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9. Sitzung Methoden IV: Inhaltsanalyse. 1. Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse 2. Probleme der Inhaltsanalyse/Thesen 3. Vorgehen bei Inhaltsanalysen Forschungsbeispiele Spezialfall „Qualitative Inhaltsanalyse“?. Gliederung der Vorlesung. Spezielle Literaturempfehlung:
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9. Sitzung Methoden IV: Inhaltsanalyse Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
1. Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse 2. Probleme der Inhaltsanalyse/Thesen 3. Vorgehen bei Inhaltsanalysen Forschungsbeispiele Spezialfall „Qualitative Inhaltsanalyse“? Gliederung der Vorlesung Spezielle Literaturempfehlung: Früh, Werner: Inhaltsanalyse. Konstanz 20045, S. 107-120 Maurer/Reinemann: Medieninhalte. Eine Einführung. Wiesbaden 2006 Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
1.Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse(1) 1.1 Verschiedene Definitionen der Inhaltsanalyse: 1.1.1 Definition nach Berelson/Lazarsfeld (1948): Forschungstechnik zur objektiven systematischen und quantitativen Beschreibung des manifesten Inhalts von Kommunikation. 1.1.2 Definition nach Merten (1983): Methode zur Erhebung sozialer Wirklichkeit, bei der von Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines nichtmanifesten Kontextes geschlossen wird. 1.1.3 Definition nach Früh (1998): Empirische Methode zur systematischen und intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen (meist zum Zwecke einer darauf aufbauenden, interpretativen und/oder durch Zusatzkriterien gestützten Inferenz) Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
1.Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse(2) 1.1 Verschiedene Definitionen der Inhaltsanalyse: Minimaldefinition: Beschreibung von in Texten fixierter Kommunikation nach wissenschaftslogischen Regeln Probleme a) manifester vs. latenter Inhalt b) Inferenz c) objektiv vs. intersubjektiv Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse(3)1.2 Typen/Fragestellungen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
1.Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse(3) • 1.2 Typen/Fragestellungen • 1. Deskription: Bestandsaufnahme/Klassifikation medialer Angebote • Strukturmerkmale, Positionierung, Präsentationsformen • 2. Realitätsbezug der Medieninhalte (Mac Arthur Day in Chicago) • 3. Inferenzen • diagnostisch: Merkmale von Kommunikatoren • Prognostisch: Folgen für das Publikum • intermediäre Bezüge: Intertextualtät, Selbstreflexion • nach: Marcinkowski/Marr: Medieninhalte und Medieninhaltsforschung. • In: Bonfadelli/Jarren/Siegert: Einführung in die Publizistikwissenschaft • Bern/Stuttgart/Wien 2005 (2. Aufl.): Haupt/UTB Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
1.Begriff und Ziele der Inhalts-/Produktanalyse(3) 1.2 Typen/Fragestellungen Makroebene: Leistungen des Mediensystems Programmstrukturanalysen Umfänge der Berichterstattung Mesoebene: Grundstrukturen des Medienangebots Themen und ihre Karrieren Darstellung von Bereichen der Gesellschaft in den Medien Mikroebene: Feinstrukturen im Medienangebot Attributionen in den Medien Struktur von Mediengesprächen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
2.Probleme der Inhalts-/Produktanalyse(1) Thesen zur Inhaltsanalyse nach W. Früh: These 1: Die Inhaltsanalyse ist eine vom Forscher definierte Suchstrategie, die sich nur auf theoretisch relevante Bedeutungsaspekte bezieht (Selektionsinteresse). These 2: Die Inhaltsanalyse ist ein offengelegter Vorschlag des Forschers zur theoretisch relevanten Strukturierung bzw. Gruppierung von Bedeutungen (Klassifikationsinteresse). Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
2.Probleme der Inhalts-/Produktanalyse(2) These 3: Die Inhaltsanalyse erfaßt in der Regel die Bedeutungen kommunikativ verwendeter Zeichen, nicht deren formale Gestalten (materiale Zeichengestalten, Zeichenkörper, „black marks on white“). These 4: Bei der Rekonstruktion/ Identifikation dieser Bedeutungen im konkreten Text können alle vorhandenen kommunikativen Kontextinformationen und das Sprachverständnis der Codierer in kontrollierter Weise eingebracht werden. Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
2.Probleme der Inhalts-/Produktanalyse(3) These 5: Die Inhaltsanalyse ist eine ausgewählte systematische Interpretationsweise, deren Spielraum und Evidenz möglichst weitgehend offengelegt und kontrolliert ist. These 6: Das Erkenntnisinteresse der Inhaltsanalyse zielt in der Regel auf strukturelle Informationen über Textmengen. Sie erfasst Strukturen von Textmengen als Aggregatdaten. Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
2.Probleme der Inhalts-/Produktanalyse(4) These 7: Die Inhaltsanalyse erfaßt bzw. generiert Bedeutungen und Bedeutungsstrukturen in dialektisch alternierenden, qualifizierend- quantifizierenden Analyseschritten. These 8:Die Inhaltsanalyse segmentiert den Erkenntnisprozeß. Sie weist Bedeutungen und Bedeutungsstrukturen in Texten und Textmengen nach zum Zwecke einer von ihr getrennten, sinnverstehenden Interpretation. Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
3. Vorgehen bei quantitativer Inhaltsanalyse (1) Abbildung nach Früh S. 91 Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
3. Vorgehen bei quantitativer Inhaltsanalyse (2) Definition der Codiereinheiten: Sendung/Artikel Beitrag Äußerung (z.B. Satz) Anforderungen: vollständig: alle Variablen des Konstrukts sind erfasst exklusiv: jede Codierung gehört in eine Dimension trennscharf: die verschiedenen Dimensionen gehen nicht ineinander über „Die Inhaltsanalyse steht und fällt mit ihren Kategorien.“ Berelson Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
3. Vorgehen bei quantitativer Inhaltsanalyse (3) Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
3. Vorgehen bei quantitativer Inhaltsanalyse (4) • Aufgaben des Codierers: • Codieren = gesteuerte Rezeption und Interpretation • Codebuch/Schulung • Interpretationsrahmen und -spielräume • Selegieren • Klassifizieren • Identifizieren • Diskriminieren • Integrieren • Inferieren • Überwachen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
3. Vorgehen bei quantitativer Inhaltsanalyse (4) Prüfung der Gütekriterien Reliabilität: Intercoderreliabilität Übereinstimmung mehrerer Codierer Intracodereliabilität: Übereinstimmung eines Codierers zu mehreren Zeitpunkten („drift“) Validität: Übereinstimmung zwischen Forscher und Codierern Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (1) Stiehler, Hans-Jörg/Marr, Mirko: Attribution of Failure. A German Soccer Story. Culture, Sport, Society 5(2002)3, 139-165 Ziele: 1. Analyse der Erklärungsfunktion von Medien 2. Übertragbarkeit eines sozialpsychologischen Modells auf Prozesse in den Medien theoretischer Hintergrund: Attributionstheorie Ursachenzuschreibungen als Teil von Ereignisdefinitionen Frage nach Schuld/Verantwortung/Erklärung (W-Frage) z.B. bei Katastrophen, vor Gericht, nach Wahlen, nach Sportereignissen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (2) Datenquellen: Programmaufzeichnungen Stichprobe: ausgewählte Niederlagen der dt. Nationalmannschaft Untersuchungsgegenstand: Erklärungen zum Spielausgang (ab 85. Minute + Nachberichterstattung) Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (3) Operationalisierung konstatierende Attributionen: alle Sätze mit Feststellung des Siegers und dessen Bewertung Operationalisierung Ursachenzuschreibung: alle Sätze mit einer Bedingung oder Ursache bzw. alle Sätze, die sich in Bedingungs- oder Konditionalsätze umformen lassen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (4) Kategoriensystem – jeweils getrennt für Team A und Team B Ursachen nach Kelley: Person (D), Reiz (Gegner), Umstände Ursachen nach Weiner: Lokalität und Stabilität internal (Mannschaft) vs. external (Gegner, Glück, Schiedsrichter usw.) stabil (z.B. Spielvermögen) vs. instabil (Form, Aufgabenschwierigkeit) Hypothesen common sense: Mediale Attributionen orientiert am Alltag self-serving-bias: A. sind selbstwertdienlich Perspektive: A. unterscheiden sich nach Akteuren Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (5) Hypothese 1: common sense Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (6) Hypothese 2: self-serving-bias Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
4. Forschungsbeispiel Ursachenzuschreibung in den Medien (7) Hypothese 3: Perspektiven Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
5. Spezialfall „Qualitative“ Inhaltsanalyse? (1) 5.1 Umgang mit qualitativen verbalen Daten 1. Zusammenfassung (Reduktion) 2. Explikation (Ausdeutung) 3. Strukturierung (Querschnitt) Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
5. „Qualitative“ Inhaltsanalyse (2) 5.2 Sicherung wissenschaftlicher Standards Methode des kontrollierten Verstehen (z.B. medienbiographische Interviews) 1. Kategoriensystem 2. Zulassung und Diskussion möglicher Lesarten 3. Arbeit im (gemischten) Team 4. mehrere Durchläufe Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler
Worin unterscheiden sich gängige Definitionen der Inhaltsanalyse?. Was ist Inferenz und wann ist sie zulässig? Stellen Sie sich vor, jemand fragt Sie, wozu man Inhaltsanalysen braucht und wann diese angewendet werden. Welche erklärende Antwort würden Sie ihr geben? Lernfragen Prof. Hans-Jörg Stiehler www.uni-leipzig.de/~stiehler