige Dosen, Dämpfung möglicher Akathisien durch BZD). • Olanzapin i.m. plus Benzodiazepine wird nicht empfohlen (CAVE erhöhtes Mortalitätsrisiko, insbesondere in Kombination mit Alkohol). • Bei Erregungszuständen waren Risperidonoral und Haloperidol i.m. sowie Risperidon plus Lorazepam (oral) und Haloperidol i.m. plus Lorazepam i.m. gleich wirksam (Wilson et al. 2012). • Im Falle einer parenteralen Applikation ist eine Reduktion der Dosis erforderlich, i.v.-Injektionen müssen generell langsam erfolgen, als parenterale Form von Haloperidol wird ausschließlich die i.m.-Injektion empfohlen (CAVE i.v.-Gabe Monitorpflicht).

  20. Applikationsformen von • Notfall-Psychopharmaka a) Aufgrund von Verlängerung des QT-Intervalls im EKG und/oder ventrikuläre Arrhythmien/Torsade de pointes; auch wegen seltenen plötzlichen Todesfälle

  21. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (I)

  22. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (II)

  23. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (III)

  24. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (IV)

  25. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (V)

  26. Die wichtigsten Notfall-Psycho-pharmaka im Überblick (VI)

  27. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Notfall-Syndrome und deren Behandlung

  28. Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Psychomotorische Erregungszustände (engl. ‚agitation‘)

  29. Psychomotorische Erregungszustände: Definition „Status (desorganisierter und zielloser) psycho-motorischer Hyperaktivität mit impulsivem und/oder unberechenbarem Verhalten, gereizten und einschüchternden Verhalten, vermehrter Reaktivität gegenüber innerer und äußerer Stimuli, Irritabilität, unkooperativen Verhalten bzw. Widerstand gegen die Behandlung, reduziertem Schlaf und Aggressivität“ Allen et al. Expert Consensus Guidelines for Treatment of Emergencies. J Clin Psychiatry 2000 & 2005

  30. Psychomotorische Erregungszustände: Ursachen • Psychosen (schizophren, schizoaffektiv, bipolar) • Persönlichkeitsstörungen • Intoxikationsbedingte Erregungszustände (besonders Alkohol, Kokain, Amphetamine) • Ängstliche Erregung • Delirantes Syndrom (v.a. Durchgangssyndrom und Alkoholdelir) • Unruhezustände gerontopsychiatrischer Patienten Allen et al. Expert Consensus Guidelines for Treatment of Emergencies. J Clin Psychiatry 2000 & 2005

  31. Psychomotorische Erregungszustände: Prädiktoren • Männliches Geschlecht • Höheres Lebensalter • Ausgeprägter Wahn, formale Denkstörungen, Manie • Drogenmissbrauch oder -abhängigkeit • Drogen- und/oder Alkoholintoxikation • Komorbide Persönlichkeitsstörung (v.a. dissozialer oder emotional-instabiler Typ bzw. entsprechende Traits) • Aufnahme gegen Willen • Früheres gewalttätiges Verhalten • Sprachschwierigkeiten • Minderbegabung Allen et al. Expert Consensus Guidelines for Treatment of Emergencies. J Clin Psychiatry 2000 & 2005

  32. Psychomotorische Erregungszustände: Prädiktion Gesamtwerte ≥ 25 oder Einzelwerte ≥ 6 gehen mit einem erhöhtem Risiko für einen psychomotorischen Erregungszustand einher! Allen et al. Expert Consensus Guidelines for Treatment of Emergencies. J Clin Psychiatry 2000 & 2005

  33. Psychomotorische Erregungs-zustände: Differentialdiagnose Unklare und komplexe Erregungszustände Psychotische Erregungszustände Delir mit und ohne Entzug von Alkohol oder Benzodiazepine Intoxikation mit zentralnervös stimulierenden (z.B. Amphetamine, Kokain) oder dämpfenden Substanzen (z.B. Alkohol oder Benzodiazepine) Allen et al. Expert Consensus Guidelines for Treatment of Emergencies. J Clin Psychiatry 2000 & 2005

  34. Allgemeine Empfehlungen zur med. Therapie von Erregungszuständen (I) • Haloperidol i.m. wird gegenüber AAP im Notfall favorisiert. Zuclopenthixolacetat wird zur Vermeidung wiederholter Injektionen angewendet. • Die Reihenfolge der Empfehlungen von i.m. applizierbaren AAP ist nicht eindeutig; bezüglich der Wirksamkeit ist Olanzapin zu bevorzugen, in Bezug auf Verträglichkeit und Kombinierbarkeit mit BZD Aripiprazol. • Clomethiazol wird zur Behandlung des Alkoholdelirs empfohlen • Als BZD wird v.a. Lorazepam empfohlen, Diazepam wird v.a. bei schweren Ausprägungen und erwünschter längerer Wirksamkeit empfohlen Wilson et al. West J Emerg Med. 2012 Feb;13(1):26-34.

  35. Allgemeine Empfehlungen zur med. Therapie von Erregungszuständen (II) Erregungszustand Unklarer Erregungszustand oder komplexes Erscheinungsbild Psychotische Erregung, bekannte psychiatrische Grunderkrankung Delir ohne Hinweise auf Entzug (Alkohol, BZD) Delir mit Hinweisen auf Entzug (Alkohol, BZD) Intoxikation (stimulierende Substanzen, z.B. Amphetamine, Kokain) Intoxikation (dämpfende Substanzen, z.B. Alkohol, BZD) Kein Hinweis auf Delir, Intoxikation, Entzug Ohne psychotische Symptome: Lorazepam, Diazepam Mit psychotischen Symptomen: wie bei psychotischer Erregung 1. AAP p.o. Risperidon 2mg Olanzapin 5-10mg 2. KAP p.o. Haloperidol 2-10mg und Lorazepam 3. KAP i.m. Haloperidol 2-10mg i.m. und Lorazepam oder Promethazin 4. Zuclopenthixol-acetat i.m. 50-150mg/2-3 Tage 5. AAP i.m. Olanzapn 10mg Aripiprazol 9,75mg Ziprasidon 10-20mg Internistische Basisbehandlung, BZD vermeiden 1. AAP p.o. Risperidon 1-2mg Olanzapn 5-10mg 2. KAP p.o. Haloperidol <3mg 3. KAP i.m. Haloperidol < 3mg 4. AAP i.m. Olanzapn 10mg Aripiprazol 5.25-9,75mg Ziprasidon 10mg 1. Clomethiazolp.o. oder Lorazepamp.o. oder Diazepamp.o. 2. Lorazepam oder Diazepami.m. oder langsam i.v. 3. ggf. + Haloperidolp.o. oder i.m. bei psychotischen Symptomen 1. Lorazepam oder Diazepamp.o. 2. Lorazepam oder Diazepami.m. oder langsam i.v. BZD vermeiden 1. Haloperidolp.o. 2-10mg 2. Haloperidoli.m. 2-10mg Wilson et al. West J Emerg Med. 2012 Feb;13(1):26-34.

  36. Unklare Erregungszustände (kein Hinweis auf Delir, Intoxikation, Entzug) • Basistherapiemit einem Antipsychotikum: Risperidon 2mg p.o., Haloperidol 5-10mg p.o. oder i.m., ggf. 1-2malige Wiederholung im Abstand von 30min., maximal 100mg/24h p.o. bzw. 60mg/24h i.m., bei älteren Patienten 0.5-1.5mg. • Alternativen: Olanzapin 10-20mg p.o., Aripiprazol 9.75mg i.m. (max. 3 Injektionen/24h, Ziprasidon 10mg i.m. (max. 40mg/24h), Olanzapin 2.5-5mg i.m. (max. 20mg/24h). • Als Monotherapie (bei fehlenden psychotischen Symptomen) oder zusätzlich als Komedikation BZD: Lorazepam 1-2mg p.o. (Wafer) oder 0.5-1mg i.m./i.v. (CAVE: nicht in Kombination mit Olanzapin i.m.), ggf. Wiederholung in 30-minütigen Abständen bis maximal 7.5mg/24h. Wilson et al. West J Emerg Med. 2012 Feb;13(1):26-34.

  37. Erregungszustände bei psychiatrischer Grunderkrankung • Bei Erregungszuständen im Rahmen von schizophrenen, schizoaffektiven oder bipolaren Erkrankungen sind Antipsychotika BZD vorzuziehen, zumeist aber Kombination notwendig. • Bei Akzeptanz von p.o. Medikation beste Evidenz für Risperidon (Lim et al. 2010) • Kleinere Studien belegen auch die Effektivität von Olanzapin (Lambert et al. 2009) • Bei Notwendigkeit von parenteraler Medikation beste Evidenz für Haloperidol i.m., bei Notwendigkeit wiederholter Applikation Zuclopenthixolacetat i.m. • Bei initialer Ineffektivität zusätzlich Lorazepam (nicht bei Olanzapin i.m.) • Haloperidol i.v. vermeiden, und wenn dann nur mit Monitorüberwachung • Schnellst mögliche Umstellung auf orale Medikation anstreben Wilson et al. West J Emerg Med. 2012 Feb;13(1):26-34.

  38. Behandlungsalgorithmus für psychotische Erregungszustände Psychotischer Erregungszustand Orale Medikation • Initiale Untersuchung • Vitalparameter • Erregungszustand Vorgeschichte • Kurze visuelle Untersuchung • Kurze psychiatrische Untersuchung • Medikamentöse Vorbehandlung • Initiale Intervention • Mit Patienten sprechen und deeskalieren • Hilfe anbieten • Konfrontation vermeiden • Konfliktlösung anbieten • Schizophrenie und normales Alter: • Antipsychotikum (Risperidon, Olanzapin oder Haloperidol), ggf. zusätzlich Benzodiazepine ja ja • Schizophrenie und hohes Alter: • Antipsychotikum (Risperidon, Olanzapin oder Haloperidol) in niedriger Dosierung und nur ggf. Benzodiazepine Patient kooperativ? nein • Parenterale Medikation und/oder körperliche Fixierung • Sicherheit für Patienten und Personal herstellen • Somatisches Monitoring • Psychiatrisches Monitoring Patient gefährlich? ja Patient kooperativ? Stärke zeigen nein ja Differenzierung nach Alter Patient gefährlich? Parenterale Medikation nach Alter KAP i.m. Haloperidol 2-10mg i.m. (60mg/24h i.m.) plus Lorazepam oder Promethazin Zuclopenthixolacetat i.m. 50-150mg/2-3 Tage AAP i.m. Olanzapin 2.5-5mg i.m. (max. 20mg/24h), Aripiprazol 9.75mg i.m. (max. 3 Injektionen/24h, Ziprasidon 10mg i.m. (max. 40mg/24h) Schizophrenie und normales Alter KAP i.m. Haloperidol 5mg i.m. (20mg/24h i.m.) plus Lorazepam AAP i.m. Olanzapin 5mg i.m. (max. 10mg/24h), Aripiprazol 5.25mg i.m. (max. 3 Injektionen/24h, Ziprasidon 5mg i.m. (max. 20mg/24h) Schizophrenie und hohes Alter Nachbesprechung/Verarbeitung ("Debriefing") für Patient / Angehörige / Personal Patient kooperativ?

  39. Erregungszustände bei deliranten Syndromen (I) Leitsymptome: • Bewusstseins-, Aufmerksamkeits- und kognitive Störungen (z.B. mnestische Störungen, Verwirrtheit) und Desorientierung. • Zusätzlich können vorkommen: Wahrnehmungsstörungen mit - v.a. optischen – Halluzinationen, illusionäre Verkennungen und erhöhte Suggestibilität. • Psychomotorische Störungen entweder in Form von Unruhe und Erregung oder psychomotorische Hemmung, Apathie. • Fokalneurologische Symptome wie Ataxie, Dysarthrie, Tremor, vegetative Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Hyperhidrosis, Hyperthermie, Tachykardie, RR-Anstieg.

  40. Erregungszustände bei deliranten Syndromen (II) Wichtige Merkmale und Ursachen: • Delirante Syndrome sind in höherem Lebensalter häufiger (u.a. wegen Multimorbidität, Polypharmazie) • Häufig mehrere Ursachen beteiligt, v.a.: • Entzugssyndrome (v.a. Alkohol) • Intoxikationen • Komplikationen bei internistischen und neurologischen Erkrankungen • Postoperativ, v.a. im höherem Lebensalter • Demenzielle Erkrankungen

  41. Erregungszustände bei deliranten Syndromen (III) Die wichtigsten 12 Ursachen im Überblick: Zentralnervöse Erkrankungen (Blutungen, Tumore, Schädel-Hirn-Trauma, Epilepsie, Meningitis, Enzephalitis, Schlafentzug) Postanästhesie, postoperativ Systemische Erkrankungen (Infektionen) Metabolische Störungen (Hypoglykämie, Hyperglykämie, Nierenversagen, Leberversagen, Anämie, Azidose, Alkalose, Vitaminmangel, Endokrinopathien (Nebennierenrinde, Hypophyse, Schilddrüse) Elektrolytstörungen (Na, K, Ca, Mg, HCO3, PO4, Dehydratation) Medikamente (Medikamenten-induzierte Nebenwirkungen, Medikamentenintoxikation, Medikamentenentzug) Drogen (v.a. Alkohol, aber auch BZD, Drogen) Hypoxie, Hyperkapnie Kollagen-Vaskulitis (z. B. Lupus erythematodes) Kardiovaskulär (Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, Arrhythmie, Schock, Lungenembolie, COPD) Schlafapnoe Fieber

  42. Erregungszustände bei deliranten Syndromen (IV) Diagnostik bei Verdachtsdiagnose Delir: • Körperliche Untersuchung • Vitalparameter, EKG, Körpertemperatur • Laborchemische und hämatologische Parameter (v.a. Alkoholspiegel, Glukose, Elektrolyte, Leber- und Nierenparameter, Entzündungszeichen, Blutbild) • Urin/Blutstatus mit Drogenscreening • Thoraxröntgen • Zerebrale Bildgebung, wenn möglich MRT • Evtl. EEG zum Ausschluss epileptischer Aktivität • Evtl. Lumbalpunktion

  43. Erregungszustände bei deliranten Syndromen (V) Allgemeines Vorgehen: • Immer ein lebensbedrohlicher medizinischer Notfall. • Wenn möglich, ist die Beteiligung von Alkohol, BZD und anderen psychotropen Substanzen (Entzug oder Intoxikation) zu klären (Anamnese, Atem-, Urin- und Bluttests). • Notfallbehandlungen von deliranten Syndromen bei Alkohol- oder Benzodiazepinentzug und bei Intoxikationen folgen unterschiedlichen Empfehlungen! • Im Zweifelsfall ist neben der internistischen Basistherapie am ehesten die Gabe von Haloperidol (p.o. oder i.m.) in möglichst niedriger Initialdosis (1-2mg) zu empfehlen.

  44. Delirantes Syndrom mit Erregungszustand (ohne Hinweis auf Alkohol- & Benzodiazepinentzug) (I) • Internistische Basistherapie: Flüssigkeitszufuhr bei Exsikkose, ggf. Elektrolytausgleich, kardiale Stabilisierung, ggf. Sauerstoffzufuhr, Beschränkung der Medikation auf das Notwendige. • Psychopharmakologische Basistherapie mit einem Antipsychotikum: • Beginn mit niedrigen Dosierungen, insbesondere bei älteren Patienten • Wenn orale Gabe möglich: Risperidon 0.5-1mg, Olanzapin 5-10mg oder Haloperidol 1-2mg. • Haloperidol > 3mg/24h mit stark erhöhten EPMS-Risiko assoziiert • Quetiapin 50-100mg liegen zwei RCTs vor • Parenteral: Haloperidol 1-2mg i.m. 2-4h, die maximale Tagesdosis von 60mg sollte weit unterschritten werden; alternativ AAP i.m. • BZD sollten vermieden werden, v.a. bei älteren Patienten können BZD, Opioide oder Antihistaminika delirante Zustände verstärken. • Keine anticholinerg wirksamen Substanzen, verstärken Delir.

  45. Delirantes Syndrom mit Erregungszustand (ohne Hinweis auf Alkohol- & Benzodiazepinentzug) (II) • Zusätzlich ist die Gabe von Clomethiazol (Distraneurin®, initial 1-2 Kps.) unter Beachtung der Kontraindikationen (u.a. zentrale Atemstörung, eingeschränkte Atemfunktion z.B. bei Asthma bronchiale) auch für die Behandlung von Verwirrtheits-, Erregungs- und Unruhezuständen bei Patienten mit hirnorganischen Psychosyndrom im höheren Lebensalter unter stationären Bedingungen zugelassen. • Als Behandlungsversuch kann Lorazepam 0.5-1mg p.o. oder i.v. 2-4 stündlich (nicht mehr als 7.5mg/24h) bei jüngeren Patienten zum Einsatz kommen.

  46. Delirantes Syndrom mit Erregungszustand (mit Hinweis auf Alkohol- & Benzodiazepinentzug) (I) Alkoholentzugsdelir (Delirium tremens): • Clomethiazol ist 1. Wahl • Die Dosierung erfolgt nicht schematisch, sondern nach Sedierungsgrad und Schwere der Entzugssymptome. • Die Erhebung der Entzugsschwere erfolgt z.B. mit dem Alkoholentzugssymptombogen (AESB) • Ggf. in Kombination mit einem Antipsychotikum, v.a. Haloperidol 5-10mg oder Risperidon 1-2mg • Alternativ Kombination von einem BZD (z.B. Oxazepam) mit einem Antipsychotikum (Haloperidol oder Risperidon) • CAVE: Alleinige Gabe von Haloperidol führt zur erhöhten Mortalität, größere Anzahl schwerwiegender Nebenwirkungen und längerer Dauer des Delirs!

  47. Alkoholentzugssymptombogen (AESB)

  48. Delirantes Syndrom mit Erregungszustand (mit Hinweis auf Alkohol- & Benzodiazepinentzug) (II) Dosierung Clomethiazol nach AESB: • 1 Kps. (192mg) äquivalent zu 6ml Mixtur (189mg) • Tag 1-4: Überwachung in 2h-Intervallen, Tag 5: 3h-Intervall, Tag 6: 4h-Intervall, Tag 7: 6h-Intervall, Tag 8: 8h-Intervall, ab Tag 9: 12h-Intervall. • Zu den Überwachungszeitpunkten Erfassung AESB: • 0-4 Punkte: Keine Kps. • 5-7 Punkte: 1 Kps. • 8-10 Punkte: 2 Kps. • ≥ 11 Punkte: 3 Kps.

  49. Delirantes Syndrom mit Erregungszustand (mit Hinweis auf Alkohol- & Benzodiazepinentzug) (III) Dosierung Clomethiazol fixes Schema: • Initial 2-4 Kps. oder 10-20ml Mixtur • In den ersten 2h 6-8 Kps., Höchstsdosis 24 Kps./24h • Nach Plateauphase von ca. 3 Tagen, schrittweise Reduktion von 2-3 Kps. täglich • Maximale Verordnungsdauer 14 Tage • CAVE: Abhängigkeitsgefahr • CAVE: Atemdepression, bronchiale Hypersekretion

  50. Alkoholentzugsbehandlung

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